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Mehr Qual als Wahl PV-Planungssoftware – Erfahrungsbericht eines Solarteurs

Stehen Sie auch vor dem Problem, dass Sie eine PV-Anlage planen und sich für eine Planungssoftware entscheiden möchten? Dieses Problem beschäftigt Jürgen Karg von Baugeschäft Karg GmbH, ein Unternehmen mit über 30 Jahren Erfahrung im Bauträgergeschäft und über 5 Jahren Erfahrung im PV-Sektor. Sein Fazit: Eine ideale Lösung scheint es nicht zu geben. Hier sein Erfahrungsbericht.

Aus Kundensicht ist die exakte Berechnung das wichtigste Kriterium.

 

Wir als Solarteuer wurden von unseren Kunden gebeten, für ihre Dächer eine PV-Anlage zu planen. Also begannen wir, uns im Internet zu erkundigen, welche Programme es gibt, die uns die Berechnungen für den Kunden erstellen können.

Kostenlose Programme nicht geeignet

Zuerst sind wir auf kostenlose Varianten im Internet gestoßen. Diese waren erwartungsgemäß für den Einstieg ganz gut, aber sie ließen Details, sowohl in den Eingabemöglichkeiten als auch in der Auswertung, vermissen.
Um dies zu verdeutlichen, hier drei typische Beispiele, ohne Produkte zu nennen, mit welchen Ein- und Ausgabemöglichkeiten gerechnet werden kann:
Die Eingabemöglichkeiten des ersten Programms umfassten die Dachneigung, neun Himmelsrichtungen, Quadratmeter und Wirkungsgrad der Anlage sowie die grobe Lage des Objektes auf einer Deutschlandkarte. Als Auswertung konnte der zu erwartende durchschnittliche kWh-Ertrag der Anlage sowie die zu erwartende Einspeisevergütung, basierend auf einem Einspeisesatz für eine Gebäudeanlage, ausgegeben werden.
Eine andere Internetseite ermöglicht lediglich die wirtschaftliche Berechnung – sofern die Leistungen der Anlage in kWp bekannt sind. Nachdem wir von den Eingabe- und Ausgabemöglichkeiten etwas enttäuscht waren, fanden wir eine neue Onlineberechnung, die nun aber die Nachteile hatte, dass sie nur vorgegebene Auswahlmöglichkeiten zuließ (z.B. Ortschaften, Dachneigung und Ausrichtung), sodass eine genaue Eingabe nicht möglich war. Das Ausfüllen war sehr kompliziert, sodass an mehreren Stellen der „Zurück“-Button gedrückt werden musste, um Angaben nochmals zu korrigieren. Das Ergebnis war eine Endlosliste an Details, die so keinem Kunden präsentiert werden konnte.
Das erste Zwischenfazit lautet, dass die kostenfreien Onlineprogramme leider nicht für den professionellen (auch nicht semi-professionellen) Bereich geeignet sind. Schwachpunkte waren immer die genauen Eingabemöglichkeiten, wodurch keine kundenspezifischen, genauen Angebote erstellt werden konnten.

Exakte Berechnung entscheidend

Nach diesen ersten Versuchen erstellten wir uns eine Anforderungsliste, sozusagen ein Lastenheft für die Software. Die Anforderungen kommen sowohl aus Kundensicht (oder aus Präsentationssicht von uns) und aus unserer eigenen Anwendersicht heraus.
Aus Kundensicht ist die exakte Berechnung das wichtigste Kriterium. Er will sich auf die Berechnungen, speziell die Ertragsberechnung, verlassen können. Es gibt leider zu viele schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit, bei denen zu positive Berechnungen dem Kunden vorgelegt wurden.
Dies hat zwei Ursachen – zum einen wurde sicherlich manchmal geschönt und nicht die durchschnittlichen Werte der Sonneneinstrahlung und Leistungsfähigkeit der Anlage verwendet, zum anderen waren die Eingaben nicht exakt, unvollständig und die Berechnungen nur grob. Bestes Beispiel ist die Nichtberücksichtigung von Effekten der Hitzeentwicklung der Module und der Be-/Verschattung von Modulen. Dies kann nicht nur für den Kunden unangenehm werden, sondern auch potenziell zu einem Haftungsfall für den Solarteuer. Ebenso sollte auch die Eigenverbrauchsberechnung möglich sein, um eine für den Kunden optimale Anlage planen zu können.


„PV*SOL Expert“, das dynamische Simulationsprogramm mit 3-D-Visualisierung und detaillierter Verschattungsanalyse von PV-Systemen des Berliner Unternehmens Valentin Software ist jetzt als erste Variante in Version 4.5 mit integriertem Fotoaufmaßprogramm „Photo Plan“ auf dem Markt.

Kurze und prägnante Präsentation

Die Präsentation, als Ergebnis der Berechnungen, beim Kunden sollte unserer Erfahrung nach visuell sowie kurz und prägnant sein. Zusätzlich sollte auch eine ausführliche Detailbeschreibung der verschiedenen Entwicklungen von Ertrag, Kosten, Leistung, etc. sowie der verwendeten Module und Wechselrichter, gerne auch mit Belegungsplan und Detailbeschreibung wie Ausrichtungsverlust, Eigenabschattung, Fremdabschattung, Umgebungslandschaftsverluste und Temperaturverluste, dem Kunden übergeben werden.
Aus Sicht des Solarteuers ist vor allem die intuitive Bedienerführung entscheidend. Man sollte meinen, dass dies jede Software kann, aber genau an diesem Punkt liegt eine eklatante Schwäche der meisten Produkte. Es sollte nicht vergessen werden, dass Solarteure nicht zwangsläufig fundierte IT-, Elektrotechnik- oder BWL-Kenntnisse aufweisen, sondern zumeist aus dem klassischen Baubereich kommen.
Eine weitere Anforderung ist, dass die Software bei der Eingabe als auch bei der Optimierung soweit wie möglich automatisiert ist und unterstützt. Besonders im Bereich der Modulbelegung sollte eine automatische Belegung nach verschiedenen Kriterien, wie maximale Belegung, eigenverbrauchsoptimiert oder verschattungsoptimiert, die Planung des Solarteurs erleichtern.

Viele Programme und Module

Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen haben wir die gängigen Kaufprogramme für unsere Kaufentscheidung unter die Lupe genommen.
Gleich zuerst ist uns aufgefallen, dass die Entscheidung nun noch schwieriger wird. In der Regel gibt es nicht ein Programm was alles kann – angefangen von der Auslegungsplanung bis hin zur Wirtschaftlichkeitsberechnung – sondern es werden mehrere Module oder Programmversionen angeboten. Welches Modul/Programm brauchen wir nun? Brauchen wir mehrere  Module/Programme? Sind die Daten übertragbar?
Um die Fragen zu beantworten, haben wir fleißig Demoversionen heruntergeladen und getestet. Bei unserem Downloadverhalten ist uns aufgefallen, dass wir uns ausschließlich auf Programme fokussiert haben, welche die Vollständigkeit der PV-Planungskette weitestgehend abdecken – zumindest gemäß den Herstellerangaben.
Wenn man aus dem Downloadverhalten etwas ableiten kann, dann dass die Nutzung von verschiedenen spezialisierten Programmen und die Kombination derer Funktionalitäten wohl vom Solarteur nicht als präferierte Lösung anzusehen ist – aus Kosten-, Handling- und Komplexitätsgründen.
Bei den vollumfassenden Programmen lohnte sich der Test mit der Demoversion. Die Programme sind alle umfangreich und können die Wirtschaftlichkeitsberechnung sehr gut abdecken. Einzig die Frage der optischen Darstellung und der Umfang sind manchmal noch optimierbar. Die Komplexität der Programme ist unterschiedlich, jedoch haben alle ein Faible für technische Details. Dies ist zwar auf der einen Seite gut, um möglichst genau und kundenspezifisch das Programm zu bedienen, jedoch stellt sich manchmal die Frage, wie detailliert es wirklich sein muss.


Screenshot Dachansicht bei „PV*SOL 4.0“.

Programme teuer und mit Schwächen

Es ist uns bei manchen Programmen nicht gelungen, auf Anhieb – teils auch später nicht – den Unterschied der verschiedenen Versionen im Detail herauszustellen. Auch haben alle Programme ihre Schwächen – manche erlauben zwar viele Eingabemöglichkeiten, lassen aber nicht alle Berechnungen zu (z.B. Flachdachberechnung). Andere wiederum haben Probleme mit der Verschattung (Genauigkeit, Darstellung, Berechnung), wieder andere können eine optische und/oder automatische Modulbelegung auf einem Dach nicht leisten.
Das Testen der Demoversion kostete uns gut einen Tag Arbeit. Wenn man sich nun vorstellt, dass die komplizierten Programme noch im Detail von mehreren Mitarbeitern zu studieren sind, können wir bestimmt noch einen oder zwei Tage einplanen. Wir haben den Eindruck, dass die Menüführung und Planung der Software deutlich stärker durch IT-Experten, denn durch PV-Experten/Solarteure beeinflusst wird.
Womit wir direkt bei dem nächsten großen Problem waren – die Kosten. Als wir die Kosten für den Kauf der Software gesehen haben, war die Überraschung groß. Nach der gewonnen Erkenntnis, dass hierzu auch Updatekosten kommen, wich die Überraschung dem aufkommenden Verdruss.
Zusammengefasst war unsere Meinung zu diesem Zeitpunkt, dass wir entweder eine günstige und unzureichende bzw. user-unfriendly Software nutzen konnten oder einen Batzen Geld ausgeben mussten, um in die Wundertüte greifen zu können und zu hoffen, dort den Hasen, respektive die richtige Software, herauszuziehen.


Screenshot Ergebnisse der Verlustberechnung bei „PV-Phil“.

Anforderungen nicht vollständig abgedeckt

Inhaltlich haben die Produkte eine große Spanne. Jedoch können die meisten Produkte die Anforderungen aus meinem Lastenheft nicht vollständig abdecken.
Es ist sicherlich Abwägungssache, wie stark in den eigenen Projekten verschiedene Details in der Planung zu berücksichtigen sind. Davon ist es sicherlich auch abhängig, ob ganz einfache oder ganz komplexe Programme für das eigene Geschäft notwendig sind. Die Kunst ist es, im Mittelbereich – der wohl für die meisten Solarteure der Kernbereich ist – die richtige Software zu finden, die einfach zu bedienen ist und doch einen gewissen Komplexitätsgrad beherrscht.
Auch die Anwenderfreundlichkeit war nur bei einfachen Programmen gegeben, diese jedoch liefern auch nicht genaue oder ausführliche Ergebnisse.

Autor: Jürgen Karg

 


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