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Jede Menge Holz für Pellets ?!

Bundesverband Erneuerbare Energien prognostiziert starkes Wachstum bis 2020. Sind die heimischen Rohstoffpotenziale langfristig ausreichend?

Der Bundesverband Erneuerbare Energien e.V. (BEE) geht in seiner Ausbauprognose "Wege in die moderne Energiewirtschaft" von einer stärkeren Zunahme erneuerbarer Wärmequellen aus, als dies von der Bundesregierung angenommen wird. So rechnet der BEE bis 2020 mit einem Anstieg auf 1 Mio. Pellet-Heizkessel. Das entspräche einem achtmal höheren Pelletbedarf von 8 Mio. t jährlich. Der weitaus größere Anteil biogener Festbrennstoffe liegt aber weiter in der Nutzung von Scheitholz und Hackschnitzel-Feuerungen. Reichen angesichts dieser Prognosen die nachhaltig nutzbaren Biomasse-Potenziale in Deutschland aus?

 

Pelletheizkessel erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Wichtig für den weiteren Ausbau der Biomasse-Feuerungen sind allerdings langfristig ausreichendes Restholzpotenzial und stabile Pellet- und Hackschnitzelpreise.

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Die Wärmebereitstellung aus Bioenergie wächst bis 2020 um 70 % gegenüber 2008". So lautet eines der Ergebnisse der im Oktober 2009 vorgestellten BEE-Ausbauprognose für Erneuerbare Energien im Wärmemarkt.

So nehmen nach Ansicht des Verbandes sowohl die Nutzung von Festbrennstoffen als auch die Nutzung von Wärme aus KWK-Anlagen stark zu. In den Haushalten werde sich der Einsatz von Holzpellets zur Wärmeproduktion auf 37,6 TWh/a verachtfachen. Waren 2008 etwa 105 000 Pelletheizkessel in Betrieb, so erwartet der BEE einen Anstieg auf etwa 1 Mio. Anlagen.

Insgesamt macht jedoch weiterhin der Einsatz von Scheitholz einen wesentlich größeren Anteil des Holzverbrauchs aus. Damit stellt sich die Frage nach dem nachhaltig nutzbaren Potenzial in unseren heimischen Wäldern. Wird Holz für die energetische Nutzung in Zukunft importiert werden müssen?

300 000 Hektar "Energiewälder" zusätzlich erforderlich
Für die Entwicklung des Bioenergie-Reststoffpotenzials (inkl. Waldrestholz) geht der BEE von einem Angebot von 193 TWh im Jahre 2020 aus, das nahezu vollständig ausgeschöpft werden könne.
Um den künftigen Rohstoffbedarf abzudecken, reichen die heimischen Biomassepotenziale nach Ansicht des Bundesverbandes aus. Ein wichtiges Argument für die Pellet-Industrie, nachdem die gesamte Wertschöpfung aus der Energiegewinnung und Vermarktung in Deutschland verbleiben soll. Der Bundesverband erwartet aber auch, dass Bioenergie-Rohstoffimporte - zum Beispiel im Segment der Holzpellets - zunehmen werden, sodass "real" noch nicht alle deutschen Biomasse-Potenziale genutzt würden.

Zusätzlich werden zur Bedarfsdeckung sogenannte "Kurzumtriebsplantagen" erforderlich. Bis 2020 müssten der Prognose zufolge etwa 300 000 ha dieser Plantagen angelegt werden. Das entspricht einer Fläche in der Größe des Saarlandes.

Bei diesen Kurzumtriebsplantagen werden Baumstecklinge in Reihen angepflanzt und, je nach Art und Klima, alle 3 bis 10 Jahre maschinell geerntet. Unter guten Bedingungen können diese Plantagen im Schnitt etwa 10 bis 15 t Energieholz pro Jahr und Hektar produzieren.

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"Kurzumtriebsplantagen" in der Kritik
Die Energiewälder, auf denen in der Regel schnellwachsende Weiden und Pappeln angepflanzt werden, stehen allerdings bereits in der Kritik. So macht der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) darauf aufmerksam, dass die zusätzlichen Flächen für Energiewälder auf Grünlandflächen angebaut werden müssen, die mit ihren 2000 Pflanzenarten für etwa 52 % des Artenbestandes stehen. Der BUND spricht hier von "katastrophalen" Auswirkungen auf den Artenschutz. Für die Branche sicherlich ein Novum, dass der Ausbau der Erneuerbaren ausgerechnet von Naturschützern kritisiert wird. Sollte doch der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Einklang mit Umweltschutzinteressen stehen.

Stabile Preise für Pellets und Hackschitzel
Pellets werden aus Restholz gepresst. Das Restholzpotenzial ist aber im Wesentlichen von der Nachfrage nach Holz für die stoffliche Nutzung, d. h. beispielsweise der Verwendung als Bauholz, abhängig. Sinkt wie derzeit die Produktion der stark exportorientierten Sägeindustrie, so steht weniger Restholz für die energetische Nutzung auf dem heimischen Markt zur Verfügung. Die Nutzung von Rohholz zur Pelletherstellung würde den Brennstoff aber aufgrund des höheren Aufwands ebenso verteuern. Insgesamt waren die Preisanstiege bei Pellets mit durchschnittlich 3 bis 4 % bislang eher moderat. Der Deutsche Energie- und Pelletverband (DEPV) geht für die nächsten 10 Jahre von Preissteigerungen im Bereich von 10 % aus [2].

Restholzpotenziale nutzbar machen
Es wird für die Pelletindustrie also in der Zukunft auch darum gehen, wie Waldrestholzpotenziale nutzbar gemacht werden können. Die vom BEE angeführte vollständige Nutzung von Waldrestholz wird derzeit nur in Staatswäldern umgesetzt. Das größte Potenzial birgt vor allem der Privatwald, denn etwa 70 % der gesamten Waldflächen sind in Privatbesitz.

Anders als der Bundesverband geht die Dendrom-Studie zu den Biomassepotenzialen in Deutschland davon aus, dass aufgrund des hohen Anteils an Privatwäldern eine Aktivierung dieses Waldrestholzes für die energetische Nutzung weiter schwierig sei [3].

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Darüber hinaus sehen Forstwirtschafts-Experten auch Hemmnisse für Kurzumtriebs­plantagen. So führt Prof. Dr. Albrecht Bemmann vom Institut für Internationale Forst- und Holzwirtschaft an der TU Dresden die Bedenken der Landwirte vor mittelfristiger Kapitalbindung, langfristiger Flächenbindung und Zweifeln an langfristig sicheren Hackschnitzel- und Pelletpreisen an [4].

Zunächst seien langfristige Abnahmeverträge und Vermarktungsstrukturen erforderlich, um die Kurzumtriebswirtschaft auszubauen. Derzeit werden in Deutschland auf einer Gesamtfläche von 1,77 Mio. ha Energiepflanzen angebaut. Zum Vergleich: Die gesamte Naturschutzgebietsfläche in Deutschland betrug 2007 etwa 1,2 Mio. ha.

Bei 80 % der Bioenergie handelt es sich letztlich um Scheitholz, Pellets und Hackschnitzel. Sie bilden den größten Anteil zur Wärmebereitstellung aus Erneuerbaren Energien.
Bild: Bundesverband Erneuerbare Energien e. V.

Deutlicher Anstieg in den nächsten 10 Jahren. Der Bundesverband prognostiziert eine Verachtfachung des Pellet-Verbrauchs und einen Anstieg auf 1 Mio. Pelletheizkessel.
Bild: Bundesverband Erneuerbare Energien e. V.

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Literatur:
[1]  L. Christersson: Theoretical background to and practical utalization of short-rotation and energy-forestry. In: L. Christersson, S. Ledin (Hrsg.): IEA. Bioenergy, Task 17: Short-rotation crops for energy purposes. Proceedings of the first meeting in Uppsala, Sweden. Internationale Energieagentur, 1999; Seiten 5-19. Zitiert nach Kauter et al. 2001.
[2]  Energie & Management, "Die komplette Holz­energie vereinen", Interview mit dem Geschäftsführer des DEPV, Martin Bentele, Heft 18/09, S. 28.
[3]  Biomassepotenziale in Deutschland - Übersicht maßgeblicher Studienergebnisse und Gegenüberstellung der Methoden, Dendrom-Diskussionspapier Nr. 1, März 2007.
[4]  Kurzumtriebsplantagen aus Sicht der Forstwirtschaft, Prof. Dr. Albrecht Bemmann, Institut für Internationale Forst- und Holzwirtschaft, Mai 2009.

www.bee-ev.de
www.depv.de
www.tll.de

Nachgefragt

Die IKZ-FACHPLANER-Redaktion sprach mit  Björn Klusmann, Geschäftsführer des BEE e.V., über das energiepolitische Gesamtkonzept des BEE zum Ausbau der Erneuerbaren Energien auf dem Wärmesektor bis 2020.

IKZ-FACHPLANER: In der andauernden Finanz- und Wirtschaftskrise fürchten sich viele Verbraucher eher vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes als vor hohen Energiekosten oder der drohenden Klimaerwärmung. Inwieweit fließen aktuelle Wachstums-Prognosen in den zu erwartenden Ausbau von Erneuerbaren Energien (EE) ein?
Björn Klusmann: Verbraucher, die Sorge vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes haben, haben in der Regel gleichzeitig Sorge vor dem weiteren Energiepreisanstieg. Sie erkennen deshalb zunehmend, dass Heizungen auf Basis Erneuerbarer Energien sie wenigstens vor dieser Entwicklung schützen können. Die Erneuerbaren machen Heizkosten planbar und sind somit eine Antwort in der Ungewissheit einer Wirtschaftskrise. Damit trotz der gegenwärtigen Lage jedoch überhaupt in neue Heizungen investiert wird, werden weiterhin ökonomische Anreize benötigt, wie sie das Marktanreizprogramm des Bundes bereit hält. Solche Anreize müssen aus unserer Sicht noch deutlich verstärkt werden. Dies haben wir in unserem energiepolitischen Gesamtkonzept beschrieben.

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IKZ-FACHPLANER: Die Anforderungen an Bauherrn und Modernisierer aus dem EEWärmeG greifen nur, wenn der Verbraucher über die finanziellen Mittel zum Bauen oder zur Modernisierung verfügt. In Industrie und Gewerbe verhindern darüber hinaus oftmals kurze Betrachtungshorizonte den Ausbau von Energieeffizienz und die Nutzung von EE. Wie können Ihrer Meinung nach diese Hemmnisse abgebaut werden?
Björn Klusmann: Energieeffizienz und Erneuerbare müssen sich rentieren. Unsere Vorschläge für politische Maßnahmen im Wärmebereich verbinden daher das Ordnungsrecht mit der Weiterentwicklung ökonomischer Anreize. Wer in eine Erneuerbare Heizung investiert, erwirtschaftet damit für die gesamte Volkswirtschaft einen Umweltnutzen, da er Umweltschäden durch fossile Heizungen vermeidet. Dieser Umweltnutzen muss honoriert werden. Das Marktanreizprogramm sollte deshalb so verlässlich gestaltet werden, dass sich jeder Verbraucher auf diese Förderung verlassen kann und sich die Investition in eine Erneuerbare Heizung betriebswirtschaftlich rechnet. Richtig ist aber auch eine Verschärfung des Ordnungsrechts, damit mehr Sanierungsanlässe im Gebäudebestand entstehen.

IKZ-FACHPLANER: Der BUND hat unlängst Ihr energiepolitisches Konzept zum Ausbau der Bio­massefeuerungen mit einem Bedarf von zusätzlichen 300 000 ha an "Kurzumtriebs­plantagen" kritisiert. Der Ausbau von EE sollte grundsätzlich im Einklang mit Natur- und Artenschutzinteressen stehen. Was entgegnen Sie der Kritik am Ausbau von Bio­massefeuerungen und den dafür erforderlichen Energiewäldern?
Björn Klusmann: Das Thema Flächennutzung muss auch bei der Bioenergiegewinnung sensibel behandelt werden. Ich habe durchaus Verständnis für Befürchtungen aufseiten des Naturschutzes. Wir unterstützen daher das Ansinnen, für Kurzumtriebsplantagen kein Grünland, sondern vorrangig Flächen zu gewinnen, die bislang durch intensiven Pflanzenanbau wie Getreide und Mais belegt waren. Dabei würde sich die ökologische Bilanz durch Kurzumtriebswälder deutlich verbessern. Und dazu sollte man nicht vergessen, dass die angestrebten 300 000 ha nicht einmal 3 % der aktuell für den Pflanzenanbau genutzten Fläche ausmachen! Ich bin mir sicher, dass auch der Naturschutz für die Umsetzung der Energiewende, weg von fossilen Quellen, Verständnis aufbringt. Das gemeinsame Positionspapier zur umweltverträglichen Forstwirtschaft, das der NABU mit dem Deutschen Energieholz- und Pelletverband (DEPV) verabschiedet hat, zeigt dies deutlich.

IKZ-FACHPLANER: In Deutschland steckt das Thema "Kurzumtriebsplantagen" im Vergleich zu Skandinavien noch in den Kinderschuhen. Wie realistisch ist der Ausbau von 300 000 ha Fläche in nur 10 Jahren?
Björn Klusmann: Dies hängt einerseits von den allgemeinen Rahmenbedingungen für Erneuerbare Wärme ab. Hierzu müssen die Ausbauinstrumente, wie in unserem energiepolitischen Gesamtkonzept beschrieben, optimiert werden. Andererseits wird es vor allem darum gehen, die Landwirte für diese Form der Bewirtschaftung zu gewinnen. Da gibt es noch große Vorbehalte. Mit der von der neuen Bundesregierung angekündigten Novelle des Bundeswaldgesetzes, mit der Kurzumtriebsplantagen vom Waldbegriff befreit werden sollen, wird der Anfang gemacht. Die Landwirte werden schrittweise begreifen, dass es im Sinne eines vielfältig aufgestellten Portfolios durchaus klug ist, einen Teil ihrer Flächen mit einer Frucht zu belegen, die nicht durch Spekulationen am Weltmarkt beeinflusst wird. Das wäre beim Holz durchaus der Fall. Wie bei anderen Bio­energiesparten, die vom Acker kommen, braucht es aber auch hier verlässliche wirtschaftliche Anreize.

IKZ-FACHPLANER: Würde man den Heizwärmebedarf mit Effizienzmaßnahmen am Gebäude und einer kontrollierten Wohnraumlüftung halbieren, so würde sich der Anteil der EE an der gesamten Wärmebedarfsdeckung auch ohne Investition in EE von jetzt 10 % auf 13,3 % erhöhen. Ist Energiesparen durch die Umsetzung von Effizienz-Maßnahmen volkswirtschaftlich günstiger, als möglichst viel Energie mit Erneuerbaren bereitzustellen?
Björn Klusmann: Wir wollen nicht möglichst viel Energie mit Erneuerbaren bereitstellen, sondern nur die, die wirklich benötigt wird. Die kostengünstigste Energie ist immer die, die nicht verbraucht wird. Deshalb setzen wir uns für hohe energetische Qualitätsstandards im Heizungskeller ein. Werden sie umgesetzt, wird weniger Energie verbraucht. Die kann dann durch Erneuerbare Energien substituiert werden. Effizienz und Einsparung als Alternativen zum Ausbau Erneuerbarer Ener­gien darzustellen wäre daher absurd. Beides gehört zusammen. Die EU hat sich deshalb auch Ziele für beide Bereiche gesetzt: 20 Prozent Erneuerbare Energie und gleichzeitig 20 Prozent weniger Energieverbrauch bis 2020.

 


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