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„Frauen auf Baustellen sollten keine ­Rarität mehr sein“

Madita Brauer ist Auszubildende zur Anlagenmechanikerin und studiert Handwerksmanagement.
Auf Instagram wirbt sie für den SHK-Beruf und räumt mit Vorurteilen auf

Madita Brauer absolviert eine Ausbildung zur Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Bild: Weitblick Workwear

Im Handwerk kommt es längst nicht mehr nur auf Körperkraft an, sondern auch auf Fingerfertigkeit. Bild: Weitblick Workwear

 

Sie ist 21 Jahre jung und auf Baustellen zu finden: Madita Brauer aus Kalkar am Niederrhein (NRW) hat einen beruflichen Tapetenwechsel vollzogen. Die gelernte Bankkauffrau absolviert jetzt eine Ausbildung zur Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und studiert nebenbei Handwerksmanagement. Unter dem Hashtag #fürmehrfrauenimhandwerk sucht sie via Instagram nach Gleichgesinnten, die sich im Handwerk ebenso gut aufgehoben fühlen wie sie.

Nach ihrem Abitur entschied sich Madita Brauer zunächst für einen anderen Berufsweg. Sie begann eine Ausbildung zur Bankkauffrau und schloss sie erfolgreich ab. Warum sie auf eine mögliche Karriere im Bankensektor verzichtete und stattdessen den Schritt ins Handwerk wagte, erklärt sie wie folgt: „Das Leben am Bürotisch klang interessanter, als es tatsächlich ist. Ich habe schnell gemerkt, dass ich Abwechslung brauche. Mit diesem Gedankengang habe ich den Schritt ins Handwerk gewagt.“ Also stieg sie in den Betrieb ihres Vaters – der Stephan Brauer GmbH – ein. Seither ist sie an Fertiginstallationen von Badezimmern, Installationen und Reparaturen komplexer Heizungssysteme sowie Verlegungen von Trinkwasser-, Abwasser- und Lüftungsleitungen beteiligt.

Bachelor of Arts im Handwerksmanagement
Am Wochenende studiert Madita Brauer im trialen System Handwerksmanagement an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Dort stehen sowohl Kenntnisse der Betriebs- und Volkswirtschaft als auch die Führung von Handwerksunternehmen im Mittelpunkt. Schließt sie das Studium in voraussichtlich fünf Jahren erfolgreich ab, besitzt sie drei Abschlüsse: Gesellen- und Meisterbrief sowie den ­Bachelor of Arts (B.A.) im Handwerksmanagement. Der wiederum qualifiziert zur Führung kleiner und mittelständischer Unternehmen und beinhaltet eine Ausbildungsbefugnis in ganz Europa.
Ihren mutigen Schritt hat Madita Brauer bis heute nicht bereut. „Mein Herz schlägt fürs Handwerk“, sagt die 21-Jährige. Im SHK-Bereich sei sie immer gefördert worden, und auch nach Ausbildung und Studium wolle sie zunächst noch auf Baustellen verbleiben. „Ob ich dann irgendwann einmal eine Betriebsleiterstelle antrete, die durch meinen Bildungsweg recht offensichtlich erscheint, oder an der Heiztechnik forschen werde – das ist noch Zukunftsmusik.“ Rückblickend habe ihr jedenfalls „nichts Besseres“ als der Wechsel ins Handwerk passieren können.

Einblick in den Arbeitsalltag
Madita Brauer ist auf Social-Media-Kanälen unterwegs, um ­Followern einen Einblick in ihren Arbeitsalltag zu geben. Auf Instagram hat sie auf ihrem Account @frauimhandwerk einen Hashtag (#fürmehrfrauenimhandwerk) gestartet, der besonders Frauen ansprechen soll. Warum? „Ich möchte Frauen davon überzeugen, dass das Handwerk eine gute Berufswahl ist. Die Arbeit zeichnet sich nicht mehr durch reine Körperkraft aus, sondern viel mehr durch Mitdenken und fachgerechte Umsetzung. Handwerk ist aus meiner Sicht die Berufung, etwas mit Leidenschaft und mit den eigenen Händen herzustellen.“ Sie starte das Instagram-Projekt nicht, weil sie sich im SHK-Umfeld alleine fühle.
Und doch weiß die Auszubildende, dass Frauen im Handwerk selten sind. Sie habe Bekannte, die einen Bürojob dem Handwerk vorziehen würden – sicherlich kein Einzelfall. Daher will die 21-Jährige für ein Umdenken sorgen. Brauer: „Ich möchte Frauen gar nicht überreden, ins Handwerk einzusteigen. Ich möchte aber dazu anregen, sich mit dem Thema zu befassen.“ Außerdem wolle sie Vorurteile entkräften. Für ihre Kollegen sei es selbstverständlich, dass sie keine Wasserspeicher vom Dachboden oder eine Wärmepumpe tragen könne. Im Gegenzug leis­te sie Arbeiten, die ihr leichter als manchem Mann fallen, wie z. B. in kleinen, verwinkelten Ecken. „Entscheidend ist nicht die Körperkraft, sondern das Verständnis und die Kommunikation im Team“, sagt Brauer.

Gute Weiterbildungsmöglichkeiten

Mit ihren Erfahrungsberichten auf Instagram hat die junge Handwerkerin viele Hundert Menschen erreicht. „Durch soziale Medien habe ich Frauen kennengelernt, die im Handwerk tätig sind oder das Handwerk als Hobby für sich entdeckt haben. Ich erhalte Ideen, Geschichten, Fotos. Ein erster guter Schritt.“ Weitere Schritte sollen folgen. Brauer möchte noch mehr Kontakte knüpfen, mit Vorurteilen aufräumen und für eine fundierte Ausbildung im Handwerk werben. Denn auch die Weiterbildungsmöglichkeiten seien für Frauen und Männer gut. „Sei es der Meister, der Techniker oder diverse Studiengänge: Jeder Mensch, der gefordert und gefördert werden möchte, ist im Handwerk richtig“, sagt Brauer. Ihr Wunsch: „In einigen Jahren sollten Frauen auf Baustellen keine Rarität mehr sein.“

 


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