Werbung

Energiewende mit Heizöl

Das „Innovationshaus“ in Wolfhagen zeigt ein Beispiel für das Heizen der Zukunft

Im nordhessischen Wolfhagen wurde im Rahmen eines Modellvorhabens ein 25 Jahre altes Einfamilienhaus mit wegweisender Gebäude- und Heiztechnik in ein „Innovationshaus“ umgewandelt. Bild: IWO

In Wolfhagen erfolgt die Stromversorgung bereits heute überwiegend auf erneuerbare Weise. Bild: IWO

Blick in den Heizungskeller des Innovationshauses (v. l.): Hybridgerät, Warmwasserspeicher, Stromspeicher sowie der Tank für Heizöl und neue flüssige Brennstoffe. Bild: IWO

Waren beim Start des Innovationshauses dabei (v. l.): Christian Halper (Projektleiter IWO), Dr. Frank Voßloh (Geschäftsführer Viessmann Deutschland GmbH), Reinhard Schaake (Bürgermeister Wolfhagen), Adrian Willig (Geschäftsführer IWO). Bild: IWO

Das Einfamilienhaus verfügt über ein Internetfähiges Hybridheizgerät, das Wärmepumpe und Öl-Brennwertmodul kombiniert. Bild: IWO

Außeneinheit der Wärmepumpe. Bild: IWO

 

 

Die Energiewende in Deutschland kann nur dann gelingen, wenn auch der Wärmemarkt einen wesentlichen Beitrag leistet. Der Austausch alter Heizkessel gegen neue Geräte mit effizienter Brennwerttechnik spielt dabei eine wichtige Rolle. Zusätzlich zu dieser Effizienzsteigerung eröffnen die Einbindung Erneuerbarer Energien und die Entwicklung neuer Brennstoffe für ölbeheizte Gebäude langfristig sogar eine klimaneutrale Perspektive. Wie die Zukunft dieser Häuser aussehen könnte, demonstriert das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) nun gemeinsam mit Partnern im nordhessischen Wolfhagen. Dort wurde im Rahmen eines Modellvorhabens ein 25 Jahre altes Einfamilienhaus mit wegweisender Gebäude- und Heiztechnik in ein bislang einmaliges „Innovationshaus“ umgewandelt.

Erneuerbare Energien und fossile Brennstoffe – in der öffentlichen Diskussion erscheinen die einen oft als Zukunftstechnik, während die anderen für viele die Vergangenheit symbolisieren. Dabei müssen klassische und erneuerbare Energieträger überhaupt kein Widerspruch sein: Das zeigt sich vor allem bei der Beheizung von Gebäuden.

Der Mix macht’s
Mit dem Begriff Energiewende verband sich in den vergangenen Jahren vor allem der Aufbau der regenerativen Stromproduktion. Doch eine rein elektrische Ener­gieversorgung erscheint heute und für die Zukunft unrealistisch. Erneuerbar erzeugter Strom hat am heutigen Energieverbrauch für Strom, Wärme und Verkehr einen Anteil von nur 8 %. Der für eine rein elektrische Versorgung erforderliche Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten lässt sich kaum in einem angemessen Zeit- und Kostenrahmen umsetzen. Auch das erste Zwischenfazit aus der Leitstudie „Integrierte Energiewende“ der Deutschen Energieagentur (dena) zeigt, dass ein künftiger, breiter Technologiemix deutlich günstiger wäre als Szenarios, die einen hohen Grad an Elektrifizierung vorsehen. Deshalb ist ein technologieoffener Wettbewerb um innovative Lösungen der richtige Weg, um die Energiewende – gerade auch im Gebäudebereich – bezahlbar und sozial ausgewogen zu gestalten. Die Möglichkeiten, die bewährte Technologien wie etwa Brennwertheizungen dabei als Einstieg und Basis für weitere Entwicklungen bieten, werden jedoch oftmals unterschätzt.
20 Mio. Menschen beziehen hierzulande ihre Wärme aus Heizöl. Die meis­ten Ölheizungen sind in Ein- und Zweifamilienhäusern zu finden. Vor allem im ländlichen Raum sind Ölheizungen weit verbreitet. Technisch sinnvolle Alternativen stehen an diesen Orten nicht immer zur Verfügung oder sind für viele Anlagenbetreiber finanziell nicht realisierbar. Für Hauseigentümer mit einer Ölheizung ist dann die Sanierung mit Öl-Brennwerttechnik zumeist der kostengünstigste Einstieg in die Energiewende. So können Treibhausgasemissionen bereits um bis zu 30 % gesenkt werden. Zugleich sind die Gebäude damit auch gut für die Zukunft gerüstet, denn: Öl-Brennwertheizungen lassen sich gut mit Anlagen aus dem Segment der Erneuerbaren Energien wie Solaranlagen oder Holzkaminöfen kombinieren.

Hybridheizungen – ein Weg in die Zukunft
Solche Hybridheizungen, die die Wärmeversorgung auf mindestens zwei Säulen verteilen, sind ein maßgebliches Konzept zur künftigen Wärmeversorgung von Gebäuden und finden zunehmend Verbreitung. Sie erhöhen den Anteil erneuerbar erzeugter Energie im Wärmebereich, ohne dass die Versorgungssicherheit zum Problem wird: Denn immer dann, wenn die Erneuerbaren nicht genug Energie liefern, steht Heizöl zur Verfügung. Bereits heute nutzen in Deutschland mehr als 50 % der Hauseigentümer mit Ölheizung zusätzlich Erneuerbare Energien zur Wärmeversorgung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des IWO. Wie weitere Untersuchungen zeigen, werden insbesondere Holzkaminöfen sowie thermische Solaranlagen zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung eingesetzt. Rund 940 000 Ölheizungen werden hierzulande gemeinsam mit einer Solarthermieanlage betrieben. Hybridsysteme auf Heizölbasis eignen sich insbesondere auch für gut gedämmte Gebäude mit niedrigem Energiebedarf, da sich das Heizöl über einen langen Zeitraum im eigenen Tank bevorraten lässt.
Mit Power-to-Heat ist technisch auch die Einbindung von erneuerbar erzeugtem Strom in die Wärmeversorgung möglich. Hybridheizungen, die in der Lage sind, Strom oder Heizöl als Wärmequelle zu nutzen, können ihre Stromnachfrage optimal an die jeweiligen Verhältnisse im Strommarkt anpassen – vollautomatisch und ohne jegliche Komforteinschränkungen bei den Hausbesitzern.

Energieversorgung von morgen heute schon testen
Die intelligente Verzahnung von Strom- und Wärmeversorgung ist auch ein Kern­element des Innovationshauses in Wolfhagen. Die Wahl des Standorts war dabei kein Zufall: Denn in der 30 km westlich von Kassel gelegenen 13 500-Einwohner-Gemeinde erfolgt die Stromversorgung dank eines Solar- und eines Windparks bereits heute überwiegend auf erneuerbare Weise. Damit hat die Gemeinde das erreicht, was für den Rest Deutschlands noch angestrebt wird. Dabei zeigt sich jedoch, dass das wetterabhängige Öko-Strom­angebot und die Nachfrage durch die Haushalte vor Ort nicht immer übereinstimmen. So erfolgt die Versorgung mit erneuerbarem Strom nur jahresbilanziell zu 100 %. Schaut man genauer hin, wird klar, dass nur rund 70 % des jährlichen Strombedarfs der Region tatsächlich aus dem örtlichen Wind- und Photovoltaik-Park gedeckt werden. Es gilt also Lösungen zu finden, hier zu einer besseren Synchronisation zu kommen. Da das Wind- und Sonnenangebot wetterabhängig und damit nicht beeinflussbar ist, bleibt als Lösung nur eine Steuerung der Stromnachfrage. Daher werden in Wolfhagen dynamische Stromtarife getestet und neue Technologien zum Einsatz gebracht. Wie sich zeigte, reicht aber eine Nachfrageflexibilisierung auf Verbraucherseite nur über weiße Ware nicht aus. Grund sind die vergleichsweise geringen Verbräuche und Konflikte mit dem Nutzerverhalten. Dank seiner Power-to-Heat-fähigen Heizung vermag das Innovationshaus hingegen hier einen wesentlichen Beitrag zu leis­ten. Wird beispielsweise gerade sehr viel Öko-Strom produziert, kann es diesen sowohl zur Strom- als auch Wärmeversorgung aufnehmen und speichern. Steht nicht ausreichend Öko-Strom zur Verfügung, wird die Wärmeversorgung durch ein Öl-Brennwertgerät sichergestellt.
Das 150 m² große Einfamilienhaus (Baujahr 1992) verfügt über ein internetfähiges Hybridheizgerät mit integriertem Trinkwasser-Ladespeicher (Viessmann Vitolacaldens 222-F), das eine Luft/Wasser-Wärmepumpe und ein Öl-Brennwertmodul kombiniert. Das Brennwertmodul hat einen Nenn-Wärmeleistungsbereich von 9,6 bis 23,6 kW, die Wärmepumpe hat eine Nenn-Wärmeleistung nach EN14511 bei A2/W35 °C von 2,7 bis 10,9 kW. Das Gerät ersetzte einen fast 25 Jahre alten Niedertemperatur-Ölheizkessel. Hinzu kommen eine fast 29,5 m² große, 18 Module umfassende Photovoltaik-Anlage auf dem Dach mit 4,9 kWp, ein Batteriespeicher (6,4 kWh), zwei Wärmespeicher sowie ein 1500-l-Heizöltank. Das gesamte System wird durch eine neu entwickelte, intelligente Ansteuerung von Viessmann geregelt und kann sich so dem jeweiligen Angebot durch Wind- und Solarstrom optimal anpassen.
In den kommenden Monaten wird nun u. a. untersucht, wann und wie viel Strom aus dem Netz und aus der eigenen Produktion zur Wärmegewinnung genutzt werden kann, wieviel Heizöl sich dabei einsparen lässt, und wann welcher Wärmeerzeuger (Öl-Brennwertgerät/Wärmepumpe) zum Einsatz kommt. Des Weiteren soll auch untersucht werden, was für finanzielle Effekte der Einsatz dynamischer Stromtarife für den Haushalt haben wird. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil die Einführung derartiger Tarife ein wichtiger Aspekt für die künftige Gestaltung der Energiewende sein wird.

Neue flüssige Brennstoffe
Das „Innovationshaus“ in Wolfhagen soll dabei verdeutlichen, dass ölbeheizte Häuser im Hinblick auf die künftige, klimafreundlichere Gestaltung des Wärmemarktes als Teil der Lösung zu begreifen sind. Dies betrifft insbesondere auch den flüssigen Brennstoff. Denn um den klimapolitischen Herausforderungen gerecht zu werden, wird sich langfristig auch das Heizöl verändern und „grüner“ werden. Grundsätzlich geht es hierbei um die Herstellung synthetischer flüssiger Kohlenwasserstoffe aus unterschiedlichen regenerativen Quellen. Bei der Auswahl der Rohstoffe wird eine Nutzungskonkurrenz zu Agrarflächen oder Nahrungsmitteln bewusst vermieden. Ziel ist die Entwicklung marktfähiger, innovativer Brennstoffe, die dem bisherigen Heizöl in hohen Anteilen beigemischt werden und dieses langfristig sogar ganz ersetzen können. Auch in dieser Hinsicht wird das Innovationshaus Wolfhagen seiner Bezeichnung gerecht: Eingesetzt wird seit Februar 2018 ein um bis zu 80 % treibhausgasreduzierter Brennstoff. Dafür wird dem herkömmlichen Heizöl „CareDiesel“ beigemischt, der aus Reststoffen biologischen Ursprungs wie Altspeisefetten und Wasserstoff hergestellt wird. 

Autoren: Dipl.-Ing. Christian Halper, Projektleiter Modellvorhaben, IWO,
Dipl.-Ing. Rainer Stangl, Projektingenieur, Sachverständiger nach AwSV, IWO

Bilder: IWO

www.zukunftsheizen.de/Innovationshaus

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: