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Einrohr-Heizungsanlagen sanieren Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Thermischer Energieaufwand sinkt um bis zu 18%

Einrohr-Heizkreise werden von Experten als nicht abgleichbar beurteilt. Durch die in Reihe geschalteten Heizkörper ist die Wärmeverteilung in solchen Anlagen zudem ungleichmäßig, also wenig komfortabel. Mit dem System "eccolution" hat Kermi unlängst eine Lösung vorgestellt, die für eine bedarfsgerechte - statt konstante - Durchströmung der Einrohrkreise sorgt. Neben dem Komfortgewinn durch die gleichmäßige Leistungsverteilung reduziert sich der thermische Energieaufwand nach Installation der automatischen Regelventile an den Heizkörpern um bis zu 18%, der Aufwand für Pumpenstrom um rund 80%.

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg hat das neue Kermi-System zunächst einer Plausibilitätsbetrachtung unterzogen. Nach einer dezidierten Simulationsberechnung hat sich der energetische Einspareffekt nachdrücklich bestätigt.

 

Professor Dr.-Ing. Rainer Hirschberg von der Fachhochschule Aachen hat diese Effekte im Rahmen einer Vorstudie aufgrund von Plausibilitätsbetrachtungen prognostiziert. Die jetzt abgeschlossenen Simulationsrechnungen übertrafen die positiven Erwartungen. Im Interview mit der IKZ-Redaktion geht Hirschberg auf die zentralen Probleme von Einrohr-Heizkreisen und die Wirkprinzipien des Kermi-Systems, aber auch das sich daraus ergebende Potenzial für das Sanierungsgeschäft ein.

Mit dem System „eccolution“ von Kermi lassen sich Einrohr-Wärmeverteilungen sanieren.
1) Einrohrhahnblock mit variablem Bypass. Zum Ersatz von Standard-Hahnblöcken in Einrohrheizungen. Ausführungen Ventil links und Ventil rechts, inkl. Verkleidung und Thermostatkopf.
2) Sollwertregler.
3) Sollwertsteller „Ecco“ (optional). Betrieb durch Powerline-Technik.
4) Adapterstücke für abweichende Achsabstände. In den Ausführungen 50/58, 50/40 und 50/35 inkl. Befestigung am Hahnblock.
5) Regelventil für den Einrohrstrang. Durchgangsform, Dimension DN 15.
6) Stellantrieb für Regelventil. 24 V, 0-10 V Eingangssignal.
7) Hocheffiziente Umwälzpumpe.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Kermi hat das neue System für Einrohr-Wärmeverteilungen auf der ISH 2011 erstmals präsentiert – und ist auf bemerkenswertes Interesse gestoßen. Deswegen die Frage vorab: Sind Einrohr-Heizungen überhaupt noch ein Thema?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg:
Der Anteil an Einrohr-Heizungen im Bestand wird häufig fahrlässig unterschätzt. Aufgrund des Ungleichgewichtes zwischen hohen Materialpreisen und vergleichsweise niedrigeren Montagekosten sind solche Anlagen in den 70er-Jahren millionenfach installiert worden – und müssen jetzt saniert werden, denn die energetische Bewertung von Wärmeverteilanlagen kam erst viel später, in den 90ern.

Einrohr-Heizungsanlagen wurden vor allem in den 1970er-Jahren aufgrund der hohen Materialpreise als Ringleitung installiert; Bypass-Armaturen sichern konstant den anteiligen Durchfluss des Kreisvolumenstroms ab.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Für die Leser, die mit dieser Technik nicht (mehr) so vertraut sind: Was unterscheidet Einrohr- und Zweirohr-Heizkreise aus energetischer Sicht?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist die hydraulische Schaltung der Heizkörper. Bei Zweirohr-Anlagen sind die Heizkörper parallel geschaltet, werden also alle mit gleicher Vorlauftemperatur beaufschlagt. Bei Einrohr-Anlagen sind die Heizkörper in einer Reihe an einer Ringleitung montiert, sodass jeder aufeinanderfolgende Heizkörper mit abnehmender Vorlauftemperatur versorgt wird. Um auch einzelne Heizkörper in diesem Kreis betreiben zu können, sind die Heizkörper mit „Bypass-Ventilen“ angebunden, die immer einen konstanten Massestrom passieren lassen.

Ein entscheidender Nachteil von Einrohr-Heizungsanlagen ist die von Heizkörper zu Heizkörper nachlassende Vorlauftemperatur, ohne dass sich daraus verlässlich eine definierte Spreizung zwischen Vor- und Rücklauftemperatur ergäbe. Stattdessen liegt je nach Wärmeabnahme die Rücklauftemperatur häufig sogar deutlich über ihrem Auslegungswert.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie erfolgt die Einregulierung?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Eine Einregulierung im heutigen Verständnis als „hydraulischer Abgleich“ ist nicht möglich; sie erfolgt lediglich hinsichtlich des immer gleichbleibenden Kreiswasserstroms.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Wo sehen Sie die entscheidenden Nachteile von Einrohr-Heizungen?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Durch die Bauart mit den in Reihe geschalteten Heizkörpern gibt es drei entscheidende Nachteile. Der erste: Unabhängig vom Wärmebedarf bleibt die Kreiswassermenge immer konstant; die Folge sind ganzjährig hohe Aufwendungen für Pumpenleistung. Das zweite Problem: Durch die konstante Ringwassermenge kommt es im Teillastfall, also während der Regel-Betriebsphase, dazu, dass die Rücklauftemperatur nie unter den Auslegungswert fällt; Wärmeerzeuger mit energieeffizienter Brennwerttechnik können ihre Vorteile in einer solchen Anlage also nicht ausspielen. Das ist umso ärgerlicher, da der Teillastbetrieb etwa 96% der Betriebsphase einer Heizungsanlage ausmacht. Als dritter Nachteil ist zu nennen, dass die Wärmeverteilung sehr stark von der Position des Heizkörpers in der Ringleitung abhängt. Bei hoher Wärmeabnahme der vorgelagerten werden die am Schluss platzierten kaum mehr warm; die Wärmeversorgung ist damit unkomfortabel.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Was macht das „eccolution“-Ventil im Gegensatz zu Bypass-Ventilen denn wesentlich anders, um diese Problemkreise aufzuheben?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Zum einen reduziert das Ventil in Abhängigkeit von der Wärmeabnahme an den Heizkörpern den Massestrom. Zum anderen erhält das Ventil die ausgelegte Temperaturspreizung zwischen Vor- und Rücklauf – das sind die beiden unter energetischen Gesichtspunkten entscheidenden Punkte.

Einrohrsystem – die Situation: Bei Teillast ist die Rücklauftemperatur im Einrohrsystem physikalisch bedingt höher als die Auslegungstemperatur, sie nähert sich sogar der Vorlauftemperatur.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Mit dem jetzt regulierten Massestrom beginnend – welche Auswirkungen hat das?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Bisher muss in einer Einkreis-Anlage immer der volle Kreiswasservolumenstrom umgewälzt werden. Der Einsatz stromsparender drehzahlgeregelter Pumpen – wie sie heute Stand der Technik sind – ist damit effektfrei. Anders sieht es bei einem Massenstrom aus, der sich analog zur Wärmeabnahme verändert. Unsere Simulationsrechnungen haben ergeben, dass sich durch die Temperaturdifferenzregelung des Einrohrkreises die umzuwälzende Kreiswassermenge im Jahr auf im Mittel 50 bis 60% reduziert. Es können also Hocheffizienzpumpen eingebaut werden. Deren Strombedarf liegt in der Folge um rund 80% niedriger.

Nach der Installation des „eccolution“-Systems ist die Versorgung der einzelnen Heizkörper in jedem Fall gewährleistet, ohne dass sich die Temperaturspreizung von Vorlauf/Rücklauf verändert. Die Sanierungs-Lösung mit Regelventil und Stellantrieb (siehe Abb.) ist optimal geeignet für Teil- oder Zug-um-Zug-Sanierungen.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Und das thermische Einsparpotenzial?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Das thermische Einsparpotenzial ergibt sich über die bedarfsgeführte Regelung der Kreiswassermenge aus der geringeren mittleren Belastung der Wärmeverteilung sowie durch die verbesserte Regelgüte der Heizkörper. Mit dem Einbau der „eccolution“-Ventile entspricht die im Übrigen der von Zweirohr-Heizkreisen bekannten, sodass zugleich ein deutlicher Komfortgewinn erzielt wird. In der Summe sinken die Aufwandszahlen bei der Wärmeübergabe nach DIN?V?18599 bei Auslegung 70/55°C von 1,205 auf 1,110; bei einer Spreizung im Heizkreis von 90/70°C von 1,225 auf 1,135. Die relativen Einsparungen beim Endenergieeinsatz betragen damit, je nach Wärmeerzeuger, bis zu 18%.

Für die energetisch hoch effiziente Sanierung von größeren Objekten mit Einrohr-Heizungsanlagen empfiehlt sich eine solche „dezentrale“ Pumpenlösung, da damit der Aufwand für Hilfsenergien in der Wärmeverteilung im Gegensatz zur zentralen Pumpenlösung nochmals reduziert wird.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Optimal wäre also der Austausch der vorhandenen Bypass-Ventile gegen das Kermi-System, inklusive dem Einbau einer neuen, drehzahlgeregelten Pumpe?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Die hier vorgestellte Innovation zur Sanierung ineffizienter Einrohr-Anlagen sollte auf jeden Fall im Zusammenhang des Gesamtsys­tems aus Wärmeerzeugung und Wärmeverteilung gesehen werden. Natürlich ist auch die schrittweise Sanierung ein erfolgversprechender Einstieg. Die größten Einspareffekte aber sind zu erzielen, wenn damit einhergehend auch die zentralen Heizkreis-Pumpen ausgetauscht bzw. die Etagenverteilungen mit Hocheffizienzpumpen ausgestattet werden. Abgerundet wird das Sanierungspaket – aufgrund der dann gewährleisteten, niedrigen Rücklauftemperaturen – schließlich durch einen Wärmeerzeuger mit Brennwerttechnik.


IKZ-HAUSTECHNIK: Ein Thema war aber auch der mangelnde Komfort der bisherigen Einrohr-Heizungen. Was ändert sich da?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Zumindest teilweise wurde diese Frage bereits im Zusammenhang mit dem thermischen Einsparpotenzial beantwortet: Durch die bedarfsgeführte Ventilsteuerung steigt die Regelgüte der Heizkörper um ein Vielfaches. Unabhängig von der Position im Heizkreis steht immer die Leistung zur Verfügung, die nach Auslegung gefordert ist – die von Einrohr-Anlagen bekannte Unterversorgung nachgeordneter Heizkörper gibt es nicht mehr. Nach der Sanierung bietet die Einrohr-Anlage also ohne aufwendige Umbauarbeiten einen vergleichbaren Komfort wie Zweirohr-Anlagen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wird die Wärmeverteilung mit Einrohr-Heizkreisen im Neubau damit wieder salonfähig?

Prof. Dr.-Ing. Hirschberg: Ganz klar: nein. Mit dem neuen Ventil geht es ausschließlich darum, dem Fachhandwerk eine Möglichkeit zur wirkungsvollen Sanierung solcher Anlagen im Bestand zu eröffnen. Hier liegt technisch wie energetisch noch sehr viel Potenzial brach, das jetzt aus ökonomischen wie ökologischen Gründen mit vergleichsweise geringem Aufwand gehoben werden kann. Vor allem für größere Objekte dürfte dabei interessant sein, dass die Sanierung auch schrittweise – beispielsweise nach Etagen – erfolgen kann, um Investitionskosten strecken zu können. Alles andere ginge, selbst bei den aktuell wieder steigenden Rohstoff- und damit Rohrmaterialpreisen, an der Realität vorbei.

Bilder: Kermi GmbH

www.kermi.de
www.eccolution.de

 


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