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Außen statt innen

Die Speicherprojektstudie StoEx könnte richtungsweisend sein

Die Wärmeverluste sind auch in kalter Umgebung extrem niedrig. VWD-Speicher müssen demzufolge nicht in einem Gebäude aufgestellt werden. Das eröffnet der Solarthermie ganz neue Spielräume. Bild: Schlosserei Hummelsberger GmbH

Bei vakuumgedämmten Speichertanks handelt es sich um Speicher-in-Speicher Systeme, die aus einem Innen- und einem Außentank aus Stahl bestehen. Zwischen den beiden Tanks befindet sich ein Hohlraum, Ringspalt genannt. Dieser ist bei VWD-Speichern 20 cm dick und evakuiert. Bild: Sirch Tankbau Tankservice Speicherbau GmbH

Die Grafik zeigt den solaren Deckungsanteil für ein SolarAktivhaus (links) und einen Kindergarten (rechts) in Abhängigkeit vom Speichervolumen (VWD: Vakuumwärmedämmung

Die Grafik zeigt Preise (ohne Umsatzsteuer) für vakuumwärmegedämmte Warmwasserspeicher der Firma Sirch. Mit steigendem Volumen sinkt der Preis pro m3. Heute sind VWD’s ab etwa 5 m3 Größe wirtschaftlich. Bild: Abschlussbericht StoEx

Die Tabelle zeigt aktuelle Preise (2015, ohne USt) für Warmwasserspeicher der Firma Sirch (VWD: Vakuumwärmedämmung

Die Tabelle zeigt die Kosten (ohne Ust) für den Warmwasserspeicher im Anwendungsfall Solar­Aktivhaus für unterschiedliche Speicherkonfigurationen und für solare Deckungsanteile von 70 und 80 Prozent (VWD: Vakuumwärmedämmung

Die Grafik zeigt den solaren Deckungsanteil für einen Kindergarten in Abhängigkeit vom Warmwasservolumen des Speichers für verschiedene Arten der Wärmedämmung (VWD: Vakuumwärmedämmung

Die Tabelle zeigt die Kosten (ohne Ust) für den Warmwasserspeicher im Anwendungsfall Kindergarten bei unterschiedlichen Speicherkonfigurationen und für solare Deckungsanteile von 40 und 43 % (VWD: Vakuumwärmedämmung

 

In Deutschland dümpelt die Solarthermie seit Jahren vor sich hin und es droht ihr, dass sie von der Entwicklung abgehängt wird. Es bietet sich aber für die Solarthermie eine neue Chance, nicht nur im Neubau eine größere Rolle zu spielen, sondern auch im Gebäudebestand.

Es ist nicht mehr lang hin, dann werden Fast-Nullenergie-Gebäude Neubaustandard sein. Die europäische Gebäuderichtlinie EPBD schreibt vor, dass dieser Gebäudetypus, der die nötige Energie zur Deckung des Gesamtwärmebedarfs entweder selbst zu jedem Zeitpunkt erzeugt oder im Jahresmittel einen Fremdbezug durch Eigenerzeugung bilanziell ausgleicht, ab 2019 für öffentliche Gebäude gilt und ab 2021 für jedes Wohngebäude. Die nationalen gesetzlichen Vorgaben müssen mindestens zwei Jahre davor fertig sein, um Investoren und Bauherren die nötige Planungssicherheit zu geben. In Deutschland soll das in einem gemeinsamen Gesetz für Effizienz und Erneuerbare, in dem EnEV und EEWärmeG zusammengeführt sind, verankert werden.

Deckungsfrage Restenergie
Zu betrachten wäre, wie die EPBD Fast-Null-Energie näher beschreibt, und zwar so: „Der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen – einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen, die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird – gedeckt werden.“ Wenn der Energiebedarf möglichst über Erneuerbare gedeckt werden soll, der zudem am Gebäude oder auf dem Grundstück selbst erzeugt oder in der Nähe (Nahwärmenetze) – dann sind die aussichtsreichsten Kandidaten die Solarenergie (in Form von Photovoltaik – Power to Heat – oder Solarthermie) und die Umweltwärme in Form von Geothermie.
Bioenergie käme zwar auch infrage, doch hat sie im Vergleich zu den Genannten Bewerbungsnachteile: Holzpellets zum Beispiel (oder auch Hackschnitzel und Scheitholz) kompensieren die vergleichsweise hohen Investitionskosten der Heizsysteme über die vergleichsweise niedrigen Brennstoffkosten. Dieser Kompensations-Faktor verliert bei weniger Brennstoffbedarf an Gewicht. Nahwärme könnte auch von Biogasanlagen geliefert werden, doch ist es sehr unwahrscheinlich, dass dieser Versorgungspfad plötzlich ausgebaut wird. Es ist eher zu erkennen, dass er mittelfristig auslaufen wird.
Wer wird das Rennen machen? Nach derzeitigem Stand würden die Buchmacher vermutlich nicht auf Sieg für die Solarthermie setzen. Es ist bisher das Gegenteil eingetreten, was die Studie „Fahrplan Solarwärme“ des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Mitte 2012 prognostizierte: Ein jährliches Solarwärme-Marktwachstum von durchschnittlich 12 % bis 2021. Stattdessen ist die Zahl der jährlichen Neuinstallationen in Quadratmeter Kollektorfläche jedes Jahr gesunken. Seit ein paar Jahren sehen viele bereits die Photovoltaik als Nachfolger von Solarthermie auf dem Dach (Power to Heat).

Bedarf nach neuen Wegen
Vor diesem Hintergrund ist das Forschungsprojekt StoEx Storage External interessant, denn es könnte dazu beitragen, dass die Karten neu gemischt werden. In dem vom Bundeswirtschaftsminis­terium (BMWi) geförderten Projekt, das seit 2012 betrieben und Ende 2015 abgeschlossen wurde, ging es um die Entwicklung großvolumiger, preiswerter Warmwasserspeicher mit einer Vakuumwärmedämmung (VWD) zur Außenaufstellung. Die Projektpartner, das Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) Stuttgart und der Speicherhersteller Sirch Tankbau Tankservice Speicherbau GmbH stellten ihren Abschlussbericht im August dieses Jahres vor. Speichertechnische Inhalte des Projekts waren unter anderem Materialuntersuchungen zum Füllmaterial für die Ringspalte und zur transparenten Wärmedämmung. Es wurde außerdem an einem Schichtbe- und -entladesys­tem gearbeitet. Zusätzlich untersuchten die Projektpartner, wie sich VWD-Speicher im Langzeitbetrieb von bis zu 50 Jahren verhalten.
Auf der Umsetzungsseite wurden verschiedene Szenarien mit unterschiedlich hohen solarthermischen Deckungsraten des Gesamtwärmebedarfs und die Wirtschaftlichkeit untersucht: durchgespielt wurde die VWD in einem SolarAktivhaus (Einfamilienhaus, 150 m2 Wohnfläche), einem Kindergarten (Nichtwohngebäude/öffentliches Gebäude) sowie ein Nahwärmenetz mit 100 Wohneinheiten (Einfamilienhäuser).
StoEx spielt also praktisch in den Marktsegmenten Szenarien durch, denen die Autoren des Fahrplans Solarwärme seinerzeit erhebliches Wachstumspotenzial versprachen (Neben dem klassischen Marktsegment der Ein- und Zweifamilienhäuser sahen sie mittelfristig neue Einsatzbereiche im Mehrfamilienhaus- und Nicht-Wohnbereich). Dass dieses Wachstum bisher nicht eingetreten ist, sondern sogar eine Schrumpfkur durchlief, spricht aber nicht gegen die Prognose, sondern eher für Bedarf nach neuen Wegen. Einen geht StoEx. Es holt die Warmwasserspeicher aus den Gebäuden und platziert sie draußen.

Neue Spielräume
Warmwasserspeicher mit Vakuumwärmedämmung sind heute noch eine Nische. Es gibt in Deutschland genau zwei Hersteller und Anbieter dieser Technologie: Sirch und die Schlosserei Hummelsberger GmbH aus Mühlendorf am Inn. Hummelsberger fertigt derzeit Vakuum-Pufferspeicher von 2200 bis 50 000 l, Sirch von 1000 bis 60 000 l. Preislich wird VWD heute ab ca. 5 m3 Speichervolumen interessant. Ab da beginnen aber gerade die für hohe solarthermische Deckungsraten benötigten Volumen (mindestens 50 % solare Deckungsrate am Gesamtwärmebedarf lautet z. B. eine Definition zum Solar­Aktivhaus).
Bei vakuumgedämmten Speichertanks handelt es sich um Speicher-in-Speicher Systeme, die aus einem Innen- und einem Außentank aus Stahl bestehen. Zwischen den beiden Tanks befindet sich ein Hohlraum, Ringspalt genannt. Dieser ist bei VWD-Speichern 20 cm dick und evakuiert. Das Vakuum reduziert die Luftwärmeübertragung des Speichers auf fast Null. In der Theorie sind Werte bei der Wärmeleitfähigkeit von unter 0,005 W/(m K) denkbar, in der Praxis sind aktuell 0,008 W/(m K) möglich. Im Vergleich zum herkömmlichen Dämmstoff Mineralwolle, die sich im Mittel bei ca. 0,040 W/(m K) bewegt, ist das um Faktor Fünf besser. Die Wärmeverluste sind auch in kalter Umgebung extrem niedrig. VWD-Speicher müssen demzufolge nicht in einem Gebäude aufgestellt werden. Das eröffnet der Solarthermie ganz neue Spielräume.
Zu Recht weisen die Autoren in ihrem Bericht darauf hin, dass die Positionierung von sehr großen Warmwasserspeichern innerhalb eines Gebäudes einige gravierende Nachteile mit sich bringt: Unter anderem verringert sich die nutzbare Fläche und die Möglichkeiten der Gebäudekonstruktion sind eingeschränkt. Des Weiteren können Innenräume im Sommer überhitzen, da die Wärmeverluste des Warmwasserspeichers direkt in das Gebäude abgegeben werden. Wenn man in Betracht ziehen muss, dass sich Speicher dieser Größenordnung über mehrere Stockwerke erstrecken (vom Keller/Erdgeschoss bis zum Dachboden), dann fällt es nicht schwer, zu erkennen, dass die Einbringung solcher Warmwasserspeicher im Gebäudebestand im Zuge einer Heizungssanierung eine praktisch unmögliche Aufgabe ist. Damit böte die Außenaufstellung von Speichern hohen solaren Deckungsraten sogar im Gebäudebestand eine Chance: „Bei vielen Gebäuden, insbesondere Ein- und Mehrfamilienhäuser, die in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts erbaut wurden und heute durch eine energetische Modernisierung eine relevante Energieeinsparung erwarten lassen, ist um das Gebäude eine ausreichende Aufstellfläche vorhanden, sodass die Außenaufstellung eines Warmwasserspeichers möglich ist“, resümieren die Autoren.

Weniger Volumen nötig
Die Studie zeigt auf eindrucksvolle Weise auch, wie Dank um Faktor fünf verringerter Wärmeverlustraten das benötigte Speichervolumen stark verringert werden kann, bei gleicher solarer Deckungsrate. Bei der Simulation SolarAktivhaus war, um beispielsweise einen solaren Deckungsanteil von 80 % zu erreichen, bei VWD und Außenaufstellung ein Volumen von 22 m3 notwendig, im Falle eines konventionellen Speichers bei Innenaufstellung hingegen 38 m3
– im Fall einer Außenaufstellung wurde diese Deckungsrate bei Einsatz eines konventionellen Speichers erst gar nicht erreicht. Hier war bei einem maximalen solaren Deckungsanteil von 62 % Ende (Im Szenario SolarAktivhaus wurden 70 m2 Flachkollektoren in Südausrichtung angenommen, bei einem Anstellwinkel von 60°).
In der Simulation des Kindergartens (100 m2 Flachkollektoren in Südausrichtung, Anstellwinkel 45°) reichte für einen solaren Deckungsanteil von 40 % ein außenaufgestellter VWD-Speicher mit einem Volumen von 13 m3. Ein konventioneller Wärmespeicher müsste, außen aufgestellt, 75 m3 mitbringen.
StoEx zeigt in der sich anschließenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, dass diese natürlich von verschiedenen Faktoren bestimmt wird: Wie viel solare Deckungsrate ist gewünscht? Die Außenaufstellung spart Kosten für den Wohnraum, was in der Betrachtung pro VWD in die Waagschale fällt. Allerdings sind die Preise für konventionelle Warmwasserspeicher heute noch niedriger. Wenn man jedoch bedenkt, dass konventionelle Speicher bei Außenaufstellung (mitunter deutlich) größere Volumen benötigen, um die gleiche solare Deckungsrate zu erzielen, verringert sich der Preisunterschied bereits wieder. Auch ist zu berücksichtigen, dass konventionelle Speicher bei Außenaufstellung ggf. mit einer speziellen Isolierung versehen werden müssen, um die Wärmeverluste auch in kalter Umgebung (Winter) gering zu halten. Außerdem müssen sie witterungsbeständig gemacht werden, was alles bei entsprechender Größe sehr schnell teuer werden kann. Solare Deckungsraten von 80 % bei Außenaufstellung konventioneller Speicher sind, selbst wenn sie möglich wären, unter akzeptablem Aufwand nicht zu erzielen.

Mehr Solarthermie
Eine der Schlussfolgerungen der Autoren ist dann auch, dass VWD gegenüber konventionellen Wärmedämmtechnologien umso wirtschaftlicher wird, je höher der angestrebte solare Deckungsanteil ist. Im berechneten Fall des SolarAktivhauses wurden Kosten verschiedener Anwendungsfälle berechnet, jeweils für solare Deckungsraten von 70 und 80 % (sie­he Tabelle). Es zeigt sich, dass unter Berücksichtigung sämtlicher Kosten VWD in beiden Fällen wirtschaftlich sein kann.
In der Simulation Nahwärmenetz (Gesamtwärmebedarf: 1200 MWh/a, Solaranlage: 2500 m2 Flachkollektoren, 6000 m3 erdvergrabener Kies-Wasser-Wärmespeicher als saisonaler Wärmespeicher) wurden Pufferspeicher mit Volumina zwischen 30 und 100 m3 variiert und VWD-Speicher mit konventionellen Speichern verglichen. Ergebnis: Mithilfe der Vakuumdämmung konnten im Vergleich bei Einsatz eines herkömmlich gedämmten Pufferspeichers jährlich 14 122 bis 16 844 kWh oder 3 bis 3,5 % an konventioneller Zusatzenergie eingespart werden.
Der Fahrplan Solarwärme spricht von „Strategie und Maßnahmen der Solarwärme-Branche für ein beschleunigtes Marktwachstum bis 2030.“ Für die Solarthermie bietet VWD jedenfalls neue Chancen, im Konzert der Energietechniken zur Wärmeversorgung von Wohn- und Nichtwohngebäuden perspektivisch wieder mehr mitzuspielen. Auch tun sich möglicherweise über VWD für die Solarthermie im Gebäudebestand neue Gestaltungsoptionen in der Wärmeversorgung auf. Und man darf mittlerweile ergänzen: Auch über den Aufbau/Ausbau von Solarthermiefeldern zur Nahwärmeversorgung nach dem Vorbild Dänemark dürfte dies geschehen. Dass das gar nicht mehr abwegig ist, zeigt die Inbetriebnahme von Deutschlands größter Solarwärmeanlage in Senftenberg. Seit Mitte August dieses Jahres speisen dort 8300 m2 CPC Vakuum-Röhrenkollektoren Wärme in das Fernwärmesystem der Stadtwerke Senftenberg ein.

Autor: Dittmar Koop

 


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