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Ausbildung

Thema: Anforderungen der VDI 6023 an Ersteller einer Trinkwasseranlage

 

Mit dem Inkrafttreten der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) 2011 sind für Ersteller von Trinkwasseranlagen (Installateur) und deren Betreiber bzw. Eigentümer neue Verpflichtungen entstanden. Am Wasserzähler wechselt grundsätzlich die Verantwortung vom Versorger auf den Gebäudeeigentümer oder Betreiber. Die Errichtung der Anlage und wesentliche Veränderungen dürfen nur durch ein Versorgungsunternehmen oder ein im Installateurverzeichnis des Versorgers eingetragenes Installationsunternehmen erfolgen. Damit soll der hohen Qualität und gesundheitlichen Bedeutung von Trinkwasser Rechnung getragen werden. Eigentümer und Betreiber dürfen also an einer Trinkwasseranlage nicht arbeiten, z.B. neue Leitungen verlegen. Mit der neuen Trinkwasserverordnung kommen auf den Fachbetrieb erhebliche weitere Verantwortungen zu.


Aufgaben des Installateurs
Zur Erstellung (Neuinstallation), Erweiterung oder Änderung einer Trinkwasseranlage sind vor Beginn Überlegungen zu den vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Diese können im Wesentlichen in neun Themenbereiche unterteilt werden:
1. Werkstoffauswahl,
2. Leitungsführung planen,
3. Sicherung des Trinkwassers,
4. Verarbeitung,
5. Druckprobe,
6. Spülung,
7. Dämmung,
8. Einregulierung,
9. Übergabe.

1. Werkstoffauswahl
Der Installateur haftet für den Rohr- und Fittingwerkstoff ohne Wenn und Aber. Für Neuanlagen gilt grundsätzlich der § 17 der TrinkwV. Dort heißt es „...dürfen nur Werkstoffe und Materialien verwendet werden, die in Kontakt mit Trinkwasser Stoffe nicht in solchen Konzentrationen abgeben, die höher als nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik unvermeidbar sind...“ Die Anforderungen gelten als erfüllt, wenn bei Planung und Erstellung mindestens die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden, z.B. das Normenwerk DIN EN 806 mit DIN 1988. Bei Änderungen bzw. Erweiterungen von bestehenden Anlagen sind auch die vorhandenen Anlagenteile in die Überlegungen mit einzubeziehen bzw. zu berücksichtigen.
Anhaftender Kalk und Korrosion an alten Anlagenteilen vergrößern die Oberflächen und begünstigen die Ausbildung von Bio­filmen. Sich lösende Ablagerungen können in und an neu verlegten Leitungen Schäden verursachen. „Totleitungen“, die ungenutzt mit der Trinkwasseranlage verbunden sind, beinhalten stagnierendes (stehendes) Wasser.

2. Leitungsführung planen
Die Nutzung der Auslaufstellen hat wesentlichen Einfluss auf den Leitungsdurchmesser, die Leitungsführung und auf die einzubauenden Armaturen und Geräte. Die Dimensionierung soll das Ziel haben, möglichst kleine Rohrdurchmesser zu erhalten, damit bei einem Zapfvorgang das Volumen der Rohrleitung stets durch frisches ersetzt wird.
Der Gedanke möglichst kurzer Leitungswege hat zwischenzeitlich wieder an Bedeutung gewonnen. Einzelzuleitungen dürfen ein Volumen von 3 l nicht überschreiten. Die Auslaufstellen müssen regelmäßig genutzt werden. Ist dies nicht der Fall, sind die Leitungsstrecken durch andere Maßnahmen wie Zwangsdurchströmung gegen stagnierendes Trinkwasser zu schützen.
Installationsschächte sind so auszuführen, dass sich kaltes Trinkwasser nicht über 25°C erwärmen kann. Dies kann durch entsprechenden Abstand zu Warmwasser- und Zirkulationsleitungen sowie geeignete Wärmedämmmaterialien erreicht werden. Kaltwasserleitungen sollten deshalb nicht in Heizungsschächte verlegt werden.

3.  Sicherung des Trinkwassers
Nach der DIN EN 1717 ist das Trinkwasser in 5 Güteklassen bzw. Kategorien eingeteilt.
Um die Trinkwassergüte zu sichern, sind je nach Gefährdungssituation Sicherungsarmaturen einzubauen. Geringe Sicherheit bietet z.B. ein Rückflussverhinderer, hohe Sicherheit ein Rohrtrenner bzw. Rohrunterbrecher. Die höchste Sicherheit besitzt der freie Auslauf. Obwohl es seit Jahrzehnten bereits Pflicht ist, die Sicherheit des Trinkwassers durch entsprechende Armaturen zu sichern, werden selbst in Neuanlagen aus Kostengründen, Unwissenheit oder Ignoranz minderwertige oder falsche Armaturen eingebaut.
Die Anlage selbst kann zur Gefährdung des Trinkwassers beitragen. So sind z.B. Gartenleitungen über Winter nicht entleert und bleiben mit der Trinkwasseranlage verbunden. Deren Auslässe besitzen weder einen Rückflussverhinderer noch einen Rohr-Be- und Entlüfter. Fülleinrichtungen der Heizungsanlage (Füll- und Entleerungshahn) bleiben mit der Trinkwasseranlage verbunden.
Wurden z.B. Anlagenteile stillgelegt, deren Leitungssystem jedoch nicht entleert und zurückgebaut, bleibt stagnierendes Wasser zurück, das den Nährboden für zahlreiche Mikroorganismen bildet. Durch Lufteinschlüsse, die bei Druckanstieg zusammengepresst werden, bei Druckabfall sich wieder ausdehnen, wird das kontaminierte Wasser bei jeder Druckschwankung wie eine Infusionslösung in das Trinkwasser gelangen.

4. Verarbeitung
Das fachgerechte Verarbeiten aller Komponenten sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Es sind nur zugelassene Hilfsmittel mit DVGW-Registriernummer o.ä. einzusetzen (Lote, Flussmittel, Gewindeschneidmittel, Dichtschnüre, Dichtpasten etc.).
Ob beim Transport, bei der Lagerung der Leitungen oder deren Einbauteilen: Der Eintrag von Fremdsubstanzen ist zu vermeiden. Ob mineralische Eintragungen (Sand, Steine, Salze) oder biologische (Insekten, Kleintiere): Jeglicher Eintrag kann gefährlich sein. So entstehen nach Befüllung mit Wasser durch Insekten mikrobiologische Beeinträchtigungen. Mineralische Stoffe können Korrosionen oder Schäden an Geräten und Armaturen hervorrufen. Anschlüsse und Leitungen sind vor, bei und nach der Montage ordnungsgemäß zu verschließen.

5. Druckprobe
Das Spülen und die Druckprüfung sind Voraussetzungen für die Inbetriebnahme einer Trinkwasseranlage. Die Druckprüfung soll Fehler an Verbindungsstellen oder Materialien aufdecken. Sie hat vor dem Spülen zu erfolgen. Zudem muss die Anlage danach unmittelbar in Betrieb genommen werden, um Stagnation zu vermeiden.
Ist dies nicht möglich, kann die Druckprobe durch Luft bzw. inerte Gasse erfolgen. Hierzu wird abschnittsweise mit ölfreier Druckluft bzw. Stickstoff mit max. 3 bar geprüft. Es sind besondere Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Regel- und Sanitärarmaturen sind vor der Druckprüfung auszubauen.

Prüfen mit Wasser
Zum Vermeiden des Einspülens von Partikeln aus dem öffentlichen Netz sind beim Erstbefüllen Filter einzubauen. In Abhängigkeit des verwendeten Leitungsmaterials bzw. Leitungssystems sind unterschiedliche Prüfdrücke und Vorgehensweisen erforderlich.
Prüfung für Metallrohre:

  • filtriertes Wasser,
  • Prüfdruck: 1,5 x Betriebsüberdruck,
  • Metallstopfen mit Entlüftungsvorrichtung,
  • Genauigkeit des Druckmessgeräts +/-0,1 bar,
  • Prüfdauer 10 Minuten,
  • Temperaturunterschied Medium/Leitung > 10 K: Temperaturausgleich 30 Minuten erforderlich,
  • Kein Druckabfall innerhalb der Prüfdauer.


Hauptprüfung

  • Unmittelbar nach Vorprüfung (ca. 2 Stunden),
  • Max. Druckabfall innerhalb der Prüfdauer: 0,2 bar,
  • Während der Prüfdauer sind Verbindungsstellen durch in Augenscheinnahme zu sichten.


6. Spülen
Das Spülen hat die Aufgabe, eventuelle Verschmutzungen aus dem Leitungssystem zu entfernen. Es sollte unmittelbar nach der Erstbefüllung und Druckprobe erfolgen. In der Regel werden zwei Spülverfahren angewendet.

  • Luft-Wasser-Gemisch,
  • Wasser.

In der Regel reicht das Spülen mit Wasser aus. Nur in Ausnahmefällen sollte mit einem Luft-Wasser-Gemisch gespült werden.

  • Spülabschnitte bilden,
  • Empfindliche Armaturen, Strahlregler etc. sind vor dem Spülen auszubauen.

In der Regel werden von der größten DN des zu spülenden Leitungsabschnittes beginnend die Auslässe geöffnet. Mit jedem geöffneten Auslass erhöht sich das Durchlaufvolumen in dem Leitungsabschnitt. Damit wird der am weitesten entfernte Auslass zuletzt geöffnet. Nach 5 Minuten wird in gleicher Reihenfolge der zuerst geöffnete Auslass auch zuerst wieder geschlossen. Als Letztes wird dann der am Weitesten entfernte Auslauf geschlossen, an dem das Wasser dann mit maximalem Fließdruck ausströmt.

7. Dämmung
Das Dämmen spielt eine wesentliche Rolle zur Einsparung von Energie, dient aber auch dem Korrosionsschutz. Warmwasser- und Heizungsleitungen sind nach EnEV (Energieeinsparverordnung) zu dämmen. Kaltwasserleitungen dürfen sich nicht auf mehr als 25°C erwärmen.

8. Einregulierung
Auch Auslässe von Trinkwasseranlagen sind entsprechend der Nutzung einzuregulieren. Während beim einfachen Händewaschen 3-5 l /min Auslaufvolumen ausreichend sind, können beim Duschen 30 l/min und mehr durch eine Brausearmatur strömen. Ist eine Anlage nicht einreguliert, kommt es leicht zur Über- oder Unterversorgung von Zapfstellen. Besonderes Augenmerk ist auf das Einregulieren von Zirkulationsleitungen zu richten. Einerseits dient dies der Vermeidung von Wärmeverlusten, andererseits der Vorbeugung biologischer Verschmutzung.
Das Arbeitsblatt W 551 fordert, dass die maximale Temperaturdifferenz zwischen dem Brauchwarmwasservorlauf (Speicherausgang) und dem Brauchwasserrücklauf (Zirkulationseintritt) 5 K nicht überschreiten darf. Um dies zu erreichen, sind die Zirkulationsströme und die Wärmeverluste der Rohrleitungen zu bestimmen. Verzweigte Zirkulationssysteme benötigen zum hydraulischen Abgleich Strangregulierventile zum Einstellen der Teil-Volumenströme.

9. Übergabe
Nach der Prüfung, Spülung und Inbetriebnahme ist der Betreiber in die Anlage einzuweisen. Zudem sind die Anlagenunterlagen auszuhändigen. Zu diesen gehören z.B.

  • Bestandspläne der Gesamtanlage,
  • Protokoll zur Durchführung der Druckprüfung und Spülung,
  • Inspektions- und Wartungsplan,
  • Herstellerunterlagen zu Armaturen und Apparaten,
  • Bedienungsanleitung der Anlage und der einzelnen Bauteile bzw. Geräte.

 


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