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An die Wand statt aufs Dach - Fassadenkollektoren sollten bei der Frage nach Solarthermie mehr Beachtung finden

Die Solarthermie wird meist aufs Dach geschraubt. Doch Planer und Solarteure sollten mehr die Fassade als Installations-Alternative in ihre Erwägungen ziehen. Es eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten, die solare Energiegewinnung in die Gebäudegestaltung einzubeziehen. Es können hohe solare Deckungsraten erzielt werden, weil die Energie passgenauer vorhanden ist. Außerdem geht die Thermie so der Konkurrenz mit der Photovoltaik aus dem Weg.

Tandem PV und Solarthermie: die eine aufs Dach, die andere an die Fassade statt aufs Dach. Es stellt sich die Frage, ob die Solarthermie besser an der Fassade aufgehoben ist (Bild: Solar Power Team GmbH).

Fassadenkollektoren bieten eine unglaubliche Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten mit der Gebäudehülle. Hier zur „Verkleidung“ von Balkonen. Röhre oder Flach ist oft eine Geschmacksfrage (Bild: Doma Solartechnik GmbH).

(Bild: Consolar Solare Energiesysteme GmbH)

Kollektoren am Firmengebäude der Doma Solartechnik. An ihm ist exemplarisch verwirklicht, wie über eine Beschichtung bestimmte Wellenlängen des Lichts ausgefiltert werden, mit dem Effekt individueller, unterschiedlicher Farbwirkung, die dann bei Dämmerung erlischt (Bild: Doma Solartechnik GmbH).

 

Relationen sind manchmal recht relativ. Zwar ist der Solarertrag bei einem Fassadenkollektor gegenüber einer Dachanlage um cirka 30% geringer. Doch Solarwärmeanlagen an der Fassade können z.B. hervorragend die tief stehende Sonne nutzen – und damit mehr Ertrag im Winter liefern. Also dann, wenn Raumwärme wirklich gefragt ist. Sie fangen überdies diffuses Licht besser ein – auch eins der Kennzeichen der Sonne an Wintertagen, z.B. über Reflexionen.
Heutige solare Kombianlagen mit Dachkollektoren mit Flächen zwischen 5 und 15 m² sowie Pufferspeichern mit 300 bis 1000 Liter Inhalt erreichen solare Deckungsgrade von 10 bis 30%. Damit müssen, obwohl Dachkollektoren pro Quadratmeter höhere Erträge als Fassadenkollektoren liefern, trotzdem mehr konventionelle Energieträger zur Wärmedeckung bereitgestellt werden.
Unterm Strich geht es immer um die Frage der nachfrageorientierten Bereitstellung und nicht um absolute Zahlen. So nutzt ein Solarkollektor auf dem Dach nichts, wenn er trotz Bedarfs offline ist, weil er unter einer Schneedecke ruht. Im Sommer er hingegen über das benötigte Maß liefert und ein mehr oder weniger großer Pufferspeicher im Keller beflissen ist, die erzeugte, aber nicht benötigte Wärme bestmöglich zu parken. Bei der sich abzeichnenden gesteigerten Nachfrage nach Solarthermie sollten Planer und Solarteure bei der Heizungssanierung die Fassade als alternativen Installationsort zum Dach für die Solarthermie mehr mit in Erwägung ziehen. Zumal die Solarthermie bei der Dachfläche in Konkurrenz bleiben wird mit der PV, die sich trotz weiter sinkender Einspeisevergütungen über die Eigenstromversorgung auch in Zukunft auf den Dächern behaupten wird. Experten schätzen, dass bereits in diesem Jahr 50% aller neu installierten PV-Anlagen eine Solarbatterie haben werden. Der Trend geht in Richtung 100%.
Rein ertragstechnisch sind Fassadenkollektoren eine interessante und vielleicht sogar bessere Solarthermie-Alternative, weil sie ihre Stärken gerade dann ausspielen, wenn Wärme besonders gefordert ist, nämlich im Winter. Es ist auch die Chance, als Planer oder Solarteur nicht über das Dach, sondern über die Fassade für die Solarthermie zu werben. Denn Solarwärmeanlagen an der Fassade bieten auch die Möglichkeit, Erneuerbare optisch-funktional und sehr innovativ in ein Gebäude zu integrieren. Das Faszinierende an Fassadenkollektoren ist, dass sie die Architektonik einer Gebäudefassade mitgestalten können und sie zugleich Bestandteil der Gebäudetechnik sind. Es gibt sehr interessante Lösungen am Markt.

Beispielhafte Lösungen

Dazu ein paar Beispiele: Die Doma Solartechnik GmbH beispielsweise bietet Kollektoren an, die der Architekt in Farbe und Größe dem Gebäude anpassen und in die Fassade einpassen, also sozusagen nobel „verschwinden“ lassen kann. Die Kollektorgläser sind mit Beschichtungen versehen, die das Licht selektieren. Ein geringer, nach der Wellenlänge eingegrenzter Teil des Lichtspektrums wird auf dem beschichteten Glas reflektiert. Diese Reflexion erzeugt den Farbeffekt. Ab der Dämmerung verliert der Kollektor folglich seine Färbung, sofern keine anderen Lichtquellen die Fassade beleuchten. Laut Doma vermindert die Reflexion zwar um einige wenige Prozente den Ertrag. Aber auch das ist relativ: „Beim Gewerbehaus der Doma resultiert sogar ein Mehrertrag, weil die Gläser einen höheren energetischen Durchlassgrad haben als die bisherigen Produkte“, berichtet Doma-Geschäftsführer Ernst Bertsch.
Auch die Anbieter von Röhrenkollektoren gehen mit der Farbe. Die AkoTec Produktionsgesellschaft mbH bietet die Möglichkeit an, aus 213 RAL-Farben die persönliche Wunschfarbe auszuwählen. In dieser Farbe werden dann der Sammlerkasten und auch das Fußteil ausgeliefert. Über das Fußteil kann der Kollektor von der Fassade überdies auf Wunsch abgestellt werden. Die Kollektoren können so z. B. als Terrassenüberdachung oder als Überdachung von Hauseingängen genutzt werden.
Ein weiteres Beispiel für konstruktiv-gestalterische Details: Die Consolar Solare Energiesysteme GmbH baut ihre Röhren sehr flach (63 mm). Außerdem ragt der Sammlerkasten nicht über die Röhrenebene, was ein harmonisches Erscheinungsbild verschafft. Die Zuleitungen können durch den unten liegenden Sammler zudem unauffälliger von der Fassade zum Kollektor geführt werden. Diese Konstruktion liefert nach Angaben von Consolar auch eine größere Stagnationssicherheit als Anlagen mit Sammlern, die oben angebracht sind. Durch den unten angebrachten Sammler kann bei Stagnation die Solarflüssigkeit im Kollektor durch den sich bildenden und nach oben steigenden Dampf nach unten herausgedrückt werden. Die Verweildauer der Solarflüssigkeit ist damit kürzer bei hohen Temperaturen und somit ihre Lebensdauer länger.
Flachkollektoren oder Röhren an die Fassade? Darüber streiten sich die Geister. Während die einen Röhrenkollektoren aus ästhetisch-architektonischen Gründen gar nicht an der Fassade sehen und sie verwerfen, heben die anderen Effizienzvorteile beziehungsweise gerade das technische Design der Röhrenkollektoren für bestimmte architektonische Einsatzbereiche hervor. Oft bleibt es eine Geschmacksfrage.

Was es zu beachten gilt

Für Fassadenkollektoren, die besonders die tief stehende Sonne nutzen können, ist der Schattenwurf eine besondere Achillesferse, weil tief stehende Sonne bekanntlich lange Schatten wirft und aus Mäusen Elefanten macht. Bei der Planung sind nicht nur vorhandene Schatten ausfindig zu machen, sondern auch Schattenveränderungen zu berücksichtigen: Nachbars- oder Straßenbäume wachsen in den nächsten 20 Jahren, Baulücken können durch neue Gebäude geschlossen werden, die ihren Schatten dann aufs Haus werfen. Das Gleiche gilt für Beschattungsursachen, die im Gebäude selbst liegen, z.B. Dachvorsprünge oder Dachüber-
stände.
Was ist bei der Planung von Fassadenkollektoren weiter zu beachten? Bei Vertikalverglasungen sind die TRLV (technische Richtlinien für linienförmig gelagerte Verglasungen) zu beachten. Bei Montage über Verkehrsflächen sind Schutzeinrichtungen zur Vermeidung von Verletzungen von Personen vorzusehen, z.B. Auffangwannen für Glasteile. Die Kollektorhalterung muss zum Wärmedämm-Verbundsystem passen, damit es durch Kältebrücken keine Schäden gibt. „Bei Planung und Montage muss außerdem darauf geachtet werden, dass die Kollektoren beregnet werden können und möglichst nicht durch einen Dachüberstand vor Regen geschützt sind“, sagt Consolar-Geschäftsführer Andreas Siegemund. Andernfalls werden die Flächen nicht gereinigt, und je nach Luftqualität werden sie im Laufe der Jahre dann weniger lichtdurchlässig durch Ablagerungen. Dies gilt übrigens für alle Fabrikate und für Röhren- wie Flachkollektoren. Besondere Anforderungen an die Umwälzpumpe oder an den Wärmespeicher gibt es beim Fassadenkollektor nicht. „Die Kollektoren sollten oberhalb des Speichers angebracht sein. Wenn dies nicht möglich ist, sollte das Ausdehnungsgefäß über ein Vorschaltgefäß für den Stagnationsfall geschützt sein“, rät Siegemund.
Die Frage nach der Größe beantwortet schlussendlich nur die Simulation per Software. „Das wird bei jeder Anlage individuell berechnet. Eine generelle Aussage hierzu wäre immer falsch“, sagt Ernst Bertsch. Denn auch hier ist vieles wieder relativ: „Da bei unseren Kollektoren die einzelne Röhre bei der Montage optimal zur Sonne gedreht wird, kann von einer Vergrößerung der Fläche gegenüber einem Dachkollektor nicht gesprochen werden. Bei der solaren Beheizung von Gebäuden oder bei der solaren Heizungsunterstützung, die in Zeiten angefordert wird, in der die Sonne flacher steht, bringt der Fassadenröhrenkollektor sogar deutlich mehr als ein nicht optimal zur Sonne ausgerichteter Dachkollektor“, sagt AkoTec-Geschäftsführer Reinhold Weiser.

Fazit: Ran an die Fassade!

Bei manchem, der die schwächelnden Zubauzahlen bei der Solarthermie der vergangenen Jahre mitverfolgt hat, wird diese Behauptung Ungläubigkeit hervorrufen: Die Zeiten sind gut für die Solarthermie. Warum? Die Heizölbranche wirbt seit nunmehr 2 Jahren mit ihrer Modernisierungskampagne „Deutschland macht Plus!“ für den Austausch eines alten Ölkessels gegen eine neue Öl-Brennwertheizung. Bis zu 3200 Euro Zuschuss erhält der, der es macht (eine Kombination aus Branchenzuschuss und staatlicher Förderung), bis zu 2000 Euro darin enthalten, wer die neue Ölheizung mit einer Solaranlage kombiniert. Viele Ölkesselbesitzer entscheiden sich derzeit für den Austausch des alten Ölkessels gegen einen neuen. Das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) der Heizölbranche berichtet von einem überdurchschnittlich starken Absatzplus von 30% im vergangenen Jahr bei Öl-Brennwertkesseln. Viele wurden mit Solarthermie-Anlagen kombiniert.
Die Holzpelletbranche hofft nach Jahren des Rückgangs und der Stagnation beim Absatz von Pelletfeuerungen nun in diesem Jahr die Talsohle zu durchschreiten. Grund ist eine in dieser Höhe nie dagewesene staatliche Förderung derzeit. Nachdem die Förderung für Biomassefeuerungen im vergangenen Jahr im BAFA-Programm bereits aufgestockt wurde, kommt seit 1. Januar dieses Jahres noch das „Anreizprogramm Energieeffizienz Heizungspaket, Erneuerbare Energien“ (APEE) hinzu. APEE gewährt eine Zusatzförderung von 20% nach dem Motto „auf alles“, was das MAP fördert, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Manche Bundesländer (beispielsweise NRW) haben zudem eigene Förderprogramme für Holzpelletfeuerungen aufgelegt, die mit der Bundesförderung kumulierbar sind. Der niedrige Heizölpreis bremst Holzpellet-Solarkombis noch. Was des einen Leid ist, ist des anderen Freud: Ölkesselbesitzer entscheiden sich beim Kesseltausch derzeit vermehrt für den Verbleib bei diesem Brennstoff. Mehr Wechsel zu Pellets wird es geben, wenn der Ölpreis wieder durch die Decke schießt. Die Solarthermie bleibt davon unberührt, denn sie lässt sich mit jedem Typ kombinieren.
Gebäudeplanern, Architekten, Bauherren und manchem Hausbesitzer sind PV- und Solarthermie-Anlagen manchmal auch nur dann ein Dorn im Auge, wenn sie als „Platte“ auf den Dächern sitzen.

Autor: Dittmar Koop

 


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