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Noch ist es nur ein Gefühl

 

In den letzten Wochen und Monaten mehren sich die Aussagen von unterschiedlichsten Institutionen und Personen, in Deutschland könnte es wirtschaftlich bergab gehen. Die Konsumlaune nehme ab, Unternehmen – insbesondere die produzierende und exportierende Industrie – sähen die zukünftige Geschäftslage so schlecht wie zuletzt vor zwei Jahren. Die Prognosen für das Jahr 2014 und 2015 werden auf breiter Front nach unten korrigiert.
Internationale Krisen machen sich in einer exportorientierten Wirtschaftsnation wie Deutschland klar bemerkbar: Syrien, Ukraine, Naher Osten, Ebola. Auch die konjunkturellen Unterschiede im Euro-Raum drücken offensichtlich die Stimmung.
Das Handwerk insgesamt spürt – zumindest momentan – nichts von alledem. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt, die Branche sucht Fachpersonal und Auszubildende. Unterm Strich kann sich das Handwerk also nicht beklagen. Ist demnach entspanntes Zurücklehnen angesagt?
Leider nein. Die skizzierten Unterschiede zwischen den zwei Bereichen Industrie und Handwerk lassen sich nicht isoliert betrachten. Sie sind keine autarken Eigengebilde, die nebeneinander existieren. Vielmehr nehmen sie gegenseitig Einfluss aufeinander, meist mit einer zeitlichen Verzögerung. Daher kann damit gerechnet werden, dass sich die zurückhaltenden Erwartungen der Industrie früher oder später auf das Handwerk und alle anderen Bereiche abfärbt.
Daher werden die Rufe nach stimmungsverbessernden Wirtschaftsprogrammen und die Abkehr von der „Schwarzen Null“ lauter. Der Schuss, im kommenden Jahr keine neuen Schulden machen zu wollen, kann nach hinten losgehen. Das Hantieren mit dieser Schusswaffe ist nicht ungefährlich und schränkt den Staat in seinen finanziellen Handlungen ein. Ein Selbstzweck darf der nächste Haushaltsplan nicht werden. Das schadet mehr als das es nützt. Inwieweit das aktuell angekündigte deutsche Investitionsprogramm von 10 Mrd. Euro da der Konjunktur dienlich ist, mag noch niemand vorherzusagen. Gerade vor dem Hintergrund, dass dieses Geld erst 2016 freigegeben werden soll.
Mitunter muss man sich von seinen Zielen verabschieden oder zumindest anpassen. Das ist umso mehr angesagt, wenn sich die äußeren Bedingungen ändern. Doch der politische Wille ist dem pragmatischen Tun übergeordnet. Mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, um vielleicht in die Geschichtsbücher einzugehen, ist das falsche Signal. Arbeitsplätze dürfen dadurch nicht in Gefahr geraten, die Investitionsbereitschaft nicht gefährdet werden – das sind die wahren Eckpunkte, die das Handeln bestimmen sollten.
Noch ist es nur ein Gefühl, das im Spätherbst 2014 über Deutschland schwebt. Real werden darf es nicht.

Detlev Knecht
stv. Chefredakteur
d.knecht@strobel-verlag.de
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