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Der richtige Weg

 

Akademiker haben bessere finanzielle Aussichten – besagen Studien. Nicht verwunderlich also, dass junge Menschen höhere Bildungsabschlüsse anstreben. Sie machen Abitur und gehen auf Hochschulen, selbst wenn eine Lehre oder Ausbildung besser zu ihnen passen würde. Das Handwerk schaut in die Röhre und steht vor Problemen: Unternehmen finden immer seltener guten Nachwuchs. 2016 blieben 15 000 Ausbildungsplätze im deutschen Handwerk unbesetzt. Und in den nächsten sechs Jahren suchen 200 000 Betriebe einen Nachfolger.
Die Initiative des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), das BerufsAbitur einzuführen, ist eine Reaktion auf diese Misere. Junge Leute absolvieren innerhalb von vier Jahren eine Berufsausbildung, z. B. die Handwerkslehre, und machen parallel ihr Abitur. Sind sie erfolgreich, steht ihnen die Welt mit zwei Abschlüssen offen. Doch noch studieren? Oder direkt in den Job und Geld verdienen? Alles ist dann möglich.
Ganz neu ist das Modell nicht. In der DDR eröffnete der Bildungsweg „Berufsausbildung mit Abitur“ den Lehrlingen eine Hochschulreife mit gleichzeitigem Erwerb des Facharbeiterbriefes innerhalb von drei Jahren. Voraussetzung war ein gutes Zeugnis der 10. Klasse der damaligen Polytechnischen Oberschule. Dieser Bildungsweg diente vor allem als Vorbereitung für technische Studienrichtungen. Er war bekannt und begehrt.
An dieses Konzept anzuknüpfen, ist der richtige Weg. Denn die Vorteile des BerufsAbiturs sind offensichtlich: Unentschlossene Jugendliche müssen sich nicht frühzeitig auf einen Karriereweg festlegen und erhalten obendrein noch eine Ausbildungsvergütung. Außerdem wird guten Realschülern eine sinnvolle Alternative zum Wechsel auf ein Gymnasium geboten. In sieben Bundesländern ist das Pilotprojekt mittlerweile angelaufen. Beim Modellversuch sollte es aber nicht bleiben. Besser schnell ein bundesweites Angebot mit einheitlichem Abschluss einführen. Genau da hakt es wahrscheinlich: Bildung ist in Deutschland Sache der Bundesländer.
Ob junge Menschen nach dem Studium tatsächlich ins Handwerk zurückkehren, wie sich das ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer im IKZ-Interview (ab Seite 12) wünscht, wird die Zeit zeigen. Zweifel sind angesichts der Einkommensmöglichkeiten in der Industrie angebracht. Die Attraktivität der Ausbildung wird das Kombi-Paket von Lehre und Abitur aber in jedem Fall stärken. Ebenso wie das Image von Handwerksberufen in der Gesellschaft.

Alexander Bange
Redakteur
a.bange@strobel-verlag.de

 


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