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Baurecht gelockert

 

Deutschland braucht dringend mehr Wohnungen – und dies kurzfristig. Der Grund für die akute Situation ist der zunehmende und nicht enden wollende Strom von Flüchtlingen. Waren es zu Beginn nur einige Hunderte Menschen, sind es innerhalb weniger Wochen bereits mehrere Tausende geworden. Und die Folgen sind landauf wie landab nicht zu übersehen. Städte, Gemeinden und Kommunen müssen die Menschen mittlerweile zum Teil notdürftig in Containern, stillgelegten Gebäuden, Turnhallen oder gar in Hotels unterbringen. Und ein Ende der Flüchtlingsströme ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Die Bundesregierung geht davon aus, dass allein in diesem Jahr 800 000 Asyl-Anträge in Deutschland gestellt werden. Auch wenn ein Teil der Anträge nicht genehmigt wird, so bleibt es eine Herkulesaufgabe für die Integrationsarbeit und ganz besonders für den Wohnungsmarkt und letztlich für die Bauwirtschaft.
Das Flüchtlingsaufkommen ist aber nicht die einzige Ursache für das mangelnde Wohnraumangebot. Bereits seit Jahren herrscht in den meisten Ballungszentren Wohnungsnot, da es u. a. viele Menschen vom Land in die Städte zieht. Eine Folge ist, dass die wenigen Wohnungen für z. B. Geringverdiener und Studenten nicht mehr bezahlbar sind. Laut einer Studie sind die Hälfte der Uni-Standorte in Deutschland davon betroffen. Um diese Herausforderungen zu meistern, sind schnelle Lösungen gefordert. Denn der Bedarf an Wohnraum wächst – in Summe jährlich um 400 000 Wohnungen. Bis 2020 werden somit rund 2 Mio. Einheiten hierzulande benötigt.
Die Politik hat die Nöte in beiden Richtungen wohl erkannt und nun kurzerhand Änderungen im Bauplanungsrecht auf den Weg gebracht. Der meist üblichen bürokratischen Geduld zum Trotz sollen diese Veränderungen schon ab dem 1. November in Kraft treten. Mit dem Gesetzespaket erhalten die Länder und Kommunen weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten, um für Asyl-Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte Umnutzungs- und Neubaumaßnahmen zu planen, zu genehmigen und durchzuführen. Dazu wurden auch Punkte des EEWärmeG und der EnEV bis Ende 2018 außer Kraft gesetzt, z. B. im Bereich von Anlagentechnik und Dämmmaßnahmen. Zudem können die Behörden für solche Bauten im Härtefall Befreiungen von den genannten Regelwerken selbst entscheiden. Um darüber hinaus die allgemeine Wohnraumnot zu beseitigen, stellt der Bund z. B. bis 2020 insgesamt 2 Mrd. Euro zusätzlich für den Neubau von Wohnungen zur Verfügung.
Wenn Gesetze und Normen gelockert werden, weckt dies meist Befürworter und Gegner solcher Aktionen – so auch in der Baubranche, wie wir in dieser Ausgabe ab Seite 16 aufzeigen. Unter dem Strich steht der Bauwirtschaft aber ein Mehr an Aufträgen ins Haus, wenn es auch Schattenseiten mit den bevorstehenden Aufgaben gibt. Denn zum einen herrscht in vielen Gewerken ein Personal- und Fachkräftemangel und zum anderen wird dem Gedanken der Energieeinsparung nicht im sonst üblichen Umfang Rechnung getragen.

Markus Münzfeld
Redakteur
m.muenzfeld@strobel-verlag.de

 


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