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Auftragsfalle

Die Baupraxis schreibt mitunter bizarre Geschichten. Da bekommt ein SHK-Unternehmer schriftlich eine Aufforderung zur Angebotsabgabe.

 

Es geht um die Einbindung eines BHKWs in ein vorhandenes Heizsystem. Doch statt einem Leistungsverzeichnis findet sich in den Unterlagen lediglich eine handgezeichnete Skizze mit den Basiskomponenten BHKW-Aggregat, Speicher, Heizkessel und dazu ein simpler Verrohrungsplan. Weder detaillierte Leistungsangaben noch Massenströme sind aufgeführt. Geliefert werden soll „ein Stück hydraulische Verbindung mit allen notwendigen Komponenten, wie Mischventile, Pumpen, Absperrungen und Rückschlagventile“. Die margenträchtigen Produkte BHKW und Speicher sollen beigestellt – also extern geliefert – werden, der Kessel ist ja vorhanden. Auftraggeber in diesem Praxisfall: Ein Contracting-Unternehmen, welches offenbar nicht nur einen preiswerten Schrauber sucht, sondern auch gleich die Planungsleistung zum Nulltarif einfordern will. Dass sich die gesamte Vorplanung, einschließlich des geplanten hydraulischen Schaltschemas als mangelhaft erweist, sei nur am Rande erwähnt.

Ein weiteres Beispiel mit ähnlicher Vorgehensweise. Diesmal kommt die Angebotsanfrage von einem großen Gebäudeausstatter und statt simpler Strichzeichnung gibt es immerhin ein Foto. Zu sehen ist darauf ein Verteilerbalken; die 15 Umwälzpumpen unterschiedlichsten Typs sollen gegen Hocheffizienzpumpen ausgewechselt werden. Eigentlich kein Problem, wenn man einen Vor-Ort-Termin wahrnehmen und dabei alle relevanten Daten aufnehmen kann. Doch diese Option wird nicht angeboten – die Zeit drängt schließlich. Der Auftraggeber erwartet das Angebot. Auch in diesem Fall gibt es keine Angaben zu Pumpenleistungen, Massenströmen oder zur allgemeinen Anlagenhydraulik.
Einzelfälle sind das leider nicht. Regelmäßig werden unter dem Deckmantel einer Ausschreibung oder Angebotsanfrage Planungsleistungen vom Fachhandwerker abverlangt. Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden, solange die Projektunterlagen aus technischer Sicht vollständig und nachvollziehbar zur Verfügung stehen und der Aufwand entsprechend vergütet wird. Daran aber hapert es immer öfter, wie die beiden vorgenannten Beispiele zeigen. Die Planung vom Handwerker – so hat es vielfach den Anschein – darf schließlich nichts kosten. Die Konsequenzen eines auf unvollständigen Angaben beruhenden Angebots, sie können fatal sein: Die Anlage weist planungsbedingte Mängel auf, die Abnahme vor Ort wird verweigert, die Vergütung gekürzt oder erst einmal ganz einbehalten. Der Handwerker muss auf eigene Kosten nachbessern. Vor allem Generalunternehmer, aber auch viele Baukonzerne beherrschen dieses Spiel. Das Nachsehen haben die Unternehmer, die sich darauf einlassen.
Glücklicherweise tun die beiden Handwerksmeister in den beschriebenen Fällen das einzig Richtige: Sie schicken die Unterlagen postwendend zurück und fordern ein mangelfreies Leistungsverzeichnis an. Außerdem wird eine fundierte Planung der Gesamtanlage zum Preis X auf der Basis nachvollziehbarer Fakten angeboten.
Ein wirklich cleverer Schachzug, meint

Markus Sironi
Chefredakteur

IKZ-HAUSTECHNIK
IKZ-Fachplaner
m.sironi@strobel-verlag.de

 


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