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Zur optimalen Heizkurve durch systematisches Vorgehen

Ein Leitfaden für die Herangehensweise

Um eine Heizkurve einzustellen, bedient sich der SHK-Fachmann dreier Stellschrauben: die Neigung, das Niveau und die Soll-Raumtemperatur. (IKZ-Archiv)

Beispiel einer Heizkurve: Ihre Neigung ist auf + 0,8 eingestellt, die Neigung auf 0. Diese Einstellwerte bedeuten beispielsweise bei einer Außentemperatur von - 20 °C eine Vorlauftemperatur von 55 °C. (Viessmann)

Eingestellte Heizkurve bei einem gut wärmegedämmten Altbau, der komplett über Radiatoren beheizt wird. Die Raumsolltemperatur ist auf 22 °C eingestellt, nachts sollt die Raumtemperatur auf 14 °C sinken. Das Niveau der Heizkurve liegt bei 9 K, die Steigung ist auf 0,7 eingestellt.

 

Es ist schon viel über die Heizkurve geschrieben und publiziert worden. Fast möchte man meinen, dem sei nichts mehr hinzuzufügen. Doch die Praxis sieht anders aus, denn viele Heizungsregler sind nicht optimal eingestellt. Dabei ist es mit einem überschaubaren Einsatz möglich, die zum Gebäude und zur Heizungsanlage passende Heizkurve zu finden.

Üblicherweise wird die Kurve – auch von vielen Heizungsbauern – so eingestellt, dass im Zweifelsfall die Vorlauftemperatur etwas zu hoch ist. Getreu dem Motto: „Besser unnötiger Energieverbrauch (den der Kunde bezahlt) als ein Kunde der sich beschwert, weil es zu kalt ist.“ Außerdem ist häufig zu beobachten, dass eine einmal eingestellte Heizkurve von den Anlagenbetreibern selten hinterfragt und angepasst wird. „Solange es überall schön warm wird, ist doch alles in Ordnung.“ Auch die Angst des Kunden, etwas „kaputtzumachen“, ist weit verbreitet und gipfelt in der Aussage: „Das hat mein Heizungsbauer so eingestellt, daran werde ich mich doch nicht vergreifen!“

Auf dem Planer, Heizungsbauer und vor allem dem Servicepersonal lastet somit eine hohe Verantwortung. Denn sie alle müssen die Anlage zum Zeitpunkt des Einbaus möglichst schon optimal einstellen – und den Anlagenbetreiber für eine spätere Anpassung der Anlagenparameter sensibilisieren. Denn die Ersteinstellung einer Heizungsregelung kann immer nur eine Näherung an das Optimum darstellen. Eine Heizungsregelung optimal einzustellen kann je nach Komplexität und Größe der Anlage durchaus mehrere Heizperioden in Anspruch nehmen.

Während Planer und Anlagenerichter in der Regel für eine möglichst optimale Ersteinstellung der Anlage verantwortlich zeichnen, müssen Servicetechniker zusammen mit dem Anlagenbetreiber die Anlagenoptimierung vornehmen. Jeder Servicetechniker sollten daher im Rahmen der jährlichen Heizungswartung nicht nur die Hardware im Blick haben, sondern auch die Einstellungen des Heizungsreglers kritisch hinterfragen.

Meine Erfahrungen zeigen, dass die meisten Anlagenbetreiber einer sinnvollen Anpassung der Anlagenparameter im Sinne einer Heizkostenreduzierung meist offen gegenüber eingestellt sind, trauen sich aber nicht selbst in die Regelung einzugreifen. Was sollten also der Planer, Anlagenerrichter, Servicetechniker und im Idealfall auch der Anlagenbetreiber über die Heizkurve wissen?

Die Heizkurve … was ist das?

Die Heizkurve ist nichts anderes als eine mathematische Funktion, auf deren Grundlage die Heizungsregelung die benötigte Vorlauftemperatur für den Heizbetrieb errechnet. Doch jede mathematische Funktion kann immer nur eine Näherung an die Realität darstellen. Ein Kompromiss gewissermaßen, denn die Vorlauftemperatur wird bei den meisten modernen Heizungsreglern nur in Abhängigkeit von einer einzigen variablen Führungsgröße – der Außentemperatur – geregelt. Unberücksichtigt bleiben Störfaktoren wie innere und äußere Wärmequellen (z. B. Sonnenstrahlung, Wind, Lüften, elektrische Geräte im Haushalt etc.), die keinen direkten Einfluss auf die gemessene Außentemperatur haben.

Verschiedenen Parameter nehmen Einfluss auf die Heizkurve

Bild 1 zeigt die Auswirkungen von Neigung, Niveau und Soll-Raumtemperatur auf die Vorlauftemperatur.

Neigung

Die Neigung berücksichtigt den Einfluss des Gebäudes und der Heiztechnik (Wärmedämmstandard, Art und Größe der Heizflächen). Schlecht gedämmte Gebäude mit kleinen Heizflächen benötigen eine steile Heizkurve, wohingegen gut gedämmte Gebäude mit z. B. Fußbodenheizung bereits mit einer flachen Heizkurve gut auskommen.

Als erste Orientierungshilfe können folgende Richtwerte für die Neigung verwendet werden:

  • gut wärmegedämmtes Gebäude mit Fußbodenheizung: Neigung 0,3 bis 0,5,
  • gut wärmegedämmtes Gebäude mit Radiatoren: Neigung 1,0 bis 1,2,
  • älteres, freistehendes Gebäude mit Radiatoren: Neigung 1,4 bis 1,6.

Niveau

Mit dem Niveau wird die Vorlauftemperatur über den gesamten Bereich der Heizperiode gleichmäßig – immer um denselben Betrag – verschoben. Sind alle Räume im Gebäude unabhängig von der Außentemperatur zu warm, geben die Heizflächen zu viel Wärme ab. Hier kann die Heizkurve nach unten verschoben werden. Ist es dagegen immer etwas zu kalt, sollte man die Kurve nach oben korrigieren. Als Startwert empfiehlt sich ein „neutrales“ Niveau der Heizkurve: keine Parallelverschiebung (Niveau 0).

Soll-Raumtemperatur

Die Änderung der Raumtemperatur bewirkt ebenfalls eine Parallelverschiebung der Heizkurve. Sie verschiebt aber den Fußpunkt bzw. die Heizgrenztemperatur. Die Heizgrenztemperatur wird als die Außentemperatur bezeichnet, die unterschritten werden muss, damit die Heizung in Betrieb geht. Als erste Orientierungshilfe sollte eine Raumtemperatur gewählt werden, die der Kunde als Wohlfühltemperatur bezeichnet, z. B. 21,0 °C.

Wann sollte die Einstellung der Heizkurve überprüft werden?

Die Heizkurve zu überprüfen und ggf. optimaler einzustellen, ist vor allem immer dann angebracht, wenn sich einzelne Parameter am Gebäude oder an der Heizungsanlage (gravierend) verändert haben. Das kann z. B. die Sanierung von Wand, Dach oder Fenster sein oder ein Kessel- bzw. Heizkörpertausch. Auch eine Änderung der Lebensgewohnheiten, z. B. andere Heizzeiten, gehören dazu.

Eine zu niedrig eingestellte Heizkurve spart Energiekosten und reduziert den CO2-Ausstoß, macht sich aber durch ständig kalte Räume bemerkbar und kann zudem Bauschäden verursachen. Schon allein wegen der verminderten Behaglichkeit wird diese Einstellung sehr schnell erkannt und korrigiert.

Eine zu hoch eingestellte Heizkurve sorgt für ausreichend warme Zimmer. Denn im Normalfall wird eine überhöhte Energielieferung durch den Wärmeerzeuger nicht wahrgenommen, da Raumtemperaturregler bei Erreichen der Raumtemperatur die Wärmezufuhr abriegeln.

Eine optimal eingestellte Heizkurve liefert exakt die Vorlauftemperatur, die notwendig ist, um alle Wohnräume eines Gebäudes bei voll geöffneten Heizkörperventilen gerade auf Wunschtemperatur zu halten. Die vorhandenen Regelorgane (z. B. Raumregler und Heizkörperthermostate) müssen also nur aktiv werden, wenn zeitlich begrenzt wirkende inneren und äußeren Wärmelasten einen Teil der Raumheizlast decken.

Schon allein durch die auf das Mindestmaß reduzierten Temperaturen am Wärmeerzeuger und im Heizungsnetz wird die Antriebsleistung für die Pumpe reduziert; auch die Abstrahlungsverluste über die Rohrleitungen fallen niedriger aus. Bei gleichbleibender Spreizung sinkt zudem die Rücklauftemperatur, was wiederum einem Brennwertgerät sehr zugute kommt.

Wie kann die optimale Heizkurve gefunden werden?

In der Praxis werden die zum Gebäude und zur Heizanlage passenden Parameter der Heizkurve über ein Versuch/Irrtum-Verfahren ermittelt: Es werden die verschiedenen Parameter einzelnen schrittweise verändert und die Auswirkung auf die Temperaturen im Gebäude beobachtet. Idealerweise erfolgt dies bei Außentemperaturen zwischen + 5 und + 10 °C und zwischen - 5 und - 10 °C.

Vorbereitende Arbeiten

Alle Raumregler und Heizkörperthermostate in den Räumen, die für die Bestimmung der optimalen Heizkurve wichtig sind (i.d.R. alle Wohnräume, Bäder, Küchen und Kinderzimmer) werden so eingestellt, dass die gewünschte Raumtemperatur um ca. 3 bis 5 °C überschritten würde. Bis zum Abschluss der Optimierung sollten die Einstellung an den Thermostaten nicht mehr verändert werden. Dies würde das Ergebnis verfälschen.

Auch das ungewollte „Mitheizen“ von Nachbarräumen sollte begrenzt werden. Das bedeutet, dass währen der Dauer der Optimierung die Zimmertüren möglichst geschlossen bleiben sollten. Lange Heizungsunterbrechungen sollten während der Optimierung ebenso vermieden werden, d. h. möglichst keine Nachtabsenkung, kein übermäßig langes Lüften der Räume und keine Fremdwärmequellen, z. B. Kamine, nutzen.

Da für die Optimierung der Herzkurve über das Versuch/Irrtum-Verfahren immer wieder Daten und Messwerte notiert werden müssen, ist es empfehlenswert, hierfür eine Tabelle zu erstellen. Sie sollte neben Datum und Uhrzeit die Außentemperatur, die aktuelle Einstellung der Heizkurve (Niveau, Neigung, Soll-Raumtemperatur) sowie die gemessenen Ist-Raumtemperaturen beinhalten.

Wenn alles vorbereitet ist, müssen die Grundparameter an der Regelung eingestellt werden. Dann kann die Optimierung der Heizkurve beginnen. Wichtig dabei ist, dass jeweils nur ein Parameter der Heizkurve verändert wird und das System Heizungsanlage/Gebäude genügend Zeit bekommt, bevor die Auswirkung der Änderung realistisch abgeschätzt werden kann. Es sollten mind. 24 Stunden sein. Für die Herangehensweise hat sich folgender, grundlegender Ablauf bewährt. 

1. Grundparameter für die Regelung einstellen, oder übernehmen der bereits voreingestellten Parameter, z. B.: 

  • gut wärmegedämmtes Gebäude mit Fußbodenheizung: Neigung 0,4,
  • keine Parallelverschiebung (Niveau 0),
  • Wohlfühltemperatur = Soll-Raumtemperatur: 21,0 °C. 

2. Einstellung der Soll-Raumtemperatur, z.B.:

  • Wohlfühltemperatur ~ 22 °C = Soll-Raumtemperatur: 22,0 °C. Dieser Wert sollte bis zum Ende aller Einstellungen unverändert bleiben. 

3. Ermittlung des Niveaus der Kurve, idealerweise an weniger kalten Tagen (+ 5 – + 10 °C):

  • Niveau der Heizkurve schrittweise senken und Veränderungen der Raumtemperaturen beobachten (in der Regel ist die Heizkurve zu hoch eingestellt).
  • Alle Räume zu warm: Niveau weiter senken.
  • Mind. ein Raum zu kalt: Niveau etwas anheben.
  • Mind. ein Raum ausreichend und andere Räume zu warm: Niveau beibehalten.
  • Die Parameter des Idealwertes für das Niveau währen der Übergangszeit dokumentieren, z. B.
  • Niveau: 6 K,
  • Außentemperatur: 8 °C,
  • Vorlauftemperatur: 30 °C.

4. Ermittlung der Neigung der Kurve, idealerweise an kalten Tagen (- 5 bis – 10 °C):

  • Neigung der Heizkurve schrittweise senken und Veränderungen der Raumtemperaturen beobachten:
  • Alle Räume zu warm: Neigung weiter senken,
  • mind. ein Raum zu kalt: Neigung etwas anheben,
  • mind. ein Raum ausreichend und andere Räume zu warm: Neigung beibehalten,
  • Die Parameter des „Idealwertes“ für die Neigung an kalten Tagen dokumentieren, z. B.
  • Neigung: 0,4,
  • Außentemperatur: - 10 °C,
  • Vorlauftemperatur: 36 °C.

5.Abschließend erfolgt das Einstellen der „optimierten“ Heizkurve:

  • Die Parameter für Niveaus und Neigung werden nun an der Heizungsregelung so angepasst, dass die angezeigte Heizkurve durch die beiden ermittelten „Idealwerte“ der Vorlauftemperatur verläuft. In unserem Beispiel tV = 30 °C bei ta = 8 °C und tV = 36 °C bei ta = - 10 °C.
  • Die ermittelte „optimierte“ Heizkurve dokumentieren, z. B.
  • Niveau: + 6 K,
  • Neigung: 0,4,
  • Soll-Raumtemperatur: 22 °C.

Fazit

Heizungsbauer und Servicepersonal können in enger Zusammenarbeit mit dem Anlagenbetreiber ohne übermäßigen Aufwand die Parameter für die „optimale Heizkurve“ finden und einstellen. Die Anlagenbetreiber profitieren von niedrigen Heizkosten und der Heizungsbauer von einer engen Kundenbindung und gleichzeitig steigert es das Vertrauen des Endkunden in die Fachkompetenz des Heizungsunternehmens.

Autor: Dipl.-Ing. Frank Bialozyt, Planungsingenieur bei Heizungsbau Kräger GmbH, Laußig

www.heizungsbau-kraeger.de

 


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