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Kombinierte Strom- und Wärmeversorgung für ein Gelingen der Energiewende

Effiziente und dezentrale Energieversorgung mit Kraft-Wärme-Kopplung

Prinzipieller Aufbau eines KWK-Systems mit Einbindung Erneuerbarer Energien und Power-to-heat. (BKWK)

Eine KWK-Anlage kann mit Erneuerbaren Energien und fossilen Brennstoffen betrieben werden. Die dabei entstehenden Produkte sind identisch. (BKWK)

Übergangszenario zu Erneuerbaren Energien im Bereich KWK. (BKWK)

BHKW der COMUN-Ametall GmbH mit thermoakustischer Kapselung. (B.KWK)

Blick auf das Holzkraftwerk vom Typ CW1200-400 in Ternitz, Österreich. (SynCraft GmbH)

 

Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) steht an der Schnittstelle zwischen Strom- und Wärmemarkt. KWK-Anlagen erzeugen gleichzeitig Strom und Wärme - und das deutlich effizienter als zwei getrennte Anlagen. Schon aus diesem Grund sollte ihnen in der Dekarbonisierung Deutschlands eine besondere Stellung zufallen. Denn das Potenzial ist noch nicht gehoben.

Blick in die Geschichte

Technologisch strebte der Mensch schon immer nach Effizienz. Henry Ford zum Beispiel erkannte, dass es effizienter sei, einen Doppelzylinder-statt eines Einzylindermotors in ein Automobil einzubauen, weil sich so das erforderliche Gewicht des Schwungrads reduzieren ließe. Das würde letztlich das Gefährt leichter machen. Mit dieser Überlegung legte er nicht nur den Grundstein für die massentaugliche Mobilität. Seine durch ihn ebenfalls erdachten effizienten Produktionsmethoden läuteten nebenbei eine industriegeschichtliche Zäsur ein. Die Geschichte effizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in Deutschland begann in etwa zur gleichen Zeit. Im Jahr 1902, zehn Jahre nach dem ersten Auto Henry Fords, wurde in Beelitz-Heilstätten das erste Fernheizwerk in Betrieb genommen, dass nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeitete und noch bis 1975 in Betrieb war.

Heute erleben wir wieder eine Zeitenwende – eine gesellschaftliche. Es geht um nichts anderes als die Energieversorgung der Welt auf ein erneuerbares Fundament zu stellen. Hierfür müssen Ressourcen eingespart, Erneuerbare Energien ausgebaut und effizienter eingesetzt werden und der Energieverbrauch reduziert werden. Im Jahr 2021 wurden 19,2 % des deutschen Endenergieverbrauchs aus Erneuerbaren Energien gedeckt – das sind 468 Mrd. Kilowattstunden.

Davon entfielen etwa

  • 50 % auf die Erneuerbare Stromproduktion (z. B. PV, Wind),
  • 43 % auf den Erneuerbaren Wärmesektor (thermische Solaranlagen, Hackschnitzel, Pellets...) und
  • 7 % auf biogene Kraftstoffe (z. B. Bio-Diesel).

Biomasse ist dabei der wichtigste Erneuerbare Energieträger. Ihr Anteil an der Bereitstellung Erneuerbarer Energie beträgt heute 55 %.

Der durch KWK produzierte Stromanteil an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und betrug im Jahr 2019 rund 113 Terawattstunden (TWh), was einem Anteil von 19,6 % an der Nettostromerzeugung in Deutschland entsprach.

KWK im Kontext von Umweltschutz und Stromnetzsicherheit

Prinzipiell vermeidet Kraft-Wärme-Kopplung die Verschwendung von Energie und Ressourcen. Sie erreicht das, indem sie die Strom- und Wärmeerzeugung in ein und demselben thermodynamischen Prozess verbindet. KWK-Anlagen bewirken so einen Gesamtwirkungsgrad von bis zu 97 %. Die herkömmliche Stromerzeugung ohne Nutzung der Abwärme liegt ungefähr bei 40 %.

Die Vorteile einer KWK-Anlage liegen auf der Hand. Je nach Bauform und Warmhaltung benötigen sie zwischen ihrem Start und 100-%iger Leistung nur einige Sekunden bis wenige Minuten. Durch ihre oftmals modulare Bauweise haben KWK-Anlagen eine sehr gute Teillastfähigkeit und können ihre Leistung innerhalb von Sekunden an die Anforderungen des Strommarkts anpassen.

Durch Power-to-Heat-Systeme (PtH) kann die Stromleistung von KWK-Anlagen zusätzlich geregelt werden. Sie vermindern die ins Netz gespeiste elektrische Leistung, indem sie Elektrizität in Wärme umwandeln, um sie anschließend für ein Wärmenetz zu nutzen oder in einem Wärmespeicher einzuspeisen.

KWK-Anlagen stehen systembedingt dort, wo auch die Lastschwerpunkte sind. Der Transport volatiler Residualstrommengen (unbeständige Reservestrommengen) über weite Entfernungen entfällt. Das dezentrale Prinzip der KWK sorgt für Systemsicherheit und verminderte Gefahr durch Notstromfähigkeit. Mit diesem Prinzip einher gehen auch geringere Ausgleichslastflüsse bei Engpässen in den Verteilnetzen und eine stabile Systemstützung im untergeordneten Verteilnetzbereich, wenn übergeordnete Kuppelstellen zu vorgelagerten Netzteilen getrennt werden müssen. Alles zusammen sorgt für eine erhöhte Resilienz (Widerstandkraft) des Energieversorgungssystems durch KWK.

Breites Leistungsspektrum

Von einem Kilowatt bis mehrere Megawatt thermischer Leistung – KWK-Systeme gibt es als Brennstoffzellen-, Motor- und Turbinen-KWK in verschiedenen Leistungsklassen. Sie können mit allen verfügbaren Brennstoffen betrieben und in vielen Bereichen eingesetzt werden. Die wichtigsten heutzutage sind sicherlich die Strom- und Wärmebelieferung in der Objekt- und Quartiersversorgung, die Stromerzeugung für die Spitzenlast- und/ oder Residuallastdeckung sowie industrielle Prozesswärmeanwendungen mit ihren hohen Temperaturanforderungen.

KWK-Anlagen können zügig realisiert werden. Zum einen sind Standorte und Erschließungsmöglichkeiten in den Städten meist vorhanden bzw. mit nur wenig Anpassung umsetzbar. Zum anderen ist die KWK-Branche in Deutschland hinsichtlich ihrer Fertigungskapazitäten in der Lage, jährlich 10 GW flexible Leistung zuzubauen. Im Vergleich zu Großkraftwerken, deren Fertigstellung mehrere Jahre in Anspruch nimmt, können de zentrale KWK-Anlagen je nach Größe in Zeiträumen von wenigen Monaten gebaut und in Betrieb genommen werden.

Kraft-Wärme-Kopplung im Wandel

Die Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Kraft-Wärme-Kopplung mögen zeitlos sein. Die Rolle der KWK wird sich dennoch wandeln müssen, um das Erneuerbare Energiesystem künftig stärker zu stützen. Hierfür ist eine Flexibilisierung der KWK-Stromerzeugung unumgänglich. Innovative KWK-Systeme stellen die Lösung für diese Herausforderung dar. Die Verbindung von gekoppelter Erneuerbarer Strom- und Wärmeerzeugung mit zusätzlichen flexiblen, direktelektrischen Wärmeerzeugern und thermischen Speichern sorgen dafür, das KWK auch langfristig in ein dekarbonisiertes Energiesystem passt.

Denn Wärmespeicher nehmen die KWK-Wärme zu Zeiten der Stromanforderung auf und geben sie in Zeiten, in denen keine Stromanforderung besteht, wieder ab. Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V. (AGFW) hat errechnet, dass Deutschland bereits heute über ein Wärmespeicherpotenzial von insgesamt 24,5 GWh verfügt. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) weist in seiner Statistik aus, dass seit 2012 bis einschließlich 2020 insgesamt 981 geförderte Speicher über alle Größen mit 613331 Kubikmeter summarischem Wasseräquivalent nach dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) gefördert wurden. Das entspricht einem Wärmespeichervermögen von rund 28,5 GWh. Unterstellt man, dass im Jahr 2021 in etwa die gleichen Zahlen und Größen an Speichern wie im Jahr 2020 nach KWKG zur Förderung beantragt wurden, dann stehen durch KWK-Anlagen ohne Rückkühlwerke rund 30 GWh Stromerzeugungskapazität bereits heute entkoppelt zur Verfügung – ein riesiges Potenzial. Der Bau ineffizienter großer Kondensationskraftwerke auf der grünen Wiese wird somit obsolet.

KWK in der Praxis

Drei Beispiele sollten zeigen, wie effektiv und wirtschaftlich KWK-Anlagen errichtet und betrieben werden können.

Energieversorgung für eine Gemeinde

Ein Beispiel für eine vom Wärmebedarf entkoppelte Stromversorgung liefert die Bürger.Energie.Neckar.Enz“ (B.E.N.E). Sie realisierte eine sichere und wirtschaftliche Strom- und Wärmeversorgung in der Gemeinde Möglingen (Baden-Württemberg). Ausgeführt wurde das Vorhaben durch eine Kombination aus Blockheizkraftwerk (BHKW), drei Abgaswärmeübertragern und einer Wärmepumpe, die eine sehr hohe Flexibilität der Gesamtanlage ermöglicht. Ergänzt wurde das System durch eine 50 kWP-Photovoltaikanlage auf dem Dach der Heizzentrale, die die Eigenversorgung ermöglicht.

Das BHKW, inklusive der zwei Abgaswärmeübertrager, hat eine Leistung von 999 kW elektrisch und 1384 kW thermisch. Der dritte Niedertemperatur-Abgaswärmeübertrager mit einer Leistung von 440 kW wurde so ausgelegt, dass er die Strahlungswärme und das Niedertemperaturabgas des BHKW – die Eintrittstemperatur des Abgases in den Kamin beträgt ungefähr 32 °C – optimal für eine nachhaltige Energie aus Möglingen nutzen kann. Der 750 m3 große Pufferspeicher hat die Möglichkeit, 35 000 kWh Wärme aufzunehmen und bietet im Betrieb der Anlage größtmögliche Flexibilität.

Ist der Strompreis niedrig, dient die Wärmepumpe als Wärmeerzeuger. Sind Strombedarf und der Strompreis hoch, läuft das BHKW strommarktgeführt und dient im Flexbetrieb als Stromerzeuger. Insgesamt stellt die Anlage jährlich 5,583 Mio. kWh an Wärme bereit sowie 3,3 Mio. kWh Strom. Ein umfassendes „Vollmonitoring“ auf Erzeuger- und Verbraucherseite sorgt für ein intelligentes Energiemanagement und für Versorgungssicherheit von nahezu 100 %.

Netto-Nullemissionsquartier in der Hauptstadt

In Deutschlands Hauptstadt hat die Berliner Energieagentur Kraft-Wärme-Kopplung und Photovoltaik miteinander kombiniert, um ein Projekt für ein Netto-Nullemissionsquartier mit 42 Wohnungen umzusetzen. Das BHKW mit 16 kW elektrischer und 36,1 kW thermischer Leistung wird mit Reststoffen aus Biogas wärmegeführt betrieben. Die Solarmodule haben eine Leistung von 50 kW und befinden sich auf einem begrünten Dach. Zum System gehören ebenso zwei Pufferspeicher mit je 1000 l Kapazität, zwei Ladepunkte für Elektroautos mit je 22 kW sowie ein Erdgasbrennwertkessel mit 160 kW Nennwärmeleistung, der im Störfall das Gebäude beheizt und ansonsten die Spitzenlast abdeckt.

Das BHKW könnte den gesamten Jahresstromverbrauch abdecken, doch wird immer vorrangig der Photovoltaikstrom angeboten. Durch die Vernetzung von Gebäude- und Energietechnik haben die Planer in Berlin klimapositives Wohnen realisiert und ermöglichen ein Angebot an Mieterstrom, das 20 % günstiger als der örtliche Grundversorgungstarif ist.

CO2-negative Energieversorgung

Ein Beispiel für die Vielfältigkeit moderner Biomasse-KWK liefert die KWS Ökokraft GmbH am Nordrand der Alpen. Im österreichischen Ternitz werden aus Abfällen der Forstwirtschaft Holzgas und mittels Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme produziert. Die Besonderheit des Holzgas-Kraftwerks ist die Pflanzenkohle, die als Nebenprodukt der Strom- und Wärmegewinnung anfällt. Sie kann als Grundlage zur Herstellung von Terra Preta (Schwarzerde) dienen, als Futtermittelzusatz, zur Wasserreinigung in Klärwerken oder als hochwertige Grillkohle eingesetzt werden. Weil keine Asche im Betrieb der KWK-Anlage entsteht, wird durch die Pflanzenkohle CO2 gebunden. Die CO2-neutral arbeitende Anlage ist in das bestehende Fernwärmenetz eingebunden und speist ganzjährig als Grundlast ein und steigert somit die Resilienz der lokalen Strom- und Wärmeversorgung.

Fazit

Kraft-Wärme-Kopplung kann vielfältig und flexibel eingesetzt werden. Immer aber geht es um eine ressourcenschonende in den meisten Fällen strommarktdienliche und CO2-neutrale Art und Weise der Strom- und Wärmeversorgung. Oder sogar um CO2-Reduktion.

Ob ganze Gemeinden oder städtisches Quartier: KWK-Systeme passen sich der jeweiligen Situation vor Ort in bester Weise an und können entsprechend dimensioniert werden. Sie sorgen für eine saubere, sichere und wirtschaftliche Strom- und Wärmeversorgung der Menschen. Und für ein Gelingen unserer Energiewende.

Autor: Claus-Heinrich Stahl, Präsident im Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V. (B.KWK)

www.bkwk.de

 


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