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Kupferwerkstoffe in Gebäuden

Ein Forschungsprojekt hat die Umwelt- und Emissionsauswirkungen von Trinkwasserrohrsystemen untersucht

Vergleicht man verschiedene Trinkwassersysteme in Bezug auf ihre Umweltauswirkungen, so zeigen Kupferleitungen besser Werte als andere Werkstoffe, so das Fazit einer Studie. (Shutterstock)

Ein Hauptziel der neuen Initiative der europäischen Kupfer-Halbzeugindustrie ist es, die weitere Verwendung von Kupferlegierungen für die Abgabe von Trinkwasser an den Verbraucher zu sichern und die Vorschriften für Trinkwasser, insbesondere die europäische Trinkwasserrichtlinie, einzuhalten. (Shutterstock)

 

Werkstoffe für den Gebäude- und Bausektor werden immer stärker unter Nachhaltigkeitsaspekten ausgewählt: wie sieht die Recyclingfähigkeit aus, was sagt der ökologische Fußabdruck, welchen Einfluss hat das Material auf die Umweltbilanz? Aspekte, die auch die Hersteller von Bauprodukten veranlassen, sich mit diesen Themen intensiv zu befassen. Die Kupferindustrie arbeitet an umweltgerechten Lösungen und der Weiterentwicklung von Werkstoffen oder an der Verbesserung von Lieferketten und Kreislaufwirtschaft. Jüngste Beispiele dafür sind die Gründung einer sogenannten Lead Free Brass Initiative sowie neueste Untersuchungen zu den Umweltsauswirkungen verschiedener Trinkwassersysteme.

Der Gebäude- und Bausektor verursacht jährlich etwa 35 % des Endenergieverbrauchs und ca. 40 % der weltweiten CO2- Emissionen: allein der Gebäudebetrieb ist für 28 % der jährlichen Emissionen verantwortlich, weitere 11 % entfallen allein auf die Herstellung von Baumaterialien und die Konstruktion. Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Betrachtung von Baumaterialien wie Kupfer- und Kupferlegierungen in Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit – und das nicht nur durch die Entwicklung neuer Werkstoffe, sondern auch durch die Überprüfung bereits bestehender Systeme.

Wissenschaftlicher Ökobilanzvergleich

Ein von der International Copper Association in Zusammenarbeit mit Sphera durchgeführtes Forschungsprojekt hat die Umwelt- und Emissions-Auswirkungen von drei Trinkwasserrohrsystemen – Kupfer, Kunststoff-Mehrschichtverbundrohre (PEX-Al) und kunststoffvernetztes Polyethylen (PEX) – untersucht. Sphera führte eine Lebenszyklusanalyse (LCA) mittels eines wissenschaftlichen Ökobilanzvergleichs gemäß ISO14040 durch, um zu ermitteln, wie sich die Produktion, die Lebensdauer und das Lebensende (EoL)- Phasen der Materialien auswirken.

Dr. Ladji Tikana, der für den Kupferverband die Studie mitbegleitet hat, dazu: „Wir haben die Wasserversorgung für eine 100 m2-Wohnung untersucht und analysierten die benötigten Rohre und zusätzliche Systemkomponenten, wie z. B. Armaturen und Verbindungsstücke. Außerdem haben wir die Zusammensetzung der Materialien, ihre Eigenschaften, ihre Herstellungsverfahren und das jeweilige Recyclingpotenzial verglichen.“

Die Studie wurde in Übereinstimmung mit ISO14040/44 durchgeführt und folgte den Richtlinien EN15804 der Umweltproduktdeklaration (EPD), berichtet Dr. Tikana und ergänzt: „Die Analysen der drei Systeme wurden in Module gegliedert: A (A1- A5), die das Produktstadium und den Konstruktionsprozess abdeckten, C (C1-C4), in dem das Ende des Lebenszyklus der Materialien untersucht wurde, und D, in dem der, Nutzen jenseits der Systemgrenze‘ (z. B. potenzielle Auswirkungen auf das Recycling) im Vordergrund stand.“

Das recht eindeutige Ergebnis für Kupfer hat uns alle überrascht, zeigt sich Michael Sander, Geschäftsführer des Kupferverbandes, zufrieden. Im Vergleich zu Systemen aus Kunststoff (PEX-Al und PEX) zeigten die Ergebnisse der Ökobilanz, dass Kupferrohrsysteme für den Transport von Flüssigkeiten in Gebäuden (z. B. Trinkwasser, Heizung, Kältemittel, Gase) besser für das Erreichen der Dekarbonisierung geeignet sei. „Die Daten deuten jedoch auf ein höheres Versauerungspotenzial und einen höheren Wasserverbrauch für Kupfer in den Lebenszyklusphasen A1 (Rohmaterial) – A3 (Produktherstellung) im Vergleich zu den Kunststoffsystemen,“ relativiert Tikana das Ergebnis. „Daher müssen für eine optimale Performance von Kupfersystemen in diesen Bereichen Verbesserungen vorgenommen werden.“

Die PEX-basierten Kunststoff Systeme wiesen lediglich in den Kategorien Stromerzeugung und Wärmeenergie eine Verringerung der Umweltauswirkungen auf, was auf die eher ineffiziente Verbrennung der Kunststoff systeme am Ende ihrer Lebensdauer zurückzuführen sei. Daher sei die Rückgewinnung von Kupfer am Ende der Lebensdauer des Systems entscheidend, um das Potenzial von Kupfer als umweltfreundliches Material der Wahl für den Bausektor zu maximieren, ergänzt Tikana abschließend. (Anmerkung der Red.: Die komplette Studie ist auf der Webseite www.copperalliance. org/resource zu finden.)

Ein Fahrplan in Richtung einer bleifreien Zukunft

Das Thema Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung bleifreier Kupferwerkstoff e, die im Fokus der neugegründeten europäischen Lead Free Brass Initiative (www.leadfreebrass.org) stehen. Das Engagement kommt nicht von ungefähr: Die fortlaufende Verschärfung der trinkwasserrechtlichen Vorschrift en wirkt sich auf die weitere Verwendung von Blei als Legierungsmetall aus. Der maximale Referenzparameter für Blei wird bis 2036 bei 5 μg/l liegen – gegenüber den heute zulässigen 10 μg/l.

 „Man kann nicht einfach Blei aus den dort eingesetzten Kupferlegierungen komplett weglassen“, warnt Dr. Klaus Ockenfeld vom Kupferverband. „Es gibt ein Spannungsfeld, um die Verwendung von Blei in wichtigen Messingprodukten zu minimieren und gleichzeitig die wertvollen physikalischen Eigenschaft en der derzeit verwendeten Legierungen, z. B. die Bearbeitbarkeit, zu erhalten.

Ein Hauptziel der neuen Initiative der europäischen Kupfer-Halbzeugindustrie sei es deshalb, die weitere Verwendung von Kupferlegierungen für die Abgabe von Trinkwasser an den Verbraucher zu sichern und die Vorschrift en für Trinkwasser, insbesondere die europäische Trinkwasserrichtlinie, einzuhalten. Dazu wurde ein Fahrplan entwickelt, der verschiedene Maßnahmen umfasst u.a. die Festlegung einer Legierungsfamilie, die das Potenzial haben könnte, die am häufigsten verwendeten bleihaltigen Messingsorten zu ersetzen und die Beibehaltung der Recyclingfähigkeit bleihaltiger Messinglegierungen zu gewährleisten.

„Um eine Einheitlichkeit zu gewährleisten, wurden vier Legierungen mit einem ähnlichen Kupfergehalt und einem geringeren Bleigehalt als die derzeit gebräuchlichen Legierungen ermittelt,“ erläutert Ockenfeld die Vorgehensweise der Lead Free Initiative. Die vier Legierungen basieren auf bekannten Normwerkstoff en (CW610N, CW611N, CW511L, CW727R) und sollen nach Abschluss der erforderlichen Zulassungsprüfungen (EN 15664) als CW610N-DW, CW611N-DW, CW511L-DW und CW727R-DW die bisher als 4-MSI-Metallliste bekannte Gruppe trinkwasserfähiger Legierungen ergänzen.

„Der Gesamt-Bleianteil in Messinglegierungen könnte bis 2035 dabei um mehr als 70 % reduziert werden, wenn man jetzt damit beginnt“, erläutert Ockenfeld abschließend den Fahrplan dieser neuen europäischen Initiative, zu der die europäischen Halbzeugproduzenten A.L.M.A.G. (Italien), Eredi Gnutti (Italien), Nordic Brass (Schweden), Diehl Metall (Deutschland), HME Brass France (Frankreich), San Marco (Italien), ElvalHalcor (Griechenland), HME Brass Italy (Italien), Sarbak Metal (Türkei), Trafilerie Carlo Gnutti (Italien), HME Brass Germany (Deutschland) sowie die Wieland-Werke AG (Deutschland) gehören.

Ein breites Bündnis seitens der Industrie ist dabei unbedingt erforderlich, denn wenn einzelne Legierungszusammensetzungen ohne Absprache geändert werden, um den Bleianteil zu verringern, besteht die Gefahr, dass diese verschiedenen Messingtypen im Recyclingstrom inkompatibel werden. Für jede Legierung müsste es getrennte Schrottströme geben, was nicht praktikabel wäre. Der Hauptrohstoff für die Herstellung von vielen Messingprodukten ist nämlich Schrott. Und so läuft die Kreislaufwirtschaft im Messingsektor Gefahr, durch immer strengere Vorschriften für Blei unterbrochen zu werden. „Die Kreislaufwirtschaft für Messingschrott in der EU ist zwar noch nicht kaputt, aber sie gerät zunehmend unter Druck“, so Kupferverbandschef Sander.

 


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