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Was zu empfehlen ist

Der Beratungs- und Informationsbedarf zwecks alternativer Wärmesysteme wächst, eine Übersicht

Die Zukunft der Solarthermie auf dem Dach liegt möglicherweise in der Kombination mit Photovoltaik, als PVT-Kollektoren. Bild: Metzger GmbH & Co. KG

Ende Juni fand das erste Treffen von Politik und Wirtschaft zum angekündigten Projekt Wärmepumpenoffensive der aktuellen Ampelkoalition statt. Ziel ist, die jährlichen Zubaurate von derzeit ca. 150 000 binnen zwei Jahren auf dann 500 000 zu steigern. (BWP)

Der Boom auf die Photovoltaik hält aufgrund von zunehmender Eigenstromversorgung an. Das Anfang Juli beschlossene EEG 2023 trägt dem Rechnung. (L. Wiesemann)

Zurück in die Zukunft: Das Thema Wasserstoff ist wieder im Wärmemarkt angekommen, auch mit neuen Konzepten. Derzeit sind die Systempreise allerdings noch sehr hoch. (HPS)

 

„Welches Heizsystem empfehlen Sie?“ TGA-Planer und das Heizungshandwerk erleben verstärkt diese Frage. Sie ist Ausdruck einer komplexen Entwicklung, die zudem derzeit rasant an Fahrt gewinnt. Der Beitrag soll einen Überblick der wichtigsten System-Möglichkeiten liefern, Wärme aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen, in Form aktueller Entwicklungs-Stände und Trends.

Der Krieg in der Ukraine zeigt die Notwendigkeit, sich von fossilen Energieträgern und Abhängigkeiten abzunabeln. Das ist inzwischen in den Köpfen von Bauherren bis zum Unternehmer angekommen. Wer aktuell jetzt eine Wärmepumpe bestellt, bekommt sie irgendwann im nächsten Jahr. Die Gründe dafür sind einerseits, dass das Handwerk mit Auft rägen bis Ende des Jahres bis zum Anschlag voll ist, andererseits kommt die Industrie in der Produktion akut nicht mit der Nachfrage hinterher. In der Pelletbranche soll es zwar etwas entspannter aussehen, doch auch hier sind die Auft ragsbücher voll wie seit Jahren nicht mehr.

Zunehmender Wechselwille

Umfragen zufolge sind viele Deutsche kaum noch bereit, in eine Heizung zu investieren, die mit fossilen Brennstoff en betrieben wird – selbst in eine Gasheizung nicht. Doch was sind die Alternativen? Wärmepumpe, Wärmepumpe in Kombination mit Photovoltaik, Holzpellets in Kombination mit Solarthermie oder doch nicht? Und macht die Solarthermie überhaupt noch Sinn, wenn man auf eine Gasheizung verzichtet? Die Verunsicherung darüber, welches alternative Heizsystem das „richtige“ ist, ist nicht kleiner geworden. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, denn die Fragen in Richtung „Welches Heizsystem empfehlen Sie denn?“ häufen sich – eben auch, weil der Wechselwille zunimmt.

Wärmepumpe und PtH

Die politischen Signale stehen im Wärmemarkt auf Strom. Ende Juni luden das Bundeswirtschaft s- und das Bundesbauministerium zu einem Spitzentreffen von Verbänden und Unternehmen ein, um den Startschuss zur angekündigten Wärmepumpen-Offensive zu geben. Das Ziel: ab 2024 bundesweit mindestens 500.000 Wärmepumpen jährlich zu installieren statt der ca. 154.000 im Jahr 2021. Der Fokus liegt auf Luft-/Wasser-Wärmepumpen, die im Vergleich zu anderen Wärmepumpensystemen relativ günstig in der Anschaff ung sind und die zudem über die technische Weiterentwicklung in den zurückliegenden Jahren mittlerweile gute Jahresarbeitszahlen (JAZ) an den Tag legen. Auch im Bestandsbau sind Wärmepumpen als Sanierungsalternative zu einem Thema geworden und sie sollten in jedem Fall zumindest in Erwägung gezogen und als Option geprüft werden.

Dass die Wärmepumpe das dominierende Heizsystem auf dem Wärmemarkt sein wird, zeigt sich auch an bemerkenswerten neuen Konstellationen: Wassergeführte Pelletöfen können nicht nur einen einzelnen Raum erwärmen, sondern in Häusern mit geringem Wärmebedarf z.B. die Funktion einer Zentralheizung übernehmen. Sie werden über eine Wassertasche in das Heizsystem eingebunden. Die klassische Kombination der wassergeführten Pelletöfen war lange Zeit die mit einer Solarthermie-Anlage. Das hat sich geändert. Experten erwarten, dass die Entwicklung dahin geht, dass wassergeführte Pelletöfen nicht mehr als Zentralheizung im Zentrum stehen, sondern in Kombination mit Luft-/Wasser-Wärmepumpen bestimmte Spitzenlasten abdecken und somit die Wärmepumpe entlasten, z.B. im Winter. Wärmepumpen-Pelletkessel-Kombis gibt es ja schon geraume Zeit im Markt.

Photovoltaik und Solarthermie

Die Solarthermie hingegen wird es zunehmend schwerer haben. Stand sie bereits im Schatten der Photovoltaik (PV) über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), so folgt nun das Th ema Eigenstrom: Selbst erzeugten PV-Strom selbst verbrauchen statt ihn einzuspeisen. PV bleibt darüber weiter attraktiv. Wie sehr der Eigenstrom/Prosumer inzwischen zur festen Größe geworden ist, zeigt sich z.B. auch im aktuell Anfang Juli vom Bundestag beschlossenen EEG 2023: Dort gibt es zwei Kategorien der Einspeisevergütung, eine für Volleinspeiser und eine für Prosumer, für eingespeisten Überschussstrom. Volleinspeiser in der klassischen Kategorie ≤ 10 kW erhalten zwar deutlich mehr Einspeisevergütung als Prosumer, weil es für Volleinspeiser noch einen Zuschuss in Höhe von 4,80 ct/kW gibt (Volleinspeiser damit: 13,40 ct/kWh, Prosumer: 8,60 ct/kWh). Doch selbst der Prosumer-Wert liegt noch deutlich über der aktuellen Vergütung von 6,24 ct/kWh für Anlagen ≤ 10 kW.

Durch Eigenstromnutzung vermiedene Strombezugskosten, bei weiter steigenden Strompreisen am Markt, in Kombination mit einer, im Vergleich zu heute, sogar höheren Vergütung für Überschussstrom, wird das Interesse und die Nachfrage nach PV weiter befeuern. Je mehr Eigenstrom genutzt werden kann, ist nach diesem Kalkül umso besser. Die Kombination mit einer Wärmepumpe als Strom Mitverbraucher bietet sich da geradezu an.

Die Verbreitung der Wärmepumpe als Standardheizsystem verändert auch die Solarthermie: Experten wie Professor Volker Quaschning von der HTW Berlin sagen dem klassischen Kollektor in Zukunft nur noch ein Nischendasein voraus. Wenn die Solarthermie weiter als Heizungsunterstützung eine Rolle spielen will, dann in Form von PVT-Kollektoren. Diese könnten Wärme und Strom für Wärmepumpen bereitstellen, so der Experte.

Holzpellets weiter im Aufwind

Die Holzpelletbranche erlebt aktuell einen Boom wie seit den Anfangstagen nicht mehr. Dass relativ wenig über technische Fragen berichtet wird liegt auch daran, dass die Technik ausgereift ist. Auch lange schon beim Thema Feinstaub. Dort ging/geht es um einen alten, mitunter konstruierten Konflikt, der mindestens seit dem Aufkommen der ersten Pelletzentralheizungen vor mehr als 20 Jahren am Leben gehalten wird, aus unterschiedlichen Richtungen und Motiven.

Das Grundproblem war und ist damals wie heute, dass platt gesagt beim Thema Feinstaub nicht differenziert wird (bewusst?) zwischen einem Schwedenofen aus dem Baumarkt und z.B. einer modernen Pelletfeuerung mit perfektionierter Brennkammer und einer sich automatisch anpassenden Luftregelung für eine optimale Verbrennung. Fakt ist, dass die Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen, die 1. BImSchV, die maximalen Werte für die Emissionen Staub (in g/m3) sowie für Kohlenmonoxid (CO, in g/m3) regelt. Zum zweiten ist die Liste der nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM) förderfähigen Anlagen recht lang (73 Seiten), was auch zeigt, dass das Thema Emissionen von der Branche beherrscht wird. Denn eine Fördervoraussetzung ist auch die Einhaltung der Grenzwerte.

Zu einer Achillesferse der Pelletbranche könnte sich allerdings der Pelletpreis entwickeln. Es muss gegenüber Interessierten klar kommuniziert werden, dass auch der Preis für Holzpellets mit den Jahren steigt. Aktuell, bedingt über die besonderen Umstände (Ukraine-Krieg, Produktionskostensteigerungen z.B. durch steigende Strompreise, Transportkostensteigerungen durch gestiegene Kraftstoffpreise), sogar außergewöhnlich.

Achillesferse Pelletpreis

Laut Preisbarometer des DEPI vom Mai sind die Pelletpreise gegenüber April nochmal um 4,3% gestiegen, auf einen Rekordwert von 393,25 Euro/t im Bundesdurchschnitt. Im Vergleich zum Mai 2021 ist das eine Preissteigerung von 81,2%. Laut DEPV stieg der bundesweite Durchschnittspreis im Juni auf 431,56 Euro/t, 95,0% mehr als im Juni 2021.

Beim Thema Holzpellets geht es auch immer um die Frage der Versorgungssicherheit: Bislang produzierten die deutschen Pelletproduzenten jedes Jahr rechnerisch mehr Holzpellets, als in Deutschland nachgefragt wurden. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach diesen Heizsystemen wird sich das mittelfristig aber ändern. Der deutsche Pelletmarkt wird zusätzlich auf Importe angewiesen sein, um die Inlandsnachfrage zu decken. Schon seit vielen Jahren finden diese zwar statt, z.B. in den Grenzregionen zu Nachbarländern wie Österreich oder Tschechien. Auch aus dem Baltikum flossen Holzpellets nach Deutschland. Der Unterschied wird aber sein, dass man auf Importe angewiesen sein wird. Wann das der Fall ist, lässt sich derzeit nicht sicher sagen. Auch wird sich das nicht auf ein bestimmtes Jahr beziehen, sondern die Entwicklung eher kontinuierlich sein.

Brennstoffzelle/KWK/Wasserstoff: Blick auf den Markt

Hersteller bringen derzeit noch erdgasbasierte Brennstoffzellenheizungen auf den Markt. Allerdings gibt es erste Ankündigungen, z.B. vom BHKW-Spezialisten SenerTec, anteilig von Erdgas weg in Richtung Wasserstoff zu gehen. Es bleiben als starkes Argument gegen den Einsatz von Wasserstoff zur Wärmeversorgung von Gebäuden die derzeit noch hohen Anschaffungskosten für eine Heizung auf Basis einer Brennstoffzelle, trotz Förderung. Hinzu kommen die Wartungskosten, die man immer im Blick behalten sollte. Bezüglich der Wasserstofferzeugung werden indes aber auch neue Wege beschritten: Mit Elektrolyseuren, die mit Solarstrom vom eigenen Dach betrieben werden. Das Berliner Unternehmen Home Power Solutions (HPS) befasst sich mit Brennstoffzellen-Technik fürs Eigenheim. Das System nennt sich Picea und HPS will damit Sonnenenergie vom Sommer in den Winter bringen, indem Solarstrom in Form von Wasserstoff gespeichert wird. Nach eigenen Angaben von HPS ist die Nachfrage groß. Mittlerweile hat das Unternehmen zur AG umfirmiert und expandiert. Aber auch dieses System ist selbst nach Abzug der staatlichen Förderung (noch) relativ teuer.

Ein Fazit: ehrlich kommunizieren

Der Wechselwille hin zu Erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung wächst, derzeit rasant. Damit wächst auch der Beratungsbedarf derjenigen, die sich nun mit alternativen Wärme-Techniken für ihr Zuhause auseinandersetzen (wollen/müssen). Für TGA-Planer und Heizungsfachbetriebe eine Mammutaufgabe. Die Frage, was denn zu empfehlen ist, gleicht oft einem Hilferuf aus dem Dickicht der angebotenen Alternativ-Vielfalt. Wenn man darauf ehrlich eine Antwort gibt, dann lässt sich keine eindeutige Antwort geben.

Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

 


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