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Kühlen mit Eis

Latentwärmespeicher: Behagliches Klima zu jeder Jahreszeit

Prinzipieller Aufbau einer Wärmepumpenanlage mit Eisspeicher. Bild: Viessmann

Der Eisspeicher ist eine Betonzisterne, in der die Schläuche von zwei Wärmetauschern verlaufen. Über den einen kann eine Solarthermieanlage Wärme in den Speicher einspeisen, über den anderen entnimmt die Wärmepumpe die Energie. Im Sommer wird dieser Kreislauf dann zur kostenfreien Klimaanlage. Bild: MHG Heiztechnik

Der Vereisungsprozess findet von innen nach außen statt, während das Auftauen von außen beginnt. Bild: Viessmann

Verfügbare Energiemengen in einem Eisspeicher mit 10 m³ Inhalt. Bild: Viessmann

 

Bei der Klimatisierung von Gebäuden stand Anfangs Eis für die Kühlprozesse zu nutzen nicht im Blickfeld der Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Und auch heute ist die Technologie längst noch nicht am Massenmarkt angekommen. Die meisten Kühlprozesse werden immer noch von Klimaanlagen übernommen. Doch der Blick auf die Alternative kann lohnenswert sein. Durch die richtige Dimensionierung und Abstimmung bietet das System das Potenzial, ein Eigenheim über das ganze Jahr hinweg zu klimatisieren.

Die Idee, Eisspeicher als Latentwärmespeicher in den Kühlkreislauf einzubinden, hatte ihren Ursprung in der Heiztechnik: Denn sie stellen eine alternative Wärmequelle für Wärmepumpen dar. Im Gegensatz zu anderen Arten der Umweltwärme zeigen sich hier verschiedene Vorteile: Der Eisspeicher ist sehr kompakt und lässt sich unproblematisch auf dem Grundstück unter der Erde platzieren. Dabei ist kein größerer Genehmigungsaufwand notwendig, da der Speicher mit reinem Leitungswasser befüllt wird. Selbst ein Auslaufen hätte keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt, während eine Tiefenbohrung für Geothermie zum einen nicht überall durchführbar und zum anderen immer auch mit einem gewissen Restrisiko bei der Durchdringung geologisch kritischer Erdschichten verbunden ist. Zudem erweist sich ein Eisspeicher gegenüber einer Tiefenbohrung als deutlich günstiger.

Energiequelle Eisspeicher
Der Begriff „Eisspeicher“ ist im Grunde falsch gewählt. Denn die Vereisung ist der letzte Schritt im Gesamtzyklus und entsteht bei der Wärmeentnahme im Winter. Der Speicher selbst ist vielmehr so konzipiert, dass er die saisonal zur Verfügung stehende Energie bis zum benötigten Zeitpunkt speichert: Also beispielsweise die im Sommer überschüssige Sonnenenergie einer Solarthermieanlage aufnimmt und bis zum Winter bevorratet. Im Grundaufbau kombiniert ein solches Heizsystem eine Solarhermieanlage mit einer Wärmepumpe und dem Speicher aus Beton, dessen Größe an dem zu beheizenden Gebäude bemessen wird. In der Regel hat diese Betonzisterne für ein Eigenheim ein Volumen von 10 m³. In dem Speicher befinden sich zwei Wärmeübertrager. Der erste zieht sich im Inneren des Speichers an den Außenwänden entlang. Er wird durch die Solarthermiekollektoren gespeist und bringt Wärme in den Speicher ein. Der zweite Wärme­übertrager dient zur Entnahme der eingespeicherten Energie und ist mittig im Speicher installiert. Er führt vom Eispeicher zur Wärmepumpe.
In den Sommermonaten heizt sich der Eisspeicher durch die Sonnenenergie immer weiter auf. Diese Energie steht mit Beginn der Heizperiode dann schließlich als Heizwärme zur Verfügung. Die Wärmepumpe kann sie – wie bei anderen Quellen der Umweltwärme auch – aus dem Speicher beziehen und auf das notwendige Temperaturniveau der Raumheizung heben. Grundsätzlich wird dem Speicher durch den geringen solaren Ertrag des Winters fortlaufend Energie zugeführt. Allerdings senkt sich die Temperatur im Speicher durch die Wärmeentnahme immer weiter ab. Von dem Entnahmewärmeübertrager ausgehend, beginnt das Wasser im Inneren des Speichers zu gefrieren. Das Einfrieren von innen nach außen ist dabei wichtig, um Schäden am Betonspeicher in Form eines Aufplatzens zu vermeiden. Der Prozess setzt große Mengen Energie frei. So benötigt Wasser beim Übergang vom flüssigen zum festen Aggregatzustand in etwa dieselbe Energiemenge, wie zum Erhitzen von Wasser von 0 auf 80 °C notwendig ist. Am Ende des Winters ist der Eisspeicher dann schließlich komplett zugefroren.
Wird der Eisspeicher lediglich als Energiequelle für die Wärmepumpe betrieben, würde die Solaranlage den Speicher in der warmen Jahreszeit einfach wieder auftauen und befüllen. Allerdings ist der eingefrorene Speicher eine wertvolle Wärmesenke, die im Sommer für die Raumklimatisierung herangezogen werden kann. In diesem Fall wird die Regeneration des Eisspeichers nach der Heizperiode gestoppt. Um die Kälte zur Raumklimatisierung zu verwenden, kommt das Prinzip der passiven Kühlung zum Einsatz.

Natürliche Kühlung durch Temperaturdifferenz
Bei der Raumklimatisierung mithilfe einer Wärmepumpe gibt es zwei Grundprinzipien: die aktive und die passive Kühlung. Während bei der aktiven Kühlung der Betrieb der Wärmepumpe so modifiziert wird, dass der Verdichter das Temperaturniveau der Umweltwärme nicht anhebt, sondern absenkt, bleibt er bei der passiven Kühlung komplett abgeschaltet. Der Kühleffekt entsteht allein durch die Temperaturdifferenz zwischen der Raumtemperatur und der Temperatursenke. Für die passive Kühlung muss demnach ein ausreichendes Temperaturgefälle vorhanden sein. Bei Wärmepumpen, die ihre Energie aus einer Tiefenbohrung beziehen, ist das der Fall. Bei Wärmepumpen, die die Luft als Umweltwärme nutzen, kann der Temperaturunterschied hingegen leicht zu gering sein. Bei einem eingefrorenen Eisspeicher steht die ausreichende Temperaturdifferenz außer Frage.
Für die Raumklimatisierung können verschiedene Verteilsysteme genutzt werden. Am einfachsten ist es, die bestehenden Flächenheizungen für diese Aufgabe umzufunktionieren. Es kann allerdings ebenso ein separater Kühlkreislauf mit Kühldecken oder Ventilatorkonvektoren aufgebaut werden. Bei der Verwendung der bestehenden Flächenheizungen entsteht dabei kein weiterer Installationsaufwand. Es muss bei der Einrichtung lediglich darauf geachtet werden, dass alle Teile der Installation für die Kühlung nutzbar und entsprechend korrosionsbeständig ausgeführt sind.
Zur Kühlung wird das Heizungswasser dann einfach durch das bestehende System geleitet. In den Räumen nimmt es die Wärme auf. Anschließend kühlt es im Eis­speicher herunter und entzieht beim nächs­ten Kreislauf der Raumluft erneut Energie. Im Gegenzug wird die Raumwärme in den Betonspeicher geleitet, der nach und nach auftaut und sich im Laufe des Sommers regeneriert. So ist er zum Beginn der neuen Heizperiode wieder voll aufgeladen.

Effiziente, aber begrenzte Kühlleistung
Die passive Kühlung hat im Vergleich zu einer konventionellen Klimaanlage den Vorteil, dass durch sie keine zusätzlichen Kosten entstehen. Es wird lediglich die Kühlenergie herangezogen, die im Winter kostenfrei durch die Wärmeentnahme im Eisspeicher entsteht. Der Nachteil im Vergleich zu einer konventionellen Klimaanlage ist hingegen, dass die Kühlleistung der passiven Kühlung begrenzt ist. Das hat mehrere Gründe, von denen das Verteilsystem der wichtigste ist. Werden die bestehenden Flächenheizungen als Verteilsystem verwendet, wird dem Raum lediglich Wärmeenergie entzogen. Es kommt dabei nicht zu einer Abfuhr der Luftfeuchtigkeit. Daher ist darauf zu achten, dass bei der Kühlung an den Flächenheizungen der Taupunkt nicht unterschritten wird. Ansonsten könnte sich Feuchtigkeit aus der kühleren und daher nicht mehr so aufnahmefähigen Raumluft auf den Flächenheizungen niederschlagen. Ein zweiter Grund für die Begrenzung der Kühlleistung ist, dass die Stärke der Kühlung nur dem Temperaturunterschied zwischen Raumluft und Wärmequelle entsprechen kann. Dieser ist bei einem warmen Raum und einem eingefrorenen Eisspeicher allerdings so groß, dass in diesem Fall keine Begrenzung bestünde. Im Allgemeinen hat die passive Kühlung mithilfe einer Wärmepumpe das Potenzial, die Temperatur eines Raumes um 2 bis 3 °C abzusenken.

Ob Einfamilienhaus oder Siedlung
Heizsysteme mit Eisspeicher gibt es in allen Größenordnungen. Sie alle nutzen das Prinzip der Kristallisationsenergie. Große Bürogebäude und sogar ganze Siedlungen lassen sich auf diese Weise nachhaltig mit thermischer Energie versorgen. Bei den Großprojekten wie Siedlungen entsteht dabei ein größerer Planungs- und Genehmigungsaufwand, nicht zuletzt, weil das Erdreich unter der Siedlung großflächig einfriert. Bei dem auf Einfamilienhäuser abgestimmten System ist kein größerer Aufwand bei Genehmigung und Planung zu verzeichnen. Der Eisspeicher kann – im Gegensatz zu einer Tiefenbohrung – ohne weitere Genehmigung in der Erde platziert werden. Auch die Installation der Wärmepumpe ist im Anschluss nicht aufwendiger als bei Systemen, die andere Wärmequellen als Eis nutzen. Denn der Eisspeicher ersetzt lediglich die Wärmequelle. Ist die Raumklimatisierung im Sommer vorgesehen, muss beim Betrieb nach der Installation einzig darauf geachtet werden, dass das System auf den Kühlmodus eingestellt wird. Ansonsten würde die Solaranlage den Eisspeicher speisen und auftauen, sodass die Kühlung genau zu dem Zeitpunkt, zu dem sie im Sommer am meisten benö­tigt wird, nicht mehr möglich wäre.

Eine lohnenswerte Alternative
Der Eisspeicher in Kombination mit Solarkollektor und Wärmepumpe ist eine attraktive Alternative, die SHK-Betriebe ihren Kunden vorstellen können. Gefüllt mit reinem Wasser geht von dem Speicher kein Risiko für die Umwelt aus, das System lässt sich in nahezu jedem baulichen Umfeld realisieren und hat nur einen sehr geringen Platzbedarf. Kosten, wie sie durch aufwendige Tiefenbohrungen bei anderen Systemen entstehen, entfallen. Der Eisspeicher ist damit eine effiziente Lösung, um ein Eigenheim das ganze Jahr über effizient zu klimatisieren – mit warmen Räumen im Winter und kühlen im Sommer.

Autor: Christoph Lindemann, freier Fachredakteur

 


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