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Zukunftsträchtiger Markt - Hochtemperaturwärmepumpen für den Einsatz in Industrie und Gewerbe

In den vergangenen zehn Jahren ist es gelungen, die Wärmepumpe als Standardlösung zur Wärmeversorgung von privaten Neubauten zu etablieren. Der Marktanteil von Wärmepumpen ist hier im letzten Jahr auf 30% gestiegen. Bezogen auf den gesamten Absatz an Wärmeerzeugern lag der Marktanteil bei 9%. Die absoluten Verkaufszahlen zeigen seit den Boomjahren 2006 und 2008 eine annähernd konstante Entwicklung bei 50.000 bis 60.000 verkauften Einheiten pro Jahr. Um die industrielle Wärmeversorgung als neuen Markt zu erschließen, treiben die Hersteller die Forschung an Hochtemperaturwärmepumpen voran.

COP elektrischer Kompressionswärmepumpen aufgetragen über die Temperaturdifferenz.

Endenergieeinsatz nach Anwendungsbereichen in der deutschen Industrie im Jahr 2011. Quelle: BMWi

Technisches Potenzial für den Einsatz von Wärmepumpen in der Industrie. Quelle: Blesl et al.

 

Technischer Stand industrieller Wärmepumpen

Im Unterschied zum Wärmebedarf für die Beheizung von Gebäuden, wird ein Großteil der industriell genutzten Wärme bei Temperaturen von 100°C und mehr benötigt. Die Entwicklung von Wärmepumpen, die diese Temperaturen erreichen können, war bisher durch das Fehlen geeigneter Kältemittel gehemmt. Die Übersicht in Tabelle 1 zeigt, dass die derzeitig häufig verwendeten Kältemittel R410a und R134 eine sehr niedrige kritische Temperatur aufweisen, was den Einsatz dieser Kältemittel im unterkritischen Bereich auf Temperaturen unter 80°C begrenzt.
Ammoniak (R717) verfügt dagegen über eine hohe kritische Temperatur von 133°C, hat allerdings auch eine sehr hohe Drucklage, was das Anlagendesign komplexer macht. Derzeit bieten verschiedene Hersteller Hochtemperaturwärmepumpen mit Ammoniak an, die Temperaturen bis zu 90°C erreichen.
Mit R245fa steht ein weiteres Kältemittel zur Verfügung, das neben einer hohen kritischen Temperatur von 154°C auch über eine niedrige Drucklage verfügt und somit ein sehr interessantes Kältemittel für den Einsatz in Hochtemperaturwärmepumpen ist. Derzeit laufen bei verschiedenen Herstellern Tests mit Prototypen, in denen R245fa zum Einsatz kommt. Verlaufen diese Tests erfolgreich, ist damit zu rechnen, dass spätestens im kommenden Jahr Hochtemperaturwärmepumpen mit Vorlauftemperaturen von bis zu 120°C verfügbar werden.
CO2 (R744) ist mit seiner geringen kritischen Temperatur von 31°C ein Exot unter den Kältemitteln. Die Wärmeabgabe findet bei CO2-Wärmepumpen im überkritischen Bereich statt, weshalb sich ein großer Temperaturgleit im Wärmeübertrager einstellt. Vorteilhaft ist dieser Effekt bei der Erwärmung von Wasser über große Temperaturbereiche. Hier entstehen im Vergleich zu anderen Kältemitteln geringere Exergieverluste, wodurch der Wärmepumpenprozess effizienter wird.
Unter dem Arbeitstitel DR-2 entwickelt DuPont derzeit ein weiteres Kältemittel, das in den kommenden Jahren in Hochtemperaturwärmepumpen eingesetzt werden könnte. Mit 171°C verfügt es über eine ausgesprochen hohe kritische Temperatur bei einer niedrigen Drucklage. Darüber hinaus zeichnet es sich durch ein ausgesprochen niedriges Global Warming Potenzial (GWP) aus.
Die Speerspitze in Bezug auf erreichbare Temperaturen bildet derzeit das österreichische Unternehmen Ochsner GmbH mit einer zweistufigen Wärmepumpe, die Temperaturen bis zu 100°C erreichen kann. Ebenfalls beachtenswert, wenn auch noch nicht in Deutschland verfügbar, ist der Ansatz des japanischen Unternehmens KobeSteel LTD. Die in Japan bereits erhältliche Hochtemperaturwärmepumpe des Unternehmens verdampft Wasser und komprimiert den Dampf mittels Brüdenverdichter. So kann Dampf mit bis zu 165°C erzeugt werden.

Integration von industriellen Wärmepumpen

Die Effizienz einer Wärmepumpe kann über den Coefficient Of Performance (COP) bestimmt werden. Dieser berechnet sich aus dem Verhältnis von Nutz- zu Antriebsleistung. In Wohngebäuden wird als Wärmequelle hauptsächlich Umweltwärme (Luft, Erdreich, Grundwasser) genutzt. Als Nutzen wird daher lediglich die Heizleis­tung bilanziert (Gleichung 1.1).

COPHeiz = Heizleistung         (1,1)
               Antriebsleistung


COPintegriert = Heizleistung + Kühlleistung (1,2)
                       Antriebsleistung

Für den Einsatz von Wärmepumpen in der Industrie bietet sich häufig die Möglichkeit, Kühlkreisläufe als Wärmequelle zu nutzen. Somit kann neben der Heizleistung auch die Kühlleistung als Nutzen bilanziert werden, was zu einem höheren COP führt (Gleichung 1.2). Da der COP direkt von der Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle und Wärmesenke abhängt, ist generell darauf zu achten, dass diese möglichst klein gehalten wird. Dies ist umso wichtiger, wenn hohe Vorlauftemperaturen benötigt werden. Als Wärmequellen lassen sich in der Industrie häufig die Abwärme von Druckluftkompressoren und Kältemaschinen oder direkt Kühlkreisläufe und Abwasserströme nutzen.

Einsatzmöglichkeiten in der Industrie

Aufgrund höherer spezifischer Investitionskosten von 120 bis 300 Euro pro kW Leistung müssen sich industrielle Großwärmepumpen über günstige Wärmegestehungskosten gegenüber konventionellen Lösungen amortisieren. Das gelingt, wenn die Anlagen gut integriert werden und lange Laufzeiten aufweisen können. Unter diesen Bedingungen sind Amortisationszeiten von 2 bis 5 Jahren möglich. Tabelle 2 zeigt eine Auswahl realisierter Anlagen in Deutschland. In allen Fällen konnten Abwärmeströme oder Kühlkreisläufe als Wärmequelle genutzt werden, was zu guten Leistungszahlen und damit auch zu niedrigen Amortisationszeiten führt. Häufig werden Wärmepumpen in der Industrie zur Bereitstellung von Warmwasser und Heizwärme genutzt, während die Bereitstellung von Prozesswärme, unter anderem aufgrund des bisher limitierten Temperaturspektrums, wenig verbreitet ist.  In Tabelle 2 versorgen die Anlagen A, D und E direkt industrielle Prozesse mit Wärme.

Potenzial industrieller Wärmepumpen in Deutschland

Der deutsche Endenergiebedarf be­lief sich im Jahr 2011 auf 8744 PJ. Davon entfielen 30% (2623 PJ) auf die Industrie. Drei Viertel des industriellen Endenergiebedarfs werden zur Erzeugung von Warmwasser, Raumwärme und Prozesswärme eingesetzt. Ein Großteil der Wärme wird durch fossile Energieträger wie Erdgas (46,7%), Heizöl (6,1%) oder Kohle (19,4%) bereitgestellt. Erneuerbare Energien haben einen Anteil von 7,8%.
Gemessen am gesamten Endenergiebedarf der Industrie nimmt die Bereitstellung von Prozesswärme mit 65,9% einen gro­ßen Anteil ein. Diese Wärme wird in vielfältigen industriellen Prozessen auf unterschiedlichen Temperaturniveaus verwendet. Aus dem Energiebedarf und den prozessspezifischen Temperaturen lässt sich das technische Potenzial für industrielle Wärmepumpen in Deutschland herleiten. Temperaturniveaus unterhalb von 80°C können mit heute verfügbarer Wärmepumpentechnik abgedeckt werden. Diese Restriktion beschränkt das technische Potenzial auf 272 PJ/a.
Durch die Einführung neuer Hochtemperaturwärmepumpen (derzeit bis 100°C) eröffnet sich ein zusätzliches Potenzial von 163 PJ/a. Durch neue Kältemittel und kreative Anlagendesigns können zukünftig auch Temperaturen von 140°C erreicht werden, wodurch sich das technische Potenzial um weitere 174 PJ/a erweitern lässt. Insgesamt ergibt sich damit ein Potenzial von 599 PJ/a, was 23% des industriellen Endenergiebedarfs im Jahr 2011 entspricht. Die größten Potenziale für den Einsatz von Hochtemperaturwärmepumpen ergeben sich in Lebensmittel-, Papier- und Chemieindustrie. Konventionelle Wärmepumpen können insbesondere im Maschinenbau und in der Automobil­industrie zur Raumwärmeerzeugung eingesetzt werden.

Literatur:
[1]    FOCUS Online: Steigende Heizkosten: Schon jeder dritte Neubau hat eine Wärmepumpe. URL: www.focus.de/immobilien/energiespa­ren/steigende-heizkosten-schon-jeder-dritte-neubau-hat-eine-waermepumpe_aid_834121.html.
[2]    Bundesindustrieverband Deutschland Haus, E.-u. U.e.: Marktentwicklung Wärme­erzeuger 2002-2012. URL: bdh-koeln.de/uploads/
media/Pressegrafik_Markt­ent­wicklung_
2002-2012.pdf.
[3]    Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi): Zahlen und Fakten: Energiedaten. URL: www.bmwi.de/DE/The­men/Energie/energiedaten.html.
[4]    Bundesverband Wärmepumpe e. V. (BWP): Absatzzahlen von Heizungswärmepumpen 2006 bis 2011. URL: www.waermepumpe.de/uploads/tx_bwppublication/Grafik_Absatzzahlen_2006-2011_gross.jpg.
[5]    Wolf, S.; Lambauer, J.; Blesl, M.; Fahl, U.; Voß, A.: Industrial heat pumps in Germany: Potentials, technological development and market barriers. In:  Proceedings of the eceee 2012 Summer Study on energy efficiency in industry, S. 543-550
[6]    Blesl, M.; Wolf, S.; Lambauer, J.; Broydo, M.; Fahl, U.: Perspektiven von Wärmepumpen sowie der Nah- und Fernwärme zur Wärme- (und Kälte-)bereitstellung in Deutschland. Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER). Stuttgart, 2012

Autoren: M.Sc. Stefan Wolf, Dr. Ulrich Fahl, Prof. Dr. Alfred Voß, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER), Universität Stuttgart
www.ier.uni-stuttgart.de

 


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