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Wärmewende im Heizungskeller - Brennstoffzellen für die Hausenergieversorgung werden salonfähig – und stehen vor der Markteinführung

Nach jahrelanger Entwicklungsarbeit befinden sich Brennstoffzellenheizgeräte für die Hausenergieversorgung auf dem Weg zur Serien­reife. Die KWK-Anlagen wandeln Wasserstoff oder Erdgas ohne Verbrennung in Strom und Wärme um. Erste Geräte werden bereits seriennah hergestellt und in Praxistests weiter verbessert. Auch das Fachhandwerk soll nun verstärkt für die Installation und Wartung von Brennstoffzellensystemen qualifiziert werden.

Brennstoffzellenheizgeräte lassen sich i.d.R. problemlos im Keller von Ein- und Mehrfamilienhäusern installieren. Die Wartung und Kontrolle ist mit moderner Kommunikationstechnik wie dem Smartphone möglich. Bild: Callux/Baxi Innotech

Erdgasbetriebene Brennstoffzellenheizgeräte versorgen Ein- und Mehrfamilienhäuser das ganze Jahr über mit Strom und Wärme. Im Fall von Wärmespitzenlasten lässt sich ein integrierter Erdgasbrennwertkessel zuschalten. Überschüssige Wärme nimmt ein Wärmespeicher auf. Bild: Hexis

Das Funktionsprinzip der Brennstoffzelle basiert auf einem elektrochemischen Prozess, bei dem der im Erdgas enthaltene Wasserstoff genutzt wird. Dabei entstehen Wärme und Strom sowie Wasser als Reaktionsprodukt. Bild: Initiative Brennstoffzelle

Bei der Wärme- und Stromversorgung lassen sich im Vergleich zur reinen Wärmeversorgung durch einen Gasbrennwertkessel und die Stromversorgung durchs Netz bis zu 50% des klimaschädlichen CO2 vermeiden. Bild: Hexis

Zu den Zielen des Callux-Projekts gehört es auch, Fachhandwerker für die Installation und Wartung von Brennstoffzellenheizgeräten fit zu machen. Heizungsbauern, die bereits Erfahrung mit motorbetriebenen KWK-Anlagen besitzen, dürfte die neue Technik am leichtesten fallen. Bild: Callux/VNG/Hexis

 

Brennstoffzellen sollen künftig Energie für Ein- und Mehrfamilienhäuser liefern. Im Rahmen von Callux, dem bundesweit größten Feldtest für Brennstoffzellenheizgeräte, werden derzeit drei Gerätemodelle der Hersteller Baxi Innotech, Hexis und Vaillant in 350 Privathaushalten auf ihre Praxistauglichkeit geprüft und optimiert. In Kooperation mit den Energieversorgern EnBW, E.ON, EWE, VNG Verbundnetz Gas und MVV Energie will Callux bis zum Jahr 2016 über 500 Gebäude testweise mit Brennstoffzellenheizgeräten ausrüsten. „Mitte des Jahres verzeichnete Callux 2,3 Mio. Stunden Betriebserfahrung im Feld, was umgerechnet 256 Jahren Dauerbetrieb entspricht. Die produzierte Menge Strom betrug 1,3 Mio. kWh“, sagt Callux-Sprecher Wolfram Münch.
Callux ist Teil des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) der Bundesregierung. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung investiert die Industrie 75 Mio. Euro, um den kommerziellen Marktdurchbruch von Brennstoffzellenheizungen zu erreichen. Denn die innovative Technologie bietet viele Vorteile: Wie eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) im Auftrag der Initiative Brennstoffzelle (IBZ) und der VDMA Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen zeigt, weisen stationäre Brennstoffzellensysteme hohe Stromwirkungsgrade zwischen 30 und 60% bei nur geringen Schadstoffemissionen auf. Zudem spart ein Standard-Brennstoffzellenheizgerät in einem teilsanierten Einfamilienhaus bezogen auf den Strommix des Jahres 2020 gegenüber einem Gasbrennwertgerät 21 bis 40% der Treibhausgas-Emissionen ein. Damit könnten die Geräte in deutschen Heizungskellern einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Energie- und Klimaziele der Bundesregierung leisten, die bis 2020 den Primärenergieverbrauch um 20% und die Treibhausgasemissionen um 40% senken will. Zeitgleich soll der KWK-Anteil an der Stromerzeugung auf 25% steigen. Der zum Betrieb der Brennstoffzellenheizgeräte nötige Wasserstoff könnte künftig außerdem auch komplett regenerativ aus Biogas oder durch Elektrolyse aus Wasser mithilfe von Solar- oder Windstrom gewonnen werden.

Geräte schneiden bei Endkunden gut ab

Die bisherigen Erfahrungen bei Callux sind ermutigend. Der durchschnittliche elektrische Wirkungsgrad aller Anlagen liegt mittlerweile über 33% und damit höher als bei BHKW-Anlagen mit Verbrennungs- oder Stirlingmotor. Die Anlagenverfügbarkeit wurde auf über 97% gesteigert, d.h. nur in 3% der gesamten Anlagenzeit arbeitete das Brennstoffzellenheizgerät nicht wie geplant. Umfragen des Marktforschungsinstituts GfK bei den Feldtestkunden zeigen, dass 98% der Callux-Teilnehmer mit den Brennstoffzellengeräten zufrieden sind. „Uns sagt dieser hohe Wert, dass die Anlagen in puncto Störanfälligkeit und Wartungsqualität den Vergleich mit anderen Heizgeräten nicht zu scheuen brauchen“, betont Patrick Niemeyer von der GfK.
Das war nicht immer so. In Deutschland wurden Brennstoffzellenheizgeräte bereits vor 15 Jahren als „Revolution im Heizkeller“ gepriesen und der rasche Verkaufsstart der Anlagen in Aussicht gestellt. Die Bennstoffzellen-Euphorie machte jedoch bald der Ernüchterung Platz. Technische Probleme, ausufernde Entwicklungskosten und der Ausstieg von Unternehmen machten zunächst einen Strich durch das erhoffte Brennstoffzellengeschäft und stellten die Geduld von interessierten Hausbesitzern und Heizungsbauern auf eine harte Probe.
Dabei sind Brennstoffzellen eigentlich keine Technologie, die komplett neu entwickelt werden musste. Vor 175 Jahren erfunden, liefern die kleinen Kraftwerke bereits seit den 1960er-Jahren zuverlässig Elektrizität für die Bordversorgung von Raumfahrzeugen und U-Booten. Ihr Funktionsprinzip ist relativ simpel: In jeder Zelle sind zwei Elektroden durch eine Zwischenschicht, den sogenannten Elektrolyt, getrennt. In einer elektrochemischen Reaktion zwischen den beiden Elektroden und dem Elektrolyten wird zugeführter Wasserstoff zusammen mit Sauerstoff aus der Luft zu Wasser umgewandelt. Dabei wird elektrische Energie und Wärme frei.
Eine einzelne Brennstoffzelle erreicht nur etwa 1V Spannung. Um für technische Anwendungen genügend hohe Spannungen zu erzielen, werden deshalb mehrere Brennstoffzellen zu Stapeln – so genannten Stacks – zusammengeschaltet. Dabei gibt es unterschiedliche Konstruktionskonzepte, die sich durch das eingesetzte Material für den Elektrolyten, den eingesetzten Brennstoff und die Betriebstemperatur des Zellstapels unterscheiden. Neben den Stacks ist für Brennstoffzellen auch die Gasaufbereitung entscheidend: Durch einen Reformierungsprozess muss der benötigte Wasserstoff aus wasserstoffhaltigen Brennstoffen abgespalten werden. Erdgas eignet sich dafür sehr gut, weil es im Vergleich zu anderen Energieträgern viel Wasserstoff enthält und bereits eine perfekt ausgebaute Infrastruktur vorhanden ist.

Erste BZ-Systeme auf dem Markt

Es dauerte bis zum Jahr 2011, ehe in Deutschland das erste Brennstoffzellenheizgerät für Endverbraucher erhältlich war. „Blue-Gen“ vom australischen Hersteller Ceramic Fuel Cells (CFC) ist als Beistellgerät für Gasthermen konzipiert. Mit ihren geringen Leistungsgrößen sind Brennstoffzellen-KWK bewusst für lange Laufzeiten ausgelegt. So auch „Blue-Gen“: Mit einer Leistung von 1,5 kWel und 0,6 kWth erreicht es im Dauerbetrieb einen elektrischen Wirkungsgrad von bis zu 60% gegenüber einem thermischen Wirkungsgrad von nur 25% und kann deshalb ganzjährig zur Stromversorgung genutzt werden.
Zum Einsatz in „Blue-Gen“ kommt eine von CFC entwickelte Festoxidbrennstoffzelle (Solid Oxide Fuel Cell – SOFC). Als Hochtemperatur-Brennstoffzelle mit Betriebstemperaturen bis 1000°C kann sie den als Brennstoff nötigen Wasserstoff direkt in der Zelle aus Erdgas erzeugen und benötigt keinen aufwendigen externen Reformer. Für Mitte 2014 planen CFC und der Entwicklungspartner Gebr. Bruns Heiztechnik den Verkaufsstart eines SOFC-Brennstoffzellenheizgeräts mit integriertem Gasbrennwertmodul. Es wird derzeit vom Energieversorger EWE in 130 Haushalten getestet.
2014 will auch Viessmann sein Brennstoffzellenheizgerät „Vitovalor 300-P“ (0,75 kWel und 1 kWth) auf den Markt bringen. Das zusammen mit Panasonic entwickelte System basiert auf einer Polymer-Membran-Brennstoffzelle (Polymer Electrolyte Membrane Fuel Cell – PEMFC). Da die PEM-Brennstoffzelle anders als SOFC mit geringen Temperaturen von nur 90°C arbeitet, benötigt sie zwar einen Reformer zur Gasaufbereitung, lässt sich dafür aber in nur wenigen Minuten an- und abfahren, ohne die Zellen zu stark zu strapazieren. Zur Versorgung von Neubauten mit kleinem Wärmebedarf ist sie besonders geeignet. Wärmebedarfsspitzen deckt ein zusätzlicher Gasbrennwertkessel mit 19 kW Leistung. Panasonic fertigt die Brennstoffzelle auch für den japanischen Markt, wo sich mehr als 20000 Einheiten im Einsatz befinden.
Über eine Firmenbeteiligung beim Schweizer System- und Stackhersteller Hexis ist Viessmann indirekt Mitglied beim Callux-Projekt. Hexis setzt bei seinem wärmegeführten Brennstoffzellenheizgerät „Galileo 1000 N“ (1,0 kWel und 1,8 kWth) auf ein SOFC-Modul. Bei Viessmann sieht man in dem Heizgerät von Hexis trotzdem keine interne Konkurrenz, da sich die eingesetzte ÿHochtemperatur-Brennstoffzelle anders als beim „Vitovalor“-System auch bei Vorlauftemperaturen von bis zu 80°C betreiben lässt. Sie ist deshalb vor allem für Bestandsgebäude zur Deckung des kompletten Wärmebedarfs und des Stromgrundbedarfs prädestiniert. „Galileo 1000N“ soll ab Herbst 2013 vorerst regional begrenzt vertrieben werden.
Hersteller Baxi Innotech beteiligt sich bei Callux mit dem Brennstoffzellensystem „Gamma Premio“ (1 kWel und 1,87 kWth). Es besteht aus einer PEM-Brennstoffzelle sowie einem integrierten Gasbrennwertgerät und wird über einen Energiemanager geregelt. Es kann 75% des Strombedarfs in Eigenregie erzeugen und kommt auf einen Gesamtwirkungsgrad von 96%. Stack-Lieferant von Baxi Innotech ist der US-amerikanische Brennstoffzellen-Weltmarktführer Ballard.
Projektteilnehmer bei Callux ist auch Vaillant mit einem noch namenlosen wandhängenden Brennstoffzellenheizgerät (1 kWel und 2 kWth). Es wurde in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut IKTS entwickelt. Kern des Systems ist ein SOFC-Stack der Firma Sunfire mit elektrolytgetragenen Zellen.
Was Callux in Deutschland anstrebt, will das EU-Demonstrationsvorhaben Ene.field für Brennstoffzellenheizgeräte europaweit erreichen. Mit 53 Mio. Euro unterstützt die EU den Aufbau einer Serienproduktion. In zwölf Mitgliedsstaaten werden dazu Brennstoffzellenanlagen von neun europäischen Herstellern installiert. Neben den Callux-Herstellern Baxi, Hexis und Vaillant ist Elcore mit 135 Brennstoffzellengeräten seines wandhängenden HTPEM-Modells „Elcore 2400“ (0,3 kWel und 0,6 kWth) beteiligt. Die Riesaer Brennstoffzellentechnik liefert 39 PEM-Anlagen ihres Geräts „Inhouse 5000+“ (1,7–5,0 kWel und 3,5 – 7,5 kWt). Bosch Thermotechnik (Marke Buderus) will im Rahmen von Ene.field die für 2014 in Deutschland geplante Markteinführung seiner SOFC-Ener­giezentrale „Logapower FC10“ (0,7 kWel und 0,7 kWth) vorbereiten und stellte dafür 70 Anlagen für Tests zur Verfügung.

Handwerkerqualifikation und Kostensenkung angestrebt

Der Umgang mit Brennstoffzellenheizsystemen stellt größere Anforderungen an Installateure als herkömmliche Heizanlagen. „In puncto Installation und Wartung ist es das Ziel der an Callux beteiligten Hersteller, möglichst schnell das Handwerk in vollem Umfang zu beteiligen“, sagt Sprecher Wolfram Münch. Als Ergänzung zu den Herstellerschulungen hat Callux ein Informationsprogramm entwickelt, das online eine Einführung in das Thema gibt. „Darüber hinaus vernetzt sich Callux immer mehr mit berufsbildenden Einrichtungen, um das Wissen über die innovativen Geräte dort besser zu verankern“, so Münch.
Einer breiten Nachfrage seitens Endkunden dürfte derzeit noch der Preis von Brennstoffzellenheizgeräten entgegenstehen. „Die Geräte schneiden bei Testkunden gut ab. Allerdings ist durch die voraussichtlich höhere Preispositionierung gegenüber der Gasbrennwerttechnik später genau zu prüfen, wo die Käuferschichten zu finden sind, die sich ein derartiges Premiumprodukt ins Haus stellen lassen“, sagt Patrick Niemeyer von der GfK.
Im Callux-Projekt konnten die Kos­ten der getesteten Brennstoffzellengeräte bisher um 60% reduziert werden. Die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) rechnet damit, dass sich die Anlagekos­ten durch Massenfertigung bei steigender Nachfrage um weitere 30% senken lassen. „Für eine breite Markteinführung ist grundsätzlich eine Verbesserung der Fördersituation nötig“, betont Wolfram Münch. Mit Sachsen hat neben Nord­rhein-Westfalen und Hessen inzwischen ein weiteres Bundesland ein Förderprogramm für Brennstoffzellenheizgeräte aufgelegt. Baden-Württemberg plant, die Geräte voraussichtlich ab dem ersten Halbjahr 2014 zu fördern.  „Damit die Technologie eine Chance hat, ist im nächs­ten Schritt ein bundesweites Förderprogramm notwendig, das einfach zu handhaben ist, etwa im Rahmen des Impuls- oder des Marktanreizprogramms“, betont IBZ-Sprecher Andreas Ballhausen. Nach Prognosen von IBZ und VDMA Brennstoffzellen lässt sich die kommerzielle Marktfähigkeit der Heizgeräte ohne Förderung ab dem Jahr 2020 erreichen. Jährlich könnten dann bis zu 75000 Brennstoffzellenheizgeräte abgesetzt werden – das entspräche bis zu 20% des deutschen Heizungsmarkts.

Autorin: Almut Bruschke-Reimer, freie Journalistin
www.callux.net

 


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