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Reizvoll auch für den Bestand – In Deutschland steigt die Nachfrage nach Luft-Wärmepumpen. Kritiker sehen die Verbreitung mit Argwohn

Relativ niedriger Preis und wenige Anforderungen machen Luft-Wärmepumpen auch für einen Markt interessant, der den Wärmepumpen bislang verschlossen blieb: die Heizungssanierung. Ihr Manko ist aber die vergleichsweise niedrige Jahresarbeitszahl. Das ruft nach Ergänzungslösungen. Bislang zu stattlichen Preisen.

Die Domäne der Luft-Wärmepumpen ist der Neubau. Aber weil sie relativ kostengünstig und anspruchslos sind, was die Einbau-Voraussetzungen betrifft, ziehen über sie die Wärmepumpen auch in das Marktfeld Heizungssanierung ein. Bild: Viessmann

Photovoltaik verändert sich durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz: Statt Einspeisung ins Netz werden in Zukunft Eigenstromnutzungen immer wichtiger. Den Strom zu Heizzwecken zu verwerten ist eine Option in Form der Wärmepumpe. Allerdings erfordert sie auch einen hohen Invest: die eigene PV-Anlage, und der Solaranteil am Strom hängt hernach von den Speichermöglichkeiten ab. Bild: BSW-Solar

Batteriespeicher: Solarstrom aus der eigenen PV-Anlage ließe sich speichern, um ihn später bei Bedarf abzurufen. Doch die Batterie-Systeme sind bisher noch sehr teuer. Bild: Viessmann

 

Gerade Luft-Wärmepumpen (LWP) sind vom Grundsatz her wohl wie keine andere Wärmepumpe sonst prädestiniert für den Gebäudebestand. Sie sind in der Anschaffung günstiger als Erdwärmepumpen, weil teure Bohrungen entfallen; zudem können diese in vielen Altbausituationen aufgrund von Restriktionen des Grundstücks oft auch gar nicht durchgeführt werden, was den Einbau von Erdwärmepumpen ausschließt. Außerdem bedarf es einer Genehmigung für die Erdwärmebohrung. LWP sind dagegen, was diese Voraussetzungen betrifft, relativ anspruchslos.
Das Interesse an den LWP unter Heizungsbesitzern wächst. In Österreich ist sie im Markt der Heizungssanierungen bereits so signifikant, dass sich die Pelletbranche Sorgen über den Konkurrenten macht, da er nun auch in ihren Kernmarkt eindringt. Bislang war die Domäne der Wärmepumpen der Neubau.
Auch in Deutschland steigt die Nachfrage nach Wärmepumpen im Gebäudebestand über die LWP. Wie sich die Gesamtzahl aller verkauften Wärmepumpen von rund 60.000 pro Jahr auf Alt- und Neubau verteilen, wird statistisch zwar nicht ermittelt. Grund ist laut des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) die meist dreistufige Vertriebsstruktur, die Verteilungen auf Alt- oder Neubau nur sehr schwer erfassbar machen. Doch geht der Verband davon aus, dass die Luft-Wärmepumpen dem Heizsystem Wärmepumpe verstärkt Anteil am Markt der Heizungssanierungen im Gebäudebestand bringt.

Kritische Feldtests

Die Verbreitung von Luft-Wärmepumpen sehen Kritiker aber mit Argwohn. Ihr Gegenargument ist die relativ niedrige Jahresarbeitszahl. In einem langjährigen Feldtest untersuchte die unabhängig arbeitende Lokale-Agenda-21-Gruppe Energie der Stadt Lahr (Schwarzwald) die Energieeffizienz von Wärmepumpen. Zwischen 2006 und 2013 ermittelte die Gruppe im „Feldtest Elektrowärmepumpen“ in zwei Phasen an insgesamt 52 Heiz- und 13 Warmwasser-Wärmepumpen verschiedener Hersteller den Stand heutiger Wärmepumpentechnik, deren Energieeffizienz und die Wirtschaftlichkeit.
Aus LWP-Sicht ist die zweite Phase des Feldversuchs von 2009 bis 2013 besonders interessant. Denn hier lag das Augenmerk der Tester insbesondere auf ihnen. In dieser Phase wurden 19 Wärmepumpen untersucht, 11 davon waren LWP. Dass dieser Anlagentyp so überdurchschnittlich stark vertreten war, begründet die Gruppe damit, dass sich dieser Wärmepumpentypus zuvor als energie-ineffizient erwiesen hatte nach der Definition von dena, RWE und EEWärmeG. Laut dieser Definition muss eine Elektro-Wärmepumpe mindestens eine Jahresarbeitszahl von 3,0 erreichen, um sie als energieeffizient bezeichnen zu können. „Nennenswert energieeffizient“ sind sie laut dieser Definition bei Jahresarbeitszahlen über 3,5. „Hier galt es, die neuesten Entwicklungen und Einsatzfälle zu untersuchen“, schreiben die Autoren Falk Auer (Projektleiter) und Herbert Schote in ihrem Schlussbericht. Auer ist seit 30 Jahren Wissenschaftler auf dem Gebiet der rationellen Energieverwendung und Inhaber des Ingenieurbüros NES (Neue Energiesysteme). Schote ist Elektrotechniker und Techniker im Industrial Engineering. Das Ergebnis der ersten Phase war ernüchternd. Das Ergebnis der zweiten Phase nicht viel besser.

Werteskala für Pumpen

„Ein großes Feld liegt nach wie vor bei Jahresarbeitszahlen zwischen 2,0 (halbe Stromheizung) und 2,8“, stellen Auer und Schote fest. Dabei stehen die beiden der Wärmepumpe nicht grundsätzlich kritisch gegenüber: „Wer es kostengünstiger und dazu noch klimafreundlicher als die LWP haben will, der wählt einen Erdgas-Brennwertkessel mit einer solaren Warmwasseranlage. Wer jedoch mehr tun will und aufgrund guter Rahmenbedingungen auf eine Jahresarbeitszahl von mehr als 4 kommt, der ist mit einer erdgekoppelten Wärmepumpe ökologisch besser bedient.“ Luftwärmepumpen empfehlen die Autoren des Schlussberichtes nicht. Sie schnitten sowohl bei den Wärmekos­ten, als auch bei den Emissionen im Vergleich zu dem solar-unterstützten Gaskessel und den Erdwärmepumpen schlechter ab. Die breit angelegte Untersuchung (Betrachtungszeitraum 2007 bis 2010) des Fraunhofer ISE aus dem Jahr 2011 zur Effizienz von Wärmepumpen kommt zu einem Durchschnittswert von Arbeitszahl 2,89 für LWP. Ausgewertet wurden 18 Wärmepumpen.
Die Agenda-Gruppe entwickelte eine eigene Werteskala für Jahresarbeitszahlen (JAZ) und vergibt für sie Schulnoten. Sie hält eine JAZ ab 4,1 für gut, ab 4,6 für sehr gut und ab 5,1 für ausgezeichnet. Werte bis 2,5 bezeichnen sie als ungenügend, 2,6 bis 3,0 als mangelhaft, 3,1 bis 3,5 als ausreichend und 3,6 bis 4,0 als befriedigend. Diese Klassifizierung ist unabhängig von der Art der Wärmequellen und bewertet den Beitrag von Elektro-Wärmepumpen zum Klimaschutz.

JAZ-Stand LWP

In der Tat tun sich Luft-Wärmepumpen schwer damit, eine JAZ von 4,0 zu erreichen. „Laut unseren Messungen im Feldtest sind Jahresarbeitszahlen von 3,2 bis 3,6 möglich, falls Heizungs-Vorlauftemperaturen von 30 bis 35°C mit Fußboden- oder Wandheizungen eingesetzt werden“, sagt Tom Krawietz beim Heizungshersteller Wolf. „In einem Feldversuch des Fraunhofer Institutes wurde eine JAZ von 3,23 bei Luft-Wärmepumpen erzielt“, sagt Vaillant-Unternehmenssprecher Jens Wichtermann. Damit wären die LWP nach dena/RWE/EEWärmeG-Definition effizient.
Mit sinkenden Außentemperaturen geht die LWP-JAZ aber runter. „Durch den höheren Temperaturunterschied sinkt die Arbeitszahl der Wärmepumpe“, sagt Krawietz.
Jedoch wären auch hier Arbeitszahlen von größer 2,5 bei -7°C möglich, sagt er. Niedrige Außentemperaturen machen den LWP mehr zu schaffen als den Erdwärmepumpen, da sie die Wärme aus der Luft ziehen, die im Winter deutlich kälter sein kann als ein gefrorener Boden. Zudem sind die Temperaturschwankungen größer.

Stellschraube Strom

Je geringer die JAZ, desto bedeutsamer wird für die Wirtschaftlichkeit der Anlage der Anlagen- und der Strompreis. Wie viel und wie gut heute Wärmepumpen Eigen­strom aus einer Solarstrom-Anlage in Kombination mit Speichersystemen nutzen können und was dann das ganze System kostet, ist ein mögliches Kapitel. Die Branche hat Wärmepumpen Photovoltaik (PV)-kompatibel gemacht. Doch wie viel eigener PV-Strom einen Fremdbezug für die Wärmepumpe ersetzen kann, ist eine Systemfrage. Peter Kuhl, Produktmanager Wärmepumpen bei Bosch Thermotechnik GmbH, Buderus Deutschland sagt dazu: „Wärmepumpen mit SG Ready Label sind in der Lage, den Eigenstromverbrauch durch Sollwerterhöhung und thermische Zwischenpufferung zu erhöhen. Der Anteil ist abhängig vom Puffervolumen, den Auslegungstemperaturen und von der installierten PV-Leis­tung.“ Des Weiteren sei auch die Pufferung des PV-Ertrages über Batteriespeicher möglich. „Auch hier ist keine Pauschalaussage möglich, weil dies stark von der Batteriekapazität und der verwendeten Batterietechnologie abhängt“, sagt Kuhl.
Wolfgang Rogatty von Viessmann setzt eine grobe Marke zu den Investitionskos­ten, mit denen Hausbesitzer rechnen müssen. „Zugrunde gelegt haben wir jeweils eine Wärmepumpe mit etwa 10 kW Wärmeleistung für den Einsatz in einem Einfamilienhaus mit entsprechender Heizlast“, erläutert er. Die Beträge beinhalten jeweils die Mehrwertsteuer. Hinzu kommen die Kosten der Montage. „Bei einer LWP fallen etwa Kosten ab cirka 12.000 Euro an. Bei einer vergleichbaren Sole/Wasser-Wärmepumpe inklusive Erdsondenbohrung ist mit einer Summe von mindestens 20.000 zu rechnen.“
Mit dem Wunsch nach Strom-Autarkie steigt dann über die zusätzlichen Komponenten aber auch der System-Gesamtpreis: „Paketlösungen aus Luft/Wasser-Wärmepumpe, PV-Modulen, Wechselrichter und Montagematerial erfordern eine Investition in Höhe von rund 23.000 Euro“, skizziert Rogatty. Wird ein Stromspeicher (7,4 kWh Nennkapazität, Blei-Gel-Technologie) mit Batteriewechselrichter und Zubehör dazu gewählt, kommen noch einmal cirka. 9000 Euro dazu.

Zukunftsmusik Smart Grid

Zukunftsmusik ist noch der Einsatz von Wärmepumpen zur Verwertung von überschüssigem Solar- und Windstrom sowie Smart Grid. Technisch sind die Voraussetzungen aus Wärmepumpensicht zwar bereits gegeben. „Die bedarfsgerechte Ansteuerung von Wärmepumpen über Smart-Grid ist in die meisten Wärmepumpen integriert. Hier kann bei güns­tigem Strom aus dem Netz oder von der eigenen PV-Anlage die Wärmepumpe angesteuert und so die überschüssige Ener­gie im Heizungspuffer eingebracht werden“, sagt Krawietz von Wolf. Doch es hapert derzeit am Mangel an solchen Tarifen, die das honorieren: „Was fehlt, sind rechtliche Rahmenbedingungen und flexible Heizstromtarife, die das Modell für Verbraucher interessant machen“, sagt BWP-Geschäftsführer Karl-Heinz Stawiarski.
Anzunehmen ist, dass die Mehrzahl der Hausbesitzer in erster Linie nach ökonomischen und nicht nach ökologischen Kriterien in der Wahl des Heizsystems entscheidet. Das lehrt die Erfahrung. Deswegen argumentiert beispielsweise die deutsche Pelletbranche über ihren Verband DEPV und das Institut DEPI in erster Linie über den Pelletpreis, sonst ließen sich Pelletkessel im Massenmarkt wohl kaum verkaufen. In Österreich wäre der Wärmepumpen-Verkauf vor ein paar Jahren nicht eingebrochen, wenn die Besitzer nicht festgestellt hätten, dass ihnen die Wärmepumpe unerwartet deftige Stromrechnungen servierte.
LWP sind reizvoll, weil sie relativ güns­tige Wärmepumpen sind und zugleich gut auch in Bestandssituationen zu realisieren sind, was der Erdwärmepumpe oftmals verwehrt bleibt. Allerdings haftet ihnen das Manko einer geringen Arbeitszahl an. Das macht sie im Betrieb möglicherweise teuer. Das dürfte viele Verbraucher aber trotzdem nicht schrecken, wenn sie aus Erfahrung wissen, dass ihre Winter in der Regel nur wenige Tage unter -7°C gehen. Dieses Risiko gehen sie ein. Die heute möglichen Ergänzungslösungen, sich von den Stromkosten durch Eigenproduktion abzunabeln, sind zwar smart, aber sie sind auch mit zusätzlichen Investitionskosten verbunden. Zudem muss gesehen werden, dass sehr viele Haushalte finanziell einfach nicht in der Lage sind, eine Heizanlage im Wert von 20.000 bis 25.000 Euro zu stemmen, selbst wenn sie technisch faszinierende Systeme bieten und verschiedene Erneuerbare-Energien-Technologien verbinden inklusive lokalem Speicher in Form eines Pufferspeichers oder über Batterie und versprochener CO2-Neutralität. Das Handwerk indes sollte sehen, dass es durch eine gute Auslegung und Installation das Maximum an Arbeitszahl aus einer LWP herausholt.

Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energie, Schwerpunkt Biomasse

 


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