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Explosives Thema

Der österreichische Pelletkesselhersteller Ökofen Heiztechnik GmbH will eine Nano-Kraftwärmekopplungsanlage (Nano-KWK) in Form eines Stirlings auf den Markt bringen. Daran hat sich die Sunmachine GmbH seinerzeit die Finger verbrannt. Ökofen geht kommunikativ und entwicklungstechnisch anders vor.

2011 gab der österreichische Pelletkesselhersteller Ökofen bekannt, dass man die Entwicklung an einem Stirlingmotor für ein Nano-KWK-System auf Basis von Holzpellets aufgenommen habe. Derzeit läuft in Österreich und Italien der erste Feldversuch.

Die ersten Prototypen laufen im Feldversuch. So wurde, nach einigen Anlagen in Österreich Ende 2013, die erste Pilotanlage im Ort Avise in der autonomen Region Aostatal in Italien in Betrieb genommen.

So soll das marktreife Mini-KWK-System Smart_e von Ökofen aussehen. Der Stirlingmotor wird mit einer Pelletfeuerung in einem Gehäuse kombiniert. Bislang hat Ökofen laut Geschäftsführer Stefan Ortner für die Markteinführung noch keinen Zeitpunkt definiert.

Stefan Ortner

Schnitt durch den Stirlingmotor von Microgen, der im Pellets-Stirling von Ökofen zum Einsatz kommt. Erkennbar sind die beiden Zylinder, der Verdrängerkolben sitzt oben, der Arbeitskolben unten. Der Arbeitskolben ist umgeben von einer feststehenden Magnetspule. Die beiden Kolben arbeiten phasenversetzt gegeneinander.

 

 

In gewisser Weise lässt das Thema Explosion den Stirlingmotor nicht los. Als der schottische Geistliche Robert Stirling den nach ihm benannten Motor erfand und ihn 1816 erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, war jener Motor eine Reaktion auf Explosionen. Die Maschine war Stirlings Antwort auf die Hochdruckdampfmaschinen, die jene, die mit ihnen arbeiten mussten, der Lebensgefahr aussetzten. Kesselexplosionen kamen seinerzeit regelmäßig vor. Stirling wollte Seelen nicht vorzeitig verloren gehen sehen und so tüftelte der offenbar sehr praktisch veranlagte Geistliche als Maschinenbauer.

Bad story Sunmachine

Mit der Sunmachine wurde der Stirlingmotor dann ab 2006 aber selbst zum hochexplosiven Thema. Die Sunmachine sollte eine Mikro-Kraftwärme-Kopplungsanlage auf Basis eines Stirlingmotors in Verbindung mit Holzpellets sein. Der Ansatz mit Holzpellets war neu. Und er hat seine Tücken. Im Jahr 2006 wurden die ersten 100 Prototypen der Sunmachine verkauft. Damals kursierte schon, die Anlagen würden nicht problemlos laufen. Aber weil die Kunden wussten, dass sie sich auf eine neue Technologie eingelassen hatten, war die Toleranz gegenüber auftretenden Problemen groß.
Vor allem der Optimierungsbedarf bei der Brennereinheit, dem Motor und der elektrischen Leistung hätten gezeigt, dass die Sunmachine die Serienreife noch nicht erreicht habe, resümierte die Sunmachine GmbH ein paar Jahre später. Die Maschine wurde vom Markt genommen, Feldtests angekündigt. Bis dahin hatten aber etwa 400 Kunden bereits eine Sunmachine gekauft. Im August 2010 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Die Käufer blieben auf ihren Problemgeräten sitzen, ein Invest von rund 25.000 Euro. Der Ärger war verständlicherweise groß.
Die Sachsen Stirling GmbH, ein Konsortium aus sieben ehemaligen Lizenznehmern der Sunmachine GmbH, kauften Patente und Namensrechte aus der Insolvenzmasse und wollten die Sunmachine weiterentwickeln. Seinerzeit gaben die Frankenberger an, aus dem Schlamassel der Vorgänger eine Lehre gezogen zu haben: Keine Sunmachine auf dem Markt ohne erfolgreich abgeschlossene Feldtests, lautet die Devise. Doch die lässt auf sich warten. Die Homepage des Unternehmens ist derzeit (Ende Februar 2014) eine Baustelle (www.sachsen-stirling.de). "Im Moment können wir nicht viel Neues berichten", sagt Anton Urlbauer von Sachsen-Stirling auf Nachfrage: "Die Firma wird gerade neu strukturiert, um die bevorstehenden Aufgaben bewältigen zu können." Mehr könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Anderer Ansatz

Der unglückliche Gang der Sunmachine hat viel Vertrauen gekostet von einer Vision, ein KWK-System auf Basis eines Stirlingmotors mit dem Brennstoff Holzpellets zu betreiben. Ausgelegt war die Maschine für eine elektrische Leistung von 3 kW und eine thermische von 10 kW. Aber der Fall hat neben Frust auch viel Erfahrungswissen gebracht und es gibt einen neuen Ansatz. Der Pellets-Stirling des Pelletkesselherstellers Ökofen Heiztechnik GmbH soll eine elektrische Leistung von 1 kW haben und wärmegeführt sein. Die thermische Leistung des Geräts soll bei 10 bis 12 kW liegen. Der Stirling werde in eine Pelletfeuerung integriert, heißt es von Ökofen. Verwendet wird ein Freikolben-Stirling-Motor des britischen Herstellers Microgen Engine Corporation. Die Briten haben jahrelange Erfahrungen mit Stirlings bei gasbefeuerten KWKs. Der Stirlingmotor der Microgen Engine Corporation wird beispielsweise von Viessmann in seinem Nano-KWK Vitowin bereits verbaut. Die Kooperation Viessmanns mit den Briten ist kein Wunder. Microgen ist seit 2011 mehrheitlich im Besitz von Viessmann und der BDR Thermea Group (Marken: SenerTec, Brötje, Remeha), die beide jeweils 42,19 % am Unternehmen halten. Ein Minderheitsgesellschafter von Microgen ist Vaillant. Aber die Beteiligung, die vor ein paar Jahren kräftig aufgestockt wurde zeigt, dass die großen Heizungsbauer an das Produkt aus Peterborough glauben.
Geschätzt wird der Preis der Anlage von Ökofen komplett inklusive weiterer Bauteile wie beispielsweise Wärmespeicher bei 23.000 bis 25.000 Euro liegen. Perspektiv plant Ökofen auf Basis des Modells die Entwicklung größerer Anlagen.

Viel Tüftelei

Ökofen musste für die Kombination des Stirlings mit Pelletfeuerung unter anderem eine vollautomatische Reinigungseinrichtung für den Erhitzerkopf entwickeln. "Dies war notwendig, weil sich die Verbrennungseigenschaften und Rauchgaszusammensetzungen von Holzpellets maßgeblich von Erdgas unterscheiden", erläutert Stefan Ortner, Geschäftsleiter bei Ökofen: "Da es brennstoffbedingt zu Verunreinigungen am Erhitzerkopf kommt, wurde die vollautomatische Reinigungseinrichtung entwickelt und bereits erfolgreich getestet." Um beste und vor allem kontinuierliche Bedingungen für den Betrieb des Stirlingmotors zu schaffen, sei des Weiteren eine Anströmeinheit entwickelt worden. Dass weitere Entwicklungsschritte notwendig waren, deutet er an. Es gibt ein Zwischenfazit: "Bei dem Projekt sind wir in der Lage, einen serienreifen, zuverlässigen und wartungsfreien Stirlingmotor einzusetzen. Die Kooperation zweier Spezialisten, die jeder in ihrem Bereich führend sind, erleichterten den bisherigen guten Fortschritt des Projekts maßgeblich und unterscheidet es damit auch zu allen bisherigen Projekten", stellt Ortner fest.
Eine Besonderheit ist eine gewisse Offenheit, mit der Ökofen die Öffentlichkeit an seiner Entwicklung teilhaben lässt: Es gibt Blogs, eine Internetseite, Kontakt über Facebook zur Stirling-Entwicklung der Niederkappelner. Der Kesselhersteller bezeichnet das als "Open Innovation".

Neuer Kommunikationsweg

Ökofen betreibt bei der Projektentwicklung ein innovatives Kommunikationskonzept, bedient sich sozialer Netzwerke und bietet auf der extra eingerichteten Internetseite (www.okofen-e.com) für sein Stirling-Projekt neben regelmäßig aktualisierten Nachrichten auch Berichte aus der Abteilung Forschung zu Projektfortschritten und einen Blog an. Der American-Way-of-Life aus Österreich beinhaltet auch Berechnung. Denn hier scheinen zwei Dinge zusammenzukommen: Zum einen scheint hier zum ersten Mal ein Unternehmen aus der Pelletbranche sich der modernen Kommunikationskanäle auf eine neue Art und Weise zu bedienen, die zu einer Art interaktiven Projektentwicklung führt: Entwickler von Ökofen und Interessierte stehen im Austausch. Das, was Ökofen auf jeden Fall kommuniziert, ist das ehrliche Interesse. Das ist für das angekratzte Stirling-Image als KWK-Maschine für Holzpellets von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Es könnte Vertrauen und Sympathie schon vorab in das Entwicklungs-Produkt entstehen, weil sich das Unternehmen offen für den Diskurs zeigt.

Man darf gespannt sein

Ökofen könnte in Form der Open-Source-Entwicklungsstrategie seine Schlüsse gezogen haben. Jedenfalls ist das Thema Pellets und Stirling seit der Sunmachine ein hoch explosives Feld. Viel Porzellan wurde zerschlagen. Wenn nun Ökofen einerseits das Gewicht seiner Reputation in die Waagschale wirft, indem es sich des Themas annimmt, dann bedeutet allein das schon eine Menge Vorabvertrauen, die aus der Tatsache erzeugt wird, dass Ökofen ein renommiertes Unternehmen ist. Die Österreicher werden sich nicht auf Spielchen einlassen, die das Renommee der Marke beschädigen könnten. Der erste Pellet-Stirling im Feldtest wurde im Januar 2013 in Österreich in Betrieb genommen. Geplant ist derzeit, die Pilotphase auf weitere Länder auszudehnen. Für die Markteinführung gibt es noch kein Datum.

Bilder: Ökofen
Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energie, Schwerpunkt Biomasse


Funktionsprinzip des Stirlings

Im Stirlingmotor bewegt sich ein Arbeitskolben auf- und abwärts. Die Bewegung erzeugt ein Arbeitsgas, das sich durch Erwärmung ausdehnt und durch die Energieabgabe wieder abkühlt und damit kontrahiert. Der Wechsel zwischen Ausdehnung und Kontraktion des Arbeitsgases bewegt den Arbeitskolben. Ein Verdrängerkolben wiederum schiebt das Arbeitsgas zwischen gekühltem und erhitztem Bereich hin und her. Damit die Bewegung funktioniert, arbeiten Arbeits- und Verdrängerkolben rhythmisch zueinander. Beim Microgen Stirlingmotor ist der Arbeitskolben magnetisch. Er ist umgeben von einer feststehenden Magnetspule mit Kupferwicklung. Er produziert Wechselstrom. Der Microgen Stirlingmotor leistet 1 kW elektrisch. Ein Vorteil des Stirling ist, dass er mit den unterschiedlichsten Energieträgern betrieben werden kann, da die Arbeitswärme außerhalb erzeugt wird. So sind bereits Stirling-BHKWs auf dem Markt, die mit Erdgas betrieben werden.
Eine andere Bauart des Stirlingmotors ist das Freikolbenprinzip mit Lineargenerator. In ihm wird ein Doppelfreikolben durch heißes und sich wieder abkühlendes Gas hin- und her bewegt. Der Kolben ist fest verbunden mit einer Spule, die sich in einem starken Magnetfeld bewegt.


Mini, Nano oder Mikro?

Zwar gibt es keine offizielle Definition, doch setzt es sich mehr und mehr durch, die kleinen Kraftwerke im Keller über die elektrische Leistung in die drei Größenklassen Nano, Mikro und Mini einzuteilen. In der Nano-Klasse werden Anlagen mit bis 2,5 kW elektrisch geführt. Der Leistungsklasse Mikro werden die Anlagen von 2,5 bis 15 kW elektrisch zugeordnet. Zur Mini-Klasse gehören Anlagen von 15 bis 50 kW elektrisch. Die Klassen haben unterschiedliche Einsatzfelder: Nano-Kraftwerke eignen sich aufgrund ihrer kleinen elektrischen Leistung für Ein- und Zweifamilienhäuser, denn es fällt dabei die Wärme ab, die in diesen kleinen Gebäuden auch verbraucht werden kann, bei wirtschaftlichem Betrieb. Mikro- und Mini-Kraftwerke mit ihrer höheren elektrischen Leistung eignen sich für Gebäude mit höherem Wärmebedarf wie Mehrfamilienhäuser oder Gewerbe. Das Grundprinzip ist dabei: Mit einem Brennstoff wird ein Motor betrieben, der einen Generator zur Stromproduktion antreibt. Die dabei anfallende Wärme gelangt über Wärmetauscher in das angeschlossene Heizsystem. Die im Einsatz befindlichen Techniken sind Verbrennungsmotoren, Stirlingmotoren, Dampfmaschinen, Gasturbinen und Brennstoffzellen. Letztere sind aber erst in der Entwicklung.


Nachgefragt

Stefan Ortner ist Mitglied der Geschäftsleitung von Ökofen. Die Niederkappelner gaben 2011 bekannt, dass sie eine stromerzeugende Pelletheizung mit Stirlingmotor entwickeln. Ein heikles Terrain. Es besteht aus viel verbrannter Erde, seitdem das Projekt Sunmachine der Sunmachine GmbH scheiterte. Unter dem Überbegriff "ÖkoFEN_e" wird das Stirlingprojekt beim österreichischen Pelletkesselhersteller abgewickelt.IKZ-HAUSTECHNIK: Was ist der Stand? Ist der erste Feldtest abgeschlossen? Es hieß, dass man Anfang 2014 entscheiden werde, ob ein zweiter Feldtest angeschlossen würde.
Stefan Ortner: Die Pilotphase läuft derzeit noch. Mit den bisher gewonnennen Ergebnissen sind wir sehr zufrieden. Basierend auf diesen Ergebnissen werden wir nach Ablauf der Heizsaison eine Entscheidung über die weitere Vorgangsweise treffen. Derzeit ist geplant, die Pilotphase auf weitere Länder auszuweiten.
IKZ-HAUSTECHNIK: Für wann steht die Markteinführung der Smart_e in Aussicht?
Stefan Ortner: Aufgrund der noch laufenden Pilotphase wurde noch kein Zeitpunkt definiert.
IKZ-HAUSTECHNIK: Konzeptionell: Soll der von Smart_e produzierte Strom im Gebäude selbst verbraucht werden? Wie kann er ggf. dafür gespeichert werden, wenn es eine Situation gibt, in der zwar Wärme, aber kein Strom benötigt wird?
Stefan Ortner: Der erzeugte Strom soll in erster Linie im eigenen Gebäude verbraucht werden. Dazu wurde der Stirlingmotor inklusive des Pellet-Brennwertmoduls in einen 600-l-Wärmespeicher integriert. Damit können die Laufzeiten der Anlage flexibler gestaltet werden.
IKZ-HAUSTECHNIK: Ab welchem Jahreswärmebedarf lohnt sich die stromerzeugende Pelletheizung?
Stefan Ortner: Die Smart_e kann in unterschiedlichen Leistungsbereichen eingesetzt werden. Beispielsweise als Grundlastanlage bei höherem Wärmebedarf. In diesem Fall werden lange Laufzeiten und ein hoher Stromertrag realisiert. Genauso kann die Smart_e auch im Einfamilienhaus eingesetzt werden. Hier geht es vorrangig darum, in den Wintermonaten neben Wärme auch Strom im Eigenheim zu erzeugen. Durch flexible Leistungsanpassung kann die Anlage individuell auf den Wärmebedarf des Hauses abgestimmt werden. Es wird derzeit eine zweite Variante getestet, speziell für den niedrigeren Wärmebedarf. Statt 14 kW thermischer und 1 kW elektrischer Leistung verfügt dieses System über eine Nennleistung von 9 kW thermisch und 600 W elektrisch und ist perfekt auf die Anforderungen eines modernen Einfamilienhauses zugeschnitten.
IKZ-HAUSTECHNIK: Zur interaktiven Planung über die Online-Plattform hätte ich gerne einen Eindruck, wie das gelaufen ist in den vergangenen Jahren und wie der Zuspruch war. Wie viele Leute haben sich an der Entwicklung durch ihre Beiträge, Hinweise und Erfahrungen bisher beteiligt? Sind darunter insbesondere viele Betreiber der Sunmachine?
Stefan Ortner: Das "Open-Innovation"-Projekt hat viel Zuspruch erhalten. Immer wieder teilen uns interessierte Personen, egal ob Fachpublikum oder Endkunden, ihre Ideen mit und verfolgen den Projektfortschritt aktiv. Selbstverständlich sind auch viele Besitzer von Stirlinganlagen darunter.

Das Interview führte für uns Dittmar Koop

 


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