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Psychoakustik im Focus

Wie soll ein Ventilator klingen?

Bild 1: Unsere Ohren fangen 24 Std. am Tag Geräusche auf, denn das Gehör arbeitet permanent, ohne Pause. Etwa 15 000 Hörzellen im Inneren der Ohren fangen die Schallwellen jedes Tons ab, verarbeiten sie zu Signalen und schicken diese ans Gehirn. Dort werden sie bewertet. Bild: Fotolia

Bild 2: Durch den Einsatz eines „FlowGrid“-Vorleitgitters lässt sich eine beachtliche Geräuschreduktion erreichen, in Kombination mit dem Diffusor „AxiTop“ sogar noch mehr. Beides wird auf der ISH am Messestand B 90 in Halle 11.0 zu sehen sein.

Bild 3: Das Schallspektrum eines Musikstücks (blau) und eines EC-Ventilators der Baugröße 250 (rot) ist zwar ähnlich, werden aber dennoch sehr unterschiedlich wahrgenommen.

Bild 4: Auf der Suche nach Ventilatoren mit angenehmem Geräusch: Dieser schallisolierte Raum bietet Platz für bis zu acht Testhörer, denen die Geräusche der Ventilatoren in unterschiedlichen Konfigurationen vorgespielt werden.

 

Unsere Ohren fangen 24 Std. am Tag Geräusche auf, denn das Gehör arbeitet permanent, ohne Pause. Etwa 15 000 Hörzellen im Inneren der Ohren fangen die Schallwellen jedes Tons ab, verarbeiten sie zu Signalen und schicken diese ans Gehirn. Dort werden sie bewertet. Hier setzt die Psychoakustik als Teilgebiet der Psychophysik an. Sie befasst sich mit der Beschreibung des individuellen Geräuschempfindens im Verhältnis zum messbaren Schallpegel. Will also definieren, warum wir ein Geräusch als angenehm oder lästig empfinden. Einige Hersteller berücksichtigen die aus entsprechenden Untersuchungen gewonnenen Ergebnisse mittlerweile bei der Ventilatoren-Entwicklung.

Wenn wir durch ein Geräusch beeinträchtigt werden, uns also z. B. von ihm gestört fühlen, sprechen wir von Lärmbelästigung. Wann dies der Fall ist, hängt von vielen Faktoren ab. U. a. spielt die Situation eine Rolle, in der wir uns gerade befinden, die Lautstärke und die Art des Geräuschs. Das gilt auch für Ventilatoren, die je nach Situation und Einsatzort unterschiedliche Anforderungen erfüllen sollten. Sind sie z. B. an einem Wärme­übertrager im Kühllager eingesetzt, kommt es weniger auf geringe oder angenehme Geräusche an, denn ein solcher Raum wird nur selten betreten. Luft- und Klimageräte für den Wohn- und Arbeitsbereich müssen da ganz andere Erwartungen erfüllen. Das heißt allerdings nicht, dass Ventilatoren dann geräuschlos arbeiten sollen. Bei vielen Anwendungen dient ihr Arbeitsgeräusch als Funktionskontrolle; ein typisches Beispiel dafür ist die Dunstabzugshaube über dem Küchenherd.

Das Geräuschspektrum eines Ventilators
Bei Ventilatoren ist die Geräuschentwicklung deshalb oft kaufentscheidend. Neben den aerodynamischen Daten (Luftleistung) wird die Schallleistung zur wichtigen Kenngröße. Das Geräuschspektrum eines Ventilators enthält in der Regel tonale und breitbandige Komponenten. Ihre Entstehungsmechanismen sind völlig unterschiedlich: Ursache für die meisten tonalen Komponenten ist die Interaktion des rotierenden Laufrades mit Störungen in der angrenzenden Luftströmung, die durch Streben, Leitschaufeln, asymmetrischen Einlauf usw. verursacht werden. Sie sind damit abhängig von der Einbausituation des Ventilatorlaufrades. Oft lassen sie sich durch verbesserte Anordnung des Laufrads reduzieren oder sogar vermeiden. Die meisten breitbandigen Geräuschkomponenten dagegen werden durch die unvermeidbare Turbulenz der Zuströmung und die prinzipbedingte Strömung um die Schaufeln verursacht. Die breitbandigen Anteile bestimmen das Grundniveau des Geräuschspektrums eines Ventilators. Hier hat die Herstellerindustrie bereits einiges bewirkt und es ist eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Geräuschreduktion bei Ventilatoren bekannt. Dazu gehören z. B. strömungstechnisch optimierte Lüfterräder, Winglets, Diffusoren und Vorleitgitter, mit denen Schallleistung und Schallpegel der Ventilatoren deutlich sinken. Bild 2 zeigt ein Beispiel für die Geräuschreduktion, die sich durch den Einsatz des Vorleitgitters „FlowGrid“ und des Diffusors „AxiTop“ erreichen lässt. Beides ist auf dem ISH-Stand B 90 von ebm-Papst in Halle 11.0 zu sehen.
Sinkt der Schallpegel um einige Dezibel, bedeutet das, der Ventilator arbeitet deutlich leiser. Ob wir das verbleibende Geräusch als angenehm oder lästig empfinden, darüber sagt der physikalisch im Teststand gemessene Schallpegel aber nichts aus. Trompetenspiel beispielsweise und der Bagger auf einer Baustelle haben ungefähr die gleiche Schallleistung, werden aber psychoakustisch völlig unterschiedlich bewertet. Bild 3 zeigt ein weiteres Beispiel: In diesem Fall sind die Spektren zwar zu unterscheiden, aber der Gesamtpegel ist (nahezu) gleich: 69,7 dB(A). Entscheidend ist hier, dass aufgrund des Spektrums keine Aussage über lästige oder angenehme Wahrnehmung des Geräuschs gemacht werden kann, evtl. würde man aufgrund der tieffrequenten Anteile das blaue Spektrum (Musik) als störender vermuten. Das menschliche Gehör ordnet die Geräusche aber völlig anders ein.

Nur leise reicht nicht
Für die subjektive Beurteilung ist z. B. wichtig, wie „rau“ oder „scharf“ ein Geräusch wahrgenommen wird. Ein solches Empfinden kann entstehen, wenn das Signal durch Änderung von Frequenz oder Amplitude eine zeitliche Struktur erhält. Viele Geräusche enthalten zudem tonale Komponenten, die stark störend wirken können. Dieses Empfinden unterscheidet sich von Person zu Person, was die Bewertung noch verkompliziert.
Der Motoren- und Ventilatorenspezialist ebm-papst hat sich dieser Thematik angenommen. Die leisen „GreenTech“-EC-Motoren sollen schließlich auch angenehm klingen. Erstrebenswert wäre den Entwicklern als Fernziel dann auch eine herstellerunabhängige Norm über die Lästigkeit, ebenso wie es ja auch Lärmschutzbestimmungen gibt. Heute kann z. B. eine im Freien aufgestellte Luftwärmepumpe, auch wenn sie der Lärmschutznorm TA entspricht, mit ihrem lästigen Brummen die Nachbarschaft derart auf die Palme bringen, dass ein harmonisches Zusammenleben nicht mehr gegeben ist. Mit nach psychoakustischen Kriterien optimierten Ventilatoren ist man in solchen Fällen auf der sicheren Seite.

Auf der Suche nach Ventilatoren mit angenehmem Geräusch
ebm-papst hat deshalb mit dem „AudiMax“ (Bild 4) ein sogenanntes Psycho­akustiklabor eingerichtet. Dieser schall­isolierte Raum bietet Platz für bis zu acht Testhörer, denen die Geräusche der Ventilatoren in unterschiedlichen Konfigurationen vorgespielt werden. Mitarbeiter befragen die Probanden anschließend und schaffen so eine Datenbasis unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Grundlage dafür sind die psychoakustischen Parameter Lautheit (Einheit: sone), Schärfe (Einheit: acum), Tonheit (Einheit: mel), Rauigkeit (Einheit: asper) und Schwankungsstärke (Einheit: vacil). Daneben sind Tonhaltigkeit und Impulshaltigkeit bedeutsame Größen. Sie lassen sich mit Mikrofonen (Bild 5) messen und mit den Aussagen der Testpersonen vergleichen.
Die Beurteilungen der Testpersonen werden mithilfe statistischer und psychologischer Verfahren bewertet. Die Ergebnisse fließen in die Produktentwicklung ein; so lässt sich beispielsweise erkennen, welche Maßnahmen bei der Verminderung der Lästigkeit von Ventilatorengeräuschen greifen und welche nicht. Schlussendlich ist das Ziel, einen Ventilator zu entwickeln, der von einer möglichst breiten Masse an Testpersonen als angenehm empfunden wird. Das „AudiMax“ trägt damit dazu bei, die „GreenTech“-EC-Technologie weiter voranzutreiben. Lärmbelästigung zu reduzieren, ist ökologisch betrachtet ein wichtiges Entwicklungsziel. Denn als lästig empfundene Geräusche beeinträchtigen die Lebensqualität und können schlimmstenfalls sogar krank machen.

Autor: Dr. Marc Schneider,
Gruppenleiter Vorentwicklung Strömungstechnik und Akustik bei ebm-papst Mulfingen

Bilder, sofern nicht anders angegeben:
ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG

 


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