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Instandhaltung von Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Welche Vorgaben gibt die DIN 1986-30

Anfang letzten Jahres erschien die aktualisierte Fassung der DIN 1986-30 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Instandhaltung“. Die Anforderungen dieser Norm sollen dazu beitragen, den Boden und das Grundwasser vor Verunreinigungen aus undichten Abwasserleitungen zu schützen und das Eindringen von Grundwasser in Entwässerungsanlagen zu verhindern. Zusätzlich trägt sie zur Betriebssicherheit und zum Werterhalt von Grundstücksentwässerungsanlagen bei. Welche Vorgaben die DIN 1986-30 beinhaltet, wer letzten Endes für die Instandhaltung der Grundstücksentwässerung zuständig ist und welche Qualifikation für eine Überprüfung notwendig ist, beschreibt dieser Artikel.

Anwendungsbereiche Entwässerungsnorm.

Schadensverteilung bei privaten Grundleitungen bezogen auf das Baujahr.

Ausschnitt aus Tabelle 2 der DIN 1986-30.

Tabelle 1, DIN 1986-30: Prüfzeiten für die Luftdruckprüfung.

Ausschnitt aus Anhang D der DIN 1986-30.

Ausschnitt aus Anhang A der DIN 1986-30.

Ausschnitt aus Anhang B der DIN 1986-30.

Tabelle „Sanierungsverfahren“.

Neuverlegung in offener Bauweise. Bild: Saint-Gobain, HES

Sammelleitungen. Bild: Düker

 

Die DIN 1986-30 legt in Ergänzung zu DIN EN 752 Maßnahmen zur Instandhaltung von in Betrieb befindlichen Entwässerungsanlagen von Gebäuden und Grundstücken fest. Dies beinhaltet die Zustandserfassung und -bewertung mit dem Schwerpunkt der Betriebs- und Standsicherheit von Entwässerungsanlagen sowie des Schutzes des Bodens und des Grundwassers. Die Norm gilt in Verbindung mit DIN 1986-3 (Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Regeln für Betrieb und Wartung) und DIN EN 13508-2 (Untersuchung und Beurteilung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden – Kodiersystem für die optische Inspektion). Damit ist sie auch für Grundleitungen und Anschlusskanäle der Grundstücksentwässerung zuständig, die im öffentlichen Grund liegen, aber nicht Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage sind.

Wer ist für den Zustand der Grundstücksentwässerungsanlage zuständig?

Grundsätzlich ist der Grundstückseigentümer für den ordnungsgemäßen Zustand der Grundstücksentwässerungsanlage (GEA) verantwortlich. Ob er auch für den Grundstücksanschluss zuständig ist, regelt jede Kommune in ihrer Entwässerungssatzung. Folgende Varianten sind möglich:

  • Kommunalregie: Der Kanalnetzbetreiber baut, betreibt und unterhält den Grundstücksanschluss in seiner gesamten Länge, das heißt vom Revisionsschacht auf dem Grundstück bis zum Anschluss an den Straßenkanal.
  • Anliegerregie: Hier ist der Grundstücks­eigentümer für den gesamten Grundstücksanschluss bis zum Anschluss an den Straßenkanal zuständig.
  • Zuständigkeit bis zur Grundstücksgrenze: Der Grundstückseigentümer ist verantwortlich für den Grundstücksanschluss bis zur Grundstücksgrenze. Der Kanalnetzbetreiber ist zuständig für den Teilbereich auf öffentlichem Grund.

Einschätzung der Grundleitungsschäden

Die Gesamtlänge aller öffentlichen Abwasserkanäle in der Bundesrepublik Deutschland wird auf ca. 500000 km geschätzt, bei den privaten Grundleitungen geht man von ca. 1,2 bis 1,3 Mio. km aus. Die Schadensrate bei privaten Grundleitungen soll bis zu 80% betragen. Nach Kostenschätzungen ergibt sich so für die BRD ein Sanierungsvolumen von ca. 100 Mrd. Euro.
Bei einer Pilotuntersuchung in einem Wohngebiet in Hamburg wurden bei den untersuchten Grundleitungen verschiedenste Schadensarten mit folgender Verteilung festgestellt:

  • 38,6% Lageabweichungen,
  • 36,5% Wurzeleinwüchse,
  • 17,5% Ablagerungen,
  • 4,6% Rissbildungen,
  • 2,8% sonstige Schäden.


Bei dieser Untersuchung waren nur ca. 25% der Grundleitungen schadenfrei.

Welche Leitungen müssen überprüft werden?

Gemäß DIN 1986-30, Abschnitt 10.1.1 müssen nicht alle Abwasserleitungen überprüft werden. Das Hauptaugenmerk liegt auf den im Erdreich verlegten Schmutz- und Mischwasserleitungen. Denn, bei undichten Grundleitungen dieser Art werden Boden und Grundwasser durch austretendes Abwasser gefährdet (Exfiltration) oder die öffentliche Kanalisation und die Kläranlage werden durch eindringendes Grundwasser (Infiltration) überlastet. Regenwassergrundleitungen sind aber nicht grundsätzlich von der Prüfpflicht befreit. Wird beispielsweise behandlungsbedürftiges Niederschlagswasser abgeleitet, muss geprüft werden.

  • Zeitspannenregelung

Gegenüber der Ausgabe Februar 2003 der DIN 1986-30 wurde die Frist für die Erstprüfung vorhandener Grundleitungen zur Ableitung häuslichen Abwassers zum 31.12.2015 gestrichen. Stattdessen wurde eine Zeitspannenregelung eingeführt, die sich am Abnutzungsvorrat von Abwasserleitungen und -schächten orientiert. Die Zeitspannen für wiederkehrende Prüfungen von Grundleitungen sind in Tabelle 2 der DIN 1986-30 aufgeführt. Nach dem Kommentar zur DIN 1986-30 ist der Gesetzgeber für die Fristsetzungen der Erstprüfung bestehender Grundstücksentwässerungsanlagen zuständig.

Wie muss geprüft werden?

Gemäß Abschnitt 10 der DIN 1986-30 ist in Vorbereitung der Dichtheitsprüfung in der Regel eine optische Zustandserfassung erforderlich. Bei den in Tabelle 2 mit Kanalfernsehuntersuchung (KA) bezeichneten Fällen, gelten die Grundleitungen und Schächte als dicht (fiktive Dichtheit), wenn bei der optischen Prüfung mittels Kanalkamera keine sichtbaren Schäden und Fremdwassereintritte festgestellt wurden.
Bei der optischen Inspektion wird entweder eine Kamera über den Revisionsschacht oder eine Revisionsöffnung im Haus in die Leitungen eingeführt, oder es wird eine Kamera vom öffentlichen
Kanal über den Anschlusskanal in die Grundleitung geschoben. Vorher werden die Abwasserleitungen mit Hochdruck-Spüldüsen gereinigt, wodurch lose Verschmutzungen und Ablagerungen entfernt werden sollen. Hierbei sollte auch kontrolliert werden, ob die Entwässerungspläne des Grundstücks noch aktuell sind. Liegen keine Pläne vor, müssen neue angefertigt werden.
Sollte eine optische Inspektion nicht durchführbar sein oder wird sie als nicht ausreichend angesehen, ist eine Prüfung mit geringeren Anforderungen als nach DIN EN 1610 (Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen) zuge­lassen. Diese einfache Dichtheitsprüfung wird als DR2 bezeichnet. Die Prüfung nach DIN EN 1610 als DR1.
Die einfache Dichtheitsprüfung DR2 kann mit Wasser oder Luft erfolgen. Bei der Prüfung mit Wasser müssen die Leitungen mit einem Wasserstand von 0,50m über Rohrscheitel auf Dichtheit geprüft werden. Ist dieses nicht möglich, können Grundleitungen innerhalb des Gebäudes bis zur Oberkante des tiefsten Entwässerungsgegentandes oder Unterkante Reinigungsöffnung in der Fallleitung mit Wasser aufgefüllt werden. Die Prüfzeit beträgt 15 Min. bei einer maximalen Wasserzugabe von 0,2 l/m² der benetzten inneren Oberfläche.

Bei der Prüfung mit Luftüberdruck gelten folgende Bedingungen:

  • Prüfdruck = 10 kPa (100 mbar),
  • Zulässiger Druckabfall = 1,5 kPa
  • (15 mbar),
  • Beruhigungszeit in Minuten = 10 x Innendurchmesser in Meter,
  • Prüfzeit in Sekunden nach Ablauf der Beruhigungszeit gemäß Tabelle 1 der DIN 1986-30.


Eine Prüfung DR1 nach DIN EN 1610 muss z.B. bei gewerblichem Abwasser vor einer Abwasserbehandlungsanlage durchgeführt werden.

  • Prüfergebnisse dokumentieren und bewerten

Zum Ergebnis der optischen Inspektion gehören auch die Auflistung der Schäden einschließlich Kodierung und deren Bewertung im Hinblick auf die Sanierungsprioritäten und -zeiträume. Die Ergebnisse müssen in einem Protokoll festgehalten und den Leitungsabschnitten eindeutig zugeordnet werden.

Durchführung der Sanierung

Sanierungsarbeiten sind erforderlich, wenn bei der Dichtheitsprüfung Undichtigkeiten oder bei der optischen Inspektion sichtbare Schäden festgestellt wurden. Um die Sanierungspriorität einer Abwasserleitung oder einer Grundstücksentwässerungsanlage zu bestimmen, ist die Anzahl und Schwere der Einzelschäden maßgebend. Der schwerste Einzelschaden bestimmt grundsätzlich die Sanierungspriorität der Leitung bzw. des Schachtes.
Die Sanierungszeiträume für festgestellte Schäden, die in Anhang B der DIN 1986-30 nach Prioritäten gegliedert sind, sollten eingehalten werden, sofern die kommunalen Behörden oder die Aufsichtsbehörde aufgrund der örtlichen Randbedingungen keine anderen Zeiträume vorgeben.
Mit welchem Verfahren saniert wird, hängt davon ab, welche Schäden festgestellt wurden und wie zugänglich die Abwasserleitungen sind. Bei starker Schädigung der Grundleitungen bzw. einer gro­ßen Schadensdichte ist die Erneuerung der Grundleitungen in offener Bauweise oftmals die wirtschaftlichste Lösung. Dabei werden die Leitungen im offenen Graben neu verlegt. Bei Grundleitungen unterhalb des Kellerfußbodens (Bodenplatte) ist die Erneuerung der Leitungen in einem offenen Graben – verbunden mit dem Öffnen und Verschließen des Kellerfußbodens – in der Regel sehr aufwendig. Vielmehr sollte hier geprüft werden, ob die defekten Grundleitungen aufgegeben und durch die Neuinstallation von Sammelleitungen im Keller ersetzt werden.
Bevor die sanierte Grundleitung wieder in Betrieb genommen wird, muss sie erneut mit der Kamera untersucht werden. Nach der Renovierung bzw. Erneuerung ist zusätzlich eine Druckprüfung durchzuführen. Bei neu verlegten Sammelleitungen innerhalb des Gebäudes müssen keine Kamerauntersuchungen bzw. Druckprüfungen durchgeführt werden. Wiederkehrende Dichtheitsprüfungen sind ebenfalls nicht erforderlich.

Qualifikation und technische Ausrüstung

Die Anforderungen an die Qualifikation der Sachkundigen und die technische Ausrüstung der Fachbetriebe sind im Abschnitt 14 der DIN 1986-30 beschrieben. Um die Zustandserfassung, Dichtheitsprüfung und deren Auswertung im Sinne der Norm durchführen zu können, müssen die Sachkundigen qualifiziert und technisch ausgestattet sein. Der Sachkundige bzw. der ausführende Fachbetrieb muss die Qualifikation dem Auftraggeber unaufgefordert nachweisen und den landesgesetzlichen bzw. den kommunalen Qualitätsanforderungen entsprechen.
Im Abschnitt 14.3 der Norm sind die erforderlichen Geräte zur Reinigung, optischen Inspektion und Dichtheitsprüfung sowie weitere Hilfsmittel aufgeführt. Die für den Einsatz bei Grundleitungen erforderlichen Geräte müssen in ausreichender Menge und funktionsfähigem Zustand vorhanden sein und auf der Baustelle bereitgestellt werden.

Zusammenfassung

Damit Grundstücksentwässerungsanlagen dauerhaft funktionieren und von ihnen keine Gefährdung für die Umwelt ausgeht, müssen sie fachgerecht geplant, ausgeführt und regelmäßig geprüft werden. Neben den Anforderungen der DIN 1986-30 ist die regelmäßige Inspektion und Wartung nach DIN 1986-3 von entscheidender Bedeutung. In den Geschäftsfeldern Inspektion, Wartung und Sanierung von Grundstücksentwässerungsanlagen liegen beträchtliche Auftragspotenziale für die Sanitärbranche.


Gesetzliche Grundlagen

Gemäß Strafgesetzbuch §324 handelt es sich bei Gewässerverunreinigung und Bodenverunreinigung um strafbare Handlungen. Nach dem Wasserhaushaltsgesetz §60 ist Abwasser so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Abwasseranlagen müssen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden. Bei Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind Ordnungswidrigkeitsverfahren durch die zuständige Behörde möglich. Im Falle bereits aufgetretener Schäden sind zudem Haftungsansprüche Dritter nicht auszuschließen.


Autor: Bernd Ishorst, IZEG Informationszentrum Entwässerungstechnik Guss e.V., Bonn

Bilder: Wenn nichts anderes angegeben, IZEG


www.izeg.de

 


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