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Klimaschützender einkaufen gehen

Oldenburger Pilotprojekt zeigt Einsparpotenzial für Supermärkte auf

Supermarkt im modernen Retro-Style, der nicht nur bzgl. Energie- und Gebäudetechnik europaweit Zeichen setzt.

Das Kühlsystem des Supermarkts wirkt als Speicher für überschüssigen Strom. Nur eins von zahlreichen Features. Bild: Danfoss

Überraschend ist die riesige Menge Stroms, die Europas Supermärkte jedes Jahr ­verbrauchen. Wären alle 232 000 Supermärkte Europas mit smarten, energiesparenden Technologien ­ausgestattet und an das Stromnetz angebunden, könnten sie laut einer Hochrechnung von Danfoss 10 Kohlekraftwerke einsparen. Bild: Pixabay

 

Im Februar 2018 startete das Pilotprojekt Aktiv & Irma in Oldenburg. Der energieeffiziente Supermarkt zeigt, wie hoch das Potenzial des Lebensmitteleinzelhandels für die Energiewende ist und wie er bald schon europaweit Schule machen könnte. Für IKZ-Energy skizzieren das Danfoss-Geschäftsführer Ole Møller-Jensen und Jan-Hendrik Sewing, Vice President von Danfoss Cooling, beide Experten auf dem Gebiet der Energieeffizienz, in einem Gastbeitrag.

Supermärkte verbrauchen viel Strom. Je nach Größe jährlich 500 000 bis 1 Mio. kWh. Die Stromrechnung beträgt im Schnitt über 100 000 Euro pro Jahr, das sind rund 10 % der Gesamtkosten eines Marktes. Entsprechend hoch ist die Motivation der Supermärkte, mittels energieeffizienter Technik Kosten zu sparen. Auch der Nutzen für den Klimaschutz ist groß. Wären alle 232 000 Supermärkte Europas mit smarten, energiesparenden Technologien ausgestattet und an das Stromnetz angebunden, könnten sie laut einer Hochrechnung von Danfoss 10 Kohlekraftwerke einsparen.

Eigener PV-Strom, intelligentes Energiemanagement
Mit einer auf dem Dach installierten Photovoltaikanlage deckt der Oldenburger Supermarkt Aktiv & Irma übers Jahr bereits ein Viertel seines Strombedarfs. Und dies, obwohl die Anlage aufgrund der außergewöhnlichen Dachform und der Verschattungen über eine Nennleistung von 100 kWp verfügt, was für ein Gewerbeprojekt nicht viel ist.
Eine 60-kW-Lithium-Ionen-Batterie speichert überschüssige Sonnenenergie. Wenn der Markt zusätzlichen Strom für seine Kühltheken benötigt, wird ein Teil des Bedarfs über den Akku abgedeckt. Das Energiemanagement verbindet und steuert die Energieströme zum und vom Speicher.

Kühlsystem als Speicher
Der Supermarkt erzeugt nicht nur PV-Strom für den Eigenverbrauch, sondern kann auch auf kostenträchtige Lastspitzen reagieren. Lastspitzen beim Verbrauch können ausgeglichen sowie netz- und etatschonend verschoben werden.
Das Kühlsystem des Supermarkts wirkt dabei als Speicher für überschüssigen Strom. Wenn Netzstrom günstig ist, können die Kühlregale um einige Grad heruntergefahren werden. Ändern sich die Konditionen wieder, kommen die Kühlregale eine Weile mit weniger Strom aus: mit - 6 statt - 8 °C. Die Lebensmittel nehmen dabei keinen Schaden. Geheizt wird über die Abwärme der Kühlung. Als Wärmespeicher dient ein einfacher Boiler, der allerdings relativ groß dimensioniert ist.

Das technische Konzept
Das von Danfoss entwickelte Supermarkt-Konzept beinhaltet ein Energiemanagement, das aus zwei Komponenten besteht und einen intelligenten Zwei-Wege-Anschluss an das Stromnetz ermöglicht. Der Danfoss AK-SM 800 System Manager stellt sicher, dass das Verhältnis zwischen Temperatur und Druck im Kühl- und Kältesys­tem des Supermarktes optimal ist und der Energieverbrauch minimiert wird. Dies geschieht durch ständige Verarbeitung der Daten sowie Steuerung zahlreicher digitaler Sensoren und Mikrocomputer, die im gesamten System installiert sind. Teil des Energiemanagements ist die Plattform ennexOS von SMA Solar Technology. Sie verbindet und steuert die Ener­gieströme verschiedener Quellen zum und vom Speicher, einschließlich Solarenergie sowie Strom aus dem Batteriespeicher. Insgesamt erlaubt die Integration der Danfoss und SMA Steuerungen völlig neue Größenordnungen der Optimierung.

Exkurs: CO2 als Kältemittel
CO2 wird als Kältemittel in Deutschland in den meisten neuen Supermärkten eingesetzt. Da aber CO2 nur unter sehr hohem Druck wirksam wird, würde hierbei theoretisch viel Strom verbraucht. Aktiv & Irma in Oldenburg nutzt daher für seine Kühlwandregale und Tiefkühlinseln Expansionsventile, die den hohen Druck der Kühlkompressoren direkt in die Kompressoren zurückleiten und auf diese Weise Energie sparen.

Das Ziel: ein „Energiegesamtsystem“
Die erste Optimierung des Oldenburger Supermarktes fand im Juni 2019 statt, knapp anderthalb Jahre nach Projektstart. Schon hier zeichneten sich starke Einsparungen ab. Der gesamte Energieverbrauch des Marktes liegt schon jetzt geschätzt rund 20 % unter dem europäischen Durchschnitt für Supermärkte. 40 t CO2 pro Jahr werden dabei vermieden. Nach unseren aktuellen Schätzungen werden dank der Kombination aus Lösungen von Danfoss und SMA weitere 15 % Energie eingespart werden können. Angesichts der Komplexität des Projektes ist es noch zu früh, umfassend Bilanz zu ziehen, doch es ist klar, wohin die Reise geht. Ziel ist ein „Energiegesamtsystem“, bei dem die gewonnene Flexibilität mit den Netzanforderungen synchronisiert werden soll.
Geplant ist eine Vernetzung des Energiemanagementsystems für die Kühlung mit sämtlichen Energieverbrauchern wie Beleuchtung und Backshops sowie der Speicherinfrastruktur. Überdies soll der Supermarkt ins öffentliche Energiesystem eingebunden werden. Insgesamt könnten unserer Einschätzung nach die Energiekosten von Supermärkten auf diese Weise künftig um bis zu 45 % gesenkt werden. Vor dem Hintergrund, dass Supermärkte ohnehin ihre Energiekosten optimieren, wäre dies ein beeindruckendes Ergebnis.

Fazit: Auch Bestandssupermärkte und Nachbarbranchen können profitieren
Supermärkte kommen global betrachtet auf 2 % des gesamten Stromverbrauchs und sind durch hohen Margendruck motiviert, Kosten zu sparen. Das Interesse der Branche an diesem Konzept ist folglich groß. Neben den Neubauten auf der grünen Wiese lässt sich das Modell auch für bestehende Supermärkte adaptieren. Die Amortisationszeit liegt zwischen 4 und 8 Jahren und hängt sehr vom jeweiligen Markt ab. Eine weitere Rolle spielt, ob es sich um einen Neubau oder einen Bestandssupermarkt handelt. Zudem könnten nicht nur der Lebensmitteleinzelhandel, sondern auch benachbarte Branchen wie Lager oder Distributoren von dem Modell profitieren.

Autoren:
Ole Møller-Jensen ist Geschäftsführer der Danfoss GmbH und President Danfoss Central Europe Region. Er ist seit 1978 für den dänischen Technologiekonzern tätig und ein gefragter Experte im Bereich Energieeffizienz.
Dr. Jan-Hendrik Sewing ist seit 2018 Senior Vice President von Danfoss Cooling. Er leitet die Business Division Electronic Controllers & Services sowie das Food Retail-Geschäft weltweit. Seine langjährige Erfahrung in Automatisierung, Service sowie Internet of Things (IoT) bringt er in die Entwicklung energieeffizienter Lösungen für Supermärkte ein.

 


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