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Einer für alle

In Groß-Umstadt speichern 80 Bauherren gemeinsam ihren Solarstrom

Quartierspeicher der Entega in der Solarsiedlung in Groß-Umstadt.

Speicherkapazität in den einzelnen Tarifprofilen.

Beispielhafte Darstellung jahreszeitenabhängiger Erzeugungs- und Verbrauchsschwankungen.

Beispielhafte Darstellung für die Speichernutzung und den Stromverbrauch pro Tag.

Konzept des Multi-Use-Quartierspeichers.

 

Das Pilotprojekt der Solarsiedlung im hessischen Groß-Umstadt zeigt, wie zentrale Solarstromspeicher als Quartiersspeicher realisiert werden können und wie damit auch Multi-Use-Einheiten entstehen, die Übertragungsnetze entlasten. Der nachfolgende Bericht stellt das Konzept vor und erklärt, wie es funktioniert.

Der Bebauungsplan in einer Solarsiedlung mit über 80 Bauplätzen im hessischen Groß-Umstadt hatte alle Bauherren des Neubaugebietes verpflichtet, eine Photovoltaik-( PV)-Anlage zu installieren und Energie zu speichern. Im Jahr 2016 errichtete der Energiedienstleister und Ökostromanbieter Entega im Rahmen des bereits erfolgreich abgeschlossenen Forschungsprojektes „Flex4Energy“ in dieser Siedlung einen Quartierspeicher für die Anwohner. Damit wurde es den Haushalten ermöglicht, in diesem und im direkt anschließenden Forschungsprojekt „Esquire“ ihren überschüssigen Sonnenstrom vor Ort zu speichern. Die Vorteile für die Anwohner: Sie sparen sich die Kosten für einen eigenen Speicher, haben mehr Platz in ihrem Haus und sie gehen kein technisches Risiko ein.

Stand der Dinge

Wir können durch die Erkenntnisse im Rahmen der Forschungsprojekte für jeden Haushalt eine individuelle und passgenaue Batteriespeicherkapazität festlegen. Aus den Erkenntnissen der bisherigen Forschungsprojekte ist ein Produkt entstanden (Entega Quartierspeicher komplett), das zurzeit in einer exklusiven Pilotphase in Groß-Umstadt weiterentwickelt wird. Damit dieses Produkt in der Solarsiedlung angeboten werden kann und um weitere Erkenntnisse zu erzielen, wurde ein neuer eigener Quartierspeicher beschafft. Der bisherige Quartierspeicher, der als Forschungslabor diente, wurde Anfang April dieses Jahres vom Hersteller abgeholt und recycelt.

Flexible Speicherpakete

Den Kunden werden flexible und variable Speicherpakete in unterschiedlichen Größen (von XS bis XL) angeboten. Im Gegensatz zum Heimspeicher mit festgelegter Kapazität bietet dieses neuartige Geschäftsmodell jederzeit die richtige Speicherkapazität, die saisonal je nach Sonnenscheindauer unterschiedlich ausfällt. Konkret bedeutet das, dass der Speicher kapazitiv angepasst werden kann. Sofern weniger Speicherkapazität für die Eigenverbrauchsoptimierung benötigt wird, wird mehr Speicherkapazität als Regelenergie angeboten. Dies wird anhand des Flexibilitätsmanagers laufend neu berechnet. Auch wenn sich die Größe der Familie ändert, weil z. B. Kinder dazu kommen oder später einmal ausziehen, kann die Speicherkapazität einfach angepasst werden. Innovativ dabei ist, dass Entega den Quartierspeicher für verschiedene Zwecke im Multi-Use-Betrieb nutzt. Speicherkapazität, die in der Solarsiedlung in Groß-Umstadt nicht benötigt wird, wird auf überregionalen oder langfristig sogar auf regionalen Marktplätzen angeboten.

Das Energiekonzept vor Ort

Die teilnehmenden Haushalte besitzen alle eine Photovoltaikanlage. Erzeugter Strom wird zunächst selbst verbraucht und überschüssige Strommengen im Quartierspeicher „zwischengeparkt“. Es wird für jeden Haushalt nur die Menge an selbst erzeugtem Strom zwischengespeichert, die individuell auch innerhalb von 24 Stunden wieder bezogen wird. Die Begrenzung ist notwendig, damit das Modell funktioniert und die Speicherkapazität nicht enorm groß gewählt werden muss und somit noch in einem wirtschaftlichen Verhältnis bleibt unter aktuell noch teuren Speicherpreisen. Die Strommenge, die jeder Haushalt spezifisch aus dem Quartierspeicher „zurückholt“, richtet sich dabei nach dem gewählten Tarif. Die maximale Speichermenge wird den Kunden für ein Jahr angezeigt und in 12 Monate aufgeteilt. Dabei fallen die Monatswerte unterschiedlich aus, da der Speicherbedarf je nach Jahreszeit variiert (in den Sommermonaten wird mehr und in den Wintermonaten weniger Strom produziert).

Für die tägliche Einspeicherung erstellt Entega mit Hilfe eines intelligenten Tools (Flexibilitätsmanager) einen individuellen Fahrplan. Dieser orientiert sich an der Stromproduktion der Solaranlagen und den Stromverbräuchen der Haushalte. Wird einmal mehr Strom benötigt als lokal produziert und zwischengespeichert wurde, wird der Strom über einen separaten Energieliefervertrag aus dem öffentlichen Netz bezogen. Die Strommenge, die weder von einem Haushalt direkt verbraucht noch in den Quartierspeicher eingespeist wurde –Überschussstrom –, wird von Entega entsprechend vergütet. Wurde doch einmal mehr eingespeichert als benötigt, wird dies im Rahmen der Abrechnung zum Vorteil des Kunden berücksichtigt. Im Rahmen der Multi-Use-Anwendungen wird der Überschussstrom als Regelenergie vermarktet. Dies stellt auch die Besonderheit des Speichers dar. Saisonale Schwankungen von Stromerzeugung und -verbrauch lassen sich mit einem Batteriespeicher, der möglichst häufig und für viele Einsatzgebiete genutzt wird, gut ausgleichen und volkswirtschaftlich nutzen.

Konzept der Multi-Use-Flexibilität

Grundsätzlich wird der Quartierspeicher als Multi-Use-Flexibilität betrieben. Laut der Dena-Netzflexstudie senkt der Einsatz von Multi-Use-Flexibilitäten die Kosten der Energiewende. Auch die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass der Einsatz von Flexibilitäten ein wichtiger Baustein ist, um die Energiewende möglichst kostengünstig umzusetzen. Diesen Ansatz verfolgt auch die Entega seit einigen Jahren und betreibt den neuen Quartierspeicher als Multi-Use-Flexibilität. Zentrales Element ist der Flexibilitätsmanager.

Der Flexibilitätsmanager ist ein intelligentes Tool, das gemeinsam mit der Firma Kisters über mehrere Jahre speziell auf die Anforderungen der Entega entwickelt wurde und stetig weiterentwickelt wird. Der Manager verknüpft dezentrale Erzeugungs-Einheiten zu einem virtuellen Kraftwerk und verbindet dieses mit externen Märkten. Es berechnet die verfügbaren Kapazitäten für Regelenergie. Die mögliche Vermarktung von Regelenergie ist ein Baustein im Multi-Use-Konzept. Mittels der Prognosen, aktuellen Marktdaten und der vorhandenen Messwerte wird so die optimale Fahrweise innerhalb des Verteilnetzes ermittelt und entsprechend abgefahren. Zweitens wird dadurch das Energiesystem in Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch gehalten.

Gemeinsam mit dem Verteilnetzbetreiber e-netz Südhessen AG als Energieversorger für Südhessen sind wir langfristig gefordert, uns auf den Umbau der Verteilnetze einzustellen, um die Übertragungsnetze zu entlasten und effizienter im Umgang mit Energie zu agieren. Die Nutzung des Speichers für mehrere Anwendungsfälle sieht vor, dass zunächst die Eigenverbrauchsoptimierung der Haushalte aus der Solarsiedlung mit dem lokalen Speicher erfolgt und Restkapazitäten am Regelenergiemarkt zur Verfügung gestellt werden.

Die Kombination mehrerer Anwendungen bei der Multi-Use-Flexibilität ermöglicht gleichzeitig eine Steigerung der betriebswirtschaftlichen Faktoren und darüber hinaus auch einen optimierten netzdienlichen Einsatz. Mit den derzeit fehlenden Anreizen in den rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen ist es eine Herausforderung, eine Multi-Use-Flexibilität als volkswirtschaftlich günstige Lösung umzusetzen. Das Land Hessen unterstützt die Entega während einer Pilotphase von 2020-2022 in der Solarsiedlung in Groß-Umstadt bei der Anschaffung einer Erweiterungskomponente zum neuen Speicher, die den Multi-Use-Betrieb erst möglich macht.

Ausblick Elektromobilität

Im Forschungsprojekt „MobiGrid“ wird seit September 2020 untersucht, wie regionale Flexibilitäten die Integration von Elektromobilität unterstützen können. Die Entega beteiligt sich in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW Saar) und dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE an dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt. Hierfür erweitert die ENTEGA das bereits entstandene Netzlabor in Groß-Umstadt um die Komponente Elektromobilität. Geplant ist, dass Ladesäulen direkt am Quartierspeicher installiert und den Anwohnern zeitweise Elektrofahrzeuge zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist es zu untersuchen, wie der normkonforme Einsatz dezentraler Flexibilitätspotentiale die Einbindung von Elektromobilität unterstützen kann. Die Bewohner im Feldtestgebiet pendeln überwiegend zur Arbeit. Die Ladung von Elektrofahrzeugen wird überwiegend in den Abendstunden und am Wochenende mit Leistungen zwischen 4 und 22 kW erfolgen. Netzprobleme können hier aus einer hohen Gleichzeitigkeit der Ladevorgänge resultieren. Als Lösungsansatz soll auch die Nutzung eines DC-Ladenetzes untersucht werden.

Weitere Infos unter www.entega.ag/quartierspeicher

Autoren: Bernhard Fenn und Nicole Büchau, beide Entega AG Forschung & Entwicklung

 


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