Zwei in einem
Hybridkollektoren erzeugen Strom und Wärme – aber PVT ist nicht gleich PVT
Mit der Abwärme von Solarzellen heizen: PVT-Kollektoren, auch Hybridkollektoren genannt, liefern gleichzeitig Solarstrom und Sonnenwärme. Sie nutzen Sonnenlicht effizienter als ein Photovoltaikmodul oder ein Sonnenkollektor alleine.
Dass sich Solarthermie und Photovoltaik in die Quere kommen könnten, hat der Wissenschaftler Matthias Rommel schon vor fast drei Jahrzehnten gespürt. Gemeinsam mit seinen Kollegen arbeitete er am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) in Freiburg daran, das erste energieautarke Haus Deutschlands zu entwerfen. Es sollte seinen Strom und seine Wärme mit der Sonne selbst erzeugen. Rommel war für die Solarthermie zuständig. Mit seinem Photovoltaik-Kollegen kam es schnell zu Diskussionen darüber, wer für seine Technik wie viel Platz auf dem Dach des Solarhauses bekommt.
PVT-Stolpersteine
Der inzwischen pensionierte Rommel zog seine Konsequenzen aus dem Disput. Er beteiligte sich am Fraunhofer ISE genauso wie später als Leiter des SPF Instituts für Solartechnik in Rapperswil an der Entwicklung von PVT-Kollektoren. „In vielen Anwendungsfällen werden sie einen besseren Gesamtwirkungsgrad besitzen und gleichzeitig kosteneffizienter sein als Solarmodule und Sonnenkollektoren getrennt nebeneinander montiert“, war er sich sicher.
Dennoch hat sich die Technik bisher nicht durchsetzen können. Unter anderem, weil in manchen Entwicklungen der Wärmeübertrag vom Solarmodul zum Wärmeabsorber nur schlecht funktionierte. Kann die Wärme, die in der PV-Zelle entsteht, aber nicht effizient an den Wärmeträger abgegeben werden, sinkt aufgrund erhöhter Zelltemperatur die elektrische Leistung, während gleichzeitig die thermische Leistungsfähigkeit gering ausfällt. Anstatt eines doppelten Nutzens erntet man nichts Halbes und nichts Ganzes.
Unterschiedliche Konzepte
Die in den vergangenen Jahren vorgestellten Konstruktionen zeigen die Vielfalt der technischen Möglichkeiten, Strom und Wärme gleichzeitig in einem Sonnenfänger erzeugen zu können. Hybridkollektoren lassen sich grob in solche unterscheiden, bei denen die Wärmeproduktion im Vordergrund steht und solche, die hauptsächlich Strom liefern sollen. So ähneln abgedeckte PVT-Produkte mit einem Absorber in einem Kollektorkasten und einer Dämmung an seiner Rückseite vom Aufbau her üblichen Sonnenkollektoren. Der große Unterschied: Unter der Glasscheibe oder direkt auf dem Absorber sind Solarzellen angebracht. Mit dieser Hybridvariante lassen sich durchaus die in Haushalten üblichen Warmwassertemperaturen erreichen. Bei nicht abgedeckten PVT-Aufbauten handelt es sich dagegen meistens um Standard-Photovoltaikmodule, die über einen an ihrer Rückseite montierten Wärmetauscher gekühlt werden. Manche Hersteller montieren dazu eine Stahlwanne unter das Modul, um mit Flüssigkeit die Wärme von den Zellen abzuziehen, andere kleben einen Aluminium-Wärmetauscher oder Kupfer-Rohrschlangen auf die Modulrückseite, wieder andere befestigen Kunststoffkanäle hinter ein randloses Glas-Glas-Modul. Gemeinsam ist ihnen, dass die Stromproduktion im Fokus liegt, denn Solarzellen arbeiten umso effizienter, je kälter sie sind.
Das Angebot an PVT-Modellen bereichern Systeme, die Luft anstatt Wasser als Wärmeträgermedium nutzen und Konstruktionen, die die Solarstrahlung auf einen mit Solarzellen bestückten und von Wärmeträgerflüssigkeit durchflossenen Empfänger konzentrieren.
Vorwärme für Wärmepumpen
Abgedeckte PVT-Kollektoren arbeiten ohne spektralselektive Absorberbeschichtung. Ihre Strahlungsverluste steigen deshalb stärker mit einem wachsenden Temperaturunterschied zwischen Absorber und Abdeckscheibe an als bei herkömmlichen Flachkollektoren. Die Folge: Die Stagnationstemperaturen von PVT-Kollektoren sind deutlich geringer als bei Flachkollektoren, ihre Wärmeverluste deutlich höher.
Viele der heute am Markt verfügbaren PVT-Kollektoren sind deshalb zwar für die Wasservorwärmung und die Trinkwassererwärmung im Sommer geeignet, nicht aber für Kombianlagen zur Raumheizungsunterstützung.
Bei nicht abgedeckten Modellen verschärft sich dieses Problem. Sind sie doch gegen Konvektionsverluste gar nicht geschützt und verlieren deshalb noch mehr Wärme, sodass sie kaum die notwendigen Temperaturen für Warmwasser liefern können. Dennoch bietet sich eine sinnvolle Möglichkeit für ihren Einsatz: Sie können Temperaturen in einem für den Wirkungsgrad einer Wärmepumpen günstigen Niveau bereitstellen. Welchen Nutzen eine solche Kombination bringt, das hat das Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) bereits vor Jahren an einer Pilotanlage gemessen. Fazit: Die unabgedeckte Bauform bietet sich besonders für Wärmepumpensysteme an, denn auf einem niedrigen Temperaturniveau arbeiten die Hybridkollektoren mit einem hohen thermischen Wirkungsgrad.
Dreimal mehr Sinn
Die Kombination macht dreifach Sinn. Erstens können PVT-Kollektoren beispielsweise Erdwärmesonden aufheizen, die als Wärmequelle für eine Wärmepumpe dienen, sodass diese in einem günstigen Temperaturbereich arbeiten, was ihre Effizienz verbessert. Zweitens liefern die Solarzwitter den Strom, den die Wärmepumpe als Antriebsenergie für ihre Kompressoren benötigt. Und das besonders effizient, da die Hybride drittens durch die Kühlwirkung mehr Stromertrag als ungekühlte Photovoltaikmodule erzielen. Mit der PVT-Technik konnten die vom ISFH untersuchten Wärmepumpensysteme mehr als 10% Strom sparen.
Neue Wege
Einen Schritt weiter ist Consolar gegangen. Die Firma hat einen PVT-Kollektor entwickelt, der eine Wärmepumpe direkt mit Energie versorgt. Dazu hat sie vier Jahre lang mit dem niederländischen Projektpartner Triple Solar ein neues Kollektorkonzept erarbeitet. Es besteht darin, dass der Wärmeübertrager auf der Rückseite des Photovoltaikmoduls nicht nur die in Strom umgewandelte Solarenergie nutzt, sondern für die Wärmeaufnahme von Umgebungsluft optimiert ist.
Wärmepumpen funktionieren als Heizgerät, weil sie entweder der Luft oder dem Erdboden Wärme entziehen. Beides ist mit Nachteilen verbunden. Luft-Wärmepumpen oder spezielle Anlagenteile von ihnen stehen häufig außerhalb des Gebäudes, um die Außenluft anzusaugen. Das dafür notwendige Gebläse erzeugt Geräusche, die für Nachbarn störend wirken können. Außerdem benötigen sie im Winter viel Strom. Für erdgekoppelte Systeme wiederum muss meist eine Spezialfirma teure Bohrungen vornehmen. Versorgt ein PVT-Kollektor die Wärmepumpe direkt, entfallen diese Mankos.
Entwickler tun sich zusammen
Auch an den Forschungsinstituten gehen die Arbeiten an einer weiteren Verbesserung der PVT-Technik weiter. So hat das ISFH gemeinsam mit dem Architektur- und Planungsbüro Grobe Passivhaus und dem Hersteller und Entwickler Elodrive einen nicht abgedeckten PVT-Kollektor zur Dachintegration entwickelt und untersucht.
Bei ihm bildet ein flüssigkeitsdurchströmter Wärmeübertrager aus Strangguss-Aluminium zugleich das selbsttragende Montagesystem für die Photovoltaikmodule und zusammen mit ihnen die Dachhaut. Die Fluidkanäle sind direkt in das Profil integriert. Die Konstruktion vereinfacht den Aufbau, sodass weniger Bauteile benötigt werden. Zudem lassen sich die Module auf die Aluminiumprofile klemmen, ohne dass Klebstoff gebraucht wird. Das vereinfacht die Montage, erhöht die Gebrauchstauglichkeit des Systems und senkt die Energiegestehungskosten.
Das ISFH hat einen 20 m2 großen Prototyp auf seinem Testdach über ein Jahr auf Leistungsfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit untersucht. Die Anlage war an ein Wärmepumpensystem angeschlossen. Mithilfe numerischer Modellierung hat das Entwicklungsteam sowohl das Stranggussprofil für den Wärmetransport optimiert als auch die thermische Anbindung zwischen PV-Zellen und Wärmeübertrager verbessert. Die klebefreie Verbindung erwies sich in Messungen und Simulationen als beinahe optimale thermische Kontaktierung. Nun plant das ISFH, verschiedene Demonstrationsanlagen in realen Gebäuden zu installieren.
Ein Fazit
Die PVT-Technik hat in den vergangenen Jahren immer mehr Interesse geweckt. Firmen und Forschungsinstitute haben innovative Kollektor- und Systemkonzepte entwickelt. Seit diesem Jahr bündelt eine Arbeitsgruppe, die Task 60 des Solar Heating & Cooling Programme der Internationalen Energieagentur, die internationalen Forschungsaktivitäten. Fünf Jahre lang wollen Experten aus Industrie und Wissenschaft gemeinsam konstruktive Ansätze analysieren und neue Systemlösungen entwickeln, bei denen die PVT-Technologie ihre energetischen Vorteile ausspielen kann.
Der Beitrag ist erschienen im Solarthermie-Jahrbuch 2019 „Solare Wärme“, Hrsg.: Solar Promotion, 164 Seiten, UVP: 24,90 Euro, www.solarserver.de/stj
Autor: Joachim Berner, Journalist für Erneuerbare Energien