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Zukunftstrends im Handwerk

Mitarbeiter wollen gefordert werden

Unternehmen der SHK-Branchen können es sich nicht mehr leisten, gute und engagierte oder den zuverlässigen, durchschnittlichen Mitarbeiter zu verlieren. Bild: Kermi GmbH

Fachtrends SHK-Handwerk.

Gründe für den Besuch von Weiterbildungen.

Einschätzung: Warum wird gelernt?

Wie und wo lernen Beschäftigte?

Eine aktive und gezielte Personalarbeit, beispielsweise in Form von Mitarbeitergesprächen, können zu einem guten Betriebsklima beitragen.Bild: Fotolia_ kasto

 

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojektes „Integrierte Kompetenzentwicklung im Handwerk“ (In-K-Ha) suchen Wissenschaftler gemeinsam mit Handwerkskammern und Unternehmen nach Lösungen zur Verbesserung der Personalarbeit in Handwerksbetrieben. Dabei zeigte sich, dass Umsetzung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen einer gut durchdachten Personalarbeit bedarf. Viele Handwerksbetriebe fürchten den Fachkräftemangel auch in ihrem Betrieb und sind sich darüber unsicher, wie sie ihre Mitarbeiter im Unternehmen halten können. Nachfolgend werden Ergebnisse mehrerer umfangreicher Befragungen innerhalb des Projektes In-K-Ha und praktische Umsetzungsmöglichkeiten zur Personalarbeit vorgestellt.

Der Forschungsschwerpunkt „Integrierte Kompetenzentwicklung im Handwerk“ ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels mit seinen Auswirkungen gesetzt worden. Fokusgewerke in diesem Projekt sind das Elektro-, das SHK-, das Metall-, sowie das KFZ-Handwerk. Diese Handwerke sind technologiegetrieben und personenstark. Daher boten sie eine gute Möglichkeit, in ausreichendem Maße Daten zu diesen Themen zu erheben und neue Wege in der Personalarbeit pilotmäßig und begleitend auszuprobieren.

Unternehmerischer Erfolg ist abhängig von den Mitarbeitern
Der demografische Wandel ist eine langfristige Herausforderung, die, obwohl schon lange bekannt, jetzt verstärkt in den Betrieben spürbar wird. Die Prognose, Betriebe würden es in Zukunft schwerer haben, über geeignete Mitarbeiter und ausreichend Bewerber zu verfügen, ist in vielen Handwerksbetrieben bereits Realität. Für den SHK-Bereich ist das Verhältnis der offenen Stellen zu den verfügbaren Mitarbeitern wie folgt: Auf 100 offene Stellen im SHK-Bereich kamen in 2014 64 Bewerber (DIW, 2014).
Für Inhaber und deren Betriebe ist dies häufig ein alarmierendes Signal, was zunehmend dazu führt, dass Mitarbeiterbindung eine wichtige Angelegenheit wird. Unternehmen dieser Branchen können es sich nicht mehr leisten, gute und engagierte oder den zuverlässigen, durchschnittlichen Mitarbeiter zu verlieren. Sie müssen sie aktiv an ihr Unternehmen binden. Gleichzeitig erfordern Trends und Innovationen eine ständige Weiterentwicklung der Kompetenzen der Mitarbeiter – was jedoch in Anbetracht der häufig guten Auftragslage der Unternehmen schwer zu vereinbaren scheint. Bereits daran lässt sich erkennen, dass Personalarbeit verstärkt als ein wichtiger Baustein der unternehmerischen Tätigkeit im Handwerksbetrieb zu sehen ist. Unternehmerinnen und Unternehmer die erkennen, dass Kompetenzentwicklung und Mitarbeiterbindung sich ergänzende Faktoren sind, die dazu beitragen, den unternehmerischen Erfolg sicher zu stellen, haben langfristig Wettbewerbsvorteile und sichern ihre Existenz – so die These.

Was erwartet die Unternehmen in Zukunft?
Das Projektteam führte u.a. Studien zu Trends im Handwerk durch. Fünf Trends wurden von 36 Experten – z. B. Mitarbeiter aus den Forschungseinrichtungen des Handwerks, Hersteller, Technologieberater – bei der Umfrage als die wichtigsten gewerkübergreifenden Herausforderungen für die Zukunft benannt:

  • Steigender Bedarf und Anspruch der Kunden an speziellen und individuellen Beratungs- und Serviceleistungen,
  • Zunehmende Digitalisierung der Arbeit (Stichwort: Handwerk 4.0),
  • Höhere Anforderungen an Dokumentations- und Zertifizierungspflichten inkl. der dazugehörigen Bürokratie (Beispiel: Mindestlohn),
  • Komplexere Anforderungen an die Aufträge und Systeme,
  • Mehr gewerkübergreifendes Arbeiten (Beispiel: Energetische Sanierung von Gebäuden).


Es wurden 257 Unternehmer und Führungskräfte aus Niedersachsen dazu befragt, welche dieser Trends sie heute und zukünftig als besonders relevant erachten. Diese Trends werden nach Einschätzung der Befragten in den nächsten 5 bis 10 Jahren an Bedeutung zunehmen, allerdings sehen die befragten Inhaber ihre Mitarbeiter noch nicht ausreichend darauf vorbereitet.
Darüber hinaus wurden auch gewerkspezifische Trends ermittelt. Für das SHK-Handwerk ergaben sich folgende Trends als zukünftig und gegenwärtig relevant für diese Branche:

  • Die energetische Gebäudesanierung,
  • Innovative Heizsysteme,
  • Barrierefreies Sanieren,
  • Trinkwasserhygiene.


Auch bei der Bewertung dieser Trends durch die befragten Inhaber und Führungskräfte von SHK-Betrieben wird ersichtlich, wie groß die Diskrepanz zwischen der Einschätzung, ob Mitarbeiter gut auf diese Trends vorbereitet seien und der Bedeutung der Entwicklungstrends ist. Gerade die Themenfelder der energetischen Gebäudesanierung und der Innovativen Heizsysteme stellen sich als Bereiche heraus, bei denen noch Entwicklungsbedarf für viele Mitarbeiter besteht.

Das Weiterbildungsinteresse bei Mitarbeitern ist hoch
Viele Unternehmer stehen bei einer prinzipiell guten Auftragslage vor der Frage, wie sie überhaupt ihre Aufträge bewältigen können und gleichzeitig ihre Mitarbeiter auf Zukunftstrends vorbereiten können. In einer weiteren Befragung wurden daher auch rund 600 Beschäftigte zu ihren Weiterbildungsinteressen und -motiven befragt. Im Ergebnis zeigte sich eine starke Motivation an Weiterbildung aus eigenem Interesse an fachlich spezifischen Weiterbildungsthemen. Im Vergleich dazu wirken äußere Beweggründe, wie der Anspruch von Vorgesetzten an Mitarbeiter, in sehr viel geringerem Maße genannt.

Das am häufigsten genannte Argument war der Wunsch, sich fachlich zu verbessern. Eine durchaus karriereorientierte Motivation bei gleichzeitigem Interesse an ihrer fachlichen Verbesserung und dem eigenen Interesse am Thema ist bei vielen Befragten die wichtigste Motivation. Besonders aufschlussreich war die gegenüberstellende Einschätzung der befragten Inhaber, auf die Weiterbildungsaspirationen der Mitarbeiter. Diese wurden danach gefragt, warum Mitarbeiter ihrer Meinung nach Weiterbildungen besuchen. In der Gegenüberstellung stellt sich heraus, dass auch die Inhaber das fachliche Interesse der Mitarbeiter, Weiterbildungen zu besuchen durchaus ähnlich wie die befragten Beschäftigten selbst sehen. Was die Inhaber in der Einschätzung zu den Mitarbeitern jedoch in geringerem Maße vermuten, ist die eigene Karriereorientierung als Grund. Dafür wird das Motiv, eine Weiterbildung auf Wunsch des Chefs zu besuchen, wesentlich höher durch die Unternehmensführung eingeschätzt, als es tatsächlich für die befragten Beschäftigten der Fall ist. Durch diese Einschätzungen wird deutlich, wie hilfreich es für beide Seiten wäre, über Qualifikation, Aufstieg und Weiterentwicklung in einen Austausch zu kommen. Selbst- und Fremdeinschätzung klaffen im Vergleich der Befragungen an vielen Stellen auseinander. Für die praktische Kommunikation im betrieblichen Alltag ließe sich hieraus folgern, dass durchaus Konfliktpotenzial aufgrund der unterschiedlichen Einschätzungen vorhanden ist.

Wie beeinflusst der demografische Wandel die Beziehung von Mitarbeitern und Vorgesetzten?
Viele Beschäftigte erkennen den Fachkräftemangel in ihrer Branche und erleben ihn in ihrem Betrieb durch Arbeitsverdichtung. Er macht sich in einem neuen Selbstbewusstsein der Fachkräfte bemerkbar, die ihren Marktwert nun höher einschätzen. Vorhandene Mitarbeiter, die in der Vergangenheit aus Angst vor Arbeitsplatzverlust Unstimmigkeiten oder schwierige Arbeitsbedingungen auf sich genommen und toleriert haben, stehen in Zeiten des Fachkräftemangels Alternativen und Chancen aufgeschlossener gegenüber. Das betrifft auch die Möglichkeit des Arbeitsplatzwechsels. Die selbstbewussteren Angestellten treffen in ihren Betrieben nicht selten auf Führungskräfte und Inhaber, die die Vorstellungen und Ziele ihrer Mitarbeiter nicht erfragen und daher oft nicht richtig einschätzen. Auch die Erfahrung, über die Entwicklung eines Mitarbeiters im SHK-Betrieb ein Gespräch zu führen, ist häufig einfach nicht da.
In der Folge dieser Entwicklung wird der manchmal übliche „rauhe Ton“ von Mitarbeitern schneller kritisch hinterfragt. Oder ein anderes Beispiel: Eine Herausforderung in einem Kundenauftrag, bei der organisatorische Schwierigkeiten durch den Einfallsreichtum der Mitarbeiter ausgeglichen werden konnten, wird nicht ausreichend gewürdigt. Mitunter nicht wertgeschätzte Kleinigkeiten können, wenn sie gehäufter auftreten, das Gefühl, ein gut qualifizierter Mitarbeiter zu sein, schmälern und für Frustration sorgen. Dadurch entstehen manchmal Missstimmungen, die von den Chefs als Befindlichkeiten der Mitarbeiter interpretiert werden könnten. Allerdings sollten solche Stimmungen ernst genommen werden. Hier entsteht die Chance für Veränderungen – z. B. in dem Mitarbeitergespräche eingeführt werden. Strukturierte Gespräche bieten neben Kompetenzfeststellung und Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter auch die Chance, Arbeitsprozesse zu optimieren und die Qualität der Arbeit – und damit auch die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Vielleicht erfährt man von seinen Mitarbeitern auch, wie die eigenen Verhaltensweisen sich auf diese auswirken und bekommt Anregungen, selbst etwas zu verändern. Hier können Inhaber mit einer aktiven und gezielten Personalarbeit nicht nur etwas dafür tun, dass ihnen ihre Mitarbeiter erhalten bleiben. Sondern gerade in kleinen Betrieben ist die Synergie von guten Arbeitsabläufen, hoher Qualifikation und gutem Betriebsklima besonders intensiv.

Wie können Mitarbeitern Perspektiven im Unternehmen aufgezeigt werden?
Grundsätzlich: Durch die Art wie Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern in Kontakt gehen, wie sie ihre Unternehmensziele definieren und ihr Unternehmen organisieren, entsteht ihre ganz spezifische Unternehmenskultur. Das ist wichtig zu wissen, wenn man verstehen will, wie sich Mitarbeitergespräche oder überhaupt eine veränderte Form des Umgangs auf die Kompetenzentwicklung eines Mitarbeiters und die Arbeitsqualität im Unternehmen auswirken können. Eine strukturierte Gesprächsform sind Mitarbeitergespräche, z. B. in Form von Mitarbeiterjahresgesprächen. Diese sind in vielen Handwerksbetrieben noch fremd. Häufig scheuen sich Inhaber auch, solche Gespräche in ihrem Handwerksbetrieb einzuführen. Sie führen das Argument ins Feld, ihr Betrieb sei klein und der Mitarbeiter könne doch immer kommen, wenn er etwas ansprechen wolle. Eine offene, konstruktive und interessierte Gesprächskultur muss jedoch im ers­ten Schritt von der Führungskraft selbst aktiv kultiviert und gefördert werden.
Um die eigene Scheu vor einem Gespräch mit seinem Mitarbeiter zu verlieren hilft es manchmal, sich in einem ersten Schritt zu fragen, welche Ideen, Ziele und Motive man als Unternehmerin oder Unternehmer hatte, als man sich selbständig gemacht hat. Gab es negative Verhaltensweisen und Umgangsformen bei bisherigen Arbeitgebern, die nie übernommen werden sollten? Gab es damals den Wunsch nach mehr Anerkennung und Verantwortung vom Chef? Dieses Gedankenspiel könnte helfen, eine Perspektivübernahme zu leisten, die möglicherweise für eine Führungskraft recht ungewohnt erscheint. Viele Inhaber haben ein anderes Verständnis ihrer Führungsaufgabe: Sie tragen die Verantwortung und gehen im stressigen Alltag häufig davon aus, ihr Mitarbeiter müsse wissen, was jetzt von ihm erwartet würde. Und andererseits haben Vorgesetzte manchmal auch eine Einschätzung zu ihrem Mitarbeiter die möglicherweise überprüft und korrigiert werden könnte. Sich in die Rolle eines Mitarbeiters hineinzuversetzen, fördert in einem ersten Schritt die Empathie und damit die Bereitschaft, Fragen zu stellen und offen zuzuhören, was den Kontakt zu den Mitarbeitern verbessert.
Sind diese Schritte getan und die Bereitschaft zu einem offenen Dialog hergestellt, ist es in einem nächsten Schritt nicht mehr so schwer, eine geeignete Gelegenheit zum Gespräch zu finden oder diese zu schaffen. Ein sehr hilfreicher, verbindlicher und Orientierung gebender Rahmen kann z. B. ein strukturiertes Mitarbeiterjahresgespräch sein. Solche Gespräche bieten die Chance…

  • …berufliche Ziele und Neigungen der Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen abzugleichen.
  • …Mitarbeitern Perspektiven in ihrem Unternehmen aufzuzeigen.
  • …den Betrieb noch besser auf die künftige Entwicklungen vorzubereiten.
  • …die Kompetenzentwicklung für einzelne Mitarbeiter passgenau zu planen und zu steuern.
  • …die Arbeitgeberattraktivität weiter auszubauen.

Mitarbeitergespräche: Was ist zu beachten? Wie sollte man es anpacken?
Mitarbeitergespräche sollten grundsätzlich vorangekündigt werden. Es hilft, sich einen Leitfaden zur Hand zu nehmen, damit die Gespräche vom Aufbau her ähnlich ablaufen können und Ergebnisse vergleichbar sind. Wenn Gespräche dieser Art geführt werden, sollten diese in jedem Fall dokumentiert und Vereinbarungen wie z. B. der Besuch einer Weiterbildung im Laufe eines Jahres umgesetzt werden. Hilfreich ist auch, diese Gespräche einmal eingeführt, regelmäßig – sprich einmal jährlich durchzuführen.
In dem Projekt „In-K-Ha“ wird ein online für alle Betriebe nutzbares Tool, das „Kompetenz-Navi“1) zur Kompetenzfeststellung entwickelt. Es ist ab der zweiten Jahreshälfte online verfügbar. In diesem PC-gestützten Leitfaden für die Bewertung von Kompetenzen in SHK-Berufen wird Fachbetrieben im Rahmen einer Selbsteinschätzung des Mitarbeiters und einer Fremdeinschätzung durch Vorgesetzte die Möglichkeit geboten, Fachkompetenzen und überfachliche Kompetenzen festzustellen und miteinander zu vergleichen. Das „Kompetenz-Navi“ dient als Hilfestellung, um Handwerksbetrieben gute Personalarbeit und aktive Kompetenzentwicklung zu erleichtern.

Ansprechpartner und Unterstützung finden
Es gibt auch andere Möglichkeiten, ein leitfadengestütztes Mitarbeitergespräch durchzuführen. Hierzu findet sich eine Vielzahl an Literatur bei den Buchhändlern. Auch Handwerkskammern bieten Beratungen und Unterstützung zum Thema Personalführung. Hier ist es am besten, die jeweilig zuständige Handwerkskammer zu kontaktieren und nach ihrem Angebot zu fragen. Auch Coaches und freie Berater unterstützen vermehrt Handwerksbetriebe in Personalfragen. Mittlerweile gibt es sogar die Möglichkeit, sich über Förderprogramme wie „Unternehmenswert Mensch“ an einen Berater zu wenden. Die Beratungen werden in diesem Programm abhängig von der Betriebsgröße gefördert.
Es ist in jedem Fall ratsam, sich mit der Thematik auseinander zu setzen. Besonders in einer Zeit, in der Fachkräfte Mangelware sind. Denn es wird für SHK-Betriebe immer wichtiger werden, zufriedene Mitarbeiter zu haben. Das bieten einer Perspektive und einer anerkennenden Behandlung stellen dabei die Basis. Denn eines muss klar sein: Wer zufrieden mit seinem Arbeitgeber und mit seiner Arbeit ist, wird seine Stelle nicht so leicht wechseln.

Literatur: Studie „Fachkräfteengpässe in Unternehmen“, Institut der deutschen Wirtschaft; Köln 2014 (www.bmwi.de).

Autorin: Daniela Wiemers, Projektleitung „Integrierte Kompetenzentwicklung im Handwerk“
(In-K-Ha) bei der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Bilder, sofern nicht anders angegeben: Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

 


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