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„Zu Unrecht negativ belastet“

Das Umweltbundesamt hat sich in einer Mitteilung zum Vorkommen von Legionellen in dezentralen Trinkwasser­erwärmern geäußert und die Frage aufgeworfen, ob diese Installationsart auch weiterhin als sicher angesehen werden kann.

Zum Round-Table-Gespräch trafen sich Dr. Roland Foitzik (Mitte), Michael Pehl (rechts), Dieter Stich (links) und IKZ-Chefredakteur Markus Sironi am Unternehmensstammsitz von Oventrop in Olsberg (NRW). Bild: IKZ

Dezentrale Trinkwassererwärmer gelten bei Planern wie auch Installateuren in puncto Hygiene als sicher. Zu Irritationen und Missinterpretationen hat eine Mitteilung des Umweltbundesamtes (UBA) geführt. Bild: Oventrop

Das Stammwerk von Oventrop aus der Vogelperspektive. Die rund 1000 Mitarbeiter produzieren in den Werken Olsberg und Brilon ein umfangreiches Programm von Armaturen und Systemen für die Bereiche Heizen, Kühlen und Trinkwasser. Bild: Oventrop

 

Dezentrale Trinkwassererwärmer gelten bei Planern wie auch Installateuren in puncto Hygiene als sicher – bislang zumindest war das so. Zu Irritationen und Missinterpretationen hat eine Mitteilung des Umweltbundesamtes (UBA) geführt, wonach bei der Abklärung von Legionelleninfektionen auch dezentrale Trinkwassererwärmer in die Ursachensuche einzubeziehen sind. Der Hersteller Oventrop verzeichnete daraufhin von Fachpartnern aus Handwerk und Planung viele Anfragen zur Thematik. Der Systemanbieter sieht hier Aufklärungsbedarf. Ein Round-Table-Gespräch mit unserer Redaktion sollte die dezentrale Trinkwassererwärmung ins richtige Licht rücken. Am Unternehmensstammsitz in Olsberg (NRW) sprachen Dr. Roland Foitzik, Leiter Vorentwicklung, Michael Pehl, Leiter Serien­entwicklung, und Dieter Stich, Vertriebs-Ingenieur, mit IKZ-Chefredakteur Markus Sironi.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Aussage des Umweltbundesamtes zur Ursachensuche bei Legionelleninfektionen ist ja eigentlich nicht neu: Anlagen zur Trinkwassererwärmung – ob zentral oder dezentral – sind im Bedarfsfall zu beproben. Alle Anlagenabschnitte sind in die Ursachenforschung einzubeziehen. Und das unabhängig davon, dass sich aus den Paragraphen 5, 8 und 14 der Trinkwasserverordnung eine generelle Beprobungspflicht bei dezentralen Trinkwassererwärmern nicht ableiten lässt.
Michael Pehl: Neues steht in der UBA-Mitteilung in der Tat nicht drin. Aber offensichtlich wird sie im Markt falsch verstanden. Wir haben viele Anrufe von verunsicherten Planern und Fachhandwerkern zum Einsatz von Wohnungsstationen erhalten. Darf ich Systeme mit dezentraler Trinkwassererwärmung noch installieren? Müssen die Anlagen generell beprobt werden? Was muss bei der Planung nun beachtet werden usw.? Unserer Wahrnehmung nach entsteht im Moment der Eindruck, dass dezentrale Trinkwassererwärmung schlechter ist als zentrale. Das kann so nicht stehenbleiben, denn es stimmt nicht.
Dieter Stich: Mitunter wird das so interpretiert, dass dezentrale Anlagen generell beprobungspflichtig sind. Auch das stimmt nicht.
Dr. Roland Foitzik: Dem Ganzen überlagert ist ja die Herausforderung, Trinkwasser mit geringen Übertemperaturen beispielsweise durch Wärmepumpen möglichst effizient zu erwärmen. Das steht im Zusammenhang mit den Klimazielen der Bundesregierung, die voraussichtlich auch ein zweites Mal nicht erreicht werden. Nun will eine eigene Trinkwasserkommission sich des Effizienzthemas annehmen. Wohnungsstationen sind zweifellos ein geeigneter Baustein zur Erreichung der Klimaziele.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ein Baustein, der gut geplant und gebaut sein will.
Dieter Stich: Absolut. Wohnungsstationen sind unser Metier. Wir wollen natürlich, dass diese Stationen über die gesamte Lebensdauer hygienisch einwandfrei bleiben. Dazu müssen sie bedarfsgerecht ausgelegt, sauber gebaut und – ganz wichtig – bestimmungsgemäß betrieben werden. DIN 1988-200 enthält die Aussage, dass es für Wohnungsstationen keine generellen Anforderungen gibt. Konkret heißt es in der Norm: „Dezentrale Durchfluss-Trinkwassererwärmer können ohne weitere Anforderungen betrieben werden, wenn das nachgeschaltete Leitungsvolumen von 3 l im Fließweg nicht überschritten wird.“ Dies wird von vielen als Freifahrtschein verstanden. Dem ist aber nicht so. Den Legionellen ist es egal, wie groß die Anlage ist. Fehlt der Wasseraustausch und stimmen die Temperaturen nicht, drohen hygienische Beeinträchtigungen. Planer und Handwerker hierfür zu sensibilisieren sehen wir als enorm wichtig an.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sensibilisierung bedeutet auch Qualifizierung. Und damit sind wir beim Thema Schulungen. In welcher Form bieten Sie diese an?
Dieter Stich: Zum einen klassisch als Vor-Ort-Seminar. Zum anderen gibt es Online-Kurse und Webinare – aktuell zur Optimierung von Heizungsanlagen und auch zur Trinkwasserhygiene. Diese Form der Wissensvermittlung hat den Vorteil, dass die Teilnehmer keine Anreise auf sich nehmen müssen, sparen also Zeit und damit Geld. Überdies gehen die Webinare mitunter über mehrere Sessions und dauern maximal eine Stunde. So lässt sich Weiterbildung gut mit betrieblichen Erfordernissen in Einklang bringen.
Dr. Roland Foitzik: Wir fokussieren die Lernangebote unserer „OV Academy“ derzeit auf die hydraulische Optimierung von haustechnischen Anlagen und auf den Bereich Trinkwasserhygiene. Wer mehr darüber erfahren möchte: Der Reiter „Lernen“ auf unsere Homepage informiert über unsere komplette Angebotspalette im Bereich der Weiterbildung.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Argumente sprechen für die dezentrale Frischwassererwärmung  respektive für Wohnungsstationen?
Dr. Roland Foitzik: Das kann man in einem Satz zusammenfassen: Kleinstmöglicher Wasserinhalt der Anlage, größtmöglicher Wasseraustausch und damit Vermeidung von Stagnation – bei bestimmungsgemäßer Auslegung und Betrieb versteht sich. Wenn ein Parameter nicht stimmt, dann kippt das Ganze.
Michael Pehl: Ich will dazu gern ein Beispiel bringen. Vor wenigen Jahren wurde eine Apartment-Anlage im Rahmen eines Projekts der Uni-Klinik Schleswig-Holstein auf Legionellen untersucht. 84 Wohnanlagen wurden dort mehrmals am Tag beprobt – sowohl kalt als auch warm. In mehr als der Hälfte der Wohnungen fanden sich Keimzahlen oberhalb des technischen Maßnahmenwertes, und das, obwohl die Anlagen mit Durchlauferhitzern ausgestattet waren. In der Zusammenfassung der Studie heißt es, dass Durchlauferhitzer im Vergleich zu Literaturangaben von Großanlagen deutlich häufiger erhöhte Legionellengehalte aufweisen. Die Studienmacher empfehlen zudem eine Untersuchungspflicht von dezentralen Anlagen. Beim genauen Studium des Projekts zeigt sich aber, dass diese Wohnungen in dem Block selten genutzt wurden. Das Wasser stagniert schlichtweg. Da nützt auch die beste Technik
nichts.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wenn ich allerdings über die Wohnungsstation das Warmwasser gradgenau zur Verfügung stelle, muss kein Kaltwasser beigemischt werden. Und somit droht zumindest Stagnation an einigen Zapfstellen auf der Kaltwasserseite – etwa beim Waschtisch oder der Dusche.
Michael Pehl: Diese Problematik zeigt sich in der Tat, wenn die Anlagen, wie einige Kunden es fordern, auf 42 °C Auslauftemperatur ausgelegt werden. Aber das empfehlen wir nicht.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sondern?
Michael Pehl: Wir empfehlen eine Auslauftemperatur von 50 °C.
Dieter Stich: Unsere Empfehlung deckt sich mit den beiden gängigsten Regelwerken: Das DVGW Arbeitsblatt W 551 beispielsweise empfiehlt, den Warmwasserbereich nicht unter 50 °C zu fahren. Der VDI fordert an Küchenspülen eine Mindesttemperatur von 50 °C. Das hat – nur mal am Rande erwähnt – auch den Vorteil, dass im täglichen Betrieb in der Regel Kaltwasser beigemischt wird und somit alle Leitungsteile regelmäßig durchströmt werden.
Dr. Roland Foitzik: Ich möchte noch einen weiteren Vorteil herausstellen: Wenn man sich die Installationen in der Praxis anschaut, dann sieht man regelmäßig, dass Warm- und Kaltwasserleitung nebeneinander verlegt werden. Trotz Dämmung ist der Wärmeaustausch unvermeidbar. Wohnungsstationen haben den Vorteil, dass nur eine Kaltwasserleitung in die Etage gezogen werden muss, wodurch weniger Installationsaufwand entsteht (fehlende Heißwasserzirkulation) und wobei der Anteil des Volumenstromes des zu erwärmenden Trinkwassers vorab mit durch die Kaltwasserleitung fließt (höherer Wasseraustausch, weniger Stagnation).

IKZ-HAUSTECHNIK: Nicht jedem sind diese Zusammenhänge auf Anhieb klar. Unterstützen Sie Planer und Fachbetriebe bei der Auslegung und Konzeption von Trinkwasseranlagen?
Michael Pehl: Lassen Sie es mich mal so formulieren: Früher haben TGA-Planer und im kleineren Bereich auch ausführende Fachbetriebe die Gebäudetechnik von Anfang an und komplett geplant. Heute dagegen wird immer häufiger auf die Kompetenz der Hersteller zurückgegriffen. Wir sind dieser Entwicklung schon vor Jahren gefolgt und bieten natürlich auch umfangreiche Planungsservices an.
Dieter Stich: Das ist heute der Regelfall. Was wir dazu brauchen ist ein Gebäudeplan, Infos zur Gebäudenutzung und ein Strangschema. Mitunter bekommen wir nur allgemeine Angaben als Planungsgrundlage. Dann können wir allenfalls nur mit Standardwerten rechnen, was aber je nach Objekt nicht optimal ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Reichen Standardwerte nicht für die meisten Anlagen?
Michael Pehl: Für uns ist das nur ein Kompromiss. Stagnation und Temperaturhaltung – diese Herausforderungen haben wir bei jedem Projekt. Und nur durch eine bedarfsgerechte und nicht durch eine standardisierte Planung und natürlich die richtigen Stellschrauben – 50 °C-Auslegung, Rohrleitungsführung, Dimensionierung Rohrsys­tem – bekommen wir diese elementaren Punkte in den Griff. Wenn die Zapfstellen dann noch ausreichend genutzt werden, kann das gesamte System hygienisch betrieben werden.
Dieter Stich: Wir müssen uns bewusst sein, dass die dezentrale Trinkwassererwärmung eine hervorragende Möglichkeit darstellt, hygienisch Warmwasser zu bereiten – wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Auf Wasseraustausch und Einhaltung der Temperaturen, sowohl auf der Warm- als auch auf der Kaltwasserseite, ist unbedingt zu achten.
Dr. Roland Foitzik: Unabhängig von den planerischen Aspekten sprechen der Komfort und die Energieeffizienz von dezentralen Anlagen für diese Technik. Gleichwohl muss festgehalten werden, dass auch zentrale Anlagen ihre Vorteile besitzen. Für beide Systeme gilt die Aussage: Werden die allgemein anerkannten Regeln der Technik bei Planung, Bau und Betrieb eingehalten, dann laufen die Anlagen einwandfrei.

 


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