„Wir müssen Handwerk zeigen“
Nachwuchsgewinnung im SHK-Handwerk – ein Blick auf Hamburg
Bernd Seeger, Geschäftsführer des Berufsbildungswerks der Innung Hamburg, kümmert sich seit Jahren intensiv um die Rekrutierung von Auszubildenden im SHK-Handwerk. Seine Bilanz ist gut. Wir haben bei ihm nachgefragt, welche Instrumente er nutzt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Können Sie Ihre Anstrengung im Bereich der Azubiwerbung quantifizieren?
Bernd Seeger: Das ist natürlich schwer, weil es unterschiedliche Bereiche gibt, in denen wir tätig sind. In Hamburg haben wir z.B. engen Kontakt zu den Schulen. Wir verfügen über Listen von Berufsorientierungslehrern. Der Kontakt ist eng. Ferner schließen wir uns auch Aktivitäten der Handwerkskammer an. So haben wir z. B. bei der integrierten Nachwuchsaktion INA mitgemacht. Hier ging es um Kurzpraktika. Die Innung war mit eingebunden und die Bildungswerkstätten wurden intensiv genutzt. Unsere über 600 Mitgliedsbetriebe haben sich hier mit Tagespraktika aktiv eingebracht. Wir arbeiten aber auch intensiv mit anderen Innungen zusammen. Hier sei beispielhaft die Aktion „Wenn Handwerk, dann Innung“ genannt. Es gibt hierbei das Angebot von „Tage der offenen Türen“ für junge Menschen. Darüber hinaus haben wir schon vor über 10 Jahren eine BildungsGmbH gegründet, um zusätzlich aktiv zu sein.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie schätzen Sie den Wettbewerb zu anderen Gewerken ein? Das SHK-Handwerk steht schließlich in starker Konkurrenz zu anderen Gewerken, wenn es um die Gunst der besten Köpfe geht.
Bernd Seeger: Unsere Zahlen sprechen für sich. Vor 3 Jahren haben wir die Marke von 300 Azubis im SHK-Handwerk in Hamburg überschritten. Damit sind wir zahlenmäßig gleichauf mit dem Elektrohandwerk und kommen direkt nach dem KfzGewerbe.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie steht die SHK-Innung Hamburg zum Thema Migration und Flüchtlinge im Zusammenhang mit der Nachwuchsgewinnung?
Bernd Seeger: Wir engagieren uns z. B. in einem Projekt mit Namen „Hin zum Handwerk“. Dort werden zweimal im Jahr Geflüchtete auf den Beruf vorbereitet, zusammen mit anderen Innungen kooperieren wir hier. Die jungen Leute kommen eine Woche zu uns und sind noch weitere drei Wochen in verschiedenen Bildungswerkstätten. Das SHK-Handwerk in Afghanistan ist natürlich anders als das in Syrien und in Deutschland. Wir schauen uns die Leute an und gucken, wer zu uns passt. Dann sorgen wir dafür, dass es berufsbezogenen Deutschunterricht gibt und begleiten die Jugendlichen zusätzlich mit Sozialpädagogen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Das ist natürlich sehr aufwendig. Ist es auch erfolgreich?
Bernd Seeger: Das Projekt geht jetzt ins 3. Jahr. Die Vermittlungsquote liegt bei 65 %. Die Teilnehmer sind häufig sehr motiviert. Betriebe fragen an und wollen sich am Projekt beteiligen. Man kann schon sagen, dass der Erfolg uns hier Recht gibt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was raten Sie Ihren Kollegen bei der Nachwuchsgewinnung?
Bernd Seeger: Da hätte ich drei ganz konkrete Tipps. Erstens: aufhören zu schimpfen. Zweitens: Akzeptieren, dass es nur die gibt, die da sind und keine anderen. Und drittens: lieber 10 Leute gut betreuen als 1000 Schülern nur einen Zettel in die Hand zu drücken. Wir sind kein klassischer Bildungsträger. Wir müssen Handwerk zeigen. Nur wenige Menschen wissen z. B., was ein Anlagenmechaniker SHK wirklich macht. Deshalb meine Empfehlung: zeigen, zeigen, zeigen. Und man muss sich die Zeit nehmen. Auch der Chef selber sollte aufklären, anstatt zu jammern. Wir haben viele tolle Betriebe, die das genauso vormachen. Begeistern heißt begeistert sein. Wie cool ist es, nach Hause zu gehen und etwas mit den Händen geschaff en zu haben.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Kampagne ZEIT ZU STARTEN?
Bernd Seeger: Unsere Erfahrungen sind sehr gut. Wir nutzen die Kampagne und das zur Verfügung stehende Material komplett. Wir setzen z. B. die RollUps für Messen ein. Wir verlinken auf die Homepage und weisen im Grunde überall, wo es sinnvoll ist, auf ZEIT ZU STARTEN hin.
IKZ-HAUSTECHNIK: Bleiben wir kurz bei der Nachwuchskampagne. Auf www.zeitzustarten. de werden interessierte junge Menschen auf die Betriebssuche gelenkt, die dann wiederum auf die Suche der Arbeitsagentur verweist. Wie gehen Sie hier in Hamburg damit um?
Bernd Seeger: Wir weisen regelmäßig darauf hin, dass der Betrieb sich bei der Arbeitsagentur gemeldet haben muss, will er über unsere Aktivitäten von Schülern gefunden werden. Das habe ich bestimmt schon 20mal getan und wiederhole das bei jeder Gelegenheit. Sei es im Führungsseminar mit 80 Betrieben, im Damenoder Bezirksmeisterseminar, alle wissen das. Ich mache übrigens gerne eine LiveVorführung auf Veranstaltungen mit einem Beispielbetrieb, der nicht da drin ist. Am nächsten Tag ist er dabei.
IKZ-HAUSTECHNIK: Neben der Betriebssuche bietet die Website einen AnschreibenGenerator, mit dem der Schüler mit ganz wenigen Angaben eine Anfrage bzw. eine Kurzbewerbung schicken kann. Diese geht ja an den Landesverband bzw. in Ihrem Fall an die Innung. Was machen Sie damit?
Bernd Seeger: Ich leite solche Anfragen umgehend an meine Mitarbeiterin weiter. Sie schaut in einem Suchradius von 2 bis 3 km von der Heimatadresse. Der Interessent erhält Adressen von Betrieben in diesem Radius. In der Regel antworten wir im Laufe eines Tages. Es ist uns klar, dass, wenn unsere Azubizahlen weiter in den Keller gehen, wir dort andere Wege gehen müssen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Das Stichwort „andere Wege gehen“ greife ich gern auf: Gerade junge Menschen halten sich viel in den sozialen Medien auf. Gibt es dort ergänzend zu Ihren ganzen Programmen und Aktivitäten auch Anknüpfungspunkte?
Bernd Seeger: In Social Media machen wir noch viel zu wenig. Es gibt zwar einen InnungsAccount für Facebook und Instagram, den wir aber eigentlich nicht nutzen. Wir hatten bisher andere Schwerpunkte, das war noch nicht so sehr Th ema.
IKZ-HAUSTECHNIK: Steht das Th ema Social Media auf Ihrer persönlichen Wunschliste?
Bernd Seeger: In der Tat. Wenn es etwas gäbe, wo wir vergleichbar wie im Internet auch in den sozialen Medien regional aufsatteln könnten, wäre das großartig. Also im Grunde ein regionaler Account für die sozialen Medien.