Windgas produzieren statt WKA abschalten
Der Unternehmensverbund Energie des Nordens um Windkraft-Unikat Reinhard Christiansen wird den von H-Tec Systems derzeit gebauten Elektrolyseur im schleswig-holsteinischen Haurup übernehmen. Die Maschine soll ab 2020 überschüssigen Windstrom in Windgas umwandeln. Dabei handelt es sich um Wasserstoff, der ins Gasnetz eingespeist wird.
Kleiner Vorgeschmack auf das, was in Haurup stehen wird: Die H-Tec-Systems Geschäftsführer Frank Zimmermann und Dr. Joachim Herrmann (von links) vor dem kleineren PEM-Elektrolyseur aus der Serie ME 100/350 mit einer elektrischen Nennleistung von 225 kW. In Haurup wird für Energie des Nordens die Anlage rund viermal so groß sein: Der ganz neue ME 450/1400, der jetzt gefertigt wird, wird 1 MW Nennleistung haben und in einem 40-Fuß-Container Platz finden. Bild: H-Tec Systems
Freuen sich nach dem Geschäftsabschluss, von links nach rechts: H-Tec-Geschäftsführer Frank Zimmermann, Energie des Nordens-Geschäftsführer Reinhard Christiansen und Greenpeace Energy-Vorstand Sönke Tangermann. Bild: Greenpeace Energy
Greenpeace Energy ist Hauptgesellschafter von Energie des Nordens und will mit dem Windgas seine proWindgas-Kunden bedienen. Die richtungsweisende Aktion fasst gleich drei Brennpunkte der Energiewende an: das Thema Netzausbau, Abschalten von Windkraftanlagen (WKA) bei Überlast und das Thema Power-to-X (PtX), also die Überführung von überschüssigem Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen in eine andere Energieform, in diesem Fall Power to Gas (PtG).
Der Elektrolyseur in Haurup wird eine Nennleistung von 1 MW besitzen und er soll jährlich bis zu 3 Mio. kWh Wasserstoff ins Gasnetz einspeisen. Die Wasserstoff-Einspeisung mag auf den ersten Blick irritieren. PtX-Verfahren setzen meist auf ein Verfahren aus zwei Schritten: Wasserstoff wird im ersten Schritt per Elektrolyse als Ausgangsstoff für weitere Produkte gewonnen, die im zweiten Schritt erzeugt werden. Beim Power-to-Gas-Verfahren wird mit Hilfe des Wasserstoffs unter Zugabe von Kohlendioxid Methan erzeugt, das ins Erdgasnetz eingespeist werden kann.
Das Windgas ist Wasserstoff
Bei dem dann in Haurup erzeugten Greenpeace-Windgas handelt es sich aber um Wasserstoff, der ins Gasnetz eingespeist wird und nicht um synthetisches Methan. Möglich ist dies, weil das Gasnetz Wasserstoffanteile von 2 - 5 % zulässt. Diese tragen zum Brennwert des Gases bei. Der Kunde zahlt ja am Ende in Form eines kWh-Preises. Das Greenpeace-Windgas ist also nicht als Erdgas-Ersatzprodukt zu verstehen, sondern als Bestandteil einer angelegten Transformation von zu verfeuerndem Gas von fossil auf erneuerbar. Das alles geschieht allerdings auch für proWindgas-Kunden nur bilanziell, d. h. die eingespeiste Menge muss mit der entnommenen entsprechen, aber nicht diese sein.
Laufen lassen statt abschalten
Der zweite Punkt ist allerdings, dass falls Elektrolyseure überschüssigen Windstrom umwandeln können, den das Stromnetz nicht mehr aufnehmen kann, die Abschaltung von WKA dann zumindest verringert werden könnte. Das Abschalten ist bekannter Maßen für den Bürger teuer, denn auch für nichtproduzierten, zwangsabgestellten EE-Strom wird Vergütung nach Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gezahlt. Hinzu kommt außerdem, dass die Vorrangregelung für EEG-Anlagen dazu führt, dass die Kosten für so genannte Redispatch-Maßnahmen in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt sind. Damit werden i. d. R. konventionelle Kraftwerke dafür entschädigt, wenn sie nicht den Strom ins Netz einspeisen können wie geplant, weil über die Vorfahrtregelung das Netz bereits durch EEG-Strom prallvoll ist.
„Das ist ein perfekter Standort für das Projekt“, sagt Mit-Geschäftsführer von Energie des Nordens und Windkraftpionier Reinhard Christiansen, „weil es dort einen Netzknoten gibt, an dem besonders viel überschüssiger Windstrom anfällt, den wir mit unserem Elektrolyseur künftig in erneuerbaren Wasserstoff – also Windgas – umwandeln können. So nutzen wir jede Kilowattstunde anstatt Windkraftanlagen abzuschalten.“