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Wie viel Strom zieht mein System?

Der Eigenstromverbrauch von Stromspeichern ist bei vielen Anbietern nicht transparent dokumentiert

Solarspeichersysteme brauchen Betriebsstrom – doch wie viel ist das? Das System besteht aus mehreren Komponenten, die Strom brauchen, und nicht nur der Batterie. Die ersten PV-Althasen wollen das wissen. Bild: Solarworld

André Jödicke aus Berlin dokumentiert die Solarerträge seiner Photovoltaik-Anlage und kommt dabei zu interessanten Ergebnissen. Bild: Jödicke

Wenn Energie umgewandelt wird, fallen Wandlungsverluste an. Deshalb muss auch die Zahl der Ein- und Auslagerungsvorgänge von Solarstrom in die Batterie und aus ihr wieder heraus klein gehalten werden. Bild: Solarwatt

 

Bei der dezentralen Stromerzeugung über PV-Anlagen geht ein Teil der Energie durch den eigenen Verbrauch verloren, z. B. durch Bereitschaftsverluste von Wechselrichtern. Gleiches gilt für die Speicherung der elektrischen Energie in Batteriesystemen. Doch wie hoch ist der Eigenstrombedarf eines Solarstromspeichers überhaupt? Das Thema ist schwierig zu beziffern, wie die Recherchen des Autors belegen. Der Wunsch darüber zu erfahren aber da. Anbieter, Installateure und Planer sollten für diese Kunden-Frage gut aufgestellt sein.

Die Basisarbeit machen oft jene, die nachfragen und die keine befriedigende Antwort erhalten. Wie André Jödicke aus Berlin. In seiner Freizeit dokumentiert er über Excel-Tabellen und Grafiken die Solarerträge seiner Photovoltaik-Anlage, die Eigenstromversorgung, den Eigenverbrauch des Speichers, inklusive Wandlungsverlusten und Erhaltungsladungen. Und er kommt dabei zu interessanten Ergebnissen: „Für uns war es überraschend, dass es in den Nachtstunden Erhaltungsladungen für die Batterieanlage gab. Die Energie geht zwar nicht verloren, aber die Wandlungsverluste verbleiben bei uns. Wir hatten daraufhin dem Anlagenvertreter vorgeschlagen, diese Erhaltungsladungen, wenn sie denn technisch notwendig sind, doch am Tage durchzuführen.“ Auch in Sachen Standby entdeckte Jödicke Ungereimtheiten: „Man hatte mir zunächst keinen, dann einen zu niedrigen Wert genannt. Solch’ eine Frage wurde wohl in der Vergangenheit noch nie gestellt“, wundert er sich.

PV-Althasen und Batteriepioniere
Jödicke, Hausherr eines frei stehenden Einfamilienhauses, besitzt seit Februar 2015 einen Solarstromspeicher (Kapazität: 4,5 kWh, Nutzkapazität: 3,2 kWh, max. Ladeleistung: 2,4 kW, Batterietyp: Lithium-Eisen-Phosphat, LiFePO4). Er hat die Batterie nachgerüstet, seine PV-Anlage betreibt er bereits seit Oktober 2011 (monokristalline Module, 3,3 kWp Leistung). Der prognostizierte Ertrag: 2780 kWh/a – eine zuverlässige Prognose – 2015 waren es 2690 kWh. Er ist, wie viele PV-Bestandsanlagenbesitzer auch, sehr technikaffin und innovationsfreudig. Als Ingenieur einer Berliner Wohnungsbaugesellschaft sind ihm innovative Themen nicht fremd. Er nahm an zwei Modellvorhaben des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zu Wohnungslüftung und transparenter Wärmedämmung teil und schrieb darüber auch Fachartikel.

Überfragte und Verwunderung
Bereits mit Montage der PV-Anlage hat er Geschirrspüler und Waschmaschine per Timer immer am Mittag laufen gelassen, wenn die höchsten solaren Gewinne zu erwarten sind. Er erhöht die Eigenstromversorgung und verringert gleichzeitig den Strombedarf durch verschiedenste technische Maßnahmen am und im Haus. Aktueller Stand: Der jährliche Strombedarf (2 Personen) beträgt rund 900 kWh. Für seinen Fall hat er 450 kWh/a Eigenstrombedarf des Solarstromspeichers errechnet. Für einen Kunden wie Jödicke ist das angesichts des nur doppelt so hohen Jahresgesamtstrombedarfs des ganzen Hauses ernüchternd. „Für Nutzer mit 4000 kWh Strombedarf pro Jahr und darüber ist das ja gar kein Thema. Wenn wir aber nur noch ca. 900 kWh pro Jahr im Haushalt benötigen, dann ist das für uns schon wichtig“, merkt er an. Und er resümiert: „Eine Batterieanlage ohne Eigenverbrauch und Wandlungsverluste haben wir schon aus physikalischen Gründen nicht erwarten können. Wir hätten nur gern im Vorfeld gewusst, was zu erwarten ist.“

Wissen, was zu erwarten ist
„Ich glaube nicht, dass die Hersteller falsche Angaben zum Eigenverbrauch machen; sie machen erst keine Angaben dazu“, sagt er. „Dieses Thema wurde offenbar noch nie angesprochen.“ Was zu erwarten ist, ist tatsächlich nicht so einfach zu sagen. Wie viel Strom zieht ein Solarspeichersystem: Pauschale Aussagen sind schwer, wenn nicht gar unmöglich zu treffen. Denn der Verbrauch hängt a) von vielen technischen Faktoren ab und b) natürlich auch vom Faktor „individuelles Verhalten“. Also keine Angaben machen? Eine solche Antwort dürfte unbefriedigend sein für neugierige Kunden und selbst für die nur an Speichersystemen Interessierten. Könnte doch der Argwohn aufkommen, dass dies nur eine Schutzbehauptung ist, um keine Angaben machen zu müssen.
Zwar sollte selbst erzeugter Solarstrom möglichst im Haus bleiben. Und der Batteriehype kreist praktisch ausschließlich um die Frage, auf welchen Level die Eigenstromversorgung gebracht werden kann. Unter vertretbarem Aufwand ist eine Verdoppelung von 30 auf 60 % realistisch. Aber wenn die Eigenstromnutzung maßgeblich vom Eigenstrombedarf des Speichersys­tems „gehoben“ werden sollte, stellt sich dann doch die Frage der Sinnhaftigkeit. Zumal sich auch die Frage stellt, ob nicht doch für den laufenden Betrieb Strom auch mal aus dem Netz bezogen werden muss. Aber den zu beziehen soll ja gerade durch den Kauf eines Solarspeichersystems vermieden werden.

Das Puzzle
IBC Solar macht sich als einer der Wenigen auf Nachfrage die Mühe und rechnet für das Gesamtsystem aus: Standby für die Batterie „SolStore Li“ 5 W, die das darin integrierte Batteriemanagementsystem (BMS) zieht, dazu 7 W für den Wechselrichter SMA Sunny Island, außerdem 2 W für den Zähler. Der Eigenverbrauch Standby des Speichersystems (14 W Leistung) summiert sich bei 100 % Standby-Betrieb im Jahr laut IBC Solar auf 122 kWh pro Jahr. Allerdings beschreibt dieser Eigenverbrauch nur den Standby. Der tatsächliche Leistungsbedarf ist um den Faktor 3 höher. „Im Betrieb wird die Leistungsaufnahme in der Größenordnung um 50 W liegen“, rechnet Iris Meyer von IBC Solar vor.
Wenn Energie umgewandelt wird, fallen Wandlungsverluste an. Deshalb muss auch die Zahl der Ein- und Auslagerungsvorgänge von Solarstrom in die Batterie und aus ihr wieder heraus klein gehalten werden. Die Wandlungsverluste hängen ab von Variablen, zum Beispiel ab wieviel Prozent Mindestentladung gleich wieder komplett aufgeladen wird. Eine größere Mindestentladung gegebenenfalls auch manuell zu setzen ist vielleicht angeraten.
Wandlungsverluste sind auch eine Frage des verwendeten Batterietyps. Bleibatterien haben höhere Wandlungsverluste als Lithium-Batterien. Und unter den Lithium-Batterien gibt es auch wieder Unterschiede, auch wenn diese im Vergleich relativ gering sind. Lithium-Eisen-Phosphat (LiFePO4)-Batterien gelten als besser als Nickel-Kobalt-Mangan- (NCM) oder Nickel-Kobalt-Aluminiumoxid-(NCA)-Zellen.
Kommt es gegebenenfalls zu Erhaltungsladungen und ist dann die Größenordnung relevant? Akkus entladen sich mit der Zeit von selbst bei Nichtbenutzung. Sie müssen dann Strom beziehen, um eine Tiefenentladung zu verhindern. Dies ist zum Beispiel bei Solarwatt nicht der Fall, was die Gefahr einer absoluten Tiefenentladung betrifft: Der Stromspeicher „MyReserve“ wird in einen Sleep Mode versetzt, in dem die gesamte Elektronik einschläft und nur ab und zu prüft, ob alles in Ordnung ist. „Der Speicher kann in diesem Zustand etwa sechs Monate, also den gesam­ten Winter verbleiben, ohne dass die Gefahr besteht, dass die Batterie Schaden nimmt“, erläutert Detlef Neuhaus, Geschäftsführer von Solarwatt. In Jödickes Fall bedeutet aber eine Erhaltungsladung einen kompletten Ladevorgang, sobald eine definierte Mindestentladung unterschritten wurde, zum Beispiel von 30 auf 100 %. Auch das gilt es zu erklären.

Mehr Wissen bieten
Speicher-Anbieter, die in den Datenblättern zum Eigenstrombedarf des Solarstromspeichers gar nichts erst angeben, mögen das damit begründen, dass dieser stark vom kundenindividuellen Nutzerverhalten
abhängt und dass Pauschalwerte somit wenig Aussagekraft besitzen. Verständlich auch, dass die Zielgröße Maximierung des Eigenverbrauchs von Solarstrom klar im Vordergrund steht. Bei „handfesten“ Werten besteht natürlich auch die Gefahr, dass man dann darauf festgenagelt wird.
Hinzu kommt, dass eine Aussage zum Eigenverbrauch dann auch konsequenter Weise verlangt, alle Parts zu betrachten und nicht nur beispielsweise den Standby. Das ist ein Puzzle. Das „System“ besteht ja aus verschiedenen Komponenten, die verbrauchsrelevant sind. Batteriemanagementsystem, Zähler, Wechselrichter oder einfach nur ein Display. Aber das Beschreiben in Ungefähr-Werten können Planer, Installateure und Anbieter leis­ten. Gegenüber nachfragenden Kunden müssen sie es sogar. Zum Beispiel auch diese Frage von André Jödicke: Ob eine 24-Stunden-Online-Anbindung des Speichers wirklich notwendig ist? Solche Fragen werden zunehmen: Mit Verbreitung von Speichersys­temen als Standardkomponente von neuen PV-Anlagen und auch im Bestand in Form von Nachrüstungen.

Autor: Dittmar Koop

 

Glossar Solarstromspeicher – mit Anmerkungen des Autors

Eigenstromversorgung
Noch vor 10 Jahren galt die Devise, möglichst viel Solarstrom ins öffentliche Netz einzuspeisen, weil die Vergütung sehr hoch war. Heute gilt es, möglichst viel vom selbst erzeugten Solarstrom im eigenen Haus zu nutzen und dadurch Strombezug zu vermeiden. Mithilfe von Solarstromspeichersystemen ist mit einem vertretbaren finanziellen Aufwand eine Verdoppelung des Eigenstromanteils am Strombedarf auf rund 60 % möglich. Die Systeme werden laufend verbessert und die Preise werden weiter sinken. Durch „Kniffe“ kann auch einiges getan werden, um mehr Solarstrom selbst zu nutzen. Zum Beispiel durch Timer, die den Geschirrspüler oder die Waschmaschine dann starten, wenn die höchsten Solarerträge am Tag zu erwarten sind.

Eigenstrombedarf
Vernachlässigt wird bisher, den Stromverbrauch differenziert aufgeschlüsselt darzustellen, den das Solarstromspeichersystem im Betrieb selbst verbraucht. Der Standby ist nur eine Verbrauchskomponente und alleine eine unzulängliche Angabe. Der Leistungsbedarf zum Beispiel ist in der Regel um Faktor 3 höher. Hinzu kommen Strom für den Wechselrichter und die Regelung. Der Eigenstrombedarf ist auch abhängig vom eingesetzten Batterietyp. Lithium-Ionen schneiden hier besser ab als Bleibatterien. Eindeutige Werte angeben scheint unmöglich, weil die Komponente „individuelles Verhalten“ eine Blackbox ist. Dem steht aber entgegen, dass in anderen Bereichen (z. B. Wärme) schon lange wie selbstverständlich die Prototyp-Familie oder das Prototyp-Haus mit prototypischem Verhalten in die Planung einbezogen wird. Vielleicht ist es an der Zeit, ein solches Prototyp-Verhalten auch für Solarstromspeichersysteme zu definieren, um darüber den zu erwartbaren Eigenstrombedarf zu prognostizieren.

Wandlungsverluste
Wenn Energie von einer Form in eine andere „umgewandelt“ wird, entstehen Wandlungsverluste. Dies ist ein physikalisches Gesetz. Wenn Solarstrom (elektrische Energie) in einem Akku geparkt wird, dann als (elek­tro)chemische Energie. Bei der Rückwandlung kommt es natürlich erneut zu Verlusten. Ziel muss sein, die Zahl der Wandlungen gering zu halten. Damit rückt die Batterie aus dem Fokus und dahin, wohin sie gehört, in die dienende Peripherie: Als Aufnahmemedium, wenn a) gerade kein direkter Verbrauch des erzeugten Stroms möglich ist und b) eine Einspeisung ins Netz nicht gewünscht wird.

Erhaltungsladungen
Klassisch meint der Begriff, dass eine Erhaltungsladung vorgenommen werden muss, um eine Tiefenentladung zu verhindern. Denn sie kann einen Akku zerstören. Im Winter könnte bei einem Solar-Akku ein solcher Vorsorge-Fall eintreten: Die Batterie wird nicht beladen (z. B. weil keine Sonne scheint oder Schnee auf den Kollektoren liegt), zeitgleich sie aber in Anspruch genommen wird. Davon abzugrenzen ist allerdings die andere „Erhaltungsladung“: Ab welchem Wert von Mindestentladung der Batterie der Voll-Aufladevorgang wieder einsetzt. Ist er gering, setzt der Aufladevorgang ziemlich schnell wieder ein – mit entsprechenden Wandlungsverlusten oder auch ggf. nachts, wenn keine Sonne scheint. Dann muss die elektrische Energie über das Netz bezogen werden.

 


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