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Wie viel Solarwärme kommt noch an?

Teil 1

Dr. Rolf Meißner

Der folgende zweiteilige Artikel geht der Frage nach, wie viel Trinkwasser aus verschiedenen Funktionstypen von Kombispeichern bei gleichem Solarwärmeinhalt und gleichen Ausgangsbedingungen maximal gezapft werden kann, ohne dass die Nachheizung bemüht werden muss. Es handelt sich in jedem Fall um die theoretische Abschätzung nach oben. In der praktischen Ausführung können die Ergebnisse aufgrund der getroffenen Vereinfachungen allenfalls gerade so gut sein wie unten beschrieben, ausnahmslos sind sie jedoch schlechter.

 

Auf dem Solarmarkt wird die Vielfalt der Kombispeicher immer größer. Dies sind fast ausschließlich Heizungspufferspeicher, bei denen die Trinkwassererwärmung irgendwie im Durchlauf erfolgt. Mehr oder minder zu Recht nennen sich deshalb immer mehr dieser Speicher auch "Frischwassersysteme". Der Begriff Kombispeicher drückt aus, dass sie nebenbei auch die Heizung solar unterstützen können.

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Funktionsweise
Trotz des kaum noch überschaubaren Spektrums von Kombispeichern kann man diese nach ihrer Funktionsweise klassifizieren. Die Menge der ohne Nachheizung zur Warmwasserbereitung nutzbaren Solarwärme, diese Eigenschaft soll hier "solarer Puffernutzungsgrad" genannt werden, reicht bei den untersuchten Kombispeicherklassen von weniger als 10 % bei speziellen innen liegenden Gleichstromwärmetauschern bis zu über 90 % bei ideal funktionierenden externen Gegenstromwärmetauschern.

Die am Markt sehr häufig vertretenen Kombispeicher mit sehr großen innen liegenden Wärmetauschern erreichen nach den Gesetzen der Physik nur Puffernutzungsgrade von maximal 30 %. Tank-in-Tank-Speicher erreichen immerhin noch zwischen 40 % und 50 %. Der praktische Nachteil von Kombispeichern mit geringem Puffernutzungsgrad besteht darin, dass sie viel öfter den Kessel zur Verstärkung und Nachladung einschalten müssen, die schlechtesten von ihnen bereits nach kleinsten Zapfmengenentnahmen. Das nimmt der Solarwärme die Vorfahrt und sorgt für einen wesentlich höheren Öl- oder Gasverbrauch, besonders außerhalb der Heizperiode. Bei jedem Flachkollektor dämpft ein schlechter solarer Pufferwirkungsgrad zusätzlich drastisch den Kollektorwirkungsgrad, weil die zur Aufrechterhaltung des Komforts erforderlichen Durchschnittstemperaturen viel höher sind als bei Kombispeichern mit einem hohen Puffernutzungsgrad.

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Kombispeicherklassen

Betrachtet werden sollen acht verschiedenartige Speicher mit gleichem Inhalt, die alle von unten bis oben gleichmäßig auf eine Speichertemperatur TSP erwärmt sind. Aus allen soll nun so lange Warmwasser mit einer Zapftemperatur Tzapf (TSP ≥ Tzapf ≥ TWW) entnommen werden, bis die Zapftemperatur einen Sollwert TWW unterschreitet. Die entnommene Warmwassermenge mit der variablen Temperatur Tzapf ≥ TWW wird auf die Menge normiert, die exakt mit der Temperatur TWW hätte entnommen werden können.

Mit der Kaltwassertemperatur TKW tritt das Trinkwasser in den Speicher ein. Die Zapfrate soll moderat sein (z. B. max. 12 l/min.). Es soll aber später noch erwähnt werden, wie stark die verschiedenen Ergebnisse von der Zapfrate abhängen, bei größerer Zapfrate also schlechter als hier dargelegt ausfallen würden. Die folgenden Skizzen bilden die acht Kombispeicherklassen auf das Wesentliche reduziert ab. Ein idealer Mischautomat liefert Warmwasser exakt mit der Temperatur TWW, sorgt also für die Normierung auf TWW.

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1. Als Referenz dient ein Warmwasserspeicher. Idealisiert wird hier wie auch bei allen weiteren Speichern angenommen, dass er ohne Verwirbelung und Vermischung des unten eintretenden Kaltwassers von oben geleert wird. Auf diese Weise gewinnt man eine um den Faktor (TSP-TKW)/(TWW-TKW) größere Menge Warmwasser mit der Temperatur TWW als Heißwasser mit der Temperatur TSP anfangs im Speicher ist - mehr ist unter keinen Umständen möglich.

2. Der Speicher ist ein Puffer, dessen Heißwasser durch einen Gegenstromwärmetauscher gepumpt wird. Plattenwärmetauscher sind sehr effizient. Es ist bei moderater Zapfrate gut möglich, eine Temperaturdifferenz von minimal 5 Kelvin zwischen TSP und Tzapf zu halten. Zur mathematischen Vereinfachung soll dabei der Warmwasservolumenstrom genauso groß sein wie der gepumpte Speicherwasserstrom, sodass auch die Speicherrücklauftemperatur TPR gerade 5 K über TKW liegt.

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3. Ein Pufferspeicher hat einen effizienten internen Gegenstromwärmetauscher, der beim Zapfen einen Schwerkraft-umlauf des Speicherwassers erzeugt, und zusätzlich einen nachgeschalteten, ganz oben angeordneten Glattrohrwärmetauscher. Anders als bei Speicher 2 wird der Schwerkraftumlauf immer kleiner, je weiter die Entladung des Speichers voranschreitet. In guter Näherung kann man gemittelt mit der dreifachen Temperaturdifferenz wie bei Speicher 2
rechnen.

4. Tank-in-Tank-Speicher: Im Innern eines Puffers befindet sich ein kleiner Warmwasserspeicher, der wie der  Puffer auf die Temperatur TSP erwärmt ist. Er wird wie Speicher 1 geleert, nimmt dabei aber auch wieder eine gewisse Wärmemenge vom Puffer auf, weshalb mehr Warmwasser gezapft werden kann als im Innentank ist. Interessanterweise kann der Puffer dabei bis unter den Wert TWW abkühlen, da der Wärmetausch zwischen Puffer und Warmwasserspeicher zeitlich verzögert geschieht.

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5. Ein Puffer ist von oben bis unten gleichmäßig mit einem sehr großen innen liegenden Gleichstrom-Warmwasser-Wendelwärmetauscher ausgestattet. Um den Druckverlust akzeptabel klein zu halten, muss dieser Wärmetauscher weite Rohre und damit sowohl einen beträchtlichen Inhalt als auch ziemlich schlechte Wärmeübertragungswerte aufweisen. Weil der untere Teil der Wärmetauscherwendel bereits als Warmwasser-Vorwärmung arbeitet, wird der Puffer etwas besser genutzt als bei einer flachen Wendel (vgl. auch mit 7) - allerdings nur aufgrund der enormen Größe des Wärmetauschers (vgl. auch mit 8.) und nur, wenn der Puffer von oben bis unten durchgeladen ist. Als Wärmespeicher verhält sich die Wendel wie Speicher 4 (Tank-in-Tank). Beide Eigenschaften tragen zur Zapfleistung bei. Mitunter ist auch bei diesen Speichern von Frischwasserbereitung die Rede, doch das ist meistens irreführend und ungerechtfertigt, weil der Trinkwasserinhalt u. U. mehr als 10-mal größer ist als bei wirklichen Frischwasserspeichern wie 2, 3, 7 oder 8. Es ist bei moderater Zapfrate immerhin möglich, eine Temperaturdifferenz von etwa 10 Kelvin zwischen TSP und Tzapf zu halten.

6. Ein Warmwasserspeicher wird scheinbar mit verkehrten Anschlüssen versehen. Kaltwasser strömt oben hinein und Warmwasser wird unten entnommen. Das erscheint sinnlos, weil der Warmwasserspeicher vollständig vermischt wird. Doch dieses System ist real. In China und anderen Ländern mit instabiler Wasserversorgung, wo es vielfach zum Einsatz kommt, ist es wichtiger, den Speicher auch als Reservoir nutzen zu können, das bei Wasserausfall ganz einfach geleert werden kann, als auf thermische Schichtung zu achten. Physikalisch ist dieses System mit einem Puffer identisch, in dessen oberstem Bereich sich ein innen liegender Warmwasser-Wärmetauscher mit unendlich großer Tauscherleistung befindet - der perfekte oben und innen liegende Gleichstromwärmetauscher sozusagen, der besonders einfach mathematisch zu modellieren ist und sich deshalb als Modellvorlage für alle Kombispeicher mit Gleichstromwärmetauscher bestens eignet.

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7. Ein Puffer ist in seinem obersten Bereich mit einem innen liegenden Gleichstrom-Wärmetauscher mit vernachlässigbarem Inhalt ausgestattet, stellt also einen echten Frischwasserspeicher dar.

8. Ähnlich wie bei Speicher 5 zieht sich ein innen liegender Gleichstrom-Warmwasser-Wendel-Wärmetauscher durch den gesamten Puffer, jedoch mit vernachlässigbarem Inhalt und derselben kleinen Wärmetauscherfläche wie bei Speicher 7 - sozusagen eine Synthese aus Speicher 5 und 7. Die Warmwasser-Vorwärmung im unteren Teil der Wendel nützt hier nichts, weil mit fortschreitender Abkühlung des Puffers der Temperaturgradient für immer größere Anteile des Wärmetauschers schwindet und die Übertragungsleistung überproportional zusammenbricht. Speicher 8 zeigt somit ungefähr, was von Speicher 5 übrig bliebe, wenn es wirklich ein Frischwasserspeicher wäre.

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Ladezustands- und Zapfkurven
Die nebenstehenden Skizzen 1) bis 8) verdeutlichen auf zwei verschiedene Betrachtungsweisen, was beim WW-Zapfen aus einem Kombispeicher passiert. Die Flächen beider Diagramme repräsentieren Wärmemengen und sind deshalb nichts anderes als zwei verschiedene Darstellungen des Energieeinsatzes.

Die Diagramme rechts zeigen die Verteilung der Temperatur über der Höhe des Speichers zu Beginn der Zapfung (durchgezogene Linie) und zu deren Ende (gestrichelte Linie).

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Die markierten Flächen entsprechen den entnommenen Wärmemengen.

Die rechte Spalte zeigt den zeitlichen Verlauf der oberen Speichertemperatur (durchgezogene Linie) und der Zapftemperatur (gestrichelte Linie) während der Zapfung bis zum Abbruchkriterium Tzapf ≤ TWW. Die markierten Flächen entsprechen ebenfalls den entnommenen Wärmemengen, wobei V’zapf als konstant angenommen wird und T jeweils der Zeitpunkt ist, bei dem die Zapftemperatur kleiner wird als TWW.
Anmerkung: Da V’zapf zuvor als Volumenstrom aus dem Speicher definiert wurde und konstant sein soll, muss der am Wasserhahn wahrgenommene Volumenstrom größer sein bzw. außer bei den Speichern 1 und 2 während der Zapfung ständig abnehmen und erst genau am Abbruchkriterium Tzapf ≤ TWW den Wert V’zapf erreichen. Praktisch wird aber der Zapfvolumenstrom nicht nachreguliert, solange der Temperaturzusammenbruch unter der Dusche noch nicht zu sehr nervt. In der Realität sind die Temperaturabfälle der Zapfkurven (rot gestrichelt) also noch steiler, weil infolge des kontinuierlich fallenden Temperaturverhältnisses Tzapf/TKW eine sukzessive V’zapf-Erhöhung stattfindet.

(Wird fortgesetzt)

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Autor
Dr. rer. nat. Rolf Meißner ist Physiker und hat als Produktmanager und Entwickler seit 1990 bei Paradigma Vertreter nahezu aller Kombispeicherklassen entwickelt, getestet, bewertet und, wenn angebracht, auch wieder verworfen.

 


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