Wie gut eignet sich Bioheizöl für Heizungsanlagen?
Heizöl mit Anteilen aus nachwachsenden Rohstoffen sind seit einigen Jahren ein wichtiges Thema in der Energiewirtschaft. Dennoch ist die Akzeptanz von Bioheizölen bei deutschen Heizölkunden bislang eher zurückhaltend. Eine Ursache dafür sind u. a. Zweifel an der Funktionsfähigkeit der neuen Brennstoffqualität in bestehenden und neuen Ölheizungsanlagen. Um diesen Vorurteilen zu begegnen, hat Shell Deutschland über vier Jahre hinweg (vier Heizperioden) einen umfassenden Feldtest beim Betrieb von insgesamt 27 Ölheizungsanlagen verschiedenen Alters und Typs mit unterschiedlichen Bioheizölqualitäten durchgeführt. Klaus Schlame, Projektmanager Heizölproduktentwicklung bei Shell, gibt Einblicke in den Testverlauf und in die erzielten Ergebnisse.
IKZ-HAUSTECHNIK: Als erstes Energieunternehmen im deutschen Markt bietet Shell seinen Heizölkunden mit „Shell Thermo plusBio10“ bereits seit Beginn der Heizsaison 2009 flächendeckend ein Heizölprodukt mit einem Anteil an nachwachsenden Rohstoffen von bis zu 10 %.
Herr Schlame, welche Vorteile bringt der Einsatz von Bioheizöl mit sich?
Klaus Schlame: Grundsätzlich kann Bioheizöl definitiv helfen, Treibhausgasemissionen zu senken und die fossilen Erdölvorkommen zu schonen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Dennoch ist der Absatz von Bioheizöl in Deutschland bislang eher gering. Woran liegt das?
Klaus Schlame: Teilweise gibt es Vorbehalte, gerade was die Vorteile für Klima und Umwelt betrifft. So glauben einige, dass Kraft- und Brennstoffe mit einem Anteil an nachwachsenden Rohstoffen eher zu einer negativen Klimabilanz führen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Worauf zielt diese Kritik ab?
Klaus Schlame: Vor allem auf die Herstellung der biogenen Komponenten. Diese werden aus Rohstoffen gewonnen, die gepflanzt, herangezogen, geerntet, transportiert und gelagert werden müssen. Bis ein flüssiger Bioenergieträger mit konventionellem Heizöl gemischt werden kann, muss bei vielen Prozessen immer wieder Energie aufgewendet werden. Und die ist heute meist noch fossilen Ursprungs. Der Einsatz von Biokomponenten macht also nur dann Sinn, wenn die dafür aufgewendete Energie und die emittierten Treibhausgase geringer sind, als dies bei der zu ersetzenden fossilen Energie der Fall ist.
Bei keiner der 27 Anlagen haben wir im Testverlauf brennstoffbedingte Störungen oder Undichtigkeiten festgestellt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie stellen Sie das sicher?
Klaus Schlame: Durch wirklich nachhaltige Produktion. Noch bevor eine bestimmte Biokomponente bei uns überhaupt zum Einsatz kommt, erstellt ein Expertenteam eine umfassende Energie- und Emissionsbilanz für jeden Schritt bei ihrer Produktion. Nur wenn diese Bilanz positiv ausfällt, wird die Komponente auch eingesetzt. So können wir sicherstellen, dass nur solche Komponenten in unseren Produkten eingesetzt werden, die wirklich nachhaltig sind. Das gilt übrigens auch für unsere Zulieferer von Biokomponenten. Bei unserem Bioheizöl erfüllen wir freiwillig bereits heute die strengen Nachhaltigkeitskriterien, die bislang lediglich für den Einsatz flüssiger Biomasse in der Stromerzeugung und im Verkehr gelten.
IKZ-HAUSTECHNIK: Nachhaltigkeit ist ja nur ein Faktor, der die Heizölkunden beschäftigt. Mehr Bedenken gibt es bei der technischen Eignung von Bioheizöl für bestehende und neue Ölheizungsanlagen im Markt. Um die Eignung festzustellen, führte Shell über vier Jahre hinweg einen Feldtest beim Betrieb von insgesamt 27 Ölheizungsanlagen mit unterschiedlichen Bioheizölqualitäten durch. Welche Kesselarten und Brennstoffe wurden dabei getestet?
Klaus Schlame: Bei den 27 Testanlagen kamen sowohl Standard- und Niedertemperatur- als auch Brennwertkessel unterschiedlichen Alters zum Einsatz sowie Anlagen mit Gelb- und Blaubrennern. Das Baujahr der verschiedenen Kessel lag zwischen 1967 und 2005, das der Brenner zwischen 1981 und 2006. Die Tankanlagen unterschieden sich außerdem in Material, Typ und Aufstellungsort, und die Ölversorgungen waren im Ein- und Zweistrangsystem ausgeführt. Darin kam jeweils eine handelsübliche Biokomponente aus nachwachsenden Rohstoffen zum Einsatz. Alle Brennstoffe enthielten ein speziell abgestimmtes Wirkstoffpaket, um den problemlosen Einsatz in allen Testanlagen sicherzustellen. Gemessen am Anteil an nachwachsenden Rohstoffen entsprachen die Brennstoffe nach DIN V51603-6 EL A einem B10 bzw. B30. Der Test, der von 2006 bis 2010 durchgeführt wurde, bildet insofern einen repräsentativen Querschnitt der unterschiedlichen Ölheizungssysteme im derzeitigen Raumwärmemarkt ab.
Einige der mit B30 betriebenen Anlagen wiesen gegen Ende des Tests, in der vierten Heizperiode, geringe Rückstände an den Düsen und den Mischeinrichtungen gegenüber mit B10 betriebenen Anlagen auf.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Ergebnisse hat der Langzeittest gebracht?
Klaus Schlame: Zunächst einmal: Bei keiner der 27 Anlagen haben wir im Testverlauf brennstoffbedingte Störungen oder Undichtigkeiten festgestellt. Zudem waren die ölführenden Teile der mit B10 betriebenen Anlagen praktisch ablagerungsfrei. Die Lagerstabilität aller eingesetzten Brennstoffe war zu Testende noch so gut, dass sogar die weitere Verwendung problemlos möglich war. Vor allem die Stabilität der Brennstoffe gegen Alterung durch Oxidation – für Bioheizöl das entscheidende Stabilitätskriterium – war bei den Brennstoffen vom Typ B10 auch zum Testende nach wie vor exzellent.
IKZ-HAUSTECHNIK: Worauf haben Sie beim Feldtest besonders geachtet?
Klaus Schlame: Bei regelmäßigen Inspektionen vor allem auf mögliche brennstoffbedingte Anlagenstörungen oder Undichtigkeiten sowie auf mögliche Ablagerungen an Brennerbauteilen oder im Kessel. Ein zweiter Schwerpunkt im Testverlauf war die kontinuierliche Analyse von Brennstoffproben. Im PAE-Labor von Shell Global Solutions haben wir Antworten u. a. auf Fragen zu Stabilität, Lagerfähigkeit und Mikrobenbefall der Biokomponenten erhalten.
Die Stabilität der Brennstoffe gegen Alterung durch Oxidation – für Bioheizöl das entscheidende Stabilitätskriterium – war bei den Brennstoffen vom Typ B10 auch zum Testende nach wie vor gut. Hingegen erwiesen sich die B30-Brennstoffe als weniger stabil, obwohl dessen Qualität laut Shell immer noch ausreichend gut für den problemlosen Betrieb war.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die mikrobielle Belastung ist bei Heizöl mit Biokomponente zudem viel diskutiert. Welche Erkenntnisse hat der Feldversuch in diesem speziellen Punkt geliefert?
Klaus Schlame: In der Tat wiesen einige der Brennstoffproben eine mikrobielle Belastung auf. Allerdings haben wir bei unseren Analysen auch festgestellt, dass das Maß der mikrobiellen Belastung eindeutig nicht von der Brennstoffgruppe abhängt. Das heißt, bei den betroffenen Proben war nicht die Menge der Biokomponente im Heizöl entscheidend für dessen mikrobielle Belastung.
Um Mikrobenbefall vorzubeugen, appellieren wir an alle Ölheizungsbesitzer, ihren Tank regelmäßig reinigen zu lassen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was war dann die mögliche Ursache für die mikrobielle Belastung?
Klaus Schlame: Hier stehen die Tankanlagen im Vordergrund. Schließlich wurden diese vor dem Start des Feldtests im Jahr 2006 nicht speziell gereinigt. Der überwiegende Teil der Tankanlagen war auch davor schon seit vielen Jahren nicht mehr gereinigt worden. Grundsätzlich sind Mikroben im Heizöl ja kein Problem, das erst mit der Entwicklung von Heizöl mit Biokomponente aufgetreten ist. Auch in Heizölen ohne Biokomponente kann durch Temperaturunterschiede bei längerer Lagerung Wasser kondensieren. Das ist die Grundlage zur Entstehung von Mikroben und Bakterien, die Probleme in der Heizungsanlage verursachen können. Daran hat die Einführung von Heizöl mit Biokomponente nichts geändert. Daher appellieren wir schon seit Langem an alle Ölheizungsbesitzer, ihren Tank regelmäßig reinigen zu lassen, um Mikrobenbefall vorzubeugen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was leiten Sie aus den Testergebnissen für Ihre eigene Entwicklungsarbeit bei Shell ab?
Klaus Schlame: Über alle Brennstoffgruppen hinweg haben die Testdaten eines deutlich gemacht: B10 ist mit der heute von uns eingesetzten Additivtechnologie das Maß der Dinge im Heizölbereich. Ein wesentlicher Teil unserer täglichen Arbeit bei Shell zielt darauf ab, die Alterungsbeständigkeit unserer Heizölprodukte kontinuierlich zu verbessern. Einige der mit B30 betriebenen Anlagen wiesen gegen Ende des Tests, in der vierten Heizperiode, marginale Rückstände an der Düse und der Mischeinrichtung auf. Zudem erwiesen sich die B30-Brennstoffe als weniger stabil, aber auch ihre Qualität war immer noch ausreichend gut für den problemlosen Betrieb. Insofern arbeiten wir zum Teil schon heute daran, Antworten auf Fragen von morgen zu finden, wenn der Markt in Zukunft nach Brennstoffen mit biogenen Anteilen von deutlich über zehn Prozent verlangt.■
Bilder: Deutsche Shell Holding GmbH, Hamburg
www.shell.de