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Wie gefährlich sind Lithium-Ionen-Akkus wirklich?

Kabelloses Werkzeug mit wiederaufladbaren Akkus sind praktisch, haben aber gelegentlich auch ihre Tücken

Bild: Robert Bosch

Lithium-Ionen-Akkus sind kompakt und leistungsfähig. Daher finden sie sich in sehr vielen Elektrowerkzeugen wieder. Bilder: Dewalt, Robert Bosch

Rüdiger Messing, Senior Trade Marketing Manager bei Dewalt Powertools. Bild: Archiv IKZ-HAUSTECHNIK

Henk Becker, Bereichsvorstand Bosch Power Tools. Bild: Robert Bosch

 

Publikumsmedien berichten schon seit Jahren über Lithium-Ionen-Akkus in Handys und Laptops, die sich in Wohlgefallen auflösen, zu qualmen anfangen oder, noch schlimmer, sogar explodieren. Wie sieht es aber bei den Akkus im Profiwerkzeug aus?

Zunächst einmal ganz allgemein: Lithium-Ionen-Zellen dominieren den Markt für wiederaufladbare Batterien. Sie haben konkurrierende elektrochemische Speicher wie Nickel-Cadmium- oder Nickel-Metallhydrid-Akkus im Laufe der Jahre ersetzt. Li-Ionen-Akkus überzeugen durch zahlreiche Vorteile und haben deshalb in vielen Bereichen des täglichen Lebens Einzug gehalten: Sie finden sich in Handys und Notebooks, Elektrowerkzeugen und Elektrogartengeräten, Rasenmähern und E-Bikes. Denn im Vergleich zu konventionellen chemischen Energiespeichern – Nickel-Cadmium und Nickel-Metallhydrid-Akkus – ergibt sich aus den elektrochemischen Leistungsparametern der Li-Ionen-Akkus ein hoher Wirkungsgrad bei geringer Selbstentladung. Auch die Ladezeit ist bei gleicher Akkukapazität spürbar kürzer. Und da sie im Vergleich zu konventionellen Akkus leichter sind, machen sie die Handhabung von Werkzeug wesentlich einfacher.
Von ihnen kann allerdings bei Über- oder Tiefentladung sowie unsachgemäßem Gebrauch eine Gefahr ausgehen. Auch Fabrikationsfehler bei den Akkus haben in der Vergangenheit immer mal wieder zu Rückrufaktionen von Herstellern geführt. Wenn die Akkus überhitzen, kann dies im ungünstigsten Fall sogar zu einem Feuer führen.

Wo die Gefahren lauern
Kritisch sind grundsätzlich Billigakkus bzw. Billigwerkzeug. Sollte es einmal zu einer derartigen Situation kommen, entspricht die Explosion in Verbindung mit der daraus folgenden Wucht etwa der eines kleinen Silvesterknallers. Doch wie kommt es eigentlich dazu?
Lithium ist ein ganz besonderes Element. Es ist das leichteste Metall auf der Erde und schwimmt sogar auf Wasser. Mit ihm lassen sich höchste Zellspannungen erreichen. Allerdings ist es auch besonders reaktionsfreudig und leicht brennbar. Werden Li-Ionen-Zellen sehr hohen Temperaturen ausgesetzt, bricht die Schichtstruktur der Metalloxide zusammen. Hohe Energiemengen werden freigesetzt und es bildet sich elementarer Sauerstoff. Die hohe Wärmemenge führt zu einer Verdampfung der organischen Elektrolytflüssigkeiten, wodurch leicht brennbare Gase entstehen.
Auch bei Tiefentladung einer Li-Ionen-Zelle kann ein Brand entstehen. Wiederum zersetzt sich die Elektrolytflüssigkeit und bildet dabei ein leicht brennbares Gas. Um eine Tiefentladung zu vermeiden, sind allerdings in der Regel die Akkus oder Geräte mit einer Elektronik ausgestattet, die das Gerät abschaltet, sobald die Akkuspannung unterhalb eines bestimmten Wertes liegt. Allerdings muss das Gerät dann zügig wieder aufgeladen werden.
Insgesamt jedoch ist die Gefahr eher als gering einzustufen, so meinen Experten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Handy-Akku Feuer fängt, sei sehr gering. Denn im Regelfall seien Akkus mit einer Sollbruchstelle ausgerüstet. Sollte hier einmal die Temperatur im Inneren des Akkus zu hoch werden, sorgt diese für ein Aufreißen des Akkus, bevor er explodieren kann. Dennoch können auch ohne Explosion Gase oder Flüssigkeiten aus dem Akku treten und Feuer fangen oder ätzend wirken.
Von neun angefragten Unternehmen waren lediglich Robert Bosch und Dewalt zu einer Stellungnahme bereit.

Statement von Dewalt
Rüdiger Messing, Senior Trade Marketing Manager bei Dewalt Powertools, sagt: „Solange der Anwender die Akkus ordnungsgemäß, also bestimmungsgemäß einsetzt, schätzen wir die Risiken als sehr gering ein. Wir als Hersteller haben die Akkus im Hinblick auf Sicherheit und unter Berücksichtigung dessen, was technisch möglich und gesetzlich vorgeschrieben ist, aufgebaut, insbesondere im Hinblick auf die Transport- und Anwendersicherheit. Brände können durch mechanische Beschädigungen am Akku entstehen oder im Extremfall auch durch starke Überhitzung infolge von zu starker Beanspruchung. Unsere Produkte entsprechen in allen Aspekten den gesetzlichen Vorschriften.
Darüber hinaus stehen dem Anwender umfangreiche Informationen zu sachgemäßer Lagerung, Gebrauch und Transport zur Verfügung. Alle Akkus sind technisch auf dem aktuellsten Stand. Bei sachgemäßem Einsatz können Brände nahezu ausgeschlossen werden. Für den Transport von Akkus mit einer sehr hohen Wattstundenleistung wie unsere neuen 54,0-V-Akkus haben wir eine spezielle Transportkappe entwickelt.“

Statement von Robert Bosch, Elektrowerkzeuge
Henk Becker, Bereichsvorstand von Bosch Power Tools, ist verantwortlich für Fertigung und Qualität sowie für Elektrowerkzeuge und Messtechnik für Profis und Heimwerker. Er sagt auf die Frage zur Sicherheit: „Die Sicherheit von Lithium-Ionen-Zellen hängt von zahlreichen Parametern ab: Zellchemie, Zellkonstruktion, Design des gesamten Akkupacks und Betriebsbedingungen beim Laden und Entladen. Unser mehrstufiges Sicherheitskonzept beinhaltet verschiedene elektronische Schutzfunktionen, welche die Batterien während des Ladens und während des Betriebs laufend überwachen und Betriebsbedingungen anpassen.“
So überwache z.B. eine Elektronik im Ladegerät die Zellen beim Laden und sorge dafür, dass der Akku innerhalb definierter Parameter geladen und nicht zu heiß würde. Auch die Geräte selbst verfügten über eine Elektronik, die den Akku vor Überlastung, zu hohen Temperaturen und Tiefentladung schütze. „Bei zu hoher Belastung reagiert das Batteriemanagement im ers­ten Schritt mit einer Leistungsdrosselung und anschließend mit der Abschaltung von Akku und Gerät“, erklärt der Manager. Er fährt fort: „Hinzu kommt noch ein Temperaturmanagementsys­tem. Unsere Lithium-Ionen-Akkus sind mit der von uns entwickelten Cool-Pack-Technologie ausgestattet. Durch spezielle Gehäusegeometrie mit Kühlrippen führen sie die Wärme, die mit zunehmender Einsatzdauer und Leistung entsteht, permanent nach außen ab.“
Bosch bezieht zudem nach eigener Aussage die Zellen ausschließlich von namhaften Herstellern. Diese Zellen verfügten über eine sogenannte Circuit Interrupt Device (CID). Das heißt, wird die Zelle zu warm, bricht ein elektronischer Kontakt innerhalb der Zelle. Die Folge: Es fließt kein Strom mehr und der Akku schaltet sich sofort ab.
Um einwandfreie und sichere Akku-Werkzeuge vertreiben zu können, greift das Unternehmen aber schon im Vorfeld ein. „Wir setzen auf ein dreistufiges Erprobungskonzept vor Produkteinführung. Wir prüfen erstens die Zellen, zweitens den Akkupack und drittens Geräte und Akku unter schwerer Belastung und Simulierung der Alterung. Alle diese Maßnahmen schützen unsere Lithium-Ionen-Akkus zuverlässig und sorgen dafür, dass Profis effizient mit unseren Akku-Geräten arbeiten können“, sagt Becker.

Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin


Sorgsamer Umgang empfehlenswert
Schäden durch Lithium-Ionen-Akkus entstehen während des Betriebes, während eines Ladevorgangs und durch äußere mechanische und thermische Einwirkung. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft empfiehlt dem Anwender von Li-Ionen-Akkus folgende Schutzmaßnahmen:

  • Einhaltung aller Vorgaben der jeweiligen Hersteller und technischen Produktdatenblätter,
  • Verhinderung äußerer Kurzschlüsse, beispielsweise durch Verwendung von Polkappen,
  • Verhinderung innerer Kurzschlüsse durch Schutz vor äußeren, mechanischen Beschädigungen,
  • die Batterien nicht unmittelbar und dauerhaft hohen Temperaturen und Wärmequellen aussetzen, z.B. auch nicht direkter Sonneneinstrahlung,
  • beschädigte oder defekte Lithium-Batterien sind bis zur Entsorgung in sicherem Abstand oder in einem brandschutztechnisch abgetrennten Bereich zwischenzulagern.

 


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