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Wenn Daten auf die Reise gehen

Bussysteme in einem Gebäude vernetzen Geräte unterschiedlichster Gewerke miteinander

Busch-Jaeger bringt mit „Busch-VoiceControl“ die erste zertifizierte Sprachsteuerung für die KNX-Gebäudeautomation auf den Markt. Damit ist eine direkte Kommunikation und Steuerung über Alexa, Google Assistent oder Siri möglich. Bild: Busch-Jaeger

Siemens Bussystem „Logo!“: Das Kommunikationsmodul „CMK2000“ ermöglicht die Integration in ein KNX-Gebäudebussystem. Bild: Siemens

Der „X1“ von Gira ist ein Server zur Automatisierung und Vernetzung für Einfamilienhäuser und bildet die Grundlage für eine System­lösung auf der Basis von KNX. Bild: Gira

Steuerung über gängige Geräte wie Smartphone oder Tablet wird über eine Verbindung mit dem normalen DSL-/WLAN-Router möglich. Der Server – hier der „Smart Visa“ von Jung – wird so in das Heimnetzwerk eingebunden. Bild: Jung

Smart Meter können zahlreiche Werte zum Verbrauch von Wasser, Wärme oder Strom messen. Die Basis für die Datenübertragung ist der M-Bus. Bild: Viltrus Electronics

 

In vernetzten Systemen sprechen zahlreiche Geräte miteinander, indem sie Daten austauschen. Neben den kabellosen Systemen nutzen sie dazu ein fest verbautes Netz – sogenannte Bussysteme. Diese Datenautobahn bildet die Grundlage für Datenaustausch und -verarbeitung in Gebäuden.

Daten sind der Grundstoff der digitalen Vernetzung. Das gilt insbesondere auch für die vernetzte Haustechnik, wo sich vor Ort immer wieder eine Frage stellt: Wie kommen die Daten von A nach B? Anders gefragt: Welcher Standard soll für die Datenübertragung verwendet werden?
Kabellose Systeme sind insbesondere aufgrund der Verbreitung von WLAN häufig anzutreffen, haben aber gravierende Nachteile, wenn es beispielsweise um Sicherheit und Zuverlässigkeit geht. Je mehr Teilnehmer sich über ein kabelloses Netzwerk unterhalten, desto langsamer und störungsanfälliger wird es. Auch wenn weite Strecken oder dicke Mauern zu überwinden sind, haben kabellose Systeme ihre Schwächen. Kabelgebundene Kommunikationssysteme wie das Bussys­tem sind hier im Vorteil.
Die Datenkabel, auch Bus-Leitungen genannt, werden manchmal mit den Routen eines Linienbusses verglichen. Strenggenommen und rein technisch gesehen stimmt die Funktionsweise beider Systeme nicht miteinander überein. Der Vergleich macht aber insofern Sinn, weil die elektronischen Signale ähnliche wie die Mitreisenden einer Bus-Linie dieselbe Route nutzen, um von A nach B zu kommen. Und ähnlich zu den Bus-Haltestellen gibt es auch im Bussystem „Daten-Haltestellen“, an denen Daten auf- oder abspringen können. Diese Datenhaltestellen sind die Schnittstellen zu Geräten oder vernetzten Gegenständen, die gesteuert werden sollen.
Angeblich soll die Ähnlichkeit zwischen einem Omnibus und einem Bussystem ein möglicher Ursprung für den Namen „Bus“ sein. Andere Herleitungen erklären Bus als Abkürzung für „Binary Unit System“.
Sehr viel eher passt allerdings der Vergleich mit einem Autobahn-Netz, über das die einzelnen Fahrzeuge – die Daten – dort hingelangen, wo sie hin sollen. Auch das macht dieser Vergleich deutlich: Der Platz auf den Autobahnen ist begrenzt. Das heißt: Die Datenmenge, die über ein Bussystem übertragen werden kann, darf nicht unendlich groß sein. Auch die Frage nach dem Einsatzort bzw. -zweck hat maßgebliche Auswirkungen auf das eingesetzte System. Bussysteme für den Innenraum haben andere Anforderungen als Systeme, die der Witterung ausgesetzt sind oder im industriellen Kontext eingesetzt werden.

Wo werden Bussysteme eingesetzt?
Bussysteme finden in zahlreichen Gebieten Einsatz. Beispielsweise findet sich in jedem Computer ein Bussystem, über das die Kommunikation der einzelnen Bestandteile läuft. Eines der bekanntesten Bussysteme in diesem Zusammenhang ist der USB – der Universal Serial Bus, der die Kommunikation zwischen Computern und anderen Geräten wie Speichersticks zulässt. Aber auch im Inneren von Smartphones, vernetzten Fahrzeugen wie Autos, Flugzeugen oder Zügen oder einem Smart Home und anderen vernetzten Gebäuden finden sich Bussysteme, über die die einzelnen Komponenten kommunizieren.
Da es sich um kabel- bzw. hardwarebasierte Systeme handelt, lohnt es sich frühzeitig über die Verwendung eines solchen Systems nachzudenken: Bereits während der Planungs- und Bauphase sollte es mitbedacht und installiert werden. Bei der Gebäudeplanung muss der nötige Platz für Kabel und Leitungen vorgesehen werden. Der nachträgliche Einbau oder Erweiterungen wären mit einem höheren Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden.

Einsatzbereiche von Bussystemen
Die Gebäudeautomation sowie die Steuerung von Häusern und Wohnungen (Smart Home) stehen im Zentrum der Einsatzbereiche von Bussystemen. Die Aufgaben, für die ein Bussystem eingesetzt wird, reichen von der Überwachung, Automatisierung, Regelung, (Fern-)Steuerung bis zur Optimierung. Hier kann das Handwerk dem Kunden neue Dienstleistungen anbieten. Ferndiagnose und Fernwartung bieten sich vor allem bei Heizungs- und Klimatechnik an, weil hier der störungsfreie Betrieb, beispielsweise in öffentlichen Gebäuden und Industriekomplexen, einen hohen Stellenwert hat.
Neben der Steuerung der Beleuchtung ist der gesamte Sanitär-Heizungs- und Klima-Bereich einer der Haupteinsatzbereiche. Denn es bieten sich hier besonders viele Komponenten zur Vernetzung und Steuerung an. Eine Herausforderung besteht, wenn Teilnehmer des Gebäudes auch mit externen Komponenten vernetzt werden. Das ist z. B. bei PV-Anlagen oder BHKW-Anlagen der Fall, wenn sie Strom ins öffentliche Stromnetz einspeisen.
Wenn ein Smart Home nicht über WLAN oder vergleichbare Funksysteme betrieben wird, sondern als Unterputz-Variante konzipiert wird, spielen Bussys­teme also die zentrale Rolle. Über die Bussysteme läuft im Idealfall der gesamte Datenaustausch und damit die Kommunikation zwischen allen vernetzten Bestandteilen. In letzter Konsequenz bekommen Bussysteme damit auch mehr und mehr die Funktion, unterschiedliche Gewerke zu integrieren.

Gängigste Bussysteme
Zunächst lassen sich Bussysteme in offene Systeme wie KNX oder Ethernet und die sogenannten proprietären Buslösungen aufteilen. In geschlossenen Systemen wie innerhalb eines Computers oder eines vernetzten Autos oder Zügen können herstellereigene System von Vorteil sein. Insbesondere komplexe Regelungs- und Steuerungskreise in Maschinen wie Pumpen, wo es auf Schnelligkeit und Genauigkeit ankommt, oder in großen Gebäudekomplexen können solche Lösungen vorteilhaft sein. Herstellerunabhängigkeit und damit ein offenes System zur Vernetzung und Kommunikation sind aber aus der Perspektive der Gebäudebetreiber zu bevorzugen.
Die ältesten Bussysteme gibt es schon seit den 1980er-Jahren. In den letzten Jahren sind kaum neue entstanden. Im Prinzip funktionieren Bus-Systeme auch dezentral, sprich: ohne zentrale Steuerungseinheit. Die größten Unterschiede zwischen den einzelnen Systemen sind technischer Natur: maximal übertragbares Datenvolumen, maximal erreichbare Kabellänge sowie hinsichtlich Funktionsumfangs wie der maximalen Anzahl der Teilnehmenden in einem Bussystem. Die gängigsten Bussysteme sind:

  • DALI (Digital Addressable Lighting Interface),
  • DMX (Digital Multiplex),
  • Ethernet/IP,
  • KNX  bzw. EIB (Europäischer Installations Bus),
  • LCN (Local Control Network),
  • LON (Local Operating Network),
  • M-Bus (Meter-Bus),
  • MP-Bus (Multi-Point-Bus),
  • Profibus,
  • Profinet,
  • SMI (Standard Motor Interface).

Verbreitung der Bussysteme in Deutschland
Die Verbreitung der einzelnen Bussysteme in Deutschland ist abhängig von der Branche bzw. vom Gewerk. Bestimmte Bussys­teme wie DALI oder DMX wurden speziell für die Lichtsteuerung entwickelt und sind entsprechend in diesem Bereich zu finden. Andere Bussysteme wie SMI wurden von einer Gruppe von Herstellern für einen spezifischen Zweck entwickelt – der Steuerung von Motoren von Beschattungsanlagen – und konnten sich aufgrund dieser Einschränkung kaum verbreiten.
Nicht nur in Deutschland, auch europaweit verbreitet sich KNX als Standard für die kabelgebundene Vernetzung von Wohn- und Industriegebäuden. Aktuell bieten mehr als 400 Hersteller aus 42 Ländern kompatible Produkte an. Der Vorteil für Installateure ist, dass KNX als genormter Standard viel Gestaltungsspielraum lässt. Funkbasierte Lösungen (KNX RF) können ebenso integriert werden wie kabel- und IP-basierte Lösungen. Wenn es um die Vernetzung im Heimbereich geht, dominiert in Deutschland KNX als kabelgebundenes System. Anders sieht es aus, wenn es um die Automation in Fabriken und Industriegebäuden geht. Da es hier andere Anforderungen gibt, ist dieser Markt sehr viel breiter aufgefächert. Überdurchschnittlich häufig werden hier Profibus, Profinet und verschiedene Ethernet-Lösungen eingesetzt.

KNX und EIB
Zunächst gründeten die Unternehmen Berker, Gira Jung, Merten und Siemens die European Installation Bus Association mit dem Ziel, einen einheitlichen Standard für den damals beginnenden Trend der Gebäudeautomatisierung zu schaffen. Der Standard hießt ursprünglich EIB (für: Europäischer Installationsbus). Im Jahr 1999 entstand dann eine Dachorganisation verschiedener Verbände mit dem Namen Konnex, die ebenfalls das Ziel hatten, einen einheitlichen Kommunikationsstandard zu etablieren – dieses Mal aber nicht für Europa, sondern international. Aus beiden Standards wurde 2006 der bis heute verbreitete Standard KNX – ein Kunstwort. Dieser offene Standard wurde zur Grundlage für die Steuerung von unterschiedlichen Gewerken wie Heizung, Klimatisierung, Sicherheitstechnik, Beschattung und Beleuchtung. Heute zählt KNX zu den weltweit verbreitetsten Bussystemen.

Ethernet
Die wohl bekannteste Ausformung von Datennetzen, die auf Ethernet basieren, sind LAN-Netzwerke. Über diese lokalen Datennetze können zahlreiche Geräte miteinander verbunden werden. Die Übertragungsraten beim Datenaustausch sind mitunter sehr hoch (Gigabit-Ether­net). Auch wenn sich Ethernet heute zur am meistverwendeten Vernetzungstechnik überhaupt entwickelt hat, handelte es sich ursprünglich um ein hersteller­eigenes Produkt. Nach seiner Entwicklung in den 1970er-Jahren wurde erst in den 1980er-Jahren durch die Zusammenarbeit von mehreren Unternehmen ein Standard, aus dem sich die heutigen Lösungen ableiten. Es gibt zahlreiche Ausformungen des Ethernet-Standards, etwa Ethernet/IP, Modbus/TCP, EthetCat, Profinet IO, Powerlink oder CC-Link IE. Für Industrieanwendungen, bei denen zum Teil große Datenmengen übertragen werden beziehungsweise zahlreiche Komponenten vernetzt werden, bietet sich Ethernet als Standard besonders an.

LON
Im SHK-Bereich ist das Bussystem LON (Local Operating Network) stark verbreitet. Vor allem, wenn es um Gebäudeautomatisierung geht, hat dieser Standard seine Stärken. Auch die Anfänge dieses Standards führen zu einem einzelnen Hersteller. Die Firma Echelon entwickelte in den USA in den 1990er-Jahren dieses Bussystem. Die LON-Technologie wurde dann später in das internationale Normenwerk übernommen. Es ermög­licht heute den Datenaustausch zwischen Anlagen und Geräten unterschiedlichster Hersteller.

M-Bus und MP-Bus
An den zwei Standards M-Bus (Meter-Bus) und MP-Bus (Multi-Point-Bus) lässt sich verdeutlichen, warum es nicht ausschließlich ein einziges Bussystem für alle Anforderungen und Anwendungen gibt. Denn für Spezialanwendungen wie das einfache Messen von Daten aus z. B. Strom- und Wasserzählern hat sich bei Messgeräteherstellern der M-Bus-Standard durchgesetzt. Er bildet auch die Grundlage für zahlreiche Smart Meter, die derzeit am Markt sind. Der M-Bus hat den Vorteil, dass er einfach, günstig und speziell für diesen Anwendungsbereich entwickelt wurde.
Der MP-Bus wiederum ist eine Spezialentwicklung des Herstellers Belimo, der jedoch von weiteren Herstellern genutzt wird. Das Bussystem ist speziell für Heizungs- und Lüftungssysteme im Bereich Gebäudeautomation entwickelt worden. Es wird zur Steuerung von bis zu acht Stellgliedern wie Ventilen, Reglern, Luft- oder Brandschutzklappen eingesetzt. Vorteile sind ein geringer Verkabelungsaufwand, Kostenersparnis und hohe Funktionalität. Über ein MP-Gateway kann eine Verbindung zu anderen Bussystemen wie KNX oder LON hergestellt werden.

Schlussbemerkung
Sollte es ein Bussystem für alle Gewerke geben oder sollte ein Gewerk als Sys­temintegrator fungieren? Solche Diskussionen werden jedoch angesichts der langjährigen Entwicklungen der einzelnen Standards und der spezifischen Detaillösungen von einzelnen Bussystemen nicht abschließend geführt werden können. Wichtiger ist es, dass bei Projekten nicht nur sichergestellt wird, dass alle Geräte und Komponenten miteinander kommunizieren, sondern auch alle Projektbeteiligten.

Autor: Christian Schön, freier Journalist

 


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