Werbung

Weiter auf der Suche

Der DVGW veröffentlicht Ergebnisse eines Forschungsprojektes zur Kupferkorrosion in Trinkwasser-Installationen, die Frage nach der Ursache bleibt offen

Die Management Summary der „Untersuchung zur Aufklärung von neuartigen Schäden durch Lochkorrosion an Trinkwasser-Installationen aus Kupfer“ findet sich unter www.dvgw.de.

Peter Schlüter, Geschäftsführer Recht beim Fach­verband SHK Nordrhein-Westfalen.

 

Über ungeklärte Korrosionsfälle in Trinkwasserinstallationen aus Kupferrohr haben wir bereits mehrfach berichtet. Eine bundesweite Datenerhebung und -auswertung durch das IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung in Mülheim sollte zur Ursachenfindung beitragen. Nun hat der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) die Ergebnisse zum Forschungsprojekt veröffentlicht.

„Die Schäden durch Kupferlochkorrosion in Trinkwasser-Installationen sind kein singuläres Problem vereinzelter Versorgungsgebiete, sondern treten in zahlreichen Bundesländern in kaltem wie erwärmtem Trinkwasser auf. Die Korrosionserscheinungen an halbharten Kupferrohren sind dabei nicht ursächlich mit der Trinkwasserbeschaffenheit verbunden.“ So lautet die Kernaussage in der Mitteilung des DVGW. „Nach Auswertung von 200 Trinkwässern konnte kein Zusammenhang zwischen spezifischen Trinkwassereigenschaften und einer erhöhten Lochkorrosionswahrscheinlichkeit festgestellt werden.“

 

Den Schaden hat das Handwerk

Welche Ursachen letztlich für die erhöhte Korrosion verantwortlich sind, sei nicht Fragestellung dieses Forschungsvorhabens gewesen, heißt es in dem Papier. Vor zwei Jahren, als das Forschungsprojekt medienwirksam angekündigt wurde, klang das freilich anders. Über die Ursache(n) kann also weiter nur gemutmaßt werden. Dabei ist gerade dieser Punkt existenziell für das Handwerk. Denn bislang bekommen die SHK-Betriebe im Schadensfall den Schwarzen Peter. Es gibt inzwischen zahlreiche Gerichtsurteile, die gegen das Handwerk entschieden wurden. Frei dem Motto: „Wenn das Wasser und der Werkstoff okay sind, dann liegt es an der Verarbeitung.“

Ein Beispiel ist die H. Grefer GmbH aus Dorsten. Das 1925 gegründete Unternehmen mit 30 Mitarbeitern setzt schon seit mehr als 60 Jahren Kupferrohre für Sanitär- und Heizungsinstallationen ein. „Bis zum Jahre 2005 hatten wir damit auch keine Probleme“, sagte Thomas Cirkel bei einem Redaktionsbesuch.1) In den letzten Jahren hat der Unternehmer zahlreiche Schadensfälle aufgrund von Kupferkorrosion beseitigen müssen. Doch nicht allein die Reparaturen bereiten dem Unternehmen Sorgen. In einem Pflegeheim mit 60 Wohneinheiten soll auf Drängen der Betreiber sogar die komplette Installation ausgetauscht werden – vorsorglich. Der Rechtsstreit läuft noch.

Zurück zum Forschungsprojekt – oder besser zur Umfrage. Denn was hochtrabend klingt, dahinter steht in der Realität ein an 1200 Wasserversorgungsunternehmen verschickter Fragebogen, online einzusehen unter: https://iww-online.de/fragebogen-wasserversorger-umfrage-dvgw/.

Dass IWW bzw. DVGW trotz der überschaubaren Anzahl von lediglich 55 von 1200 Versorgern, die Korrosionsprobleme hatten bzw. haben, von einer bundesweiten Problematik spricht, ist zumindest auf den ersten Blick diskussionswürdig – die betroffenen Wasserversorger wird’s freuen. An dieser Stelle sei wertungsfrei angemerkt, dass die Gesellschafter des IWW aus den Reihen der Wasserversorger kommen.

 

Kritik vom Deutschen Kupferinstitut

Doch was sagt die Branche? Nach Einschätzung des Deutschen Kupferinstituts wird der komplexe Sachverhalt in der Pressemitteilung stark verkürzt dargestellt, weil für eine Bewertung wichtige Aussagen fehlten. So wurde weder der Zeitraum noch eine Differenzierung z. B. nach Hartlötschäden in den 55 von Korrosion betroffenen Versorgungsgebieten öffentlich gemacht. Überdies hat das Kupferinstitut eine gänzlich andere Datenlage vorliegen. Danach wurden Schäden durch Kupferkorrosion in den vergangenen 10 Jahren lediglich in etwa einem Dutzend Versorgungsgebieten beobachtet – mit deutlichem Schwerpunkt in Nord­rhein-Westfalen.

Der IKZ-Redaktion liegen derweil Ergebnisse mehrerer Arbeiten bzw. Gutachten vor, die den Einfluss von Silikatschichten auf voroxidierte halbharte Kupferrohre belegen sollen. Silikatschichten, so heißt es, können die Lochkeimbildung begünstigen. Interessant in diesem Zusammenhang: Silikathaltige Inhibitoren werden unter anderem in der öffentlichen Wasserversorgung eingesetzt. 

Nachgefragt

Peter Schlüter, Geschäftsführer Recht beim Fachverband SHK Nordrhein-Westfalen, befasst sich intensiv mit der Kupferkorrosionsproblematik im Versorgungsgebiet Dorsten-Holsterhausen. Wir sprachen mit ihm über die jüngsten DVGW/IWW-Ergebnisse.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie beurteilen Sie das Ergebnis dieser als Forschungsarbeit umschriebenen Abfrage?

Peter Schlüter: Über die beiden Kernbotschaften der Studie bin ich persönlich sehr verwundert: Zum einen titelt schon die DVGW-Presseinfo, dass das Trinkwasser der Versorger nicht zu Korrosionsschäden an halbharten Kupferrohren führt. Und zum anderen wird erklärt, dass Schäden durch Lochkorrosion flächendeckend auftreten und kein singuläres Problem einzelner Versorgungsgebiete sind.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das klingt nach einer deutlichen Kritik.

Peter Schlüter: In der Tat. Beide Feststellungen sind für uns als Vertreter der verarbeitenden Betriebe in NRW nicht nachzuvollziehen. Liest man in der bisher für uns nur verfügbaren Zusammenfassung („management summary“) von DVGW bzw. IWW weiter, heißt es dort, dass es zum Beispiel in NRW gleich zehn schadens­auffällige Gebiete geben soll. Uns ist eigentlich nur eine Region mit einer auffälligen Schadensquote bekannt und die deckt sich mit dem RWW-Versorgungsgebiet Dorsten-Holsterhausen, das es dank regionaler und Fachpresse meines Wissens als einziges in den letzten Jahren auch medial zu einem gewissen Grad an Bekanntheit gebracht hat.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das liegt sicher auch daran, dass die Landesfachgruppe des Fachverbandes dafür 2014 sicherheitshalber eine Empfehlung gegen den Einsatz von Kupferrohr in der Trinkwasser-Installation ausgesprochen hatte. Wir haben ja ausführlich in der IKZ berichtet.

Peter Schlüter: Das ist richtig. Insoweit stellen sich immer noch viele vor allem von Schäden Betroffene die Frage, wie es in einem speziellen Versorgungsgebiet plötzlich zu einer solchen Schadenshäufung kommen kann, ohne dass sich unseres Wissens die Verarbeitung durch Fachbetriebe irgendwie geändert hat. Auf diese Frage haben wir damals vom zuständigen Wasserversorger RWW, einem Gesellschafter des IWW, das nun für den DVGW (ebenfalls IWW-Gesellschafter) geforscht hat, keine für uns befriedigende Antwort erhalten. Und auch die nun vorgelegte Untersuchung wirft für uns Fragen auf. Vor dem Hintergrund der Schadenshistorie Dorsten-Holsterhausen haben viele im Handwerk den vom DVGW/IWW unseres Wissens gewählten „Forschungsansatz“ nicht verstanden, möglichst viele Versorger landauf landab nach Kupferrohrschäden zu fragen. Erklärtes Ziel der Untersuchung sollte es nach dem dazu befragten Expertenkreis damals sein, unerklärlichen Schadensursachen ernsthaft auf den Grund zu gehen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das ist offensichtlich nicht passiert.

Peter Schlüter: Jetzt ist nur die Rede von einer (Zitat:) Bestandsaufnahme – an der 225 von rund 1200 wasserversorgenden DVGW-Mitgliedern teilgenommen und für ganze 55 Gebiete Schäden gemeldet haben –, bei der es laut DVGW/IWW ausdrücklich nicht um die Klärung der Ursache für Schäden ging. Dennoch wird als „Kernergebnis“ schon einmal ausgeschlossen, dass die Trinkwasserbeschaffenheit Ursache für Korrosionsschäden an halbharten Kupferrohren ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wurde also ein falscher Studienansatz gewählt?

Peter Schlüter: Mit Blick auf die Häufung von Schäden in dem genannten RWW-Gebiet hätten wir uns eine gezielte Suche nach den bis dato unbekannten Ursachen (auch) dieser Schadensserie gewünscht. Und nicht die, so wie es sich jedenfalls aus unserer Sicht derzeit darstellt, relativ unspezifische Abfrage in die Runde, ob es Probleme mit Kupfer gibt. Gegen diesen für unsere Begriffe zu offenen und undifferenzierten Ansatz hat der Fachverband damals schon protestiert und gefordert, dass (nur) gehäuft auftretende Schäden mit bislang ungeklärten Ursachen untersucht werden sollten. Ohne derzeit die Studiendetails im Einzelnen kennen zu können, scheint das aber nicht gemacht worden zu sein. Gerade im Interesse der Betroffenen, sowohl der Kunden als auch vor allem der Betriebe, wäre es nach unserem Dafürhalten sinnvoll(er) gewesen, den Fokus der Untersuchung entsprechend konkreter und enger zu fassen.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Welches Resümee schließen Sie aus der Studie?

Peter Schlüter: Nun, wenn das Wasser als Ursache ausscheidet, dann wäre eine mögliche vom IWW nach meinem Verständnis in seiner Studie so angedeutete Schlussfolgerung, dass  – wenn Fachbetrieb und Betreiber nichts falsch machen – nur noch das Kupferrohr selbst als Verantwortlicher bleibt, falls es zu Korrosionsschäden kommt. Wie es aussieht, weist die Wasserseite damit jegliche Verantwortung von sich und gleichzeitig allen anderen zu – und richtet dabei den Blick vor allem auf die Industrie.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: