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Wasserstoff aus der Solarzelle

Power-to-X (PtX) ist der Ober- oder Sammelbegriff für verschiedene Technologien, Solar- und Windstrom in andere Energieträger zu überführen. Zentraler Zwischenschritt ist dabei die Elektrolyse. Der so gewonnene Wasserstoff dient als Ausgangsstoff. Forscher der TU Darmstadt gehen jetzt einen Schritt weiter, indem sie Solarzellen direkt auf die Wasserstoff-Produktion trimmen wollen. Sie orientieren sich dabei an der Photosynthese.

Materialwissenschaftler an der TU Darmstadt um Professor Wolfram Jaegermann und Dr. Bernhard Kaiser (im Bild) erforschen die Grundlagen, Energie durch Spaltung von Wasser zu speichern. Bild: Katrin Binner

Die Forscher wollen die Prozesse der Photosynthese nachahmen – sie entwickeln eine Solarzellen-Technik, die wie Blätter funktionieren soll.

 

PtX ist eine Speicher-Alternative zu Akkumulatoren. Unter PtX subsummieren sich die Transformation von Strom zu unterschiedlichen Produkten wie Wärme (Power-to-Heat, PtH), Gase (Power-to-Gas, PtG), chemischen Produkten (Power-to-Chemicals, PtC) oder Kraftstoffen (Power-to-Fuel, PtF). Im klassischen Fall wird Überschuss-Strom (also der zu einem Zeitpunkt nicht genutzt werden kann) aus erneuerbaren Energien dazu verwendet, im Rahmen einer Elektrolyse aus Wasser Wasserstoff zu gewinnen, der als Ausgangsstoff für unterschiedliche andere Produkte dient, z. B. synthetisch erzeugtes Methan.

Vorbild Natur
Die TU-Forscher untersuchen nun Solarzellen mit dem Ziel, dass an deren Oberflächen die von Sonnenlicht getriebene Wasserspaltung gleich dort stattfinden soll. Die entscheidenden Reaktionsmechanismen sind aber noch nicht ausreichend verstanden.
Die grundsätzliche Idee für diese Art der Energie-Speicherung kommt aus der Natur. Das Blatt einer Pflanze absorbiert Sonnenlicht und nimmt Kohlendioxid aus der Luft und Wasser aus dem Boden auf. Diese werden zu energiereichen Kohlenwasserstoffverbindungen wie Zucker umgewandelt. Die Forscher experimentieren damit, diese Prozesse nachzuahmen. Sie wollen eine Solarzellen-Technik entwickeln, die wie Blätter funktionieren soll.

Die Grundidee
„Die Grundidee ist die Umwandlung von Photonen in chemische Speichermaterialien“, sagt Bernhard Kaiser, Materialwissenschaftler an der TU Darmstadt. „Die künstlichen Zellen bestehen aus Halbleiterelektroden, die die Lichtenergie in elektrische Ladungsträger umwandeln. Statt diese direkt als Strom zu nutzen, sollen die Photoelektroden eingesetzt werden, um an der Oberfläche Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten.“ Der entstehende Wasserstoff kann nahe bei der Zelle gespeichert werden. Die Energierückgewinnung erfolgt in einer Brennstoffzelle durch kontrollierte Reaktion des Wasserstoffs mit Sauerstoff. Es entsteht dabei der Ausgangsstoff das Wasser. Man hat somit einen geschlossenen Kreislauf ohne weitere Abfallprodukte.

Gretchenfrage Volt
Doch so einfach, wie der Prozess klingt, ist er nicht – insbesondere weil die bisherigen Lösungen ineffizient und instabil sind. Und genau da setzen die Forscher an: Sie möchten herausfinden, wie die beteiligten Prozesse genau funktionieren und welche Material-Kombinationen optimal sind. Um Wasser spalten zu können, benötigt ein Zellensystem eine Spannung von 1,6 bis 1,9 V. Eine Silizium-Solarzelle weist 0,7 V auf – und damit zu wenig. Das Forschungszentrum Jülich, ein Partner im Schwerpunktprogramm, hat daher mehrere Schichten aus amorphem und mikrokristallinem Silizium zu einer Zelle kombiniert. Diese absorbiert unterschiedliche Wellenlängen des Lichts und erhöht die Photospannung: Eine Vierfachzelle erzeugt zum Beispiel 2,5 V. Damit gelingt die Spaltung von Wassermolekülen.

Erdöl der Zukunft
Neben der Suche nach idealen Photoabsorbern und Elektrokatalysatoren entwickeln die Forscher zudem ein immer besser werdendes Verständnis der den photokatalytischen Systemen zugrunde liegenden elektrochemischen Prinzipien. Die Aussicht: Mit effizienten und ökonomischen künstlichen Blättern ließe sich der erzeugte Wasserstoff in einem zukünftigen Energieszenario direkt mit Kohlendioxid zu gasförmigen oder flüssigen Brennstoffen umwandeln. Diese könnten wie herkömmliche Kohlenwasserstoffverbindungen genutzt werden – damit wäre Wasser sozusagen das Erdöl oder die Kohle der Zukunft, so die Vision der Forscher.

 


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