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Wärmepumpen: gut auch im Altbau

Fraunhofer ISE untersuchte in einer mehrjährigen Feldstudie Wärmepumpen im Bestand

Im Wohnhaus-Neubau sind Wärmepumpen mittlerweile die dominierende Heiztechnologie. Jetzt zeigt eine über mehrere Jahre angelegte Feldstudie des Fraunhofer ISE, dass sie auch im Bestand mit guten Zahlen aufwarten. (BWP)

Auch die Qualität der Installation hat das ISE unter die Lupe genommen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Mängel an einer Wärmepumpe heute selten sind. Allerdings betont sie auch die Wichtigkeit von guter Planung und Installation. (Shutterstock)

Jahresarbeitszahlen und weitere Messgrößen der Außenluft-Wärmepumpen sortiert nach Baualtersklassen. (Fraunhofer ISE)

„Die neuen SG-Ready Wärmepumpen funktionieren schon zuverlässig. Wir werden das in einem Nachfolgeprojekt näher untersuchen, auch, weil es Weiterentwicklungen gibt“, sagt Marek Miara. (Fraunhofer ISE)

 

Auch in Bestandsgebäuden funktionieren Wärmepumpen zuverlässig und sind klimafreundlich. Das hat ein Forschungsprojekt des Fraunhofer ISE ergeben. Der Schlussbericht liegt nun vor.

Dass Wärmepumpen mittlerweile die dominierende Heiztechnologie im Neubau sind, steht außer Frage. 2019 entschied sich fast jeder zweite Bauherr für sie. Doch Wärmepumpen im Altbau? Das wurde mit Hinweis auf hohe Vorlauft emperaturen bislang eher skeptisch gesehen. Zudem fehlten dazu belastbare Zahlen. Laut Fraunhofer ISE, das das jüngste Forschungsprojekt dazu nun im Ergebnis veröff entlicht hat, lagen lange keine systematischen Erkenntnisse vor.

Wärmepumpe und Wärmewende

Umso wichtiger dürft en die jetzt vorliegenden Daten und Fakten sein. Denn Deutschland will und braucht die vielfach proklamierte Wärmewende. Für sie werden die Heizungssanierungen im Bestand zentral sein, denn der Gebäudebestand benötigt rund 30 % des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland. Die Fördersituation des Bundes ist derzeit ausgesprochen gut, was sich in den rasant steigenden Antragszahlen des ersten Halbjahrs wiederspiegelt. Nun kann die Wärmepumpe auch als Sanierungsmaßnahme ernsthaft in Betracht gezogen werden. Das Fraunhofer ISE liefert Handwerkern und Planern Fakten und Zahlen dafür.

Breites Gebäudespektrum

Das Monitoringprojekt „WPsmart im Bestand“ lief über fünf Jahre bis Mitte 2019 und wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziell gefördert. Projektpartner waren acht Wärmepumpenhersteller (ait-deutschland, Bosch Th ermotechnik, Glen Dimplex, Heliotherm, Weishaupt, Stiebel Eltron, Vaillant und Viessmann) sowie drei Energieversorger.

In dem Projekt untersuchten die Wissenschaft ler 56 bestehende Gebäude mit Wärmepumpen. Die im Projekt untersuchten Häuser sind zwischen 15 und 170 Jahre alt. Die vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1979 errichteten Gebäude wurden in unterschiedlichem Ausmaß saniert, während die eher seltenen Sanierungsmaßnahmen bei den jüngeren Gebäuden kaum Einfluss auf die energetische Qualität der Gebäudehülle hatten. Der witterungsbereinigte spezifische Heizwärmeverbrauch aller Gebäude reicht von 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m2 a)) bis 250 kWh/(m2 a).

Pumpen laufen zuverlässig

Erste Kernaussage ist: Wärmepumpen laufen heute zuverlässig. Off ensichtliche Fehler bei der Installation oder Parametrierung der Regler traten im Vergleich zu früheren Feldtests laut ISE deutlich seltener auf. Dies sei auch auf den Zuwachsvon Know-how bei Herstellern und Installateuren in den letzten 10 bis 15 Jahren zurückzuführen. Dennoch bestehe weiteres Verbesserungspotenzial, etwa durch weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Installation und Betrieb, unterstützt durch Möglichkeiten der Digitalisierung.

Neu denken

Wie im Neubau wird die Effizienz einer Wärmepumpe maßgeblich von der erforderlichen Heizkreistemperatur beeinflusst, die aufgrund der unterschiedlichen spezifischen Heizwärmebedarfe und Wärmeübergabesysteme eine große Bandbreite aufweist. Im Bestand sind die Heizkreistemperaturen aber oftmals geringer als erwartet. Außerdem aktualisiert sich die Frage der Auslegung.

Das ISE konnte 41 Wärmepumpen mit gleichem Auswertzeitraum und einheitlicher Bilanzgrenze auswerten. Für den Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 hat das Institut 29 Luftwärmepumpen (LWP) zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung analysiert. Die Anlagen erreichten Jahresarbeitszahlen (JAZ) von 2,5 bis 3,8. Der Mittelwert lag bei 3,1. Zwei Ausreißer mit besonders guten JAZ wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Bei den zwölf Erdwärmepumpen (EWP) ermittelten die Forscher JAZ zwischen 3,3 und 4,7, bei einem Mittelwert von 4,1. Bei den Erdwärmepumpen wurde ein negativer Ausreißer nicht berücksichtigt.

Die maximal zur Raumheizung erforderlichen Vorlauftemperaturen lagen für die 27 LWP im Mittel bei knapp 44 °C, bei den 11 EWP waren es etwas über 45 °C (jeweils ohne Ausreißer). „Im Bestandsgebäudebereich werden oft die erforderlichen Heizkreistemperaturen im Normauslegungspunkt diskutiert, also die Heizkreistemperaturen bei sehr geringen Außentemperaturen um -12 bis -16 °C“, sagt Marek Miara, Koordinator Wärmepumpen am Fraunhofer ISE. So bitterkalte Tage träten jedoch nur äußerst selten auf. „Ausschlaggebend für die Effizienz sind daher vor allem die erforderlichen Temperaturen, wenn am meisten geheizt wird, also bei Temperaturen knapp über 0 °C“, sagt er. Die seltenen Extreme fielen daher in der Jahresbilanz kaum ins Gewicht.

Elektroheizstäbe selten in Betrieb

Die Energieverbräuche der Elektroheizstäbe, die bei besonders kalten Temperaturen die Wärmepumpe unterstützen, spielten bei den vermessenen Anlagen eine untergeordnete Rolle. Bezogen auf alle mit Elektroheizstab ausgestatteten LWP (24 von 29) betrug der Anteil der Heizstabsarbeit 1,9 %. Ein relevanter Heizstabbetrieb wurde lediglich infolge falscher Parametrierung, bei Defekten oder infolge von Legionellenvermeidung gemessen. Bei den Erdwärmepumpen nahmen nur 2 von 12 Anlagen die Heizstäbe überhaupt in Betrieb. Das stützt Erfahrungen, die man immer wieder aus dem praktischen Betrieb hört.

Klimaschoner

Auch bei den CO2-Einsparungen konnten die untersuchten Wärmepumpenanlagen punkten. Bei Luftwärmepumpen lagen die auf Basis der Messungen errechneten CO2-Emissionen um 19 bis 47 % niedriger als dies bei Wärmeversorgung der gleichen Gebäude mit Gas-Brennwertheizungen der Fall gewesen wäre. Bei den Erdwärmepumpen lagen die entsprechenden Werte bei 39 bis 57 %. Durch den weiteren Zubau von Windkraft und Photovoltaik würden sich die CO2-Kennwerte für den Strom weiter verbessern, sodass die CO2-Emissionen weiter sänken, so das ISE. Infolgedessen seien selbst bei einem pessimistischen Ökostromausbauszenario mittelfristig Einsparungen von mehr als 50 % zu erwarten.

Einbindung in intelligente Netze untersucht

Das ISE untersuchte in dem Projekt auch die Einbindung elektrischer Wärmepumpen in ein intelligentes Stromnetz. Im Fokus standen die Funktionalitäten des SG-Ready-Labels, das Smart-Grid-fähige Wärmepumpen kennzeichnet. Simulationsrechnungen haben die Zweckmäßigkeit der intelligenten Ansteuerung bestätigt und für eine Poolgröße ab 250 Wärmepumpen eine reproduzierbare Last änderung nachgewiesen.

Fazit: Richtig gut, wenn alles zusammenspielt

Mit der Studie wird beim Thema Wärmepumpe im Bestand ein neues Kapitel aufgeschlagen. Sie liefert Zahlen und Fakten, die oftmals dem entgegenstehen, was bisher angenommen wurde. Es ist ein gutes Zeugnis. Nichtsdestotrotz ist die Nutzung von Wärmepumpen im Gebäudebestand laut ISE kein Selbstläufer. „Ein erfolgreicher Betrieb hängt nicht nur von der Qualität und Effizienz der Wärmepumpe ab, sondern vor allem auch von äußeren Faktoren“, sagt Miara. „Dazu gehört vor allem das energetische Niveau des Gebäudes und das installierte Wärmeübergabesystem.“ Das Alter des Gebäudes ist nach den im Projekt erhobenen Daten nicht relevant. Auch ein Umstieg auf Flächenheizsysteme ist nicht zwangsläufig erforderlich, da die Ergebnisse zeigen, dass auch Heizkörper mit vergleichsweise geringen Temperaturen betrieben wurden. Auf dem Markt werden inzwischen Heizkörper angeboten, die bei gleichem Platzbedarf wesentlich geringere Heizkreistemperaturen benötigen. „Der Gesamterfolg hängt von einer guten Planung und sorgfältigen Installation ab“, resümiert Miara. Heizungsinstallateuren und Planern käme daher eine zentrale Rolle zu, so der Forscher.

„Wärmepumpen sind auch im Bestand zweckmäßig“

Wir wollten einige Ergebnisse der Fraunhofer-Studie „WPsmart im Bestand“ genauer unter die Lupe nehmen. Dazu sprachen wir mit Marek Miara, Business Developer Wärmepumpen am Fraunhofer ISE.

IKZ-FACHPLANER: Untersucht wurden in der Studie über den gesamten Zeitraum dem Bekunden nach rund 100 Wärmepumpenanlagen. In den Schlussbericht aufgenommen wurde aber nur etwa die Hälft e. Das irritiert etwas, wie kommt es zu dieser Differenz?

Marek Miara: Der ursprüngliche Projektplan unseres Feldtests „WPsmart im Bestand“ sah vor, 100 Wärmepumpenanlagen zu untersuchen. Allerdings hatten die Messobjekte eng gefasste Kriterien zu erfüllen, um die Vergleichbarkeit der Anlagen zu gewährleisten. Da zudem die Anzahl von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden noch nicht sehr hoch ist, konnten nicht so viele Anlagen wie vorgesehen zur Messung angemeldet melden.

IKZ-FACHPLANER: Nicht alles war optimal bei den untersuchten Wärmepumpenanlagen: In welchen Bereichen gab es Defizite – und waren die technisch- oder eher betriebsbedingt?

Marek Miara: Beim Betrieb der untersuchten Wärmepumpen kam es nur selten zu Störungen. Auch traten off ensichtliche Fehler bei der Installation oder Parametrierung der Regler im Vergleich zu vorherigen Feldtests („WP Monitor“, „WP Effizienz“ u. a.) nur selten auf. Auch die Energieverbräuche der Elektroheizstäbe, die an besonders kalten Tagen die Wärmepumpe unterstützen, spielten bei den vermessenen Anlagen eine untergeordnete Rolle. Auff ällig war, dass bei fünf der 56 untersuchten Anlagen der Energiebezug für den Heizstab bei mehr als 3 % des Energiebezugs des Verdichters lag. Der Heizstabeinsatz in diesen Anlagen war zumeist eine Folge falscher Parametrierung bzw. eines Defekts der Wärmepumpe.

IKZ-FACHPLANER: Welche Erkenntnisse für die Baupraxis können Planer und Verarbeiter aus der Studie ziehen?

Marek Miara: Die Ergebnisse zeigen, dass Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden, vor allem unter ökologischen Gesichtspunkten, zweckmäßig eingesetzt werden können. Der Mittelwert der Jahresarbeitszahlen (JAZ) inklusive etwaigem Heizstabbetrieb lag bei 3,1 (Außenluft -Wärmepumpen) bzw. 4,1 (Erdreich-Wärmepumpen). Ein Kernpunkt ist die erforderliche Heizkreistemperatur, die aufgrund der unterschiedlichen spezifischen Heizwärmebedarfe und Wärmeübergabesysteme ein breites Spektrum aufweist. Die Analyse der Gebäude hat gezeigt, dass keine Komplettsanierung auf einen energetischen Neubaustandard notwendig ist, um Wärmepumpen zweckmäßig zu betreiben. Die Projektergebnisse machen deutlich, wie wichtig besonders bei Altbauten die Phase der Planung und Installation und eine integrale Betrachtung sind. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist eine Optimierung der Wärmeübergabesysteme, z. B. Austausch der ungünstiger Heizkörper, sowie die Prüfung und Optimierung des Verteilsystems (hydraulischer Abgleich) mit dem Ziel, die erforderliche Heizkreistemperatur zu reduzieren. Es ist wichtig, die Planung der Wärmepumpenanlage mit dem Gebäudesanierungsfahrplan zu verbinden.

IKZ-FACHPLANER: Wie verhält es sich mit der Tauglichkeit von SG-Ready? Was konnte das Projekt in der Praxis hierzu feststellen und wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?

Marek Miara: Die im Projekt untersuchten Wärmepumpen nutzten alle die erste Generation der SG-Ready Schnittstelle. Im Rahmen des Projekts wurden neun Wärmepumpen über die SG-Ready Schnittstelle mit einem externen Signal angesteuert. Hierbei traten einige technische Schwierigkeiten auf. Es zeigt sich jedoch, dass die Art des SG-Ready Signals und die in der Wärmepumpe implementierte Regelung klar die Verlässlichkeit, Laufzeiten und die Leistungsaufnahme bestimmt. Die grundsätzliche Idee mehrerer Stufen ist positiv zu beurteilen und ermöglicht es, Wärmepumpen flexibel in ein Energiemanagementsystem zu integrieren und hierfür gezielt Algorithmen zu entwickeln. Mittlerweile gibt es neue Regularien, daher sind die Projekt-Ergebnisse bedingt aussagekräft ig. Es gilt die Praxistauglichkeit unter Berücksichtigung der Weiterentwicklungen neu in den Blick zu nehmen. Im Rahmen des Projekts „WP-QS im Bestand“ werden in den kommenden Heizperioden PV-WP-Systeme messtechnisch untersucht. Bei einem „PV-orientierten“ Betrieb der Wärmepumpe wird häufig auch die SG-Ready Schnittstelle zum Betriebsmanagement verwendet. Wichtig ist die Transparenz der im Wärmepumpenregler implementierten Regelungsalgorithmen, sodass bekannt ist, welche konkrete Reaktion (z. B. Ausmaß der Erhöhung des Sollwerts der Speichertemperatur) bei den einzelnen Signalstufen hinterlegt ist.

Tipp der Redaktion: Der Kurzlink führt direkt zum Schlussbericht bit-ly/WP_ISE

Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

 


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