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Wärmegewinnung aus Sümpfungswasser

Stadt Bergheim nutzt Tagebau-Grundwasser für die Beheizung öffentlicher Gebäude

„thermeco2“-Hochtemperaturwärmepumpe in der Heizzentrale des Projekts Bergheim. Sie erzeugt Vorlauftemperaturen von bis zu 90°C. Bild: NRW.Bank, Lord Otto

Nahwärmenetz der Stadt Bergheim, das Sümpfungswasser als Wärmequelle aus dem Tagebau Hambach nutzt. Bild: MinneMedia GmbH

Einblick in das Pumpengebäude mit den beiden Wärmeübertragern. Bild: NRW.Bank, Lord Otto

Neben Schulen und Sportstätten wird auch das Kreishaus des Rhein-Erft-Kreises mit Sümpfungswasser-Wärme versorgt. Bild: Rhein-Erft-Kreis

Anlagenschema des Nahwärmenetzes Projekt Bergheim.

Schema des Kraft-Wärme-Kopplungssystems. Das System weist z.B. einen Gesamtnutzungsgrad von 167% auf.

 

Mithilfe einer CO2-Hochtemperaturwärmepumpe von Dürr thermea nutzen die Stadtwerke Bergheim das geothermische Potenzial von Tagebau-Grundwasser als Wärmequelle für ihr kommunales Nahwärmenetz. Bergheim ist bundesweit die erste Kommune, die Sümpfungswasser zur Beheizung von Gebäuden verwertet. Das Projekt wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und reduziert neben den Brennstoffkosten die CO2-Emissionen.

Die Stadt Bergheim, Kreisstadt des Rhein-Erft-Kreises, liegt westlich von Köln, mitten im rheinischen Braunkohle-Tagebaurevier. Seit 150 Jahren leben die Menschen hier von und mit der Braunkohlegewinnung und der Energieerzeugung. Hambach, der größte Tagebau Deutschlands, reicht fast bis an die Stadtgrenze heran. Neuerdings nutzen die Stadtwerke Bergheim Sümpfungswasser aus diesem Tagebau, um damit öffentliche Gebäude zu beheizen. Eine ebenso umweltfreundliche wie kostengüns­tige Lösung, wie die Betreiber erklären. Das bis zu 27°C warme Tagebau-Grundwasser dient als Wärmequelle für eine CO2-Hochtemperaturwärmepumpe. Sie bildet zusammen mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) das Herzstück der Wärmeversorgung. Verglichen mit der früheren, konventionellen Heizungsanlage spart die Nutzung der Sümpfungswasser-Wärme ein Viertel der Brennstoffkosten und rund ein Drittel der CO2-Emissionen. Das sind jährlich etwa 740t CO2.

Nahwärmenetz ökologisch saniert
Schon seit Längerem liefern die Stadtwerke Bergheim über ein kommunales Nahwärmenetz Heizwärme für etwa zehn nahe beieinander liegende öffentliche Gebäude. Angeschlossen sind Schulen, Sportstätten und das Verwaltungsgebäude des Rhein-Erft-Kreises. Im Jahr 2011 konkretisierte sich der Plan, die veralteten und nicht effizienten Erdgaskessel in der Heizzentrale zu erneuern. Klimaschutz und eine möglichst hohe CO2-Einsparung standen dabei im Vordergrund. Die RWE Power AG – Betreiber des Tagebaus Hambach – überzeugte die Stadt von der Idee, das geothermische Potenzial des Sümpfungswassers für die Wärmeversorgung zu nutzen. Bei dem warmen Wasser handelt es sich um ein Abfallprodukt des Braunkohletagebaus, das auch nach dessen Stilllegung anfällt. Um den Grundwasserspiegel künstlich abzusenken, muss es dauerhaft abgepumpt werden und steht somit auf lange Sicht zur Verfügung. „Die Sümpfungswasserleitung führt nun quer durch die Stadt“, sagt Alexander Horn, Projektleiter der Stadtwerke Bergheim. „Da das Wasser ohnehin anfällt, lag es nahe, die darin enthaltene Wärmeenergie für unsere Zwecke zu nutzen.“ Diese Art der Wärmegewinnung hatte sich ganz in der Nähe bereits in einem Pilotprojekt der RWE bewährt: im „Forum terra nova“, einem Besucherinformationszentrum am Nordrand des Hambacher Tagebaus.

Kombination von BHKW und Großwärmepumpe
Mit der Planung wurde das Ingenieurbüro GESA beauftragt, das Niederlassungen in Köln, Hamburg und Dresden hat. Beim Anlagenkonzept entschied man sich für eine Hochtemperaturwärmepumpe in Verbindung mit einem Gasmotor-BHKW. Die Kombination von BHKW plus Wärmepumpe hat einige Vorteile, wie Ralf Gläser, Geschäftsführer GESA GmbH Dresden, erklärt. „Das System weist einen Brennstoffnutzungsgrad von 167% auf. Verglichen mit einem Gasbrennwertkessel, der es auf einen Brennstoffnutzungsgrad von rund 90% bringt, lässt sich der Gasbedarf für die Grundlastversorgung damit nahezu halbieren. Die Versorgung der Wärmepumpe mit selbsterzeugtem Strom ermöglicht zudem einen günstigen Wärmepreis und für die Nutzung der Endenergieträger Strom und Gas eine sichere Wärmeerzeugung.“
Das BHKW ist wärmegeführt ausgelegt. Das heißt, die beim Betrieb anfallende Wärme deckt die Heizgrundlast der angeschlossenen Schulen und des Kreishauses. Der erzeugte Strom dient als Antriebs­energie für die Wärmepumpe. „Bei Teillastbetrieb oder Stillstand der Wärmepumpe wird der überschüssige Strom in der Heizzentrale oder in den umliegenden Gebäuden verbraucht, der Rest ins öffentliche Netz eingespeist“, erklärt Projektleiter Horn. „Und von den Abnehmern nicht benötigte Wärme können wir in zwei Pufferspeichern mit je 12.600 l
Inhalt speichern.“ Um eine möglichst effiziente Schichtung in den Speichern zu erreichen, sind diese mit Lochblechen zur Strömungsberuhigung ausgestattet.
Einer der vorhandenen Erdgasheizkessel blieb erhalten und wird als Spitzenlastkessel weiter genutzt. Durch einen nachgeschalteten Abgas-Wärmetauscher besitzt er bereits einen guten Wirkungsgrad.

Wärmegewinnung aus „brauner Brühe“
An einer Pumpstation wird das lauwarme Tagebau-Grundwasser aus der RWE-Leitung entnommen. 1800m³ mit mindes­tens 18°C stehen pro Stunde zur Verfügung. Kostenfrei. Allerdings ist Sümpfungswasser insbesondere wegen des hohen Eisenanteils schwierig zu handhaben. Es können sich Ablagerungen bilden, die Rohre und Wärmeübertrager zusetzen. Bei der Suche nach einer geeigneten technischen Lösung für die Wärmeauskopplung wurden deshalb verschiedene Systeme detailliert betrachtet und Erfahrungen mit bereits realisierten Anlagen ausgewertet. Die Wahl fiel auf herkömmliche geschraubte Plattenwärmetauscher mit Reinigungsanschlüssen und der Möglichkeit zur Umschaltung der Fließrichtung. Mithilfe einer Differenzdrucküberwachung sind Schmutzansammlungen frühzeitig zu erkennen. Die Wärmeübertrager sind darüber hinaus so konstruiert, dass eine regelmäßige manuelle Reinigung möglich ist.
Die im Pumpengebäude befindlichen Wärmetauscher entziehen dem Sümpfungswasser 6 bis 10°C. Die ausgekoppelte Wärmeenergie gelangt über einen geschlossenen Zwischenkreislauf mit Heizungswasserqualität zur Wärmepumpe. Für die Anbindung des Zwischenkreislaufs an die Heizzentrale fand sich eine kostensparende Lösung: die Reaktivierung einer alten, nicht mehr genutzten Nahwärmetrasse.

Hohe Vorlauftemperatur durch CO2-Wärmepumpe
Das Kernstück der Anlage bildet eine „thermeco2“-Hochtemperaturwärmepumpe. Sie erzeugt die Wärme für den Grund- und Mittellastbereich. Anders als herkömmliche Maschinen ist diese Großwärmepumpe in der Lage, das niedrige Temperaturniveau auf 80 bis 90°C zu heben. Die hohen Vorlauftemperaturen sind nötig, da die Beheizung der Bestandsgebäude über konventionelle Heizkörper erfolgt. Ein weiterer Vorteil der „thermeco2“-Technologie liegt darin, dass sie mit dem natürlichen Kältemittel R744 (CO2) arbeitet. Dazu ergänzt der Hersteller Dürr thermea: „Die neue Verordnung für fluorierte Treibhausgase
(F-Gase-Verordnung) hat die Regeln für den Umgang mit den etablierten FKW- und HFKW-Kältemitteln deutlich verschärft. Das Kältemittel Kohlendioxid befreit den Betreiber von Nachweispflichten über Leckageverluste und Anlagendichtheit, da CO2 mit einem Global Warming Potential (GWP) von 1,0 nicht zum Treibhauseffekt beiträgt.“
Die Maschine ist mit sechs halbhermetischen Hubkolbenverdichtern ausgerüstet, die auf einen hochdruckseitig transkritischen CO2-Kreislauf mit innerem Wärmeübertrager arbeitet. Da sich aufgrund der hochdruckseitig transkritischen Prozessführung das Kältemittel bei der Wärmeabgabe an das Heizmedium nicht verflüssigt, spricht man von Gaskühlern statt Kondensatoren.

Projekt mit Modellcharakter
Die Anlage ging Ende 2014 in Betrieb. Seither hat sich gezeigt, dass die Technik trotz des verschmutzten Wassers sehr gut funktioniert. „Eine Reinigung ist nur alle zwei Monate erforderlich“, erklärt Alexander Horn. „Nun geht es darum, das Zusammenspiel der Komponenten zu optimieren, vor allem die Energieeffizienz aufseiten der Abnehmer zu verbessern.“
Bergheim ist bundesweit die erste Kommune, die Sümpfungswasser zur Beheizung von Gebäuden verwertet. Das Projekt wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Umweltlabel der KlimaExpo NRW. „Wir haben eine kostengünstige Lösung für die Wärmeversorgung von immerhin 4000 Menschen geschaffen, die sich tagsüber in den Schulen und im Kreishaus aufhalten“, sagt Volker Mießeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Bergheim. „Damit ist das thermische Potenzial der Sümpfungswasserleitung aber noch lange nicht ausgeschöpft.“ Derzeit werden weitere Nutzungsmöglichkeiten geprüft. Auch für andere Tagebauregionen ist das Bergheimer Geothermieprojekt interessant – zumal die Abkühlung des Sümpfungswassers vor Einleitung in Gewässer nicht nur energetisch, sondern auch ökologisch sinnvoll ist.

Autorin: Inge Gerdes, Dresden

Bilder, sofern nicht anders angegeben: Dürr thermea GmbH, Ottendorf-Okrilla

www.durr-thermeco2.de


Über Dürr thermea
Unter dem Markennamen „thermeco2“ stellt das Unternehmen Dürr thermea GmbH Hochtemperaturwärmepumpen, Kältemaschinen und Drucklufttrockner für den industriellen Einsatz und die Gebäudetechnik her. In allen „thermeco2“-Maschinen kommt das Kältemittel CO2 zum Einsatz. Das Unternehmen mit Sitz in Ottendorf-Okrilla bei Dresden wurde 2008 gegründet und gehört seit Oktober 2012 zum Maschinen- und Anlagenbauer Dürr.

 


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