Werbung

Wärmedämmung für Kaltwasserleitungen: Legionellenvermehrung in Kaltwasser-Systemen – ein unterschätztes Problem

Während die Legionellenverkeimung von Warmwasser-Systemen in Fachkreisen stark diskutiert wird und eine Vielzahl technischer Lösungen und ausgereifte Regelwerke bestehen, wird dem Verkeimungsrisiko von Kaltwasserleitungen innerhalb der Trinkwasserinstallation bislang nur wenig Beachtung geschenkt. Insbesondere in Bestandsanlagen kann das Risiko der Legionellenvermehrung in den oftmals zu groß dimensionierten Kaltwasserverteilleitungen sogar durch die Temperaturhaltung in Warmwassersystemen erhöht werden. Kaltwasserleitungen müssen unter diesen Gesichtspunkten nach anderen Maßstäben gedämmt werden.

Bild 1: Die Trinkwasser-Temperaturen sind in vielen Fällen bereits am Übergabepunkt zur Hausinstallation unerwartet hoch. Bild: Arbeitskreis Wasserhygiene

 

Optimal für eine Vermehrung von Legionellen ist der Temperaturbereich zwischen 25 °C und 47 °C. Dementsprechend liegt der Fokus bei Wasseruntersuchungen bezüglich der Legionellenproblematik auf den Trinkwasser-Erwärmungsanlagen und Hausinstallationen für Warmwasser. Die Praxis zeigt allerdings, dass es durchaus auch im Kaltwasserbereich zu unerwünschten Ansiedelungen von Legionellen kommen kann. Der Arbeitskreis Trinkwasserinstallation & Hygiene weist deshalb darauf hin, dass das Risiko einer Legionellenkontamination von Kaltwassersystemen häufig unterschätzt wird.

Hohe Einspeisetemperaturen

Wie kommt es bei Temperaturen unter 25 °C überhaupt zu einer Legionellenvermehrung? Ein grundsätzliches Problem ist die Sicherstellung einer möglichst niedrigen Kaltwassertemperatur. So kommt das Trinkwasser oftmals schon mit recht hohen Temperaturen in die Hausinstallation, wie eine Messreihe der Einspeisetemperaturen in 16 verschiedenen Gebäude-Einspeisepunkten aus Rheinland-Pfalz zeigt. Neben jahreszeitlichen Unterschieden in der Einspeisetemperatur zeigen sich in Bild 1 enorme Differenzen unter den gemessenen Gebäuden.

Isolationsmängel und Stagnation

Hinzu kommen Isolationsmängel, nicht selten aber auch zu niedrige Fließraten in den überdimensionierten Leitungssystemen der Hausinstallation. Sie führen zu einer unerwünschten Erwärmung des Kaltwassers und begünstigen so eine Vermehrung der Legionellen.

Bild 2: Temperaturzunahme stagnierender Rohrleitungen – Mit 13 mm Dämmschichtdicke, wie in der alten DIN 1988-2  vorgesehen, kann selbst während üblicher Zapfruhezeiten in Trinkwasserinstallationen der Grenzwert von 25°C nicht eingehalten werden.

Die mangelhafte Dämmung führt auch zu einem erhöhten Wärmeübergang von der Warmwasser- auf die Kaltwasser-Installa­tion, insbesondere dann, wenn z.B. in einer Altanlage im Rahmen einer Sanierung die Warmwassertemperatur auf die im DVGW-Arbeitsblatt W551 empfohlenen 60°C angehoben wird. Daher gilt es, bei Anhebung der Warmwassertemperatur immer darauf zu achten, welche Auswirkungen dies auf die Temperaturen in der Kaltwasserinstallation hat. Für die Betriebstemperaturen von Kaltwasserleitungen in Hausinstallationen gibt es darüber hinaus konkrete normative Anforderungen.

Anforderung aus DIN 1988-200 und EN 806-2

Die Europäische Norm EN 806 „Technische Regel für Trinkwasserinstallationen präzisiert in ihrem Teil 2 „Planung“ unter Abschnitt 3.6 die Vorgaben der DIN 1988-2 in Bezug auf die Betriebstemperaturen. Hier wird nicht nur – wie in DIN 1988-2 – gefordert, dass nach dem Ablaufen des Stagnationswassers in einer Kaltwasserleitung ein Temperaturwert von 25°C nicht überschritten werden darf, sondern es wird eine exakte Zeitspanne für das Ablaufen vorgegeben. So darf 30  s nach dem vollen Öffnen einer Auslaufarmatur eine Kaltwassertemperatur von 25 °C nicht mehr überschritten werden. Ein bedeutender Unterschied zur alten Forderung der DIN 1988-2 [1]. Für kleinere Trinkwasserinstallationen mit normaler Ausstattung ist innerhalb der 30 s der ein- bis zweifache Leitungsvolumenaustausch möglich.

Bei größeren mehrgeschossigen Gebäuden und größeren Steigleitungsdurchmessern ergibt sich aufgrund des Gesamtleitungsvolumens ein einmaliger Leitungsvolumenaustausch erst deutlich später, sodass in solchen Fällen eine wirksame Dämmung der Kaltwasserleitung gegen Wärmeeinflüsse erfolgen muss.

Einfluss der Dämmung auf die Temperatur

Liegen Warmwasser- und Zirkulationsleitungen oder sogar Heizungsleitungen in einem Schacht oder innerhalb abgehängter Decken zusammen mit Kaltwasserleitungen, so ist die Isolierung der Kaltwasserleitung mit einer 100 %igen Wärmedämmung vorzunehmen (Abschnitt 8.1 EN 806-2). Aber auch eine sinnvolle thermische Entkopplung ist möglich. So kann die kaltgehende Rohrleitung durch Schmutzwasser-Fallleitungen oder Lüftungsrohre weitestgehend vom Warmwasser-System thermisch entkoppelt werden.

Bild 3: DIN EN 806-2 stellt daher weitergehende Anforderungen an Dämmung und thermische Entkopplung von Kaltwasserleitungen. Eine Dämmschichtdicke von 100% verbessert die Temperaturhaltung maßgeblich und reduziert evtl. zusätzlich erforderliche Zwangs-Spülmengen.

Die Bedeutung der Qualität von Dämm-Maßnahmen an kaltwasserführenden Rohrleitungen zeigt Bild 2 anschaulich. Das Diagramm zeigt exemplarisch für eine Rohrreihe von DN 12 bis DN 50 die sich rechnerisch unter einer konstanten Umgebungstemperatur einstellenden Wassertemperaturen bei Stagnation aufgrund einer betriebsbedingten Nutzungsunterbrechung.

Ein Beispiel: Eine Kaltwasserverteilleitung DN 50 aus Kupfer liegt innerhalb einer abgehängten Decke zusammen mit Warmwasser- u. Zirkulationsleitungen. Aufgrund der Wärmeabgabe der warmgehenden Rohrleitungen beträgt die Umgebungstemperatur 28°C. Die Rohrleitung wurde nach alter DIN 1988 korrekt mit einer Dämmung (Wärmeleitwert 0,040 W/mK) mit 13 mm Schichtdicke installiert. Bei Stagnation des 15 °C kalten Trinkwassers ergeben sich bereits nach 6,5 h Temperaturen oberhalb der zulässigen Obergrenze von 25°C.

 

Verkeimungsrisiko minimieren

Eine nachträglich im zugänglichen Bereich unter der Decke verbesserte Dämmung auf 100% Dämmschichtdicke – wie sie bei Wärmeverteilleitungen nach EnEV-Anforderungen üblich ist – ergibt bei gleichen Randbedingungen den in Bild 3 dargestellten Temperaturverlauf. Die Temperatur des Trinkwassers in einer Rohrleitung DN 50 erreicht nun auch nach 24 h Stagnation nicht den Grenzwert von 25°C. Bei einer Rohrleitungsdimension von 35 x 1,5 mm bleibt die Trinkwassertemperatur nun 16  h unterhalb von 25°C. Anhand der dargestellten Rohrreihe DN 12 bis DN 50 mit den entsprechenden Wasser-Volumina kann die Temperaturzunahme in Abhängigkeit der Stagnationszeiten eingeschätzt werden. Das dafür erforderliche Berechnungstool wird in dieser Ausgabe in der Rubrik „Tool des Monats“ näher vorgestellt.

Das Beispiel zeigt, dass die richtige Dämmung der Rohrleitung eine Voraussetzung für den Erhalt der Trinkwassergüte darstellt. Allerdings können in einigen Fällen zusätzlich weitergehende Maßnahmen wie Zwangsspülsysteme erforderlich werden, um das Risiko einer Legionellenverkeimung im Kaltwassersystem weiter zu minimieren.

 

Kaltwasserleitungen mit in die Beprobung einbeziehen

Aus den o.g. Erkenntnissen erwächst die Notwendigkeit, die Temperatur des Kaltwassersystems mit in die routinemäßige Überprüfung der Hausinstallation einzubeziehen. Wird z.B. eine erhöhte Temperatur des Kaltwassersystems nach kurzem Ablauf festgestellt, so sollte eine mikrobiologische Untersuchung auf Legionellen erfolgen.

Der Arbeitskreis Trinkwasserinstallation & Hygiene rät, insbesondere in Krankenhäusern, abweichend von den bisherigen Verfahren, grundsätzlich bei der Abklärung von Legionellenkontaminationen des Hausinstallationssystems auch das Kaltwassersystem mit zu berücksichtigen.

Literatur:
[1] Neue Technische Regeln für Trinkwasser-
Installationen, BHKS-Almanach 2006, Dipl.-Ing. Uwe Fröhlich

www.ak-wasserhygiene.de

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: