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Wärme und Kälte aus dem Fundamentspeicher

Geothermie aus Erde und Bodenplatte plus BHKW – Berliner Wohnhaus deckt auf ungewöhnliche Weise Spitzenlasten ab

Aufbau des Bodenplatten­speichers.

Die Kupferschlangen für die Wärmepumpe wurden vor der Stahlarmierung in den Boden verlegt.

Wohngebäude Katharinenstraße 24, Berlin-Charlottenburg.

Noch eine Baustelle, doch zum Jahresende sind hier 50 Wohnungen bezugsfertig, die mittels Wärmepumpe beheizt und gekühlt werden. Bild: Urbansky

Funktionsschema der Geothermie-Anlage.

 

Die moderne Architektur und der Anspruch von Umweltverträglichkeit bedarf mitunter ungewöhnliche Lösungen, wenn es um die Gebäudeversorgung geht. In der Berliner Katharinenstraße wird am Ende des Jahres ein Wohnhaus fertig, das mit einer Fassade aus viel Glas und wenig Stahlbeton geplant wurde. Im Sommer hat jedoch der hohe Glasanteil einen entscheidenden Nachteil: Die insgesamt 50 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 4680 m² heizen sich schnell auf. Um dem Anspruch an gehobenes Wohnen gerecht zu werden, bedarf es einer Kühlung die auch hohe Spitzen abdecken muss. Und: Für den größtmöglichen Teil, so wollte es der Bauherr, sollten umweltfreundliche und regenerative Energien eingesetzt werden, um den Standard als KfW-Effizienzhaus 70 zu schaffen.

Aus mehreren Gründen fiel die Wahl auf Geothermie. Dabei war jedoch eine weitere Hürde zu nehmen: Die Preise für Wärmepumpenstrom sind in Berlin rund dreimal so hoch wie die für Gas. Also musste eine Anlage her, die so wenig wie möglich fremden Strom benötigt oder diesen mittels Eigenerzeugung kompensiert. Die Lösung dafür ist ungewöhnlich und wurde von der Berliner Firma Geo-En entwickelt. Im Groben besteht die Anlage aus zwei auf Geothermie basierenden Speicher-Systemen, Wärmepumpen und einem Blockheizkraftwerk (BHKW).
Das Geothermie-System kann als klassisch beschrieben werden. 16 Sonden mit Doppel-U-Form wurden 100 m tief in die Erde gebohrt. Dort herrschen im Winter rund 7 °C, die über die Wärmepumpen für die Beheizung mittels Fußbodenheizung auf 35 °C gebracht werden. Gleichzeitig wird ein Speicher beladen, der das ganze Haus mit Warmwasser versorgt.

Bodenplatte als Kältespeicher
Im Sommer wird die Wärme aus dem Haus in den Boden zurückbefördert. Dabei steigt die Temperatur des Erdreichs auf rund 11 °C. Das reicht für die Kühlung aus: Durch die Wärmeabgabe der Wohnungen im Sommer „erhitzt“ sich der Wasserkreislauf auf 20 °C und wird durch das Erdreich auf 16 °C herunter gekühlt. Zeitgleich kann die überschüssige Wärme des Gebäudes unter Nutzung der Wärmepumpe zudem den Warmwasserspeicher aufheizen. Den Strom für den 29-kW-Wärmeerzeuger liefert ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, dessen Abwärme ebenfalls zur Brauchwassererwärmung eingesetzt wird.
Die nur wenige Stunden des Tages auftretenden hohen Kühllasten benötigen einen leistungsfähigen Zwischenspeicher. Hierfür wurde die 70 cm starke Bodenplatte aus Stahlbeton der im 2. Untergeschoss liegenden Tiefgarage genutzt. Die Speicher­ebene bildet damit die unterste Ebene des Hauses und umfasst in mehreren Zonen das gesamte 1334 m² große Fundament. Dieses wird von der zweiten Wärmepumpe mit einer Nennleistung von 44 kW aktiviert. Um die Bauabläufe – insbesondere bei dem Einbringen der Stahlarmierung – nicht zu stören, wurden die Rohrschlangen vergleichbar wie bei einer Fußbodenheizung direkt auf der Sauberkeitsschicht verlegt. Messketten sorgen für eine regelmäßige Überwachung der Temperatur des Bodenplattenspeichers in mehreren Ebenen.
Vorbilder für diese Art der Bodenplatten-Geothermie gibt es zwar bereits. Allerdings sind an der Geo-En-Lösung die Kaskadierung der aktivierten Gründungsbauteile und der Geothermie sowie die Kombination einer Erdwärmepumpe mit dem Blockheizkraftwerk neu. Erst aus dem sinnvollen Zusammenspiel dieser Komponenten ergibt sich der effektive Nutzen, weshalb auf die von Geo-En entwickelte Regelung inkl. Monitoring besonderes Augenmerk gerichtet war.

Kühlung via Decke
Die Geothermie-Komponenten sind allein in der Lage, die komplette Kühlung des Hauses in einer Größenordnung von 84 MWh jährlich zu übernehmen. Das BHKW wird dafür nicht benötigt. Um die Räume im sommerlich überhitzten Berlin auf angenehme Temperaturen zu bringen, wurde auch hier der Beton genutzt. Dafür sorgen Kühlschlangen im unteren Teil der Geschossdecke. Der Clou: Im oberen Teil wurde direkt die Fußbodenheizung mit installiert. Die Umschaltung auf die Kühlung folgt automatisch mit dem Ende der Heizperiode. Die Bewohner können sich dann deren Temperatur individuell einstellen.
In diesem Planungspunkt läge allerdings noch ein Einsparpotenzial für künftige Projekte, sind sich die Entwickler sicher: „Eine oberflächennahe Deckenaktivierung könnte alternativ nicht nur zur Kühlung sondern auch für die Beheizung eingesetzt werden.“

Wärmepumpen decken fast zwei Drittel
Beide Geothermie-Komponenten dienen auch der Heizung. Hier liegt der Gesamtbedarf bei 247 MWh, 152 MWh davon und somit 62 % deckt die Geothermie ab.  Für den Rest sorgt das gasbetriebene Blockheizkraftwerk. Dieses ist auf 54 % Wärme- und 34 % Stromerzeugung (23 kW thermisch und 15 kW elektrisch) ausgelegt. Solarthermie bot sich bei dem Projekt übrigens wie Photovoltaik nicht an, da das Dachgeschoss hochwertigen Penthäusern vorbehalten ist.

Amortisation durch geringe Betriebskosten
Soviel Technik hat natürlich ihren Preis. Amortisiert sich das? Man hätte auch eine Kältemaschine mit mindestens 150 kW auf das Dach stellen können. Doch die hätte einen höheren Stromverbrauch und im Winter keinen Einsatzzweck gehabt. Zudem wäre die EnEV nicht einzuhalten gewesen. Durch die kombinierte Nutzung des BHKWs mit der Wärmepumpe werden im Vergleich zu einer Gasheizung nur 50 % der Brennstoffkosten fällig. Nahezu kostenlos zeigt sich der Komfortgewinn der Gebäudekühlung.
Die derzeitige Amortisationsrechnung geht von einem Primärenergieverbrauch von 27 kWh/m² und Jahr und ca. 3 Cent je kWh Wärme aus. Wobei die Kälteerzeugung dabei schon eingerechnet ist. Eine konventionelle Gas-Klimaanlagen-Kombination hätte bei 80 kWh/m² und bei den derzeitigen Berliner Gaspreisen 9 Cent je kWh zzgl. der Stromkosten für die Kühlung 8000 Euro Mehrkosten jährlich gegenüber der jetzigen Lösung bedeutet.

Simulation für Realisierung
Die Anlage ist mit ihren Großkomponenten, den Geothermie-Langzeit- und zwei je 4000 l fassenden Warmwasserspeichern (einer für die Brauchwassertopladung und einer für dessen Vorwärmung) sehr komplex. Dennoch brauchte man nur 6 Monate in der Planung. Die enthielt auch Computer-Simulationen des Gebäudes, der Geothermiespeicher und der Gesamtanlage. In immer wieder modifizierten Schritten wurde schließlich die optimale Auslegung und Betriebsweise der einzelnen Komponenten ermittelt.
Die Überwachung und Betriebsoptimierung für 2 Jahre gehört zum Leistungsumfang von Geo-En. So erhält der Hausbesitzer eine Anlage aus einer Hand, vom Konzept, über die Planung, Ausführung und Inbetriebnahme einschließlich der von Geo-En entwickelten Anlagensteuerung.

Autor: Frank Urbansky

Bilder, sofern nicht anders angegeben: Geo-En Energy Technologies GmbH

www.geo-en.de

 


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