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Wärme der Länge nach in der Erde

In kleineren und mittleren Nahwärmenetzen kommen heute überwiegend vorisolierte Kunststoffrohre zum Einsatz. Das SHK-Handwerk kann diese Versorgungsleitungen problemlos verlegen

Flexible Rohrsysteme lassen sich mit wenig Aufwand installieren. Im österreichischen Wörgl wurde ein komplettes Wärmenetz inklusive aller Hausanschlüsse mit „Flexalen“ (Thermaflex) von der Rolle verlegt. Bild: Thermaflex

Nahwärmenetze werden in der Regel strahlenförmig aufgebaut. Einzelne Gebäudegruppen sind über einen Hauptstrang versorgt. Bild: Uponor

Für den Anschluss von Luft/Wasser-Wärmepumpen, kleinen Biomassekesseln oder BHKWs hat Rehau das vorgedämmte und flexible Rohrsystem „Rauvitherm“ entwickelt. Bild: Rehau

Presssystem mit „Quick & Easy-Technologie“ von Uponor: Installateure können die Rohrenden einzeln behandeln und anschließend zusammenschieben. Bild: Uponor

Watts führt das vorisolierte Rohrsystem unter der Bezeichnung „Microflex“ im Programm. Es erreicht eine Lebensdauer von bis zu 50 Jahren. Bild: Watts

In diesem Beitrag erwähnte Anbieter vorisolierter Rohre.

Technische Daten zugelassener Produkte für den Bereich Heizung.

Die „Flexalen“-Einzel- und Doppelleitungen münden in einen Hausanschlussraum. Von dort erfolgt der Anschluss an die Hausinstallation. Bild: Thermaflex

 

Hochgedämmte Kunststoffrohre, die sich unter Siedlungen erstrecken, müssen für die Planung und Verlegung bestimmte ­Eigenschaften aufweisen. Eine hohe Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz ist gefordert. Außerdem müssen Rohre flexibel verlegbar sein, damit sie Wohnquartiere sicher mit Wärme für Heizung und Warmwasser versorgen. Trotz bekannter Materialien ist für viele SHK-Fachhandwerker die Rohrverlegung eine noch ungewohnte Aufgabe – aber eine, die sich in der Regel problemlos lösen lässt, wenn relevante Aspekte beachtet werden.

Nahwärmenetze haben sich als Alternative zur Fernwärme und der einzelnen Hausversorgung etabliert. Hier lässt sich seit einiger Zeit ein Trend zu kleinen und mittleren Nahwärmenetzen beobachten – insbesondere in Neubaugebieten nahezu jeder Größe, wobei häufig ein Investor oder Energieversorger als Wärmelieferant auftritt.
Die Gründe dafür liegen in dem geringen Energiebedarf der Häuser, weshalb es sich nicht mehr lohnt, jedes Haus einzeln an das städtische Gasnetz anzuschließen. Vorteilhaft erweist sich die Nahwärme auch für Büro- und Gewerbegebiete oder bei der Sanierung von Bestandssiedlungen.

Kunststoffrohre punkten gegenüber Stahlrohren
Moderne Nahwärmenetze werden in der Regel als Zwei-Liter-System (Vor-/Rücklauf) mit Heizwasser als Wärmeträgermedium betrieben. Da sie vergleichsweise niedrige Systemtemperaturen aufweisen, haben sich hochgedämmte Kunststoffrohre durchgesetzt. Diese überzeugen mit geringen Materialkosten und einer einfachen und flexiblen Umsetzung. Sie lassen sich als Rollenware leicht und vor allem mit deutlich weniger Verbindungsstellen im Erdreich verlegen. Auch der Planungsaufwand für die Trassenführung ist insgesamt gesehen gering: Auf Hindernisse wie querende Leitungen oder Bäume kann flexibel reagiert werden. Zudem weisen Nahwärmenetze durch den geringen Temperatur­unterschied zwischen Erdreich und Medium nur geringe Wärmeverluste auf und benötigen weniger Sicherheitseinrichtungen bei der Anlagentechnik.

Strahlenförmige Hauptverteilung empfohlen
Die Hauptverteilung einer kleinen oder mittleren Nahwärmeversorgung erfolgt in der Regel als Strahlnetz. Kennzeichen sind kurze Rohrleitungswege und geringe Rohrdurchmesser. Bei größeren Gebieten erfolgt die Versorgung möglichst in mehreren Strängen, wobei sich die Heizzentrale idealerweise im Zentrum befindet. Ziel sollte es sein, Länge und Anschlussleistung der Haupttrassen für die einzelnen Gebäudegruppen gering zu halten.
Grundsätzlich sollten Nahwärmenetze so weit wie möglich mit sogenannten Doppelrohren ausgelegt sein. Sie kombinieren Vor- und Rücklauf innerhalb eines PE-Mantelrohres, was die Wärmeverluste gegenüber eines Einzelrohres, aber auch die Baukosten, verringert. Ab einer gewissen Heizleistung sind jedoch zwei Einzelrohre erforderlich.
Die Hausanschlüsse zweigen von der Verteilleitung ab und versorgen jedes Objekt separat. Das kann bei einer dichten Bebauung aber aufgrund der vielen Abzweige und Formstücke auch zu höheren Investitionskosten führen. In diesem Fall empfiehlt sich häufig eine Haus-zu-Haus-Trassenführung, bei der mehrere Objekte zu Gruppen zusammengefasst und nur ein Haus an die Verteilleitung angeschlossen wird. Von da aus führen dann kurze Stichleitungen zu den weiteren Teilnehmern. Bei Reihenhäusern ist auch eine Kellerverlegung möglich. Mischformen kombinieren die Vorteile aller Ansätze optimal miteinander.

Hohe Wärmedämmung oder flexible Montage?
Sind Netzstruktur und Dimensionen der Leitungen festgelegt, werden die passenden Rohrtpyen ausgewählt. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen PUR- und PEX-gedämmten Rohren. PUR-Rohre zeichnen sich durch eine sehr gute Wärmedämmung aus. Ihre Wärmedämmwerte fallen bis zu 30 % besser aus als die der PEX-Rohre. Dafür sind PEX-gedämmte Ausführungen sehr viel flexibler und lassen sich somit besser verarbeiten. Besonders vorteilhaft bei Richtungsänderungen. Die PUR-gedämmten Rohre dagegen sind ideal für direkte Verbindungen bzw. die Verlegung der Haupttrassen. Wichtig ist, dass beide Rohre miteinander kompatibel sind. Das ist in der Regel der Fall, wenn Mantelrohrgeometrien und -abmessungen übereinstimmen. In diesem Zusammenhang spielt auch das richtige Zubehör eine Rolle, zum Beispiel die nahtlose Verbindung der Mantelrohre über einen T-Isoliersatz.

Verbindungstechniken im Vergleich
Ein wichtiger Aspekt der Kunststoffrohre ist ihre Verbindungstechnik. Bewährt haben sich Schraubsysteme. Vorteilhaft sind die hohe Flexibilität und die Verwendung von Standardwerkzeug. Herkömmliche Schraubkupplungen sind allerdings zum Teil noch mit Hanf o. ä. abzudichten.
Viele Anbieter haben mittlerweile auf Presssysteme umgestellt. So hat etwa Uponor seine bereits seit Jahrzehnten in der Hausinstallation bewährte „Quick & Easy“-Verbindungstechnologie auch für das „Ecoflex“-Nahwärmesystem freigegeben. Dabei wird das Rohrende zusammen mit einem aufgesteckten Ring aufgeweitet und auf ein Kunststofffitting geschoben. Anschließend schrumpft das Rohr fest auf das Fitting und dichtet die Verbindung ab. Da die Komponenten vollständig aus Kunststoff bestehen, kann es im Erdreich nicht zu Korrosion kommen.

Transport von Trinkwasser
Für den Transport von Trinkwasser ist es besonders wichtig, dass es ohne Beeinträchtigungen zum Konsumenten gelangt. Dabei spielt auch die Beschaffenheit der Rohre eine Rolle. Der Hersteller Watts bietet beispielsweise mit seiner Produktlinie „Microflex“ nach eigenen Angaben vorisolierte Kunststoffrohre, die besonders zur Weiterleitung von kaltem und warmem Trinkwasser geeignet seien, da sie aus vernetztem Polyethylen bestünden. „Bei der Herstellung unserer PE-Xa-Rohre verzichten wir auf den Einsatz von Fluorchlorkohlenwasserstoffen, kurz FCKW. Unsere Rohre sind ungiftig, lebensmittelecht und frei von Schadstoffen“, sagt Harald Draheim, Director Sales bei Watts Industries Deutschland GmbH in Landau. Auch der Hersteller Thermaflex setzt nach Unternehmensaussage seit 1990 auf die Entwicklung FCKW-freier Schäume.

Von klein bis groß
Auch der Polymerspezialist Rehau hat Systeme entwickelt, die sich flexibel verlegen und nachträglich ergänzen lassen. „Seit 1979 prüfen wir unsere PE-Xa-Mediumrohre in Langzeitversuchen unter anderem auf Dichtheit und Druckverhalten, um ihre Qualität zu sichern und Materialkonzepte stetig zu optimieren“, sagt Stefan Kirsch, technischer Leiter Nahwärme beim Erlanger Unternehmen. „Dabei bewerten wir unsere Rohrsysteme auch immer danach, wie sie Tiefbauarbeiten vereinfachen und die Baustellenabwicklung beschleunigen.“ Vor allem in bestehenden Wohnquartieren sei eine Flexibilität der Trassenführung gefragt.
Das Verbundrohrsystem „Rauthermex“ und das Gleitrohrsystem „Rauvitherm“ sind für Nahwärmenetze konzipiert. Es reicht von Einzel-Anschlüssen außerhalb des Gebäudes aufgestellter Wärmepumpen oder Biomasseheizungen bis hin zu Wärmenetzen mit mehr als 100 zusammengeschlossener Gebäude. Um Nahwärmenetze im laufenden Betrieb zu erweitern oder mit einem nachträglichen Anschluss auszustatten, wurde „Nexus“ entwickelt.

Sorgfalt ist geboten
Grundsätzlich können Nahwärmenetze von jedem SHK-Fachhandwerker ohne Probleme umgesetzt werden. Die Materialien und Verbindungstechniken kommen auch in der Hausinstallation vor. Neu sind lediglich die größeren Dimensionen sowie die Verlegung im Erdreich. Dennoch ist höchste Sorgfalt geboten. Denn Leckagen fallen häufig erst nach einigen Betriebsjahren auf. Die Suche nach der betroffenen Stelle sowie die Reparatur können jedoch sehr zeit- und kostenintensiv ausfallen. Darum ist es wichtig, sich genau an die Montageanleitung zu halten. Hilfestellung geben die Systemhersteller, etwa in Form einer Ersteinweisung auf der Baustelle.
Die Gräben für das Nahwärmenetz ziehen spezialisierte Bauunternehmen. Außer einer ausreichenden Grabenbreite und -tiefe sind die Kopflöcher und Knotenpunkte wichtig. Sie müssen ausreichend Platz bieten, damit zwei Fachkräfte Isoliersätze und Rohrverbindungen anbringen können. Das Verlegen der Rohre erfolgt durch einfaches Abrollen. Ein Ablängen ist in der Regel nicht nötig, weil Hersteller häufig bereits in passenden Teillängen auf die Baustelle liefern.
Hat der Betrieb die Installationsarbeiten abgeschlossen, muss er das Nahwärmenetz spülen, auf Dichtheit und Druck prüfen. Diese Arbeiten sollten ausführlich dokumentiert und auch nach Jahren als Beweis vorgelegt werden können.
Für die Weiterleitung der Wärme im Gebäude kommen Übergabestationen zum Einsatz. Die Dimensionierung wird durch den Wärmebedarf des Objektes und deren Betriebsweise bestimmt. Grundsätzlich exis­tieren unterschiedliche Ansätze: Bei der indirekten Übergabestation findet eine Systemtrennung zwischen Nähwärmenetz und Objekt mittels Wärmeübertrager statt. Wird das Heizwasser des Nähwärmenetzes auch im Gebäude genutzt, spricht man von einer direkten Übergabestation.

Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin

 

Beispiel 1: Marodes Stahlrohrnetz durch Kunststoffrohrsystem ersetzt
Die Wohneigentümer-Gemeinschaft Fuldablick in Kassel hat das erdverlegte Stahlrohrnetz ihrer Wohnanlage mit 15 Gebäuden und 105 Wohnungen aus den 1970er-Jahren aufgrund hoher Wärmeverlust neu erschließen lassen. Durch die Erneuerung des Nahwärmenetzes für Heizung und Trinkwasser gegen das System „Flexalen“ von Thermaflex konnten die Wärmeverluste um 26 % reduziert werden. Besondere Herausforderung bei diesem Projekt waren der Höhenunterschied von bis zu 25 m zwischen den Gebäuden. Zudem mussten die Leitungen in schwer zugänglichen Kellergewölben verlegt werden.

 

 

Beispiel 2: Modernes Wohnen im Neubaugebiet Friedensthaler Gärten
Mitte 2017 fiel der erste Spatenstich für das Neubaugebiet Friedensthaler Gärten in Bernau bei Berlin. Die Wärmeversorgung der über 150 Wohnhäuser wird über ein Nahwärmenetz erfolgen, das sich kilometerweit unter der Siedlung erstreckt. Die Siedlung aus Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern wird über das vorgedämmte Kunststoffrohrsystem von Uponor versorgt. Die besondere Herausforderung für Heizung und Warmwasserbereitung besteht in der großen Fläche des Wohnquartiers. Als Basis dient ein Fernwärmeanschluss der Stadtwerke mit einer Gesamtleistung von 1,3 MW. Die Fertigstellung ist für Ende 2020 geplant.

 


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