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Vorrang für die Solarwärme Solarthermische Großanlage in einer Thermenwelt

Ein Freizeitzentrum in der Oberpfalz nutzt Sonnenwärme, um die Betriebskosten zu drücken und den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Entscheidend ist ihre Einbindung ins System. Nachfolgend eine ausführliche Beschreibung der Projektierung und Realisierung.

 

Der kostenintensive Betrieb eines Freizeitbades in Weiden (Oberpfalz) zwang die Betreiber, sich die Energiekosten genauer anzusehen. Schon 2007 analysierten die Stadtwerke die Wirtschaftlichkeit und den Return of Investment einer neuen Wärmebereitstellung. Der regionale Gasversorger entschied sich dafür, die Wärmekosten durch Solarkollektoren zu senken. Zuvor wurde die Anlage ausschließlich mit Erdgas versorgt. Nun sollte die Sonnenwärme in der Weidner Thermenwelt das Warmwasser mit bereiten und die Heizung unterstützen.
Um die Potenziale zur Energiekostensenkung objektspezifisch genau zu ermitteln, wurden zuerst der Bedarf an Warmwasser und Heizwärme, die Besucherzahlen und die Betriebszeiten ermittelt. Daraus entstanden Nutzungs- und Lastprofile. Die baulichen Gegebenheiten und die vorhandene Anlagenhydraulik wurden in einer Bestandsaufnahme erfasst und dokumentiert.


In der grafischen Darstellung des Monatsprofils zum Warmwasserbedarf lassen sich die Stoßzeiten an den Wochenenden deutlich erkennen.


Auch im Wochenprofil des Warmwasserbedarfs lässt sich erkennen, dass an den Wochenenden die höchsten Lasten abzudecken sind.

Nahezu kostenloser Solarertrag

Der Vorteil dieser Großanlage ist, dass nach deren Amortisation, bis auf die üblichen geringen Betriebs- u. Wartungskosten, ein nahezu kostenloser Solarertrag erzielt wird. Vom Zeitpunkt der Amortisation an erzeugt eine thermische Solaranlage – anders als jeder Wärmeerzeuger – nahezu Reingewinn. Für eine lange Betriebszeit übersteigt der Gewinn die Investitionskosten um ein Vielfaches, was zu hervorragend guten Verzinsungen des eingesetzten Kapitals mit gewerblicher Nutzung führt. Auch die Kapitalrentabilität ROI (Return on Investment) kann sich sehen lassen.
Momentan (2011) ist die Kilowattstunde aus Öl und Gas zwar noch für 7 bis 9 Cent zu haben, in 20 Jahren aber möglicherweise nicht einmal mehr für 50 Cent, wenn die Preissteigerung nicht sogar noch rasanter stattfinden wird. 
Die aus den Besucherzahlen resultierenden Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresprofile stellten den Warmwasser- und Heizungsbedarf dar, der mit den Energieverbräuchen abgeglichen wurde. Anhand dieser Daten konnte der Planer die Frischwassertechnik, den Pufferspeicher und das Kollektorfeld berechnen.
Zu Beginn wurden zwei Anlagengrößen in den Varianten A und B ermittelt. Mithilfe einer Solarsimulation entstand der erste Entwurf der neuen Anlagenhydraulik.

  • Anlage A: wirksame Kollektorfläche: 255 m² mit einer erwarteten Einsparung von 20 950 m³ Erdgas im Jahr, solarer Deckungsgrad: 13,8%,
  • Anlage B: wirksame Kollektorfläche: 385 m² mit einer prognostizierten Einsparung von 29 530 m³ Erdgas, solarer Deckungsgrad: 19,3%.

Hauptziele der beiden Anlagenvarianten waren die Wirtschaftlichkeit und der Re-Invest. Bei der Präsentation wurden ähnliche Projekte, das Kosten-Nutzen-Verhältnis, die Einbaumöglichkeiten und die anlagenspezifische Technik erläutert.
Nach der Investitionsentscheidung begannen 2008 die detaillierten Planungen und die Beantragung von Fördermitteln durch die KfW. Das Kollektorfeld wurde auf 395 m² festgelegt. Die Ausschreibung und die Auftragsvergabe fanden von April bis Mai 2009 statt. Die Installation und Inbetriebnahme der Anlage erfolgte im Juni und Juli 2009. Die komplexe Regelungstechnik für die Solaranlage und Integration in die bestehende Gebäudeleittechnik wurde aus Nürnberg geliefert und das Versorgungssystem integriert.


Anlagenschema der gesamten Heizungsanlage mit solarthermischer Integration.

Kollektorfeld mit fünf Teilfeldern

Die Hauptaufgabe der Solaranlage besteht darin, Warmwasser zu bereiten. Täglich werden in der Weidner Thermenwelt mindestens 35 000 l gebraucht. In Spitzenzeiten am Wochenende oder an Feiertagen beträgt der Bedarf jedoch deutlich mehr als 50000 l.
Das Wasser wird auf 75°C erwärmt, damit es hygienisch einwandfrei ist. Danach wird kaltes Wasser beigemischt, um es mit bis zu 35°C an die Duschen und in die Becken zu bringen. Darüber hinaus fordert auch die Fußbodenheizung Wärme an. Sie bedeckt rund 3500 m², ihr Vorlauf erreicht bis zu 38°C.
Diesem Wärmebedarf steht nun das Wärmeangebot aus 395 m² Solarkollektoren gegenüber. Das Kollektorfeld besteht aus großen Flachkollektoren mit einer Bruttofläche von je 13,5 m². Unter dem Absorber wurde eine 75 mm dicke Dämmschicht aus Mineralwolle eingebaut, um die Energieverluste am Kollektor zu minimieren. Zur Leistungssteigerung ist im Kollektor eine Hochleistungsfolie integriert, die den solaren Deckungsgrad optimiert.
Das Kollektorfeld wurde auf dem nach Süden ausgerichteten Dach eines Eisstadions installiert, das sich unmittelbar neben der Weidner Thermenwelt befindet. Das Dach ist um 70° geneigt. Mit diesem Neigungswinkel und einer Ausrichtung nach Süden ist die solarthermische Anlage sehr gut in der Lage, viel Wärme einzusammeln und auch im Winter einen beträchtlichen Beitrag zur Heizung zu leisten.
Die obere Kollektorreihe wurde passgenau aufgeständert, die unteren Reihen mit den üblichen Aufdach-Befestigungsmodulen montiert. Die hydraulische Anschlussgröße der Kollektoren beträgt DN 28. Das solarthermische Kollektorfeld besteht aus fünf Teilfeldern mit viermal sechs Kollektoren und einmal fünf Kollektoren über Tichelmann-Schaltung in Reihe geschaltet. Jedes Teilfeld wurde mit einem Volumenstromeinsteller ausgestattet und mit einem maximalen Durchfluss von 15 l/m² einreguliert.
Die Solarkollektoren kamen mittels Kranwagen aufs Dach, nachdem die Aufdach-Montageelemente montiert waren. Auf Anschlussleitungen außen auf dem Dach wurde verzichtet. Sie werden unmittelbar durch die Dachhaut ins Innere geführt. Unter dem Dach werden die Kollektorfelder hydraulisch zusammengefasst und an ein Solar-Schichtlade-Modul in der Haustechnikzentrale angeschlossen.


Installation des Grundgestells zur Aufdachmontage der Kollektoren.


Die Kollektorfelder werden mit einem Kran zur Montagefläche gehoben.

Kaskade aus vier Pufferspeichern

Zur Pufferung der kostbaren Solarwärme dient eine Kaskade aus vier Schichtpufferspeichern PS 5000 mit insgesamt 20 000 l Heizwasser. Das Solar-Schichtlade-Modul funktioniert mit einem Plattenwärmetauscher und einer Zweizonen-Einschichtung der solaren Wärme in die Pufferspeicher entsprechend den Ladeprioritäten: Solare Temperaturen von mehr als 60°C werden in den Bereitstellungsspeicher gespeist. Solare Temperaturen unter 60°C wandern in die Vorhalte- beziehungsweise Vorwärmspeicher. Jeweils ein Speicherpaar wird parallel zu einem Vorhaltevolumen und einem Bereitstellungsvolumen von jeweils 10 000 l zusammengefasst.
Die Vorhaltespeicher sind den Bereitschaftsspeichern in Reihe vorgeschaltet. Die Regelung prüft somit stetig sämtliche Temperaturen und schaltet das Zwei-Zonen-Ventil entweder in die Bereitschaftsspeicher oder in die Vorhaltespeicher der Pufferspeicher-Kaskade.
Die Anlagenhydraulik sorgt für eine Temperaturschichtung, die auch sehr geringe Kollektortemperaturen ausnutzt. Dadurch steigt der Solarertrag. Diese Strategie wird dadurch unterstützt, dass konstruktiv bedingt „kalte Zonen“ im Vorhaltevolumen entstehen. Dort werden die niedrigen Rücklauftemperaturen der Frischwasserstationen von weniger als 20 °C eingeschichtet, um maximalen Solareintrag zu gewährleisten. Die Heizkreise speisen sich über die Heizkreisverteilung aus dem Gaskessel. Als Umwälzpumpen für sämtliche Hydraulikmodule wurden Hocheffizienz-Pumpen gewählt. Der vom Gaskessel versorgte Verteilerbalken für die Heizkreise ist gemäß Tabelle 1 belegt.



Hygienische Frischwassertechnik

Das Bereitschaftsvolumen der Pufferkaskade versorgt zwei Frischwasserstationen mit einer Schüttleistung von je 225 l/min. Das bedeutet eine Spitzenleistung von 450 l/min und entspricht dem Anforderungsprofil. Die primärseitige Vorlauftemperatur an den Frischwasserstationen beträgt zwischen 65°C und 90°C. Ein Speicherladekreis vom Gaskessel sichert die Bereitstellung, falls die solaren Erträge nicht ausreichen.
Das Trinkwasser wird bei diesem Verfahren über einen verkalkungssicheren Plattenwärmetauscher im Durchlaufprinzip erwärmt. Der Vorteil dieses Systems liegt darin, dass kein Warmwasser auf Vorrat steht. Im Frischwassermodul wird das Warmwasser direkt aus dem Heizungswasser des Bereitschaftsvolumens der Pufferkaskade erzeugt. Somit besteht keine Gefahr durch Legionellen oder Bakterien, dieses Verfahren ist hygienisch einwandfrei. Zugleich erhöht die Frischwassertechnik den Gesamtwirkungsgrad der Solaranlage. Bei reinem Zirkulationsbetrieb unterscheidet die Steuerung die Temperaturen des Rücklaufs und schichtet diese via Umschaltventil an der Frischwasserstation entweder in die untere Bereitschaftszone oder in das Vorhaltevolumen, um eine Temperaturverschleppung innerhalb der Speicherkaskade zu verhindern.
Unmittelbar nach den Frischwasserstationen wurde ein weiterer Plattenwärmetauscher in Reihe montiert, um die Primärseite vom Gaskessel auf 70 bis 75°C zu beladen. Das gewährleistet die thermische Desinfektion. Während der Nachtstunden öffnen sich sämtliche Brauseköpfe der rund 70 Duschen (inklusive Personalduschen). Zehn Minuten lang strömt bis zu 75 °C heißes Wasser aus den Ventilen. Während des regulären Betriebs ist die Warmwassertemperatur an den Entnahmestellen auf 35°C thermostatisch reduziert. Das Trinkwarmwassernetz besteht aus seriellen Leitungen, um Stagnation zu verhindern und den hygienischen Anforderungen zu entsprechen.


Die beiden Frischwassermodule wurden in der Haustechnikzentrale im Bereich der Speicher- und Bereitstellungstechnik positioniert.

Solarwärme auch für die Füße

Die Sonnenkollektoren erzeugen ausreichend Wärme, um die Fußbodenheizung mit einer wirksamen Fläche von 3500 m² zu unterstützen. Zur Systemtrennung wurden zwei Plattenwärmetauscher installiert, die sekundärseitig in Reihe geschalten sind. Die primärseitigen Anschlüsse werden in Reihe aus dem Solarpuffer und vom Gaskessel versorgt. Auf diese Weise gelang eine solare Rücklauftemperaturhochhaltung für die Fußbodenheizung mit einer Auslegungstemperatur von 38/33°C. Sie schaltet die Pumpe (A3) aus der Pufferkaskade, wenn die solaren Temperaturen höher sind als der anstehende Rücklauf. Nur wenn die solaren Erträge nicht ausreichen, erwärmt der in Reihe gesetzte Nachheizwärmetauscher das Heizungswasser im Niedrigtemperaturheizkreis.


Solar-Pufferspeicher mit einem Volumen von 5000 l mit noch ungedämmten Rohrleitungsanschlüssen.

Reibungslose Installation

Die Installation der Anlage sollte während des laufenden Betriebs der Thermenwelt erfolgen, ohne Unterbrechung des Besucherstroms. Durch die gewissenhafte Detail- und Ausführungsplanung verursachte selbst die knifflige Anbindung an die bestehende Heizungsanlage nur sehr kurze Betriebsunterbrechungen. Die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber, Planungsbüro, den ausführenden Firmen und  Lieferanten zahlte sich aus: Die Solaranlage wurde nach nur zwei Monaten Bauzeit reibungslos in Betrieb genommen.
Die gesamte Anlage wird über eine eigens entwickelte Regelung gesteuert. Sie integriert die Solaranlage und die gesamte Anlagentechnik in die Leittechnik des Gebäudes. Die Techniker können die Anlage jederzeit über einen Zentralrechner überwachen und sämtliche Betriebs- und Funktionsdaten dokumentieren.


Für die oberste Reihe wurde eine spezielle Montagekonstruktion hergestellt.


Das vollständig montierte Kollektorfeld auf dem Süddach des Eisstadions. Zu erkennen ist, dass die Solarkollektor-Anschlussleitungen auf dem direkten Weg in das Innere des Gebäudes geführt wurden.

Energieeinsparung seit September 2009

Die Betriebskosteneinsparung im ersten Betriebsjahr betrug von September 2009 bis September 2010 216 MWh. Die derzeit erzielte Wärmemenge durch die Solaranlage beträgt etwa 260 MWh. Bei Erzeugung der Wärmemenge mittels eines Gaskessels unter Berücksichtigung des Anlagenwirkungsgrad wurde durch die Solaranlage eine Einsparung von ca. 30 000 m³ Gas realisiert. Dies entspricht eine Reduzierung des CO2 Ausstoßes von ca. 75,5 t.

Autor: Frank Hartmann

 


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