Vorausschauendes Wärmekonzept für den WohnungsbauUmrüstung von Gas-Kombithermen auf zentral versorgte Wohnungsstationen bringt hygienische und energetische Vorteile
Die Gemeinnützige Wohnstätten-Genossenschaft (GWG) Hagen bringt derzeit im Stadtteil Haspe zwei Punkthäuser aus den 60er-Jahren energetisch auf den aktuellen Stand der Technik. Neben der obligatorischen Fassadendämmung aus 10 cm starkem Wärmedämmverbundsystem gehört dazu ein derzeit noch wenig eingesetztes Heizungs- und Warmwasserkonzept: Anstelle der bisherigen dezentralen Gas-Kombithermen versorgen jetzt zwei zentrale Gas-Brennwertkessel die jeweils 40 Wohnungen über Wohnungsstationen. So kann die Warmwassererzeugung im Durchflussprinzip direkt in der Wohnung erfolgen. Diese hygienisch optimale Lösung erlaubt zusätzlich die Einbindung regenerativer Energien.
Die GWG Hagen hat Tradition. Bis ins Jahr 1898 reichen die historischen Wurzeln der fusionierten Wohnungsgenossenschaft zurück, die heute vor allem in zwei gewachsenen "Arbeiter-Stadtteilen" rund 4800 Wohnungs- und ca. 35 Gewerbeeinheiten in ihrem Bestand führt. Zwei dieser Objekte, in doppelter Hinsicht signifikant, sind die beiden Punkthäuser an der Ährenstraße: 1965/66 gebaut erheben sie sich 8-geschossig hoch über dem Tal am Hang - und bereiteten der GWG durch Bauweise und Lage in den vergangenen Jahren immer mehr Sorgen, denn der hohe Energieverbrauch in den dortigen Wohnungen machte eine Vermietung zunehmend schwieriger.
Aufgrund der maroden Gasleitungen "zur Strecke gebracht" - Die Gas-Kombithermen verschiedener Hersteller wurden gegen die Vaillant-Wohnungsstation "uniSAT" ausgetauscht, die über einen Plattenwärmetauscher mit Wärme versorgt wird.
Nach der vor einigen Jahren erfolgten Verbesserung der Fassadendämmung, mit einem 10 cm starken Wärmedämmverbundsystem und vorgehängter Fassade, musste daher jetzt in die Heiztechnik investiert werden. Konkreter Auslöser war dabei ein Reparaturbedarf an den Zuleitungen zu den Gasgeräten in den Wohnungen. Die geschätzten Kosten von etwa 1500 Euro pro Wohneinheit standen aber in keinem Verhältnis zum Ergebnis, denn mit der Investition wären weder die Effizienz der Wärmeversorgung gesteigert, noch die Betriebsnebenkosten beispielsweise für Wartung, gesenkt worden.
WARMWASSER NUR BEI BEDARF
Nur die vorhandenen Gas-Kombithermen wohnungsweise gegen verbrauchsgünstigere Gas-Brennwertgeräte auszutauschen, hätte am akuten Sanierungsbedarf der Zuleitungen ebenfalls nichts geändert. Außerdem wäre diese Maßnahme aufgrund der technisch kaum machbaren Kaminbelegung nicht zu vertretbaren Investitionen möglich gewesen. Nach einem kosten- wie leistungsbezogenen Systemvergleich entschied man sich bei der GWG daher, die Wärmeversorgung zu zentralisieren, die komfortable Warmwasserbereitung aber über Wohnungsstationen in den einzelnen Wohnungen zu belassen: "Die Lösung ist aus wirtschaftlicher wie trinkwasser-hygienischer Sicht ideal, da zum einen auf den sonst notwendigen 950-l-Warmwasser-Speicher im Keller genauso verzichtet werden kann, wie auf die permanent laufende Zirkulation mit den entsprechenden Betriebskosten. Zum anderen wird durch die Warmwasserbereitung nach dem Durchflussprinzip in der Wohnungsstation die Forderung nach kurzen Leitungswegen in der Trinkwasserinstallation erfüllt. Das senkt das Stagnations- und damit das Verkeimungsrisiko", so Dipl.-Ing. Ulf Mackenroth, Technischer Leiter der GWG.
Angenehmer Nebeneffekt des neuen Beheizungskonzeptes. Neben den Zählergebühren sparen die Mieter auch Nebenkosten für die Wartung und die Überprüfung durch den Schornsteinfeger.
Die Warmwasserbereitung in der Nähe der Zapfstellen ist aber nicht nur hygienischer, sondern auch komfortabler als die bisherige Variante über die Gas-Kombigeräte: Deren 18 kW Wärmetauscher für Heizung und Warmwasserbereitung steht in den passiven Übergabestationen jetzt ein 35-kW-Plattenwärmetauscher für die Trinkwassererwärmung gegenüber. Die Warmwasserversorgung ist also nicht nur wesentlich schneller, sondern zudem auf einem höheren Temperaturniveau - und das ohne Geräuschentwicklung und ohne Wartungsaufwand.
VORAUSSCHAUENDE KONZEPTION
Für die zentrale Versorgung der "uniSAT"-Wohnungsstationen ist im Keller der beiden Häuser jeweils ein Gas-Brennwertkessel mit 200 kW Heizleistung installiert worden. In modulierender Betriebsweise puffert jeder Kessel die Wärme in je zwei 750-l-Speichern, sodass eine durchschnittliche Kesselleistung von rund 50 kW bei einer Vor-/Rücklauftemperatur von 55/40 °C zur Wärmeversorgung der jeweils 40 Wohneinheiten völlig ausreicht. Das belegen die Praxiswerte aus einem anderen vergleichbaren Gebäude der GWG Hagen, in der ein solches Wärmekonzept bereits vor längerer Zeit umgesetzt wurde.
Statt vieler Einzelgasgeräte versorgten nun zwei Gasbrennwertkessel vom Typ "ecoCRAFT" mit 200 kW Heizleistung je 40 Wohnungen. Die Planung lässt Raum für weitere energetische Optimierungen wie den Einsatz eines BHKWs oder einer Solaranlage.
Angesichts dieser günstigen Perspektive nimmt man auch gerne in Kauf, dass trotz exakter Planung und qualitativ sehr sorgsam ausgeführter Sanierung die neue Heiztechnik zumindest in einem Punkt nicht 100-prozentig EnEV-konform ist - bei der eigentlich geforderten witterungsgeführten Vorlauftemperatur-Regelung. Dies ist bei dem System nicht möglich, da der Strang zur Versorgung der Wohnungsstationen mit Heizwärme gleichzeitig die Trinkwasser-Erwärmung über den Plattenwärmetauscher gewährleistet.
Bei 40 Mietparteien gibt es immer einige, die Spät- oder Nachtschicht haben, während andere mitten in der Nacht oder sehr früh morgens das Haus verlassen müssen. Es wird also eigentlich rund um die Uhr Warmwasser benötigt. Die dadurch notwendige Temperatur-Vorhaltung lässt eine Absenkung also nicht zu.
Ob die jetzt installierten Heizkessel die Wärmeversorgung der Gebäude auf Dauer alleine tragen sollen, ist im Übrigen noch offen. Vielmehr hat man sich bei der GWG technisch wie räumlich die Option offen gehalten, das System später noch um eine thermische Solaranlage oder Kraft-Wärme-Kopplung zu ergänzen: "Mit der zentralen Wärmeversorgung der Objekte bei gleichzeitig dezentraler Warmwasserbereitung sind die besten Voraussetzungen geschaffen, hier je nach Bedarf und Fördersituation flexibel reagieren zu können", erläutert Mackenroth.
DETAILLIERTE VORPLANUNG FÜR MÖGLICHST STÖRUNGSFREIE UMSETZUNG
Um die Belastung der Mieter bei der Sanierungsmaßnahme so gering wie möglich zu halten, haben die ausführenden Hagener SHK-Fachbetriebe "K & S Gebäudetechnik GmbH" und "Edward Kopp GmbH" die Kessel schon rund zwei Wochen vor der eigentlichen Systemumschaltung installiert und in Betrieb genommen.
Ähnlich effektiv und vorausschauend geplant wie die Wärmezentrale erfolgte auch die Installation der notwendigen Anbindeleitungen. So wurden nach der Demontage der wandhängenden Heizgeräte die frei gewordenen Kamine als Schächte umgenutzt, in die vom Dach aus die jeweils für eine Etage vorkonfektionierten Steigestränge aus verzinktem Stahlrohr eingelassen wurden. Die Bauarbeiten innerhalb der Wohnungen beschränkten sich also auf das Aufstemmen eines Loches in den Alt-Kamin, um die beiden Abzweige für Vor- und Rücklauf vom Steigstrang zur Wohnungsstation in Pressverbindungstechnik herstellen zu können.
Nach Durchführung der Umrüstung profitieren die Mieter von gesunkenen Energie- und Nebenkosten bei gleichem Komfort.
Diese Leitungsführung kommt zugleich dem speziell in Geschossbauten sehr kritisch gesehenen Thema "Brandschutz" zugute: Nach Verschließen der "Montageöffnungen" wurden die Kamine mit Perlite aufgefüllt, die Abzweige in die Wohnungen mit Brandschutzmanschetten abgesichert, sodass die Installation den Anforderungen der Leitungsanlagenrichtlinie in jeder Hinsicht entspricht.
Da die Wohnungsstationen mit ihren Abmessungen und Anschlüssen von Vaillant ganz gezielt für das Austauschgeschäft entwickelt worden sind und in einer detaillierte Vorplanung alle erforderlichen Arbeitsschritte von den SHK-Betrieben optimiert wurden, war die Warmwasserversorgung der Mieter für maximal einen Tag unterbrochen. Ein mehr als respektables Ergebnis, wie man im Ressort Technik der GWG meint: "Bei so komplexen Sanierungsmaßnahmen zahlt es sich immer wieder aus, wenn im Vorfeld alle Beteiligten gemeinsam die günstigste Vorgehensweise im Detail abstimmen. Dann können selbst komplexe Maßnahmen im bewohnten Mehrfamilienhaus, ohne teure Zwischenlösungen oder ärgerliche Versorgungsunterbrechungen, erfolgreich umgesetzt werden."
Einerseits zügig in der Abwicklung, andererseits ohne die energiesparenden Feinheiten eines Wärmeverteilsystems aus dem Blick zu verlieren, wurde auch der hydraulische Abgleich der jetzt eigenständigen Heizkreise in den einzelnen Wohnungen vorgenommen. Die in die Wohnungsstationen serienmäßig integrierten Differenzdruckregler gleichen dabei den Versorgungsstrang ab, während die Einzelraumtemperaturregelung an den Heizkörpern mit neuen, voreinstellbaren Thermostatventilen ausgerüstet wurde.
FAZIT
Mit der Umstellung der Wärmeversorgung von dezentralen Niedertemperaturgeräten auf je einen zentralen Gas-Brennwertkessel bei gleichzeitiger Installation von Wohnungsstationen hat die GWG Hagen eine ebenso wirtschaftliche wie effiziente Lösung für eine langfristig sichere und kostengünstige Wärme- und Warmwasserbereitung in den beiden 8-geschossigen Gebäuden gefunden. Besonderen Charme gewinnt das Konzept durch die offene Ausgestaltung, um beispielsweise zusätzlich regenerative Energien einbinden zu können. So ist gewährleistet, dass die Bewohner der Häuser auch künftig mit moderaten Nebenkosten kalkulieren können - was für die GWG im Umkehrschluss die Vermietbarkeit in einem schwieriger werdenden Angebotsmarkt erleichtert.
Bilder: Vaillant Deutschland GmbH, Remscheid
www.vaillant.de
VON DER GAS-ETAGENHEIZUNG ZUR ZENTRAL VERSORGTEN WOHNUNGSSTATION
Die Umrüstung von dezentralen Gas-Kombithermen auf eine zentrale Wärmeversorgung mit dezentralen Wohnungsstationen ist insbesondere im bewohnten Mehrfamilienhaus ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Die Mieter müssen über den Ablauf informiert werden. Die Warmwasser-Versorgung sollte nur so kurz wie möglich außer Betrieb sein. Darüber hinaus sollten die Arbeiten in den Wohnungen sauber und zügig durchgeführt werden.
Bild 1: Erster und wichtigster Punkt ist daher die detaillierte Vorplanung der durchzuführenden Arbeiten sowie die Information der Bewohner, wann und wie lange in den einzelnen Wohnungen gearbeitet werden muss.
Bild 2: Demontage der alten Gas-Kombithermen. Der Kamin wird zur Leitungsführung umgenutzt.
Bild 3: Zur Versorgung der Wohnungsstationen werden Vor- und Rücklauf von Abzweig zu Abzweig in den Schacht eingebracht ...
Bild 4: ... und an die untere Verteilung angeschlossen.
Bild 5: Die Stemmarbeiten in den Wohnungen beschränken sich auf die Durchführung der neu angelegten Abzweige. Damit nur so wenig Baustaub wie möglich erzeugt wird, arbeiteten die Hagener Fachhandwerker mit einem auf den Kaminkopf montierten Abluft-Gebläse, das den Baustaub über Dach ausblies.
Bild 6: Sauberer Aufputz-Anschluss der Abzweige an die Wohnungsstationen in Pressverbindungstechnik.
Bild 7: Der trinkwasser- und heizungsseitige Anschluss der Wohnungsstationen wird durch Installationssets passend für verschiedene Gerätefabrikate geliefert.
Bild 8: Die fertig angeschlossene Wohnungsstation erwärmt Trinkwasser wie ein Durchlauferhitzer nach Bedarf und versorgt die in der Wohnung angeschlossenen Heizkörper.
NACHGEFRAGT
IKZ-FACHPLANER: Energetische Sanierungen sind in der Praxis oft eine Belastungsprobe für die Mieter. Wörter wie "Baustelle" oder "Stemmarbeiten" im Zusammenhang mit der eigenen Wohnung verursachen bei vielen Mietern Unbehagen. Welche Möglichkeiten bestehen, um Ärger zu vermeiden?
Dipl.-Ing. Ulf Mackenroth: Ich denke das wichtigste ist eine detaillierte Vorplanung und die Information der Mieter über den geplanten Montageablauf und deren Dauer. Hier haben die beauftragten Fachhandwerker K & S Gebäudetechnik GmbH und Edward Kopp GmbH sehr gut vorgearbeitet. Die Arbeiten wurden in den Wohnungen strangweise durchgeführt, sodass ein Strang mit je 4 Wohnungen an zwei Arbeitstagen fertiggestellt wurde. Die umgerüsteten Wohnungen konnten direkt an die bereits fertige Wärmeversorgung wieder angeschlossen werden.
IKZ-FACHPLANER: Die Wohnungsstationen wurden von Ihnen erstmalig in einem Sanierungsobjekt eingesetzt. Sind weitere Modernisierungsmaßnahmen nach diesem Muster geplant?
Dipl.-Ing. Ulf Mackenroth: Durchaus. Allerdings findet man nicht überall so günstige Voraussetzungen vor. Viele unserer Wohnungen verfügen zwar bereits über eine zentrale Heizwärmeversorgung. Jedoch erfolgt hier die Warmwasserbereitung über elektrische Durchlauferhitzer und MAG-Geräte. Hier sehe ich noch Bedarf für entsprechend konstruierte Wohnungsstationen.
IKZ-FACHPLANER: Die Wartung der Gasgeräte entfällt zukünftig genauso wie die Überprüfung durch den Schornsteinfeger. Welche Auswirkungen hat die Umrüstung auf die Nebenkosten der Mieter?
Dipl.-Ing. Ulf Mackenroth: Die Nebenkosten sinken von 0,92 auf 0,75 ct je m² und Wohnung. Außerdem sinkt der Wärmebedarf aufgrund dieser Lösung. Denken Sie an den Lüftungswärmebedarf durch die atmosphärischen Gasgeräte. Wir rechnen mit ca. 20% Energieeinsparung gegenüber den Altgeräten.
IKZ-FACHPLANER: Die EnEV fordert eigentlich zwingend eine witterungsgeführte Vorlauftemperaturregelung, die bei diesem System aufgrund der Temperatur-Vorhaltung für die Warmwasserbereitung nicht möglich ist.
Dipl.-Ing. Ulf Mackenroth: Stimmt. Hier liegt tatsächlich ein Widerspruch zu den EnEV-Anforderungen. Faktisch sparen wir aber durch den Einsatz des zentralen Brennwertkessels, niedrige Rücklauftemperaturen bei Warmwasseranforderung und Maßnahmen wie den hydraulischen Abgleich der gesamten Heizungsanlage viel Energie gegenüber dem Altbestand ein. Damit werden wir der EnEV wieder gerecht.
Mit Dipl.-Ing. Ulf Mackenroth, technischer Leiter der GWG-Hagen (rechts), sprach IKZ-FACHPLANER-Redakteur Matthias Hemmersbach über die energetische Sanierung von Mehrfamilienhäusern mithilfe dezentraler Wohnungsstationen.