Vorausschauende Planung mit geringem Energieeinsatz
Building Information Modeling und offene Datenaustauschformate ermöglichen abgestimmten Planungsablauf
Die Integration regenerativer Energiequellen ist heute ein wichtiger Bestandteil der technischen Gebäudeausrüstung. Was bedeutet dies für die TGA-Planung? Schneider Gebäudetechnik aus Wangen demonstriert anhand eines modernen Industriegebäudes mit Geothermie und Betonkernaktivierung, welche Möglichkeiten Building Information Modeling (BIM) eröffnet und welche Rolle offene Datenaustauschformate spielen.
Die Layer-Großhandels GmbH hat im Dezember 2016 ein neues, modernes Zentrum für Sicherheitstechnik an ihrem Stammsitz in Tettnang am Bodensee eingeweiht. Das viergeschossige Gebäude des Baumarkt-Großhändlers wurde in knapp 8 Monaten in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet. Neben einer großzügigen Ausstellungsfläche von rund 700 m² bietet es viel Platz für Büros, Schulungsräume, Lager sowie eine Wohnung im Dachgeschoss. Die Nutzfläche beträgt über 2000 m². Highlight: Beheizt und klimatisiert wird das Gewerbegebäude ganzjährig ohne fossile Brennstoffe. Geothermie mit Erdsonden und Betonkernaktivierung machen dies möglich.
Der Großmarkt wurde von der Biedenkapp Industriebau GmbH aus Wangen im Allgäu als Generalunternehmer schlüsselfertig erbaut. Die TGA-Planung verantwortete die Schneider Gebäudetechnik GmbH aus Wangen. Das 2015 gegründete Planungsbüro mit vier Mitarbeitern realisiert Projekte im Dreiländereck rund um den Bodensee. Neben der TGA-Planung gehören Aufgaben des Energiemanagements und Anlagenoptimierungen zum Leistungsportfolio. Für das Layer-Projekt hat Schneider Gebäudetechnik die Gewerke Geothermie, Heizung, Lüftung, Klima und Sanitär mithilfe moderner Methoden des Building Information Modeling (BIM) geplant und simuliert. Als Planungswerkzeug setzten Geschäftsführer Tobias Schneider und sein Team die Open-BIM-Projektierungssoftware „DDS-CAD“ ein.
Planung und Auslegung der Geothermie
„Unsere Standorte werden mit den neuesten Energieeinsparverfahren zum Thema Energieausweis geplant und umgesetzt“, lautet ein Grundsatz des Umweltmanagements von Layer. Das heißt, dass der höchstmögliche energetische und umweltfreundliche Zustand eines Gebäudes angestrebt wird und man entsprechende Bauteile wie Gebäudetechnik einsetzt. Ein Ziel des Neubaus war daher, bei der Beheizung und Klimatisierung des Gebäudes auf fossile Brennstoffe zu verzichten. „Durch die Novelle der Energiesparverordnung (EnEV) gelten seit dem 1. Januar 2016 strengere Anforderungen für Neubauten: Der erlaubte Jahres-Primärenergiebedarf wurde um durchschnittlich 25 % gesenkt. Dies ist eine Herausforderung für die TGA-Planung, denn Grundlage für eine bedarfsgerechte Nutzung von Geothermie ist eine sehr präzise Heizlastberechnung“, erklärt Tobias Schneider und ergänzt: „Kein Quadratmeter darf hier vergessen werden, keine Verschattung unberücksichtigt bleiben, damit am Ende alles wirklich funktioniert. Dank der ‚intelligenten‘ Heizlastberechnung mit DDS-CAD können wir solche Berechnungen heute in Bruchteilen der Zeit durchführen. Früher brauchten wir für eine vergleichbare Heizlastberechnung drei bis vier Tage. Heute erledigen wir das in zwei Stunden, sofern uns ein vollständiges IFC-Gebäudemodell vorliegt.“
Die geothermische Energie für Layer wird über typische Doppel-U-Rohrsonden aus ca. 180 m Tiefe gefördert. Im Kühlmodus liegen die Temperaturen für den Vor-/Rücklauf bei 16/19 °C; im Heizmodus bei 48/33 °C. Eine Besonderheit ist, dass die Anlage mit Wasser als Wärmeträgermedium ohne Zusatz von Glykol betrieben wird. „Durch die bessere Wärmekapazität gegenüber einem Wasser-Glykolgemisch erreichen wir eine 10 % geringere Verlustleistung“, betont Schneider. Eine Heizschlange schützt die einzige und nur ca. 1 m lange Außenleitung zur Anbindung des Lüftungsgeräts auf dem Dach vor Frostschäden. Aufgrund des nutzbaren Temperaturniveaus kommt die Kühlung ohne Wärmepumpenbetrieb aus. Dies spart Primärenergie und ist umweltfreundlich, da zur Kühlung nur elektrische Energie für den Betrieb der Zirkulationspumpen benötigt wird. Die Wärme- und Kälteverteilung erfolgt direkt über Betonkernaktivierung und die Fußbodenheizung sowie die Lüftungstechnik.
„Gerade bei Geothermie-Projekten muss man als TGA-Planer immer mit nicht planbaren Randbedingungen rechnen“, berichtet Tobias Schneider. „Hier stellte sich erst bei den Bohrungen heraus, dass die verfügbare geothermische Wärmeleistung zu gering für die von uns kalkulierte Heizlast gewesen wäre.“ Das Bohrunternehmen konnte durch eine Vergrößerung der Bohrdurchmesser jedoch die Wärmeleistung erhöhen – unter Beibehaltung der zulässigen Mindestabstände zwischen den Sonden. Die Nennwärmeleistung der Geothermieheizung liegt bei 128 kW.
TGA-Planer bauen auf IFC
Der Erfolg einer modernen Bauabwicklung steht und fällt mit dem reibungslosen Datenaustausch zwischen Bauherrn, Architekten und TGA-Planern. Das Generalunternehmen Biedenkapp hat dazu virtuelle 3D-Gebäudemodelle im IFC-Austauschformat bereitgestellt. Diese waren Grundlage für die gewerkeübergreifende TGA-Planung gemäß Open BIM. Im Anschluss übergab Schneider seine Pläne dem Bauherren und ausführenden Firmen wieder im IFC- sowie DWG-Format. Von Anfang an fand eine interdisziplinäre Planung der Gebäudetechnik im objektbasierten, „intelligenten“ 3D-Gebäudemodell statt.
Schneider erzählt: „Die von uns genutzte Software, ‚DDS-CAD‘, ist unserem Empfinden nach besonders fortschrittlich was Open BIM betrifft. Sie wird ständig weiterentwickelt, um BIM-Workflows optimal zu unterstützen. IFC-Modelle lassen sich einfach in die Software importieren und mithilfe des 3D-Gebäudemodells können wir direkt mit der Planung beginnen.“ Er fährt fort: „Bei anderen CAD-Planungswerkzeugen kann es z. B. vorkommen, dass man von Bogen zu Bogen zeichnen und das Zwischenstück ‚hineinbasteln‘ muss. Hier zeichne ich so, als ob ich das Rohr selbst verlege. Das ist intuitiv und spart Zeit. Das Programm überprüft zudem mittels der gewerkübergreifenden Kollisionsprüfung von Anfang mit.“
BIM-Planung ist zukunftsweisend
Die TGA-Planung kann durch BIM und dem herstellerunabhängigen Datenaustausch per IFC wesentlich effizienter werden, wie das Beispiel der Heizlastberechnung zeigt. Voraussetzung ist das Vorliegen eines vollständigen IFC-Gebäudemodells. „BIM ist zukunftstragend“, davon ist Schneider überzeugt und fügt hinzu: „Eine Kollaboration mit IFC-Dateien sollte heutzutage eigentlich kein Problem mehr darstellen. Nur wenn Gebäudehülle und Technik bereits in der Planung zu einem digitalen Zwilling verschmelzen, können Gebäude smarter und grüner gebaut sowie betrieben werden.“
Bilder, sofern nicht anders angegeben: Data Design System