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Von wegen Systemoffenheit

Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer Fachverband SHK NRW, äußert sich kritisch zum neuen GEG-Entwurf. Seiner Meinung nach werden Bürger durch die Hintertür ausgetrickst. Ein Standpunkt.

 

Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer im Fachverband SHK NRW. Bild: FV SHK NRW

 

Nachdem sich nun bis hin zum Bundesverfassungsgericht fast jede Institution mit dem mittlerweile zum „Heizungsgesetz“ herabgestuften GEG befasst hat, sitzen alle in den Startlöchern, um nach der Sommerpause – ja eigentlich was zu tun?

Da sind die Ampelpolitiker, die nun geeint der Auffassung sind, die angepasste aber immer noch völlig missratene Verordnung durchdrücken zu können, und jene, die für einen Neustart appellieren. Dazwischen wabern andere dahin, die sich politisch nicht die Finger verbrennen wollen, wie z.B. die oftmals grün ausgerichteten und am Tropf der Landesförderung hängenden Verbraucherzentralen. Letztlich sind es die Bürgerinnen und Bürger, die die Suppe auslöffeln müssen.

Also, wie geht es nun weiter? Ganz entscheidend für die Ausgestaltung der gelebten GEG-Realität werden – insbesondere in den Ballungsgebieten – die Verhandlungen und Tricksereien rund um die Wärmenetze werden. Ein interessanter Schachzug übrigens: Nun haben Städte, Gemeinden und Kommunen den „Schwarzen Peter“ in der Tasche, müssen sie doch im Rahmen einer vorgegebenen Frist Sorge tragen, für ein langfristig schlüssiges Konzept. Und obwohl man sich noch gar nicht sicher ist, was der Begriff „Wärmenetze“ eigentlich so umfasst („Fernwärme“, „Nahwärme“, „Quartierswärme“, „Gasnetze“, „Stromnetze“ oder „kalte Nahwärme“ etc.), legt man vieler Orts schon mal los. Das fällt vor allem den Kommunen nicht schwer, die schon heute Anteilseigner an Wärmenetzen sind – insbesondere im Fernwärmebereich. Denn die werden – so der Wunsch derer, die Technologieoffenheit lieber im Rahmen einer Planwirtschaft verstanden sehen – politisch empfohlen und damit forciert. Das führt bereits heute dazu, dass vor Verabschiedung des GEG, Aktivitäten der Kommunen im vorauseilenden Gehorsam in Richtung Anschluss- und Benutzungszwang von Fernwärme stattfinden.

Warum das so ist? Ganz einfach: Damit ist nun die Kommune auf dem besten Weg den beschriebenen „Schwarzen Peter“ erneut weiterzureichen. Man ist im Sinne der Ampelkoalition umweltfreundlich unterwegs, befriedigt seinen Versorger und kassiert noch ein beachtliches Sümmchen durch die eigene Beteiligung ab. Was das für den Nutzer, die Infrastruktur und damit letztendlich für die Kommune selbst bedeutet, wird sich zeigen, denn: 

Der Trick schwächelnder Versorgungsunternehmen ist es, Wärmenetze ausschließlich mit Fernwärme gleichzusetzen, um erneut eine Vormachtstellung zu errichten. Gerade die wurde im Energiesektor erst in jüngster Vergangenheit durch die Trennung des Netzes vom Vertrieb staatlicherseits beseitigt. Diese Entflechtung (englisch: Unbundling) hatte entsprechend das Ziel, die Unabhängigkeit sowohl des Netzbetreibers als auch der Nutzer sicherzustellen. Um es noch etwas deutlicher zu formulieren: Versorger betreiben in der Regel Gas-, Strom- und ggf. Fernwärmenetze. Wenn Fernwärme die zukünftigen Kriterien des GEG erfüllen soll, bedeutet das hohe Investitionen in eine tatsächlich umweltfreundliche Erzeugung. Es sei denn, die „Abwärme“ ist bereits vorhanden – wie bei einer Müllverbrennungs- oder Industrieanlage. Da in bestehenden Versorgungsgebieten Gasanlagen aber auch weiterhin betrieben werden (können), müssen beide Netze vorgehalten werden. Zusätzlich ist mit weiteren enormen Investitionen in die Elektronetzinfrastruktur zu rechnen. 

Allein aus diesem Grund liegt es im Interesse des Versorgers, vorhandene Gasnetze zurückzubauen. Entscheidend dürfte allerdings sein, dass bei Fernwärme − und damit eben anders als bei Gas bzw. Strom − der Nutzer die Energie nicht am freien Markt einkaufen kann. Nach dem Anschluss an ein Fernwärmenetz haben Verbraucher nämlich jegliche Möglichkeit verloren, über die eigene Energieversorgung selbst zu entscheiden. Selbst ein Systemwechsel hin zu einer ggf. deutlich ökologischeren und umweltfreundlicheren dezentralen Energieversorgung als der mit Fernwärme wird damit unmöglich. Verbraucher werden damit um jene Systemoffenheit gebracht, die vom Handwerk immer wieder ins Gespräch gebracht wurde und nun als ein politischer Kompromiss gefeiert wird, der gar keiner ist. Dass der Nutzer nämlich nur noch mit einem System und einem diktierten Preis in völliger Abhängigkeit seine Versorgung sicherstellen kann, wird dabei billigend in Kauf genommen. Ist das etwa die angekündigte Technologieoffenheit?

Die Kehrseite der Medaille: Dass diese Zwangsanbindung im Rahmen einer planwirtschaftlichen Energieversorgung zu Lasten der Endverbraucher zwangsläufig zu rechtlichen Problemstellungen führen wird, ist beim zuvor erwähnten Unbundling deutlich geworden. Mit der damaligen Trennung des Versorgungsnetzes vom eigentlich liefernden Energieanbieter (Netz/Vertrieb) wurde den Monopolen in der Energiewirtschaft ein Ende bereitet, die sich nun mit der Fernwärme neu anbahnen. Der Ansatz, dass jeder Energieanbieter zu gleichen Bedingungen Zugang zum Strom- und Gasnetz haben soll, kann bei der Fernwärme grundsätzlich nicht realisiert werden. 

Damit scheint es nun mit der Mündigkeit des Bürgers in Bezug auf den Energiesektor vorbei zu sein: Es ist fest davon auszugehen, dass mit dem eingeleiteten Verfahren der kommunalen Wärmeplanung über „Anschluss- und Benutzungszwänge“ an ein Fernwärmenetz eine neue Monopolstruktur geschaffen wird. Entsprechend ist mit einer Vielzahl Klageverfahren zu rechnen, die dann die nächste Regierung auszubaden hat. Der Verbraucher ist aber dauerhaft geschädigt.

Dass die noch führenden Technologieentwicklungen im Energie- und Umweltbereich deutscher Unternehmen Schaden erleiden werden, liegt ebenfalls auf der Hand. Wozu Solar, Photovoltaik, Erdwärme, Wärmepumpen, Wärmerückgewinnung und Wasserstoff technologisch weiterentwickeln, wenn 365 Tage im Jahr 100-grätiges Wasser in schlecht gedämmten Leitungen über kilometerlange Strecken umhergepumpt wird? 

Das Staatssäckel dürfte sich allerdings über etwas Entspannung freuen, denn die vollmundig angekündigten Förderungen in neue energiesparende Technologien werden für die dann zwangsangebundenen Häuser ja entfallen. Da bleibt dann hoffentlich endlich etwas übrig, um die zigtausend, oft seit Jahrzehnten vor sich hin dümpelnden maroden Anlagen und Gebäude im Bestand von Land/Bund oder Kommune zu sanieren?

Um es klar zu sagen: Nah- und Fernwärmekonzepte sind aus Gründen der Nutzung anfallender Abwärme in vielen Fällen sicherlich ökonomisch und ökologisch sinnvoll und haben ihre Daseinsberechtigung. Aber es gilt, die nun anstehenden regionalen Entwicklungen bei der Wärmeplanung zu beobachten und von Beginn an zu begleiten damit keine Marktverschiebungen oder Monopole durch kommunale Zwangsvorgaben entstehen.

 

Hans-Peter Sproten

Hauptgeschäftsführer im Fachverband SHK NRW

 


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