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Vielversprechende Perspektiven - Laut Expertenprognose wird der Anteil der gebäudeintegrierten Photovoltaik steigen

Solare Glasanwendungen in der Gebäudehülle erzeugen umweltfreundlich Energie und erfüllen zusätzlich weitere energetisch bedeutsame Funktionen. Die im Markt verfügbaren Technologien und die Notwendigkeit, weltweit Erneuerbare Energien verstärkt zu nutzen, bieten ideale Voraussetzungen für eine positive Entwicklung dieser Solarsparte und stellen Architekten vor neue Herausforderungen.

Europas höchste gebäudeintegrierte Photovoltaikanlage befindet sich auf dem Klein Matterhorn oberhalb von Zermatt in der Schweiz. Die von 3S Photovoltaics erstellte Fassade des 3883 m hoch gelegenen Gipfel-Restaurants erfüllt energetisch höchste Anforderungen und muss Windgeschwindigkeiten bis 300 km/h sowie extrem niedrigen Temperaturen widerstehen. Bild: Schweizer Solarpreis 2010/Solar Agentur Schweiz

Dünnschichtmodule lassen sich problemlos in Funktionsgläser mit unterschiedlichsten Aufbauten integrieren. Diese semitransparente Dachverglasung substituiert die klassische Dacheindeckung. Sie produziert Strom, beschattet den Raum und bietet zudem einen zuverlässigen Wärmeschutz. Bild: Arnold Glas

Farbstoffsolarmodule sind eine noch junge PV-Technologie, die sich aber in den letzten Jahren deutlich über den Labormaßstab hinaus entwickelt hat. Ihre Zielanwendung ist die Integration in die Gebäudehülle. Das Bild zeigt den Prototyp eines am Fraunhofer ISE mittels Siebdruck hergestellten 60 cm x 100 cm großen Farbstoffsolarmoduls. Bild: Fraunhofer ISE

 

PV-Anlagen gehören mittlerweile in vielen Ländern zum alltäglichen Erscheinungsbild von Städten und Gemeinden. In der Regel handelt es sich dabei um nachträglich aufgeständerte Dachmodule oder Freiland-Anlagen. Die gebäudeintegrierte PV, kurz GIPV bzw. BIPV (Building-Integrated Photovoltaics), findet man hingegen bisher noch eher selten. Derzeit entfallen laut dem Portal Solarserver nur knapp 2% des gesamten PV-Marktes auf diesen zukunftsweisenden Typ von Solaranlagen.
Die Fachwelt und Marktforscher sind sich jedoch einig, dass dieser Anteil in Zukunft massiv steigen wird. Basis für die positiven Prognosen ist u.a. die europäische Richtlinie über die „Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“ (Energy Performance of Buildings Directive/EPBD 2010). Sie sieht vor, dass ab 2020 alle in den EU-Staaten erstellten Neubauten als „nearly-zero energy buildings“ ausgeführt werden müssen. Dieses ambitionierte Ziel ist nur dann zu erreichen, wenn die europäische Bauwirtschaft die PV stärker einbezieht als bisher.

3000 km² geeignete Fläche

Das für die BIPV infrage kommende Potenzial ist enorm. Allein für Deutschland setzt die Fachgruppe BIPV im Bundesverband Bausysteme e.V. eine Größenordnung von 3000 km² geeigneter Fläche an.
Die Analysten der weltweit tätigen Unternehmensberatung Frost und Sullivan prognostizieren in einer 2011 erstellten Studie der GIPV in Europa für den Zeitraum von 2007 bis 2016 ein Wachstum von 1,3 Mrd. auf 2,7 Mrd. Euro. Zahlen für den weltweiten Markt liefern die Marktforscher der amerikanischen NanoMarkets LC. In ihrer Studie „Building-Integrated Photovoltaics Markets 2009 and Beyond“ prognostizieren sie einen Anstieg von etwa 1,6 Mrd. US Dollar im Jahr 2009 auf rund 8,7 Mrd. USD im Jahr 2016.

Rohstoffressourcen schonen

Weltweit müssen die Rohstoffressourcen geschont und der CO2-Ausstoß reduziert werden. Die PV stellt hier eine Schlüsseltechnologie dar. Das wissen auch die Solarunternehmen und die Glasindustrie, die als Zulieferer und Modulproduzent an der Entwicklung beteiligt ist. Ungeachtet der aktuell vorherrschenden massiven Preis- und Absatzprobleme bei PV-Modulen wird weltweit an der Weiterentwicklung der Technologie und ihrer Einsatzmöglichkeiten gearbeitet. Ein zentraler Forschungsschwerpunkt ist dabei die GIPV.
Ein elementarer Vorteil der GIPV gegenüber den zusätzlich auf bzw. am Gebäude montierten PV-Anlagen ist, dass sie klassische Baumaterialien ersetzt und neben der Stromerzeugung noch weitere Funktionen wie Wetter- und Sonnenschutz, Schalldämmung, Lichtlenkung etc. übernehmen kann. Im Markt verfügbare Ausführungsvarianten lassen sich nahtlos in Kalt-, Warm- und Doppelfassaden integrieren und bieten ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich ihrer Form, Farbe und Funktion. Ein wesentlicher Teil der Multifunktionalität der BIPV basiert auf Veredelungstechnologien, die die Betriebe der Glasbranche in ihren klassischen Arbeitsfeldern bereits erfolgreich einsetzen. Zuschnitt, Bedruckung, Laminierung, Gläser zu leistungsstarken Funktionseinheiten veredeln – all dies findet auch in der Solartechnik Anwendung. Insbesondere für mittelständische Glasunternehmen mit entsprechendem Know-how und der erforderlichen Maschinenausstattung ist die GIPV ein lukrativer Nischenmarkt. Viele Unternehmen nutzen die GIPV bereits, um ihr Angebot zu diversifizieren und partizipieren so vom Trend zur zukunftsorientierten, nachhaltigen Architektur.

Wissensdefizite Architekten

Bedingt durch die vorherrschenden Förderbedingungen wird die GIPV vor allem in Deutschland, Italien und Frankreich eingesetzt. Aber auch in diesen Ländern findet sie bisher fast ausschließlich in Vorzeigeobjekten Anwendung. Die Gründe für den zurückhaltenden Einsatz der zukunftsweisenden Technologie werden seitens der PV-Hersteller klar formuliert. Viele Architekten und Planer hätten sich noch nicht ausreichend mit der Materie beschäftigt und noch keinen Überblick über die im Markt verfügbaren Produkte und deren Leistungsfähigkeit, monieren die Unternehmen. Zudem stuften sie die gebäudeintergierte PV nach wie vor als zu teuer und ihre Umsetzung als sehr aufwendig ein. Weitere Hemmschuhe bei der Realisierung von Solarfassaden sind die erforderliche gewerkeübergreifende Zusammenarbeit und der im Vergleich zu Aufdach-Anlagen geringere Wirkungsgrad der GIPV. Abhängig von der Ausrichtung der Fassade und dem Einstrahlungswinkel der Sonne kann er gegenüber einer baugleichen, optimal ausgerichteten Dach-Anlage bis auf 60% von deren Leis­tung abfallen.

Dünnschichttechnologie bevorzugt

Sämtliche Bereiche der Gebäudehülle, also Fenster, Fassaden und Dächer, lassen sich als GIPV ausführen. Die Vielfalt der möglichen Formen und Farben sowie der variable Grad der Transparenz bieten dabei vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. PV-Module lassen sich in nahezu jeden beliebigen Glasaufbau integrieren und mit klassischen Glasbearbeitungstechnologien individuell veredeln. So kann die GIPV in Dächern und Fassaden konstruktiv und gestalterisch dieselben Anforderungen erfüllen wie herkömmliches Funktionsglas. Mehrfach-Isoliergläser mit Wärme- und Schallschutzfunktion sowie Überkopf- und begehbare Verglasungen mit integrierter PV sind problemlos realisierbar. Entsprechend ausgelegt, kann beispielsweise eine Anlage in einer Südfassade nicht nur hohe Energiegewinne erzielen, sondern durch ihre Sonnenschutzfunktion auch eine zusätzliche Verschattungsanlage überflüssig machen.
Grundsätzlich können in GIPV-Systemen alle Arten von Solarzellen eingesetzt werden. Obwohl mono- und multikristalline Module deutlich höhere Wirkungsgrade (14 bis 20%) erzielen, haben sich in der GIPV Dünnschichtmodule durchgesetzt. Bei dieser Technologie werden hauchdünne Schichten eines Halbleitermaterials auf ein Glassubstrat oder andere Materialien aufgebracht. Die Zellen sind semintransparent oder opak erhältlich und bieten ein sehr homogenes Erscheinungsbild. Der Wirkungsgrad entsprechender Module liegt mit 6 bis 12% zwar unter dem von kristallinen Modulen, aber ihre Herstellung ist deutlich kostengünstiger und vor allem flexibler. Zudem haben Dünnschichtmodule ein besseres Schwachlichtverhalten. Das prädestiniert sie für den Einsatz in Bereichen mit indirekten oder diffusen Lichtverhältnissen. Form und Größe der Module sind weitgehend frei wählbar. Ihre Herstellung kann also projektbezogen erfolgen.
Interessant für den Einsatz in der GIPV sind auch die neu auf den Markt drängenden Farbstoffzellen. Sie wandeln mittels eines metallorganischen Farbstoffs Sonnenlicht in elektrischen Strom um. Für die sogenannte „künstliche Photosynthese“ benötigen die Zellen keine direkte Sonneneinstrahlung. Tageslicht reicht für die Stromproduktion aus, und auch Verschattungen sind kein Problem. Bei der Fertigung der Zellen werden kostengüns­tig Materialien und Herstellungsverfahren aus der Siebdrucktechnik genutzt.
In Deutschland forscht das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) intensiv an der Weiterentwicklung dieser Technologie. Die Freiburger haben bereits Dreifach-Isolierglaseinheiten mit integrierten Farbstoffsolarmodulen entwickelt. Auch das australische Unternehmen Dyesol arbeitet mit internationalen Partnern intensiv daran, die Farbstoffsolarzellen-Technologie in Produkte der Baubranche zu integrieren. Als Trägermaterial hat man dabei auch den Werkstoff Glas im Fokus.

Energetisches Gesamtkonzept erforderlich

Bei der Entscheidung für eine GIPV sind die Größe und Ausrichtung der Anlage, die Art der Konstruktion sowie ihrer Zusatzfunktionen relevant. Um eine Solarfassade energetisch optimal auszulegen und optisch ansprechend zu gestalten, ist eine ganzheitliche Planung notwendig. Die Vertreter aller beteiligten Gewerke sollten darum möglichst früh in die Planungsphase einbezogen werden. Alle Einflussfaktoren des Gebäudes müssen im Zusammenspiel über die gesamte Nutzungsdauer der GIPV-Anlage bewertet werden. Architekten kommt in diesem Kontext die Aufgabe des Impulsgebers und Beraters zu. Weitreichende Kenntnisse der verfügbaren Technologien und ihrer Leistungsmerkmale sind dafür unerlässlich. Diese Anforderung gilt gleichermaßen für die involvierten Solarunternehmen und Glasveredler, denn nur das Wissen über die Möglichkeiten der jeweils anderen Seite ebnet den Weg zu optimierten Produkten.
Einen ausgezeichneten Rahmen, sich über den aktuellen Entwicklungsstand bei der GIPV und ihre Berührungspunkte zur Glasindustrie zu informieren, bieten die weltweit bedeutendsten Messen der Glasbranche glasstec und die solarpeq, ihre Schwesterveranstaltung für solare Produktionstechnik, vom 23. bis 26. Oktober 2012 in Düsseldorf. Bereits einen Tag vor dem Messestart diskutieren im Congress Center Ost Experten aus der Glas- und Solarindustrie ihre Schnittstellenthemen. Am zweiten Konferenztag geht es dabei speziell um GIPV. Das von der Messe Düsseldorf und der Solarpraxis AG entwickelte Programm der Konferenz richtet sich an Produzenten von Dünnschicht- als auch auch kristalliner Photovoltaik, Solarsystemintegratoren und Hersteller von Montagesystemen für PV. Angesprochen werden auch Anbieter von Automatisierungstechnik, Glashersteller, Systemanbieter von Glasanwendungen und Glasmontagesystemen sowie Zulieferer der Glas- und Solarbranche. Aber auch in den Messehallen ist GIPV ein präsentes Thema. So dokumentiert die Sonderschau „glass technology live“ in Halle 11 den aktuellen Stand der technologischen Entwicklung im Bereich (Dünnschicht-)PV mit zahlreichen Exponaten, und im Fassadencenter sind innovative Fassaden-Mock-Ups mit integrierter Photovoltaik zu sehen. Außerdem ist Photovoltaik in der Gebäudehülle ein Thema der wissenschaftlichen Fachkonferenz für den konstruktiven Glasbau, „engineered transparency“, die am 25. und 26. Oktober als Teil des Rahmenprogramms der glasstec stattfindet. Hier diskutieren Architekten, Bauingenieure, Gebäudeplaner und verwandte Professionen Möglichkeiten und Einsatzbereiche.

Standardisierung senkt Kosten

Noch sind in die Gebäudehülle integrierte PV-Anlagen Unikate mit hohem Planungsaufwand. Die benötigten Elemente werden in der Regel individuell angefertigt. Aber auch in diesem Segment reduziert der Preisverfall bei PV-Modulen die Bausumme. Die Modulkosten bei einer GIPV liegen bei ca. 30 % der Gesamtkosten. Zudem müssen die Kosten für substituierte Bauteile subtrahiert, energetische Gewinne addiert und der monetäre Gewinn durch die Eigennutzung des erzeugten Stroms bzw. die Netzeinspeisung für die Nutzungsdauer der Anlage in die Gesamtberechnung einbezogen werden. Im so entstehenden Gesamtbild relativieren sich die Erstellungskosten für eine multifunktionale GIPV-Anlage.
International laufen bereits Projekte, GIPV als standardisiertes Produkt in einem Massenmarkt zu etablieren. So werden beispielsweise in Japan industriell gefertigte Fertighäuser mit einem Aufpreis von nur 8% mit integrierter PV angeboten. In der vom österreichischen Klima- und Energiefonds beauftragten Studie „Gebäudeintegrierte Photovoltaik“ (Teil 1) aus dem Jahr 2009 heißt es dazu: „Ein zentrales Problem der GIPV sind hohe Aufwendungen durch die ,Einzigartigkeit’ jedes einzelnen architektonisch anspruchsvollen GIPV-Projekts. (...) Im drastischen Gegensatz dazu zeichnen sich Fertighäuser durch Standardisierung, Modularisierung, Gesamtplanung und Fertigung unter industriellen Bedingungen aus. Dabei eröffnen hohe Stückzahlen ein bedeutendes Kostensenkungspotenzial. In logischer Konsequenz ergeben sich aus der Fertigbauweise auch für die GIPV große Chancen.“ Zur künftigen Entwicklung gebäudeintegrierter Solarlösungen formuliert Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des österreichischen Klima- und Energiefonds: „Sie sind die Lösungen der Zukunft. Die Stromerzeugung wird selbstverständlicher Teil des Gebäudes. Baumaterial wird durch PV-Module ersetzt.“

KONTAKT: Messe Düsseldorf GmbH, 40001 Düsseldorf, Tel. 0211 456001, Fax 0211 4560668, info@messe-duesseldorf.de, www.messe-duesseldorf.de

 


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