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VDE-Modell zeigt wirtschaftliche ­Integration von Ökostrom ins Netz - Intelligentes Netzmanagement ­gefordert

Ein erklärtes Ziel der Bundesregierung ist, den Anteil EE an der Stromerzeugung massiv zu steigern. Doch was muss getan werden, damit immer mehr Ökostrom intelligent, d.h. wirtschaftlich, vollständig und bei hoher Versorgungsqualität, in die Netze integriert werden kann? Antworten soll die VDE-Studie „Smart Distribution 2020“ geben.

 

Die neue VDE-Studie „Smart Distribu­tion 2020“ hat zum Ziel, technische, regulatorische und kommerzielle Rahmenbedingungen zu definieren, die eine schrittweise Integration von EEG- und KWK-Anlagen in das normale Strommarktgeschehen ermöglichen. Voraussetzung für die optimale Einbindung eines wachsenden Anteils EE ist eine breit angelegte Aufrüstung der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) im Bereich der Verteilungsnetze, der Aufbau virtueller Kraftwerke sowie deutlich größere Anstrengungen bei der Erforschung neuer Speichertechnologien. Dazu sind Inves­titionen in Milliardenhöhe nötig. Intelligentes Energiemanagement kann, so der VDE, zu einem Exportschlager „Made in Germany“ werden.

Wirtschaftliche Einbindung

Um EE in den Markt einzubinden, schlägt die Studie eine flexible Vergütung für Ökostrom vor. Dazu haben die Experten der Task Force der Energietechnischen Gesellschaft im VDE erstmals verschiedene Szenarien entwickelt, wie sich die Integration von regenerativen und KWK- Erzeugeranlagen wirtschaftlich und technisch effizient lösen lässt. Gleichzeitig ließen sich für das betrachtete Versorgungssystem (Dezentrale Energieversorgung) nach dem VDE-Modell circa 35% der heutigen CO2-Emissionen einsparen. Bewertet mit 25 Euro/t ergibt das einen Nutzen von 3,4 Mrd. Euro.
Die Integration der dezentralen Stromerzeugung aus Sonne, Wind, Bio­masse und KWK in das Gesamtsystem der Elektrizitätserzeugung und -verteilung stellt Industrie und Politik vor große ­Herausforderungen, weil EE Strom unabhängig vom Verbrauch liefern. Nach Berechnungen des VDE wird in Schwachlastzeiten (nachts und am Wochenende) bei gleichzeitigem Starkwind beziehungsweise hoher KWK-Erzeugung europaweit ein Überschuss an regenerativer und KWK-Einspeisung entstehen – 2010 in der Größenordnung von etwa 10%, 2020 bis ca. 20% und 2030 bereits bis zu 45%. Wenn es nicht gelinge, ausreichend Speicherkapazitäten oder einen Ausgleich durch intelligentes Lastmanagement zu erreichen, müsse in solchen Situationen die Leistung von EEG- und KWK-Anlagen gedrosselt oder der Ökostrom wie heute zu Schwachlastzeiten der Fall zu Niedrigpreisen in Nachbarländer abgegeben werden, prognostiziert der VDE.

Flexibles Vergütungsmodell

Derzeit ist die Stromerzeugung aus EE und KWK mit ihren Festpreisen bzw. Zuschlägen (KWK) vom Markt ­abgekoppelt. Mit dem steigenden Anteil von EEG- und KWK-Anlagen an der Energiebilanz wird ein immer größerer Teil der Energie­versorgung dem liberalisierten Markt entzogen. Das halten die VDE-Experten für nicht akzeptabel. Es steht zudem im Wider­spruch zur europäischen Strategie „SmartGrids“, die auf eine stärkere Marktorientierung aller an der Stromversorgung Beteil­igten ausgerichtet ist.
Der VDE schlägt vor, die Vergütung für Strom aus EE und KWK an den Marktpreisen der Strombörse EEX (European Energy Exchange, Leipzig) auszurichten und durch Zuschläge so zu erhöhen, dass die Produzenten im Durchschnitt die gleichen Renditen erreichen wie bei den heutigen fixen Preisen. Im VDE-Modell beträgt die Höhe der Zuschläge für EEG- und KWK-Strom in Deutschland 7,4 Mrd. Euro – zum Vergleich: 2007 beliefen sich die Förderkosten auf 7,7 Mrd. Euro.
Um die Erzeuger zur unbedingt erforderlichen Teilnahme an der Leistungsrege­lung zu motivieren, soll der Zuschlag zum EEX-Preis in der Schwachlastzeit zwischen 1 und 6 Uhr ausgesetzt werden. Diese Methode fördert den Einsatz von Speichern, initiiert die Teilnahme am Regelenergiemarkt in der Schwachlast und führt zu einer schrittweisen Integration EE in den Markt.
Die weiterhin notwendigen Fördersys­teme sollen nach Überzeugung der Experten grundsätzlich ein marktkonformes Verhalten – beispielsweise durch Speicherung – honorieren.

Mehr Forschung

Mit dem zunehmenden Ausbau der EEG- und KWK-Anlagen wird der Einsatz von Speichern immer dringlicher, betont der VDE. Um künftig die erzeugte EE auch dann vollständig nutzen zu können, wenn sie zeitweise den Strombedarf übersteigt, muss mehr innovative Speichertechnik eingesetzt werden. Der VDE fordert deshalb, die Mittel für Forschung und Technologieentwicklung auf diesem Gebiet massiv zu erhöhen. So bedarf es für den Markteintritt von stationären Speichern Investitionen in Millionenhöhe. Der Ausbau von Pumpspeicherwerken, der bisher einzigen rentablen Technologie, ist wegen der Voraussetzung geografischer Gegebenheiten regional begrenzt.
Deutschland und Europa schneiden bei der Energieforschung insgesamt im internationalen Vergleich schlecht ab. Während Japan für die Energieforschung pro Kopf der Bevölkerung über 30 US-Dollar ausgibt und die USA 10 Dollar aufwenden, sind es in Deutschland nur 6,20 Dollar. Mit jährlich 3,9 Mrd. US-Dollar investiert Japan 7,6-mal so viel Geld in die Energieforschung wie Deutschland, die USA inves­tieren absolut fast 6-mal so viel wie die Bundesrepublik.
Auch in Relation zum Bruttoinlandsprodukt liegen in Deutschland die Ausgaben für Energieforschung mit einem Anteil von 0,18% t hinter den USA (0,24%) und Japan (0,84%). In der EU werden vom gesamten Forschungs- und Entwicklungsetat nur 3% für Energiefragen ausgegeben, in Deutschland sind es 8%. Dies ist eindeutig zu wenig. Energiepolitik, Energietechnologie und Energieforschung sind laut VDE strategische Hebel für die Wirtschaftspolitik und die Prosperität Deutschlands und Europas. Deutschland ist nach Einschätzung der VDE-Experten schon heute das Land mit der größten Erfahrung in Sachen intelligenter Energieversorgung. Dies bedeutet eine Riesenchance für den Standort in einem Feld, in dem andere Länder noch im Hintertreffen liegen.

Aufbau virtueller Kraftwerke

Virtuelle Kraftwerke verbinden viele dezentrale Einspeiser, Verbraucher und Speicher. Zentrale Bestandteile sind Energie-Management-Systeme und intelligente Kommunikationssysteme. Damit können virtuelle Kraftwerke Energie und Systemdienste in gleicher Qualität wie konventionelle Großkraftwerke anbieten. Vorteile sind u.a. die geringeren Netzverluste aufgrund der Nähe von Erzeugung und Verbrauch. Um Investoren und Betreiber für virtuelle Kraftwerke zu gewinnen, fordert der VDE die Übertragung der vollen
Bilanzkreisverantwortlichkeit an die virtuellen Kraftwerke. Bilanzkreise sind die Basis für das Netzmanagement („Fahrplanmagement“) und nur EEG-Anlagen sind als „Bilanzkreis EEG“ heute von den ­Bilanzkreisaufgaben entbunden, da diese der Übertragungsnetzbetreiber wahrnimmt. Das VDE-Bilanzkreismodell reduziert die Energiemenge, die zum Ausgleich von Fehlern bei der Prognose der Wind­energie nötig ist, und damit die Kosten virtueller Kraftwerke.
Die Umsetzung der Idee virtueller Kraftwerke in die Praxis erfordert eine leis­tungsfähige Informationstechnologie, die flächendeckend in den Stromnetzen vorhanden sein muss. Dazu sind eine erheblich erweiterte Nutzung der IKT-Infrastruktur sowie neue Leistungsangebote der Betreiber erforderlich. Verteilte und zentrale Erzeugung müssen künftig nebeneinander bestehen. Das Stromnetz muss langfristig so ausgebaut werden, dass die Versorgung auch dann gesichert ist, wenn EEG- und KWK-Leistung nicht zur Verfügung steht. Die VDE-Studie liefert hier wichtige Ergebnisse für das E-Energy-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.

Verteilung der Netzkosten

Künftig müssen regenerative Erzeuger mehr Verantwortung übernehmen und ebenso wie andere Erzeuger ihren Beitrag zu den Systemdiensten leisten, betont der VDE. Dies lässt sich durch die Bildung virtueller Kraftwerke erreichen. Zu den Sys­temdiensten gehören u.a. die Sicherung von Frequenz- und Spannungsqualität, Fahrplanmanagement und der Netzwiederaufbau nach Störungen. Das Nebeneinander von zentraler und dezentraler Erzeugung stellt hohe Anforderungen an das Stromnetz.
Angesichts der zunehmenden Durchdringung der Netze mit leistungsstarker dezentraler Erzeugung sollten sich nach Auffassung des VDE künftig auch einspeisende Erzeuger an den Kosten des Netzes beteiligen. Damit würden die Netzkosten gleichmäßiger verteilt, die Lasten des Ausbaus der EE deutschlandweit sozialisiert, die Allokationswirkung für neue Kraftwerkstandorte verbessert, der Netzausbau auf das notwendige Maß reduziert und die klimaschädlichen Netzverluste reduziert.

Verbraucher einbeziehen

Netze haben die Aufgabe, jederzeit ein Gleichgewicht zwischen Einspeisung und Verbrauch (Last) zu gewährleisten. Dabei wird nach Einschätzung des VDE „Smart Metering“ eine wichtige Funktion übernehmen. Dieser technologische Baustein für zukünftige intelligente Netze bietet die Möglichkeit, Verbraucher in den Strommarkt einzubeziehen. Zu Smart Metering gehört die „Fernmessung“ von Verbrauchsdaten. Daten können nahezu beliebig oft, nahezu fehlerfrei und mit geringem Aufwand gelesen und ausgewertet werden. Intelligente Zähler mit IKT-Anschluss oder entsprechende Anzeigegeräte können dynamische Tarife gemäß dem Strommarktpreis über Preissignale dem Stromkunden zur Kenntnis bringen.
Der Kunde kann dann entscheiden, ob er stromintensive Verbräuche in die Zeit mit niedrigem Strompreis verschiebt. So sind intelligente Hausgeräte denkbar, die preisgünstige Betriebszeiten ausnutzen. Regelmäßige Informationen über den Ener­gieverbrauch erhöhen zudem die Trans­parenz und das Bewusstsein der Verbraucher für energieeffizientes Handeln. Darüber hinaus ermöglicht Smart Metering eine automatische Zählererfassung, liefert Daten für den Betrieb virtueller Kraftwerke und vereinfacht die Abrechnung.
Die Studie kann für 150 Euro unter www.vde.com bestellt werden. Für VDE-Mitglieder ist sie kostenlos.

Kontakt: VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V., 60596 Frankfurt, Tel. 069 63080, Fax 069 6312925, service@vde.com, www.vde.com


„Smart Distribution 2020“ im Überblick:

  • Flexible Ökostrom-Preise. Ein belastbares VDE-Modell führt Erneuerbare Energien näher an den Markt – bei insgesamt unveränderter Förderung.
  • Verantwortlichkeit regenerativer und KWK-Erzeuger stärken. Auch EEG- und KWK-Anlagen müssen an den Systemdiensten (Versorgungsqualität und -stabilität) beteiligt werden.
  • Virtuellen Kraftwerken Anreize bieten. Mittels IKT lassen sich dezentrale Erzeuger, Verbraucher und Speicher qualitativ zu „traditionellen Kraftwerken“ zusammenschließen. Hierfür sind allerdings Anreize erforderlich.
  • Speichertechnologien fördern. Damit auch bei künftiger Überproduktion in Spitzenzeiten kein Ökostrom verschwendet werden muss, werden mehr und neuartige Speicher benötigt. Der VDE fordert Investitionen in Millionenhöhe für die Erforschung von Speichertechnologien.
  • Netzkosten gerechter verteilen. Die Erzeuger von Ökostrom sollten an den Netzkosten beteiligt werden.
  • Verbraucher in den Strommarkt einbeziehen. IKT-Technologie, „Smart Metering“ und Preisdifferenzierung verlagern Nachfrage in lastschwache Zeiten.
  • Akzeptanz der Verbraucher langfristig sichern. Ständig steigende Energiepreise verlangen eine kostenoptimale Integration des Ökostroms, um die Verbraucher nicht zu überfordern.
  • Exportschlager Energietechnik. Intelligentes Energiemanagement kann nach Überzeugung des VDE zu einem Exportschlager „Made in Germany“ werden.

 


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