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Unternehmer besser gestellt als vermutet

Prof. Dr. Ulrich Dall

Wer als Unternehmer kennt das Problem nicht: Die Leistung ist ordnungsgemäß erbracht, aber der Kunde verweigert ohne berechtigten Grund die Zahlung.

 

Zur Verbesserung der Zahlungsmoral hat der Gesetzgeber in der Vergangenheit mehrere Gesetze erlassen, u. a. im Bereich des Verzugs sowie zuletzt im Rahmen des Forderungssicherungsgesetzes. Vielen Unternehmen scheinen die­se Regelungen jedoch noch nicht so geläufig zu sein, sodass deren wesentlicher Inhalt noch einmal in Erinnerung gerufen werden soll.

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Forderungssicherungsgesetz
Das am 01. 01. 2009 in Kraft getretene Forderungssicherungsgesetz hat in Bezug auf die Stärkung der Stellung der Bauunternehmer und Handwerker vor allem zu folgenden Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage geführt:

a) Schnellere Abschlagszahlungen
Während Abschlagszahlungen in der Vergangenheit nur "für in sich abgeschlossene Teile des Werkes" verlangt werden konnten, ist das in der Praxis häufig problematische Erfordernis einer "abgeschlossenen Leistung" entfallen. Unternehmer können nunmehr Abschlagszahlungen in der Höhe verlangen, in der der Auftraggeber durch die Leistung bereits einen Wertzuwachs erlangt hat.

Achtung jedoch, wenn der Auftraggeber Verbraucher ist. In diesem Fall ist ihm bei der ersten Abschlagszahlung eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 5 % der Auftragssumme zu stellen, die bei Nachträgen entsprechend angepasst werden muss, sofern diese einen Wert von mehr als 10 % der ursprünglichen Vertragssumme haben.

Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abschlagszahlung nicht verweigert werden. Für Leistungen, die mit wesentlichen Mängeln behaftet sind, dürfen keine Abschlagszahlungen verlangt werden. Dies soll unabhängig davon gelten, auf welchen finanziellen Wert sich die Mängel belaufen.

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b) Durchgriffsfälligkeit /Stärkung des Subunternehmers
Der Subunternehmer kann seinen Werklohnanspruch im Vergleich zur ­alten Rechtslage unter erleichterten Voraussetzungen gegen seinen Auftraggeber (z. B. Generalunternehmer, Bauträger etc.) durchsetzen, sodass seine Rechte deutlich gestärkt worden sind.

Die Vergütung des Subunternehmers wird spätestens fällig, wenn

  • sein Auftraggeber seine Vergütung oder Teile davon vom Bauherrn erhalten hat,
  • soweit das Werk seines Auftraggebers vom Bauherrn abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
  • wenn der Subunternehmer seinem Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über diese Umstände gesetzt hat.

c) Druckzuschlag
Die Höhe des sogenannten "Druckzuschlags", also des Betrages, den der Auftraggeber über die Nachbesserungskosten hinaus einbehalten darf, um den Unternehmer zur Mängelbeseitigung zu veranlassen, beträgt nicht mehr mindes­tens das 3-Fache der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten, sondern in der Regel nur noch das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.

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d) Bauhandwerkersicherung
Die bisherige Regelung zur Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a BGB ist völlig neu gefasst worden. Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass der Anspruch auf Sicherheitsleistung nunmehr auch einklagbar ist und die Sicherheit auch für Nacherfüllungs- und Schadensersatzansprüche verlangt werden kann. ­Darüber hinaus kann der Unternehmer auch nach Bauabnahme die entsprechende Sicherheit verlangen.

Nach alter Rechtslage konnte der Unternehmer nur seine Arbeiten einstellen und allenfalls kündigen. Waren bereits alle Leistungen erbracht, war er ohne Druckmittel, um seine Sicherheit durchzusetzen.

Gegenansprüche, mit denen der Auftraggeber aufrechnen könnte, bleiben bei der Bemessung der Sicherheit außen vor. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Gegenansprüche anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind.

Wenn der Unternehmer dem Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit bestimmt hat, kann der Unternehmer die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen, und zwar ohne vorherige Kündigungsandrohung! Nach Kündigung kann der Auftragnehmer - wie nach einer ordentlichen Kündigung durch den Auftraggeber - die volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen bzw. anderweitigen Erbwerbs abrechnen. Dabei wird gesetzlich vermutet, dass dem Unternehmer eine Vergütung für die kündigungsbedingt nicht mehr erbrachten Leistungen in Höhe von 5 % zusteht, wobei der Auftragnehmer jedoch eine höhere Vergütung nachweisen kann.

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e) Bauforderungssicherungsgesetz
In der Vertragskette zwischen ­Bauherr - Generalunternehmer - Subunternehmer - Sub-Subunternehmer etc. werden die jeweiligen Unternehmer besser geschützt. Jeder Unternehmer in der Vertragskette, der von seinem Auftraggeber Baugeld, wozu auch jede Abschlagszahlung gehört, erhält, ist verpflichtet, dieses Baugeld zur Bezahlung der erbrachten Bauleistungen für seine Nachunternehmer zu verwenden. Werden die entsprechenden Geldbeträge zweckwidrig verwendet, sodass der Nachunternehmer später in der Insolvenz seines Auftraggebers mit seiner Forderung ausfällt, müssen z. B. Geschäftsführer, Prokuristen, Niederlassungsleiter etc. nicht nur mit einer Freiheits- oder Geldstrafe rechnen, sondern außerdem mit einer persönlichen Haftung gegenüber dem ausgefallenen Nachunternehmer. Prozessual von Bedeutung ist insoweit noch, dass für Ansprüche aus der zweckwidrigen Verwendung von Baugeld eine Beweislastumkehr gilt, also die Zweckwidrigkeit nicht von dem Nachunternehmer bewiesen werden muss.

Verzug
Das Gesetz sieht vor, dass der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens dann in Verzug kommt, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet.

Ist der Schuldner Verbraucher, gilt dies allerdings nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist.

Die Regelung ist vor allem in den Fällen von Bedeutung, in denen der Unternehmer vergessen hat, den Schuldner zu mahnen, da der Unternehmer ungeachtet dessen nach Ablauf der 30-Tagesfrist den ihm entstandenen Verzugsschaden geltend machen kann wie z. B. Zinsen, Ersatz  der Rechtsanwaltskosten, entgangenen Gewinn etc.

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Kommt der Schuldner erst durch eine Mahnung des Rechtsanwalts in Verzug, sind die insoweit entstandenen Kosten im Gegensatz dazu nicht erstattungspflichtig.

Über die vorgenannte Regelung hinaus kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, auch spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug, wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist.

Verkannt wird auch immer wieder die Höhe der Verzugszinsen. Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz 8 % über dem Basiszinssatz. Letzterer wird immer zum 01. 01 und 01. 07 eines Jahres neu bestimmt und beträgt derzeit 1,62 %, sodass bis zum 30. 06. 2009 insgesamt ein Zinssatz von 9,62 % verlangt werden kann - verglichen mit den derzeitigen Marktzinsen ein enorm hoher Zinssatz.

Diesen Zinssatz erhält der Unternehmer, ohne nachzuweisen zu müssen, dass ihm ein solcher Zinssschaden tatsächlich entstanden ist. Nur wenn ein noch höherer Zinsschaden entstanden ist, hat der Unternehmer dies im Streitfall darzulegen und zu beweisen.

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Fälligkeitszinsen
Vergessen wird auch immer wieder, dass bei beiderseitigen Handelsgeschäften nach dem Gesetz nicht erst bei Verzugseintritt, sondern bereits bei Fälligkeit Zinsen in Höhe von 5 % verlangt werden können. Ist ein Fälligkeitstermin nicht vereinbart, tritt die Fälligkeit nach dem Gesetz "sofort" ein - auch ein Aspekt, der immer wieder verkannt wird.

Vorstehende Beispiele machen deutlich, dass der Unternehmer besser gestellt ist, als vielfach angenommen wird. Es mangelt jedoch  immer wieder an der  konsequenten Geltendmachung.

Der besondere Tipp
Selbst in Anwaltsprozessen fällt immer wieder auf, dass in den Vergleichsverhandlungen oftmals die Zinsen nicht in die Verhandlungsmasse eingebracht werden, sondern schlichtweg vergessen werden. Dies liegt darin, dass in dem Klageantrag die Zinsen nicht beziffert werden (müssen), sondern nur angegeben wird, welcher Zinssatz seit welchem Zeitpunkt verlangt wird. Gerade in Fällen, in denen über einen längeren Zeitraum Zinsen verlangt werden, summieren sich diese oft auf eine erhebliche Summe. Es ist daher in jedem Fall zu empfehlen, bei Vergleichsverlandungen auf Gläubigerseite vorab die Zinsen zu berechnen, um diesen Betrag in die Verhandlungen einbringen zu können.

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Autor
Prof. Dr. ­Ulrich Dall, Essen, ist seit 1993 als Rechtsanwalt auf wirtschaftsrechtlichem Gebiet tätig. Sein Leis­tungsspektrum erstreckt sich auf die Beratung (insbesondere Vertragsgestaltung) sowie die bundesweite Prozessführung (einschließlich Schiedsverfahren) in den Bereichen Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht. Seine umfangreichen Erfahrungen bringt Prof. Dr. Dall auch in seine Vortrags- und Lehrtätigkeit ein. Im März 2002 wurde er zum Professor ernannt und ist Herausgeber mehrerer Gesetzeskommentare.

 


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