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„Überzogen und nicht nachvollziehbar“

Solarwirtschaft kritisiert Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums, die Förderung neuer Solarstromanlagen zum Jahresbeginn 2019 deutlich zu kürzen. Anlagen kleinerer Leistung fallen nicht darunter, die Meinungen gehen deshalb auseinander

Die Förderung für Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 40 bis 750 kW soll deutlich reduziert werden. Bereits Anfang 2019 sollten die Änderungen greifen. Bild: Pixabay

 

Das Bundeswirtschaftsministerium will die Förderung von Solarstrom für neue PV-Anlagen an Gebäuden mit Jahresbeginn 2019 um rund 20 % kürzen. Das geht aus dem unlängst vorgelegten Referentenentwurf des Energiesammelgesetzes hervor. Rund die Hälfte der jährlich neu installierten PV-Leistung ist von den geplanten Kürzungen betroffen.

Für Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar), sind die Kürzungspläne „überzogen und nicht nachvollziehbar“: „Die geplanten Einschnitte bei der Solarenergie sind ein Anschlag auf die Energiewende. Eine so hohe Förderkürzung mit so kurzer Vorwarnung greift tief in die Planungssicherheit der Handwerksbetriebe ein. Viele Vertragsverpflichtungen und Finanzierungen werden sich nicht mehr erfüllen lassen. Das könnte in Einzelfällen sogar zur Insolvenz von Installationsbetrieben führen.“ Der BSW fordert, die Förderkürzung im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zumindest zeitlich zu verschieben und zu strecken, um den Vertrauensschutz der Branche zu sichern.
Der Ökoenergieanbieter Greenpeace Energy sieht fatale Auswirkungen für sogenannte Mieterstrommodelle. Der Gesetzgeber müsse die drohenden Einschnitte beim Mieterstrom so korrigieren, dass die Förderung nicht mehr an die Höhe der EEG-Vergütung gekoppelt werde – beziehungsweise, indem ein von den Betreibern zu zahlender Projektabschlag ebenfalls abgesenkt werde. „Geht der Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums unverändert durch das Gesetzgebungsverfahren, wäre dies eine Bedrohung für das Geschäftsmodell Mieterstrom“, so Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy. Auch der Öko-Energieversorger Naturstrom mahnt Korrekturen an. Dass die Mieterstromförderung unter diesen Bedingungen noch den gewünschten Erfolg erzielen könne, halte man für ausgeschlossen.

Die Branche ist längst weiter
Rund die Hälfte der jährlich neu installierten PV-Leistung ist von den geplanten Förderkürzungen betroffen, konkret das PV-Anlagensegment mit einer Leistungsspanne von 40 bis 750 kWpeak auf Gebäuden oder an Lärmschutzwänden. Statt 11,09 Cent/kWh sollen Besitzer künftig 8,33 Cent/kWh für die Einspeisung erhalten. Anlagen kleinerer Leistung fallen also nicht darunter. Und in diesem Leis­tungsbereich, so scheint es, ist die Branche längst einen Schritt weiter. Anbieter wie die auf Speicherlösungen spezialisierte Sonnen GmbH setzen schon lange auf selbsttragende Geschäftsmodelle. Sprich, eine Refinanzierung durch eingesparten Strom. Effiziente Stromspeicher, Strom-Communitys oder auch die Integration von Wärmepumpen oder E-Autos haben sich laut Mathias Bloch, Presseleiter bei Sonnen, in Privathaushalten und Gewerbebetrieben etabliert. Intelligente Lösungen gebe es also heute schon. „Und spätestens, wenn 2020 die EEG-Vergütung ausläuft, müssten ohnehin alternative Geschäftsmodelle gefunden werden“, so Bloch.
Alexander Stamos, Inhaber eines Handwerksbetriebs in Grevenbroich, wirft ein weiteres Argument in die Waagschale: „Für unsere Privatkunden steht der Eigenverbrauch und damit die Unabhängigkeit im Fokus. EEG ist kein Thema, wir dimensionieren die Anlage bedarfsgerecht.“ Gleichwohl sieht er die Problematik: „Wäre ich im Segment der Großanlagen tätig, würde ich auf die Barrikaden gehen.“
Für Simon Fahr, Medienberater bei der IKZ und Besitzer einer 10-kW-Anlage, steht jedenfalls fest: „Die EEG-Vergütung ist ein nettes Zubrot, das ich gern mitnehme, aber ausschlaggebend für die Entscheidung einer PV-Anlage mit Speicher war der Wegfall der Stromkosten über die nächsten 20 Jahre. Und das gute Gefühl, den eigenen Strom zu produzieren.“ Daran sollte sich die Branche orientieren.

 


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